Macht Veganismus emotional sensibler?

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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nincy
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Beitrag von nincy » 1. Jan 2015 14:44

Ich hole das hier mal nach oben, dann brauch ich keinen neuen Threat aufmachen, es passt schon irgendwie.

Ich bin nun noch nicht sooo lange vegan (etwa 4 Monate), aber merke doch das mich viele Themen/Situationen emotional mehr belasten als vorher.
Ich würde mich schon als sensiblen Menschen beschreiben, seid Jahren schaue ich kaum Nachrichten, nicht weil es mich nicht interessiert, sondern weil mich diese ganzen schlimmen Sachen, die auf der Welt passieren, so dermaßen mitziehen/runterziehen, das es kaum auszuhalten ist.
Und nun fangen "normale" Sachen auch an mich emotional aus der Bahn zu werfen.
Den Anblick eines Tiertransporters fand ich schon immer schrecklich, aber seid neustem muss ich mich stark zusammen reißen um nicht in Tränen auszubrechen (ich bin kein Mensch der dann rumschreit (obwohl ich es vielleicht gerne tun würde), sondern dann einfach furchtbar traurig wird), genauso wenn ich jemanden mit nem Pelz rumrennen sehe. Ich weiß was dafür passieren musste/was die Tiere leiden mussten, ohne das ich es mir vor Augen halten muss. Die Bilder poppen gleich in meinem Kopf auf.
Und als dann heute Nacht um 0:00 Uhr die Böller losging, bin ich in Tränen ausgebrochen, weil ich mir die ganzen Tiere vorgestellt habe, die nun in Panik versuchen unterschlupfe zu finden. Und die Tiere, die vielleicht in Panik irgendwo vorrennen/fliegen und sterben. Ich fand Böllern nie toll und mir ist das alles auch zu laut, ich verkrieche mich dann auch, aber der Gedanken an die armen Tiere ließ mich nicht los.
Mittlerweile habe ich nicht nur das Gefühl von einem anderen Stern zu kommen (das habe ich früher schon oft gedacht, weil ich anders reagiere/fühle/bin wie andere), sondern ich habe auch das Gefühl das es mir bald zuviel wird und mich im Alltag ziemlich einschränkt. Z.b. habe ich mich schon immer unwohl in Autos gefühlt, doch mittlerweile wird es immer schlimmer. Ich habe zwar vor etwas über einem Jahr mein Fühereschein gemacht, bin dann auch ein paar Wochen lang regelmäßig gefahren, doch dann kam die Angst (die mich nun so beherscht, das ich nicht mehr fahre). Und wenn mein Freund irgendwo hinfährt und sei es nur zu seiner Mutter, 5 Minuten Fahrweg, überkommt mich die Angst das er einen Unfall haben könnte. Täglich ließt man sowas in der Zeitung, und es nimmt mich jedesmal tierisch mit und es ist als würde ich diese Unfall fast selbst durchleben, wenn ich das lese.
Hattet ihr auch so eine Phase? Ist das am Anfang normal? Bleibt das so oder kann ich irgendwann wieder dadrüber hinwegsehen und mich nicht von allem runterziehen lassen?

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ClaireFontaine
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Beitrag von ClaireFontaine » 1. Jan 2015 15:09

Also ich kann mir vorstellen, dass empathische Menschen eher vegan leben, weil sie sich eher in andere hineinfühlen können. Aber es gibt ja auch viele andere Eigenschaften, die Veganismus begünstigen, zb Offenheit, Integrität, Prinzipientreue, usw. Ich denke also schon, das vegan lebende Menschen sich oft mehr mit ihrer Umwelt auseinandersetzen als vielleicht viele Fleischesser.
Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass das vegane Essen emotionaler macht. Vielleicht müsste man dazu mal Studien machen, vllt bezüglich der Hormone (die sowas ja sehr stark beeinflussen).

Bei Fällen, wie du sie beschreibst, würd ich eher darauf tippen, dass da viele Dinge Hand in Hand gehen. Eine erhöhte Emotionalität, die vielleicht auch für das Leiden anderer sensibilisiert; dann das Leiden, was man entdeckt, was einen mitnimmt und emotional erstmal richtig reinhaut.
Ich denke aber schon, dass man aufpassen muss, dass man sich nicht zu sehr reinsteigert und auf sich aufpasst. Da sollte man gut unterscheiden zwischen den eigenen Emotionen und denen, die man bei anderen vermutet. Silvester ist zb sicherlich nicht ohne für viele Tiere, aber nicht jedes leidet gleich Höllenqualen. Und ich denke, man muss auch auf sich achten. Wer durch eigene Angst gelähmt ist, kann nicht mehr gut handeln, zb im Sinne der Tiere. Oft ist es sinnvoller, die Angst und die Emotionen zu kanalisieren und etwas zu tun, zb bei einer Tierrechtsbewegung in deiner Gegend, bei einem Tierheim, etc.

