Risiken durch Strahlung und Umweltgifte?

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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human vegetable
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Risiken durch Strahlung und Umweltgifte?

Beitrag von human vegetable » 18. Aug 2016 12:34

Angebliche Gesundheitsrisiken durch Strahlung und Umweltgifte ignoriere ich fast völlig. Das hat mehrere Gründe:

1) Einiges hört sich für mich wenig fundiert an (Elektrosmog durch Haushaltsgeräte), bzw. sogar nach esoterischem Schwachfug (Wasseradern), oder Verschwörungstheorie (Chemtrails).

2) Viele Risiken scheinen wenn überhaupt nur mit großem Aufwand beeinflussbar (nur noch BIO kaufen um Pestizidbelastung zu verringern, plastikfrei leben um BPA und Phtlalate zu minimieren, bei hohem Verkehrsaufkommen Mundfilter tragen um Feinstaubbelastung zu reduzieren). So weit werde ich eh nicht gehen, und da möchte ich es lieber gar nicht so genau wissen.

3) Ich mache mich damit froh, dass sehr kleine Belastungen nach dem Prinzip der "Hormesis" paradoxerweise sogar gesundheitlich vorteilhaft sein können (so wurde der gesundheitliche Nutzen der kontroversen Radontherapie kürzlich belegt).

Dennoch befürchte ich, dass ich es mir zu einfach mache und es einige alltägliche Verhaltensänderungen gäbe, die nach Kosten-/Nutzenanalyse durchaus sinnvoll wären und dabei nicht unverhältnismäßig viel Aufwand mit sich brächten.

Könnt ihr Quellen empfehlen, die eine objektive Einschätzung der tatsächlichen Risiken geben, und optimalerweise auch Verhaltensempfehlungen daraus ableiten?

Schon was Ernährung angeht ist es schwer, den goldenen Mittelweg zwischen Ignoranz und Hysterie zu finden, aber was diese Themen angeht finde ich es fast unmöglich, mir eine eigene Meinung zu bilden, weil die Informationsbasis fehlt. Wo finden sich verlässliche Infos - möglichst gleich über mehrere Phänomene, endverbrauchertauglich aufbereitet?
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ClaireFontaine
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Beitrag von ClaireFontaine » 18. Aug 2016 12:42

Ich weiß nicht, ob das so schwer ist? Ich mein, nimm mal deine Nummer 2: Es gibt Listen im Internet, nach denen man bestimmte Gemüse- und Obstsorten vorzugsweise Bio kaufen sollte. Zb Salat und alles grünblättrige, wenn ich mich recht erinnere. Das macht schon Sinn, finde ich.
Auch muss man nicht komplett Plastikfrei leben, sondern man kann zb durchaus Tupperdosen benutzen, die BPA-frei sind, aber vllt Plastik in anderen Bereichen reduzieren. ZB dadurch, dass man Glas- anstatt Plastikflaschen kauft, bißchen auf Verpackung achtet, weniger Fertiggerichte, etc.
Auch was den Feinstaub angeht: Dann wohnt man halt nicht in der Innenstadt an der am stärksten befahrensten Straße.
Ich würd da von einer schwarz-weiß-Sicht abkommen, und, wenn mir das wichtig ist, vielleicht eher an Reduzierung denken, als an Ausschluss.

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human vegetable
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erungen

Beitrag von human vegetable » 18. Aug 2016 13:20

Grundsätzlich guter Gedanke, nur scheint es mir mangels Wissen sehr schwer, tatsächlich effektive Verhaltensänderungen von solchen abzugrenzen, die einem lediglich ein gutes Gefühl geben (und dabei im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv sind).

