Osteoporose und vegane Ernährung

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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BodyBuilder
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Beitrag von BodyBuilder » 10. Aug 2015 14:53

Kefir hat geschrieben:Das Thema Osteoporose beschäftigt mich immer wieder sehr und auch hier gibt es leider extrem widersprüchliche Studien dazu.
Ja, widersprüchliche Studien gibt es zu fast allem.

Aber wenn ich mal so eine Art "gefühlten Durchschnitt" für die diversen Studien bilde, dann kommt folgendes raus:

1.) Die überwiegende Mehheit der Menschheit konsumiert keine Milchprodukte, zumindest nicht traditionell.
Bestenfalls gibt es da einige Veränderungen in den letzten Jahren, so dass nun auch in asiatischen Ländern Kuhmichprodukte nachgefragt werden, die traditionell von diesen Bevölkerungsgruppen gemieden wurden wie die Pest. Im wesentlichen dadurch bedingt, dass die meisten Menschen, anders als hier in Europa und in Nordamerika, die Laktose der Kuhmilch nicht vertragen.

2.) Jene Bevölkerungen, die traditionell (also quasi "schon immer") ohne Milchprodukte gelebt haben, haben typischerweise sehr wenig Probleme mit Osteoporose. Osteoporose war von daher eher eine Domäne der Europäer und Nordamerikaner, also genau jener Länder, die einen besonders hohen Michkonsum pro Kopf haben.

Aber:

3.) Jene Leute in der westlichen Welt, die sich vegan ernähren, haben laut der Mehrheit der Studien statistisch gesehen eine geringere Knochendichte und ein höheres Knochenbruchrisiko.

Wie passt denn das jetzt zusammen?

Da gibt es noch weitere persönliche Beobachtungen, die ich hier mit einbeziehen möchte:
Gemäß meiner Beobachtungen und Gespräche gibt es eine Korrelation zwischen veganer Ernährung und Sonnenbräune.
Der Grund dafür scheint aber nicht primär die vegane Ernährung an sich zu sein, sondern ein "vorsichtigerer" um Umgang mit "Sonne auf der Haut".
Sich in die Sonne zu legen "um schön braun zu werden" ist offenbar bei Veganerinnen und Veganern eher nicht so beliebt.
In der Folge dürfte dann deren mittlerer Vitamin-D-Status auch eher unterdurchschnittlich sein. Wer die Sonne meidet und kein Vitain-D über die Nahrung aufnimmt, wird nun mal keinen guten Vitamin-D-Status haben können.

Genau das dürfte dann auch den Unterschied darstellen zwischen "veganen Europäern" und z.B. "keine Milchprodukte verzehrenden Asiaten" oder "veganen buddhistischen Nonnen": Wer einer traditionellen Arbeit im Freien nachgeht und z.B. auf Reisfeldern arbeitet, wird die Sonne einfach nicht wirklich meiden können und wird auch täglich eine gewisse Dosis davon abbekommen. Trotz Sonnenschutz-Hüten und ähnlichem.

Wenn ich jetzt eins und eins zusammenzähle, dann komme ich zum Ergebnis, dass es nicht primär die Menge Calcium in der Nahrung ist, die vor Osteoporose schützt, sondern ob man regelmäßig mal an die Sonne kommt und ob man sich sportlich betätigt.

Nur so lassen sich meiner Meinung nach die zunächst widersprüchlich erscheinenden Studienergebnisse zu einem halbwegs schlüssigen Gesamten zusammenfügen.
Kefir hat geschrieben:Nun habe ich auf Anraten der Ärzte wieder begonnen Milchprodukte zu essen, sowie zu Joggen. Erfreulicherweise ist nun meine Osteoporose mit diesem Ernährungs-Sport-Programm nur wenig schlimmer geworden (bin unterdessen 48). Die Ärzte finden den Verlauf sehr positiv, ich kann sozusagen was ich noch habe, einigermassen erhalten.
Milchproduktkonsumenten nehmen wohl schon durchschnittlich mehr Calcium zu sich wie Leute, die Milchprodukte meiden.
So weit, so richtig.
Ob nun die eigentlich wichtige Stellschraube zur Verbesserung der Osteoporose-Situation nicht der Sport sondern der Calcium-Konsum war, würde ich zwar eher in Frage stellen, aber trotzdem spricht wohl nichts dagegen, darauf zu achten, dass die tägliche Ernährung eine gute Calciumversorgung sicherstellt.

