Unvegan für die Gesundheit

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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Scyza
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Unvegan für die Gesundheit

Beitrag von Scyza » 19. Jan 2017 18:15

Hallo,

gern würde ich dieses Thema in irgendeiner Form so drehen, dass es nicht darauf hinausläuft, dass ich im Prinzip ein "OK" von anderen Veganern möchte.. aber um ehrlich zu sein ist es genau das, also warum so tun, als ginge es um etwas anderes.

Manche hier kennen ja meine gesundheitlichen Problematiken ein wenig... nun bin ich momentan bei einer Ärztin in Behandlung, die eine neue, nicht durch Studien belegte Diagnostik und Therapie bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten anbietet (Impuls-Therapie nennt sich das) - da ich zufällig als Testperson für eine Studie infrage kam, bekomme ich die Therapie umsonst und habe daher im Prinzip nichts zu verlieren. Nun ist es aber so, dass ich sowohl für die Diagnostik als auch für die Therapie kleinere Mengen Milchprodukte, Fisch und wohl auch Fleisch zu mir nehmen müsste. Mein Leidensdruck ist groß genug, dass ich glaube ich bereit wäre, das in Kauf zu nehmen... aber das Gewissen meldet sich natürlich dennoch, selbst für die wenigen Tests und kleinen Mengen...

Zudem haben mir aber die Ärzte dringend angeraten, dauerhaft zumindest auf vegetarisch umzusteigen. Für mich wäre das eine riesige persönliche Niederlage und die Vorstellung, diese Niederlage hinnehmen zu müssen, macht mich wahnsinnig... Auf der anderen Seite ist im Moment meine Lebensqualität einfach massiv eingeschränkt (ich kratze an der Grenze zum Untergewicht, bin ständig schwach und müde, Kreislauf funktioniert nicht, mir wird dauernd schwindelig, ich habe überall kleine Wunden an Fingern, Lippen etc., die nicht abheilen, juckende Hautausschläge, bin über Phasen so depressiv, dass ich mich nicht einmal aufraffen kann, mich zu waschen, geschweige denn das Haus zu verlassen, ich bin dauerhaft gereizt und aggressiv, vergesslich, dazu kommen noch heftige Reaktionen auf manche Nahrungsmittel mit schmerzhaften Krämpfen, Übelkeit und Durchfällen - kurzum, es funktionieren weder Körper noch Geist).

Was soll ich machen? Was würdet ihr an meiner Stelle tun?

LG

Lebkuchen
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Beitrag von Lebkuchen » 19. Jan 2017 18:54

Hallo,

Ja das klingt wenig erfreulich. Vielleicht ist es am einfachsten, wenn du eins nach dem anderen angehst. Deiner Gesundheit würde ich die höchste Priorität geben. Hör auf deinen Arzt und mach was er sagt, bis es dir wieder gut geht. Danach kannst du deine Ernährung immer noch auf vegan/vegetarisch/paleo umstellen.

Gute Besserung

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illith
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Beitrag von illith » 19. Jan 2017 19:20

scyza, ich hab grade leider nicht präsent, was mit deiner gesundheitssituation ist.

ich hab aber grade mal diese impuls-therapie nachschlagen wollen (und hab auch in eine FB-gruppe nachgefragt, in der etliche fachmenschen zu allen möglichen themen sitzen) - das erscheint mir sehr fragwürdig... es gibt noch nicht mal einen wikipediaartikel dazu^^
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Scyza
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Beitrag von Scyza » 19. Jan 2017 21:34

Lebkuchen, vielen Dank für deine Meinung. Eins nach dem anderen ist vielleicht gar nicht so schlecht...

Illith, ja, ich weiß selbst, wie unseriös es wirkt... deswegen habe ich auch ein halbes Jahr gehadert und immer wieder Forenbeiträge gelesen und gedacht "nee, so einen Blödsinn machste nicht" - was mich dazu bewogen hat, es dennoch zu versuchen, waren 1. die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Leuten, die in entsprechenden Foren unterwegs sind (z.B. libase), 2. dass es mir im Moment so schei**e geht, dass ich beinahe alles ausprobieren würde und 3. dass ich die Therapie umsonst bekommen kann durch den Umstand, dass ich am Raynaud-Syndrom leide und zufällig Testpersonen dafür gesucht werden. Die Frau Doktor, die die Therapie erfunden hat, hat auch ein Buch dazu geschrieben (ist bei Amazon zu finden unter dem Titel "Nahrung statt Medizin"), habe es bereits durch... es ist laienwissenschaftlich und oberflächlich geschrieben und es sind auch einige Sachen drin, die schlicht falsch sind. Die Diagnostik und die Therapie haben eine gewisse Grund-Logik, die postulierten Zusammenhänge erscheinen durchaus möglich, wenn auch Beweise letztlich fehlen... manches scheinen aber auf den ersten Blick nur willkürlich aufgestellte Behauptungen zu sein. Ich bin noch skeptisch, denke mir aber, zu verlieren habe ich eigentlich nichts, denn bei der Therapie handelt es sich im Prinzip nur um eine Art Desensibilisierung, im schlimmsten Falle habe ich also ein bisschen Zeit verschwendet und ein paar Happen von irgendwelchen Lebensmitteln gegessen. Mir ist klar, dass es womöglich kompletter Humbug ist. Umso erstaunlicher, dass ich trotzdem nicht anders kann als zu hoffen. Dass die Wirksamkeit der Therapie und der gesamten Idee dahinter nicht erwiesen sind, macht es für mich noch schwieriger, zu entscheiden, ob ich dafür wirklich Fleisch oder Fisch essen will... aber dann kommt eben doch wieder der Gedanke "Aber was, wenn es hilft?" - die anderen Patienten im Institut, mit denen ich gesprochen habe, sind felsenfest überzeugt von der Wirksamkeit, reisen z.B. aus dem tiefsten Bayern an für 1 Woche, um sich testen zu lassen.