Bsp. Bio und Pestizidbelastung: Soweit ich weiß, ist bis jetzt noch nicht mal zweifelsfrei belegt, ob die paar Nanogramm Pestizide am Gemüse, die mit den heutigen feinfühligen Messinstrumeneten gerade noch detektierbar sind, überhaupt gesundheitsrelevant sind. Macht es da wirklich Sinn, auf Bio umzuschwenken, nur weil wir dann das gute Gefühl haben können, nur halb soviel Nanogramm davon zu schlucken? Reicht es nicht, das Gemüse gründlich zu waschen? Oder ändert das nix?

Betrifft uns Veganer zwar nicht, aber in einem clip hat Dr. Greger kürzlich verbreitet, dass eine Studiengruppe nach dem Schwenk auf bio-Milchprodukte plötzlich HÖHERE BPA-Belastung hatte - da die Milch in der Melkmaschine durch Kunststoffschläuche ging. Da frage ich mich doch, wie das konventionell läuft - Sklavenarbeit?
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ClaireFontaine
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Beitrag von ClaireFontaine » 18. Aug 2016 13:47

Naja, aber bezüglich Bio oder nicht, hast du dir deine Frage dann ja schon beantwortet: du hälst es für vernachlässigbar. Damit kannst du das ja schonmal abhaken?

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somebody
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Beitrag von somebody » 18. Aug 2016 14:18

human vegetable, sehe Thematik etwa so wie Claire. :)
Relativ hoher BIO Anteil prinzipiell sinnvoll, da tendenziell weniger Schadstoffe, tendenziell mehr sekundäre Pflanzenstoffe & Mikronährstoffe, teilweise längere Haltbarkeit und teilweise angenehmeres Aroma. Zumindest 1 aussagefähiges Paper habe ich in Erinnerung, URL kann ich in der Nacht oder am Vormittag nachreichen, wenn ich wieder am PC bin.
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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 18. Aug 2016 15:03

Claire, du missverstehst mich. "Gefühlsmäßig" habe ich mir ja schon eine Meinung (oder eher Vorurteil) gebildet, die da heißt: Ignorieren, da vermutlich unverhältnismäßiger oder gar gänzlich unnötiger Aufwand.

Mir geht es darum, diese Einschätzung auf den Prüfstand zu stellen, und dazu benötige ich "harte Fakten". Nach der vorherrschenden "Herdenmeinung" möchte ich mich dabei explizit nicht richten, da die Risikoeinschätzung der meisten Menschen höchst irrational ist und fremdverschuldete Risiken (Umweltgifte) in der subjektiven Einschätzung immer schlimmer scheinen als selbstverschuldete (exzessiver Verzehr ungesunder Produkte). Soll heißen: Viele Menschen mutieren beim Thema Umweltgifte zu schäumenden Wutbürgern oder Handy-in-Alufolie-wickelnden Paranoikern, aber haben kein Problem damit, exzessive Mengen an Fleisch- und Milchprodukten zu essen, was ihre Gesundheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wesentlich stärker gefährdet.

"Stiftung Warentest" führt alle paar Monate mal wieder vor, wie man ein Maximum an öffentlicher Aufmerksamkeit und Paranoia erzeugt, indem man die extreme Messgenauigkeit heutiger Methoden ausnutzt, um mikroskopische Verunreinigungen in Alltagsprodukten anzuprangern, die dennoch weit unterhalb jedes offiziellen Grenzwerts liegen, bzw. Substanzen betreffen deren Gefährlichkeit noch nicht mal eindeutig belegt ist.

Sicherlich gibt es viele Gründe, bio-Produkte vorzuziehen: Weniger umweltbelastende und nachhaltigere Produktion, Unterstützung des Wandels der Landwirtschaft, Verringerung von Transportwegen usw., eventuell auch besserer Geschmack, und für viele halt auch besseres Gewissen. Bin mir nur nicht sicher, ob "bessere Gesundheit" auch dazugehört, oder letztlich nur marketing ist.