Sensibel zu sein und oft überreizt zu sein von der Umwelt ist völlig okay - da hilft es, sich seine Rückzugsorte zu schaffen und sich mit Menschen zu umgeben, die einen unterstützen und einem gut tun. Wenn du dagegen merkst, dass du zunehmend starke Ängste entwickelst, die dich im Alltag einschränken, würde ich dir raten, ein Beratungsgespräch bei einem Therapeuten oder einer Therapeutin in Anspruch zu nehmen. Wenn man Ängste entwickelt, die einen stark einschränken und das Denken und Handeln sehr stark bestimmen, braucht man meist Hilfe, damit 1. das Verhalten sich nicht festigt und 2. die Ursache thematisiert werden kann. Sowas mag vllt Hand in Hand gehen, aber Veganismus ist dafür eher nicht die Ursache. :)

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Rena
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Beitrag von Rena » 1. Jan 2015 16:21

Ich hoffe die These kam nicht schon,ich bin jetz zu faul alles nachzulesen :oops:

Was haltet ihr davon?
Wenn man um die Umstände weiss unter denen Tiere gehalten und getötet werden um als Lebensmittel dienen zu können,dann muss man sich als tierlieber Mensch schon ne kräftige Verblendung zurechtbasteln,damit man weiterhin herzhaft in sein Schnitzelbrötchen beissen kann. Dem meisten Menschen gelingt das doch extrem gut und leicht. Den meisten hier Anwesenden sicher auch zu früheren Zeiten.

Macht man da nicht mehr mit,fällt dieser Selbstschutz/betrug weg und man reagiert sensitiver auf das ,was man ja irgendwie schon immer wusste.
? :kk:
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nincy
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Beitrag von nincy » 1. Jan 2015 20:26

@ ClaireFontaine

Vielen Dank für deine Ausführliche Antwort. Das klingt für mich sehr schlüssig. Ich denke diese Grenze, zwischen noch vertretbar und zuviel, ist vor allem für den Betroffenen dann schwer zu sehen. Ich hoffe das ist nur eine Phase, denn allgemein ist Weihnachten mit den ständigen Familientreffen schon an sich eine emotionale Sache, die da vielleicht mitreinspielt. Ich versuche mal jemanden zu finden zum Reden, aber bei solchen Thema stoße ich in meinem Umfeld meist auf Unverständniss.

@Rena
Ich finde deinen Ansatz recht schlüssig. Sicher gibt es auch Leute, die keine "Schutzmauer" brauchen, weil ihnen Tiere egal sind, bzw sie diese als weniger Wert ansehen. Aber größtenteils wird es so sein. Denn oft hört man ja bei Aufklärungsversuchen "Das will ich nicht wissen/hören/sehen!" Und als Veganer (mit ethischemGrund) verschließt man nicht die Augen davorund holt es sich vielleicht auch öfters wieder vor Augen.

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mashisouk
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Beitrag von mashisouk » 1. Jan 2015 21:00

nincy meine Liebe,
ob diese Ängst normal sind oder nicht kann ich nicht sagen. Aber zumindest schränken sie dich anscheinend stark in deiner Lebensqualität ein und deshalb solltest du dich nicht einfach damit abfinden.
Ich glaube ein wichtiger Entwicklungsschritt, der jetzt vor die liegt, ist es zwischen deinem Leid und dem Leid deiner Umwelt zu unterscheiden. wenn Tiere leiden wegen Silvesterböller, dann ist das nicht dein Leid! Du kannst es mitfühlen, und aus ebendiesen Grunde auch die Böllerei ablehnen.
Aber du solltest nicht mitleiden! Das entkräfetet dich und führt zu nichts.
Ich arbeite als Hebamme und zu Anfang meines Berufslebens bin ich halb wahnsinnig geworden, wenn eine Geburt glücklos endete. Es war wichtig zu lernen, daß ich das Leid der Eltern zwar sehe und wahrnehme. Aber es nicht zu meinem Leid mache. Nur so behalte ich im Blick was in dieser trauigen Situation Halt geben könnte.
Wenn du dich von deinen Ängsten und deinem Mitleiden auffressen lässt, dann verlierst du den Blick dafür, was jetzt zu tun ist.
Sei ganz du selbst!
Außer du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn

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ClaireFontaine
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Beitrag von ClaireFontaine » 1. Jan 2015 21:30