Wenn man sich schon vegan ernähren möchte, warum muss dann ausgerechnet Milch die Calcium-Quelle sein?
Es gibt Calcium-Quellen, die das Calcium sogar in besser resorbierbarer Form enthalten. Beispielsweise die betont calciumhaltigen Mineralwässer.
Wer keine Lust hat, überteuerte Mineralwasserflaschen nach Hause zu schleppen, kann sich auch selbst das eigene Leitungswasser entsprechend mit diesem Mineralstoff aufpeppen. Oder einfach einen Teelöffel (geschmacksneutrales) Calciumcitrat ins Essen geben. Das geht einfach und preisgünstig und man muss deswegen ja nicht gleich seinen geamten Essensplan auf "täglich Grünkohl" umstellen, um auf 1g Calcium pro Tag zu kommen.
Kefir hat geschrieben:Auf das Vitamin D bin ich leider erst kürzlich gestossen, war früher offenbar nicht so ein Trendy Thema wie heute.
Ja, das stimmt schon.
Erst seit Mitte der 90er-Jahre wird das Thema wirklich Ernst genommen. Davor war das praktisch kein Thema in den Medien.
Kefir hat geschrieben: Habe zwar einige Jahre lang Calcium Vitamin D3 Tabletten genommen. Die werden ja unterdessen nicht mehr empfohlen, ich glaube weil sie Nierenprobleme verursachen.
Außer der grundsätzlichen Empfehlung, auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin K zu sorgen, idealerweise in der Form Menaquinon-7 (MK-7), damit das aufgenommene Calcium bei hohem Vitamin-D-Status auch dort landet wo es hin soll, kenne ich jetzt keine speziellen neueren Erkenntnisse dazu.
Wenn es um die Bildung von Calciumoxalat-Nierensteinen geht, setzt man sowieso besser am Oxalsäureverzehr an.

An die Sonne zu gehen oder Vitamin-D zu supplementieren halte ich für gut und richtig.
Eine hohe Calcium-Zufuhr sehe ich eher als "Priorität 2" an.

larissa
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Beitrag von larissa » 10. Aug 2015 16:01

Kann ich voll und ganz bestaetigen.

Wir leben seit ca. fuenf Jahren vegan und meine Knochen sind stabil und fest (trotz oefterer Stuerze im Winter usw beim Gassigehen). Ich gehe oft und viel an die Sonne. Seit Jahren ohne Sunblocker und vertrage auch Mittagssonne problemlos ohne Hautreizungen. Habe mich aber ueber Jahre dahingetastet, irgendwann schien eine Gewoehung einzutreten und nach dem Winter erinnerte sich die Haut daran. Obwohl ich das schon Jahre so mache (werde 44), bin ich weder faltig noch habe ich eine schlechte Haut (wie die Kosmetikindustrie immer gerne suggeriert).

Damit ich im Winter auch gut "ueber die Runden" komme, habe ich da taeglich die Osram Vitalux an (Sonnenlampe). Angenehme Begleiterscheinung ist, dass man sich im Winter nicht muede oder depressiv fuehlt (was vorher ohne Lampe oefter im Winter der Fall war).

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schwarz
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Beitrag von schwarz » 10. Aug 2015 16:02

Anekdotische Evidenz.. etc.
enter the void.