Wie ihr merkt, habe ich mir schon eine recht "starke" Meinung zum Thema gebildet, ohne mit den Fakten sonderlich vertraut zu sein. Aber wie ihr in meiner Signatur lesen könnt sollte mich das misstrauisch mir selbst gegenüber machen. Gibt es da nicht irgendein Pamphlet des BfR, oder einer anderen einigermaßen unabhängigen öffentlichen Institution, wo der derzeitige Wissensstand didaktisch reduziert zusammengefasst wird?
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Beitrag von Vampy » 18. Aug 2016 19:16

wo Stiftung warentest allerdings was wichtiges aufgedeckt hat, war die Sache mit den mineralölrückständen. und da kann man ja ganz gute handlungsempfehlungen ableiten. foodwatch hat ne liste erstellt mit Sachen die mehr und welchen, die weniger belastet sind, und fast überall gibt es brauchbare alternativen. kauft man halt statt ner Packung von reis-fit eine von Edeka Eigenmarke oder uncle bens. https://www.foodwatch.org/fileadmin/The ... itteln.pdf
hier ist die Problematik ganz gut erklärt: https://www.bll.de/de/der-bll/positione ... mineraloel
hier gibt's das noch mit Chips&schoki, für veganer aber eher uninteressant: https://www.foodwatch.org/uploads/media ... _Chips.pdf
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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 19. Aug 2016 06:10

Vampy, vielen Dank für deinen Input. Besonders an der zweiten Quelle kann ich gut erklären, was mir so auf den Geist geht. Hier eine direkt zitierte Passage:
Gesundheitliche Bewertung
Nach bestehender Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) unter Bezugnahme auf Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind Mineralöl-Gehalte in Lebensmitteln unerwünscht und soweit technisch machbar zu minimieren. Sie stellen jedoch unter Zugrundelegung üblicher Verzehrsgewohnheiten kein akutes Lebensmittelsicherheitsproblem dar. Eine Aufnahme von MOSH/MOAH, die bereits aufgrund der bestehenden „Hintergrundbelastung“ unvermeidbar ist, kann sich durch Lebensmittelverzehr geringfügig erhöhen. Da diese komplexen Kohlenwasserstoffgemische jedoch nicht ausreichend toxikologisch bewertet sind und auch ein mögliches krebserzeugendes Potential der MOAH-Fraktion nicht ausgeschlossen werden kann, gelten diese als unerwünschte Substanzen, deren Übergang auf Lebensmittel vermieden werden soll.
Natürlich schluckt niemand gerne Mineralöl und es ist klar, dass man gesundheitliche Probleme bekommen wird, wenn das in größeren Mengen geschieht. Aber reichen die von Stiftung Warentest gefundenen Rückstände, die sich pro Mahlzeit noch nicht mal im mg-Bereich (d. h. weniger als ein Tausendstel Gramm) bewegen, tatsächlich schon aus um konkrete Probleme zu verursachen? Deiner Quelle nach nein - das BfR schreibt: "kein akutes Lebensmittelsicherheitsproblem".

Was geschieht nun, wenn die Politik sich hinter das dennoch subjektiv empfundene Sicherheitsrisiko der Bevölkerung hängt und entsprechende Gesetze erlässt? Weiteres Zitat aus deiner Quelle:
Rein auf den deutschen Markt bezogen will der Gesetzgeber sehr restriktive Anforderungen an die Beschaffenheit von Lebensmittel-Packstoffen auf Recyclingpapierbasis stellen. Als eine mögliche Konsequenz sehen sich Lebensmittelverpacker gezwungen, in unverhältnismäßigem Umfang nur noch alternative Verpackungsmaterialien (Barrierematerial, Kunststoff, Glas, Aluminium) einzusetzen mit den entsprechenden ökonomischen und ökologischen Folgen. Das Instrument der Regulierung steht insofern in keinem Verhältnis zum wissenschaftlich begründeten, objektiven Handlungsbedarf zu den bereits erreichten Verbesserungen und ist derzeit keine angemessene Maßnahme und Migrationsbegrenzung zur weiteren Problembehandlung.
Im Klartext: Um die Mineralölrückstände noch weiter zu minimieren (obwohl die getesteten Levels wohl nicht zu Gesundheitsproblemen führen, und in der Folge schon einige Verbesserungen erzielt worden sind), werden sollen bald wohl nur noch aufwändigere Verpackungen zugelassen sein, deren Produktion die Umwelt stärker belastet. Ein Fortschritt?