Rena hat geschrieben:
Was haltet ihr davon?
Wenn man um die Umstände weiss unter denen Tiere gehalten und getötet werden um als Lebensmittel dienen zu können,dann muss man sich als tierlieber Mensch schon ne kräftige Verblendung zurechtbasteln,damit man weiterhin herzhaft in sein Schnitzelbrötchen beissen kann. Dem meisten Menschen gelingt das doch extrem gut und leicht. Den meisten hier Anwesenden sicher auch zu früheren Zeiten.
Also ich muss sagen, sobald ich es wusste, ging das schon relativ fix gegen vegetarisch. Ich war längere Zeit mit der Idee konfrontiert und es hat in mir gebrodelt. Als ich dann anfing zu googlen und Filme zu gucken, war es mehr eine Sache des Begreifens und ob das überall so schlimm ist. Als Fleischesser weiß man ja irgendwas diffuses und wenn man sich informiert, glaubt man, das sind nur einzelne Betriebe. Bei mir hats dann Klick gemacht und auch ein paar andere Dinge sind mir bewusst geworden. Dann wurde ich sofort vegetarisch. Bei vegan kam der Wille erst und dann die Aufklärung und es brauchte auch etwas, um das umzusetzen. Aber es war immer so, dass sobald ich es wusste und begriffen hatte, war die Sache klar und es gibt keinen Weg zurück. Und da frag ich mich manchmal schon, wie zb mir nahestehende Personen, die das mitkriegen, sich nicht mal fragen, was mich dazu bewegt und ob da nicht was dran sein könnte. Eigentlich müssten die doch denken "Wenn der das so wichtig ist, dann muss da doch was dran sein", sich informieren, merken, was los ist und selber vegan werden, aber es passiert nicht. Da frag ich mich dann auch manchmal, woran es hakt. Und versuche einfach, Geduld zu haben und daran zu glauben, dass das schon noch kommt.

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Beitrag von TheAbolitionist » 1. Jan 2015 21:53

Claire :up:

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Rena
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Beitrag von Rena » 2. Jan 2015 08:17

Es gibt tatsächlich auch viele Menschen,die es genau wissen,sich ggf sogar damit beschäftigen und trotzdem die Augen verschliessen. Viele Tierschützer z.B oder auch Leute (ich zähle mich selber da rein) die eben doch noch Fleisch an ihre Haustiere verfüttern.
Man kann es immernoch ein Stück weit verdrängen :(

Ich will sagen Erkenntnis geht seltenst mit Konsequenzen einher. Schön,wenn es bei dir so ist!
Wie lange ist das denn her?

Ich wusste schon mit 9 Jahren um die Zustände in der Massentierhaltung,wurde Vegetarier,aber später wieder schwach.
Wer garniert ist zu doof zum anrichten.

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SuperDuty
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Beitrag von SuperDuty » 4. Jan 2015 12:20

Hallo Nincy,
ich musste erst mal Luft holen.
Durch vegane Lebensweise wird man schon deutlich sensibler, das können wir jedenfalls bestätigen. Aber wenn dies in Verbindung mit Ängsten so weit geht, dass wie bei dir die Lebensqualität beeinträchtigt wird, dann benötigt man/frau dringend Hilfe.
Ich meine damit nicht unbedingt Pillen und auch nicht die Kautsch auf der einer in endlosen Sitzungen in deiner Vergangenheit herumstochert (beides wäre der letzte Ausweg), nein was ich denke und was meine Erfahrung ist:
„Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.“
Besorge dir ein Buch über Bachblüten und suche daraus das für dich richtige heraus. In einer guten Apotheke bekommst du dann das Gewünschte.
Bewegung, Bewegung und nochmals Bewegung, das ist sehr gut für Körper und Seele/Geist.
Walke oder Jogge möglichst täglich an der frischen Luft.
Hast du eine Katze oder einen Hund? Auch das ist hilfreich.
Lerne zu meditieren, schick alle Gedanken die kommen weg.
Erlerne autogenes Training, praktiziere es regelmäßig und ersetze die dort gelernten Worte zur Selbstsuggestion durch deine Eigenen Worte, die dir helfen.
Erlerne Qi Gong, bei den 8 Brokaten - in der klassischen Form - lassen sich sehr gut Bewegung und Selbstsuggestion miteinander verbinden.
Erlerne neues Selbstvertrauen, lerne zu kämpfen, mache regelmäßig Tai-Chi oder wenn du es heftiger magst, mache Karate. Es bewirkt gewaltig viel.
Und denke immer an eines: „Die Energie folgt der Aufmerksamkeit“.
Viele Grüße aus dem rollenden Casa de Pensionistas senden
die Snowbirds
Our greatest glory is not in never falling but in rising every time we fall.
Confucius

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mashisouk
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Beitrag von mashisouk » 4. Jan 2015 12:33

SuperDuty,
ich finde es schön und hilfreich, wenn du über deine Erfahungen berichtest. Es wäre interessant zu hören, wobei konkret dir in deinem Leben zB autogenes Training geholfen hat.
Aber ich finde es eher weniger gut, daß als allgemeine Empfehlung weiterzugeben, so lehne ich zB Bachblüten strikt ab. Der Nächste wird nincy vielleicht unbedingt angstlösende Medikamente und eine Verhaltenstherapie empfehlen. Das macht sie doch nur durcheinander.
Also poste gerne deine Erfahrungen mit den verschiedenen Verhaltensweisen, die du beschrieben hast. Aber bleibe doch bitte bei dir und stelle es nicht als allgemeingütlig dar
(so sind zB lange Meditationen bei Depressionen kontraindiziert).
Sei ganz du selbst!
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