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Vampy
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Beitrag von Vampy » 10. Aug 2015 20:52

BodyBuilder hat geschrieben: 1.) Die überwiegende Mehheit der Menschheit konsumiert keine Milchprodukte, zumindest nicht traditionell.
Bestenfalls gibt es da einige Veränderungen in den letzten Jahren, so dass nun auch in asiatischen Ländern Kuhmichprodukte nachgefragt werden, die traditionell von diesen Bevölkerungsgruppen gemieden wurden wie die Pest. Im wesentlichen dadurch bedingt, dass die meisten Menschen, anders als hier in Europa und in Nordamerika, die Laktose der Kuhmilch nicht vertragen.
das halte ich für ein gerücht. mir ist eigentlich keine Bevölkerungsgruppe bekannt, die keine Milchprodukte kennt.
BodyBuilder hat geschrieben: 2.) Jene Bevölkerungen, die traditionell (also quasi "schon immer") ohne Milchprodukte gelebt haben, haben typischerweise sehr wenig Probleme mit Osteoporose. Osteoporose war von daher eher eine Domäne der Europäer und Nordamerikaner, also genau jener Länder, die einen besonders hohen Michkonsum pro Kopf haben.
das sind aber auch die länder, wo der größte Wohlstand herrscht; spirch sich wenig bewegt und viel (und ungesund) gegessen wird. und wahrscheinlich auch wo es am meisten Handys gibt... zusammenhänge kann man da viele herstellen. ob da wirklich das eine auf dem anderen beruht ist aber ne ganz andere frage.
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somebody
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Beitrag von somebody » 11. Aug 2015 05:58

Hallo Kefir, :)

Knochengesundheit ist leider von mehr als Calcium und Vitamin D anhängig.

Könnte es sein, dass Du als Kind, Jugendliche, junge Erwachsene auch beispielsweise unzureichend mit Vitamin B12 und oder mit Eiweiß versorgt warst?

Für den Einstieg in das Thema empfiehlt sich der leider nicht mehr ganz aktuelle Artikel bei Vegan Health an:
http://www.veganhealth.org
http://www.veganhealth.org/articles/bones

Beispielsweise in den Blogs von Jack Norris und Ginny Messina finden sich viele sehr interessante Artikel zum Thema:
http://www.jacknorrisrd.com
http://www.theveganrd.com
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Kefir
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Beitrag von Kefir » 11. Aug 2015 23:45

Vielen Dank für eure tollen Infos!

Ich denke nicht, dass es mir als Kind/Jugendliche extrem an Sonne gefehlt hat, ich bin eigentlich mindestens im Sommer viel draussen und gut gebräunt gewesen. Ausserdem scheint es mir komisch, dass gerade vegan lebende Leute weniger an die Sonne gehen sollen?

Ja, ich kann mir vorstellen, dass ich als Jugendliche ein paar Jahre mangelhaft ernährt war. In meiner fleischliebenden Familie blieben für mich als einzige Vegetarierin wohl vor allem die Beilagen übrig, das war dann eine sehr kohlehydrat-lastige Ernährung. Vitamin B12 Mangel sowie Vitamin D Mangel wurden schon von Ärzten festgestellt (leider erst vor einigen Jahren).

So wie ich zusammengefasst die Lage (aufgrund der Studien) sehe ist das massvolle Essen von gesäuerten Tiermilchprodukten für den Knochen vorteilhaft. Man kann jedoch mit ausgeklügelter sorgfältiger veganer Ernährung eine ähnlich gute Lage schaffen.

Nun stellt sich für mich immer noch die Frage. Schaffe ich es, mich so ausgewogen vegan zu ernähren, dass meine Knochen nicht abbauen oder soll ich doch lieber ein wenig Milchprodukte konsumieren um den Zustand zu erhalten? Da kämpfen zwei Seelen in meiner Brust, die eine fühlt sich zum veganen Leben hingezogen, die andere hat Angst vor Wirbelbrüchen....

Diese (Gewissens- oder Wissens?) Frage kann mir wohl niemand abnehmen????

Eure dankbare Kefir

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Beitrag von BodyBuilder » 12. Aug 2015 00:56

Kefir hat geschrieben:Nun stellt sich für mich immer noch die Frage. Schaffe ich es, mich so ausgewogen vegan zu ernähren, dass meine Knochen nicht abbauen oder soll ich doch lieber ein wenig Milchprodukte konsumieren um den Zustand zu erhalten?
Jeden nur denkbaren für die Knochenqualität potenziell vorteilhaften Nährstoff der Milch gibt es auch vegan:
Calcium / Vitamin D / Vitamin K2 / Protein / ...
Was auch immer.