Nochmal zusammengefasst: Dass geringe Mengen von Schadstoffen in unserem Essen gefunden werden, ist bei den heute zur Verfügung stehenden hochsensiblen Messmethoden nahezu unvermeidlich. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass dadurch zwangsläufig konkrete Gesundheitsprobleme entstehen, denn die aufgenommenen Mengen sind zu deren Verursachung eventuell viel zu gering.

Solange nicht klar belegt ist, dass eine tatsächliche Gefährdung besteht, können Maßnahmen zur weiteren Senkung der Rückstandslevel die Lage eher verschlimmbessern, da es zu reaalen Beeinträchtigungen anderswo kommt.

Ein ähnliches Beispiel aus einem anderen Lebensbereich, wo die subjektive Fehleinschätzung von Risiken tragische Folgen hatte: In den ersten Jahren nach 9/11 hatten die Amis mehr Angst vor Inlandsflügen, und nutzten daher öfter PKWs, um weitere Entfernungen zurückzulegen. Dadurch wurden im Straßenverkehr zusätzlich mehr Menschen getötet, als das bei 9/11 selbst der Fall war. Behauptet zumindest Gerd Gigerenzer, der sich beruflich mit der Abschätzung von Risiken beschäftigt.

Mir kommt es so vor, dass wir in die gleiche Falle laufen, wenn wir unbenommen des realen Risikos generell versuchen, selbst minimale Schadstoffückstände noch weiter zu verringern. Ohne dass sich dadurch irgendwelche konkreten Verbesserungen ergeben (bis auf die Minderung unseres subjektiven Bedrohungsgefühls, das sich dann an anderer Stelle austoben kann und dabei immer empfindlicher wird), werden sehr reale Probleme an anderer Stelle geschaffen.

Ein typischer Fall von "sweating the small stuff", d. h. den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen.
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Gerlinde
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Beitrag von Gerlinde » 19. Aug 2016 17:38

human vegetable hat geschrieben:... wenn wir unbenommen des realen Risikos generell versuchen, selbst minimale Schadstoffückstände noch weiter zu verringern. Ohne dass sich dadurch irgendwelche konkreten Verbesserungen ergeben (bis auf die Minderung unseres subjektiven Bedrohungsgefühls, das sich dann an anderer Stelle austoben kann und dabei immer empfindlicher wird), werden sehr reale Probleme .
Human v. aus meiner Sicht müssen wir in Kreisläufen denken!

Dein Text oben mag auf manche Probleme zutreffen, bei der Karton-Umverpackung sehe ich es anders, denn aus Altpapier wird wieder bedruckter Karton und daraus wieder Altpapier - das Problem (MKW aus Farben) reichert sich an.

Bei anderen Schadstoffen unterscheide ich schon mal nach Schadstoffen, an die die Menschheit schon lange sich "anpassen" konnte (z.B. Schwermetalle) und neue Stoffgruppen (z.B. PFC, Asbest) - letztere sehe ich kritischer (Bauchgefühl).
Man muss nicht über jedes Stöckchen springen ....

gemüse
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Beitrag von gemüse » 19. Aug 2016 19:55

human vegetable, wenn es nur um die Kosten-Nutzen-Analyse für einen selbst geht, kann man solche Belastungen wohl ignorieren, denn egal, wie "gesundheitsförderlich" man sich verhält: am Ende sind wir alle tot.

(Anders sieht es aus, wenn man umweltverträglich leben möchte, aber das ist hier ja nicht das Thema.)

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