All das ist auch vegan erhältlich.

Wenn es also nur darum geht, genau die (potenziell) positiven Wirkungen der Milch in veganer Form zu bekommen, steht dem nichts entgegen.

larissa
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Beitrag von larissa » 12. Aug 2015 06:02

Guten Morgen,

haette ich das Problem mit Osteoporose wuerde ich wohl taeglich Sesampaste, Vitamin K1 Tropfen und soyaisolat konsumieren plus ein Rundumvitaminmineralgemisch. Zusaetzlich taeglich lange an die Sonne (im Winter Vitalux).

Alles Gute fuer Dich :)

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Beitrag von somebody » 12. Aug 2015 06:53

Hallo Kefir, :)

mögliche unzureichende Ernährung in Deiner Jugend könnte leider eine wesentliche Rolle spielen.

Wie BodyBuilder schreibt, Milch und Milchprodukte enthalten theoretisch keine Nährstoffe, die Du Deinem Körper nicht auch via veganer Nahrung und veganen Nahrungsergänzungen zuführen kannst.

An Deiner Stelle würde ich versuchen, möglichst viele Meinungen von Fachleuten darüber zu erhalten, wie Du aus medizinischer Sicht mit Deiner Situation umgehen könntest bzw solltest.

Bist Du momentan mit Deinen behandelnden Ärztinnen/Ärzten zufrieden?
Wann wurden die relevanten Parameter zuletzt bestimmt? Wurde auch ein Aminosäureprofil erstellt?

Datenbank des Vebu mit lt Vebu gegenüber veganen und vegetarischen Belangen aufgeschlossenen Ärztinnen und Ärzten:
https://vebu.de
https://vebu.de/themen/gesundheit/veggi ... che-aerzte

Da Ginny und Jack Kommentare auf Replys in ihren Blogs antworten, könnte anonymisiertes Posten Deines Problems interessante, hilfreiche Antworten zur Folge haben, beispielsweise hier:
http://jacknorrisrd.com/dietitian-persp ... one-health
http://www.theveganrd.com/2014/11/dieti ... ealth.html
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Beitrag von BodyBuilder » 12. Aug 2015 13:52

larissa hat geschrieben:haette ich das Problem mit Osteoporose wuerde ich wohl taeglich Sesampaste, Vitamin K1 Tropfen und soyaisolat konsumieren plus ein Rundumvitaminmineralgemisch. Zusaetzlich taeglich lange an die Sonne (im Winter Vitalux).
Sesam ist durchaus eine gute Calcium-Quelle für den Durschschnittsbedarf.
Wenn überdurchschnittlich viel Calcium im Essen drin sein soll, dann würde ich aber doch gleich zu Calciumcitrat (oder etwas vergleichbarem) greifen.

Sonne und Ultra-Vitalux als Vitamin-D-Quelle dürfte auch eine gute Empfehlung sein.
Ich würde zusätzlich noch Vitamin-D3 als Supplement empfehlen, wenn eine Osteoporose schon erkennbar ist.

Als Turbo-Alternative zu K1 wäre K2 (MK-7 aus Natto) auch eine Betrachtung Wert.
Insbesondere wichtig bei hoher Vitamin-D-Zufuhr (Supplement + UV).

Eine gut ausreichende Proteinversorgung ist sowieso eine gute Empfehlung. Unter 1g/kg sollte man auf keinen Fall kommen. Lieber 1,5g/kg anzielen. Eventuell sollte man noch extra etwas Lysin hinzufügen.

EIn "Rundumvitaminmineralgemisch" kann einem das detaillierte Überprüfen und Supplemetieren ersparen und dürfte deshalb für viele Leute, egal ob vegan oder omnivor, davor bewahren, doch irgendwelche speziellen Nährstoffe zu sehr zu vernachlässigen.
Natürlich geht es bestens auch ohne, aber dann muss man eben mehr mitdenken.

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