LG

gemüse
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Beitrag von gemüse » 20. Jan 2017 00:18

Anhand der Speichelmenge, die jemand absondert, kann man herausfinden, welche Nahrungsmittel zu Magenschmerzen, Durchfall, Fettleber, Raynaud-Syndrom, Depressionen, Gelenkbeschwerden, Kopfschmerzen, Asthma etc. pp. führen? Spannend.

Weshalb man ausgerechnet einem Veganer empfiehlt, sich auf eine allfällige Unverträglichkeit tierischer Eiweiße testen zu lassen, erschließt sich mir nicht so recht. Leider hält sich die Seite des Instituts außergewöhnlich bedeckt, was Zusammenhänge und Methode betrifft. Auch mit Belegen geht sie sparsam um: Laut Beiträgen im Libase-Forum gibt es das Institut seit mindestens vier Jahren, trotzdem kann man die "Fallbeispiele" auf der impuls-Seite an einer Hand abzählen.

Vielleicht hat man sich statt dessen auf wissenschaftliche Publikationen konzentriert? Immerhin widmet sich Frau Doktor dem Thema nach eigenem Bekunden schon zwei Jahrzehnte. -- scholar.google spukt eine übersichtliche Liste aus: ihre Dissertation aus dem Jahr 1983 und ansonsten einen Ernährungs- und einen Diätratgeber. http://scholar.google.co.uk/scholar?q=% ... _sdt=0%2C5

Wenigstens bei den Preisen ist man transparent: die ersten zwei Tests kosten 150 €, jeder weitere 100 €, und pro Tag kann man immer nur ein Nahrungsmittel testen. Unter diesem Gesichtspunkt ergeben Tests mit tierischen Eiweißen natürlich auch bei Veganern Sinn.

Mein Eindruck: Ist ein prima Geschäftsmodell. War's A nicht, testet man eben B, und war's das ebenfalls nicht, dann die restlichen auch noch, Lebensmittel gibt's ja genug.

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BodyBuilder
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Beitrag von BodyBuilder » 20. Jan 2017 00:46

Bei Vorliegen der Kombination
"Lebensqualität deutlich einschränkenden Gesundheitsproblematik"
und
"einer robusten Indikation, dass es dafür eine Besserung gibt",
würde ich diese auch in Erwägung ziehen.

Letztlich basiert die vegane Lebensidee ja auch darauf, Tierleid im Rahmen der Möglichkeiten zu vermeiden.
Eine schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung fällt sicher nicht mehr in den Toleranzbereich dessen, was man als Nachteil einer tierleidreduzierten Lebensweise zu akzeptieren hat.

Veganismus macht nur Sinn, wenn dieser auch funktioniert. Wenn er nicht funktioniert, dann fehlt ihm zumindest für den betreffenden Fall die Existenzgrundlage.

Allerdings sehe ich es als geboten an, im Rahmen der Möglichkeiten den vegansten funktionierenden Weg zu wählen.

Ich weiß jetzt nicht, warum die betreffende Therapie auf Tierprodukten basieren soll und wie die detaillierte Begründung dafür aussieht. Das wäre aber für mich durchaus relevant.
Wenn beispielsweise die Anforderung wäre "tierisches Protein" zu sich zu nehmen, dann würde mich zum einen die Idee dahinter interessieren, als auch, ob z.B. Muscheln (wie insbesondere Austern) als Lieferant dieses tierischen Proteins in Frage kämen. Austern sehe ich, da sie über nichts verfügen, was man als "Gehirn" bezeichnen kann, annähernd auf dem Niveau einer fleischfressenden Pflanze. Zwischen diesen beiden sehe ich keinen großen Trennungsabstand.

Wie auch immer. Was nötig ist, um selbst "leben" zu können, ist eben nötig und genau durch diese Notwendigkeit auch ethisch begründbar. Es hat ein ganz anderes Niveau als "es schmeckt gut."

Unabhängig davon: Wie sieht es eigentlich mit den Standard-Blutwerten aus?
Sind die bekannten Mangelkandidaten im (hoch)normalen Bereich?
Ausreichende Versorgung gesichert bei Vitamin-D/Vitamin-B-Gruppe/DHA/Jod/Cholin?

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somebody
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Beitrag von somebody » 20. Jan 2017 02:27

Stefanie, führte die Diagnostik der Gastroenterologiepraxis und etwaige weitere Diagnostik zu neuen Erkenntnissen?

Vor Behandlungen ohne schulmedizinische Evidenz würde ich an Deiner Stelle wg leider verbreiteter Scharlatanerie äußerst gründlich recherchieren

Falls sachlich keine Alternative zu tierischen Nahrungsbestandteilen existieren sollte, was meines Wissens äußerst selten der Fall ist, ist dies IMO zu akzeptieren.
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Scyza
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Beitrag von Scyza » 20. Jan 2017 13:18

Hallo und danke für die zahlreichen Antworten. Ich versuche mal, die verschiedenen Punkte so gut ich kann zu beantworten.

Bezüglich möglicher Abzocke - ja, die Gefahr ist da und das Geschäftsmodell stinkt geradezu danach. Ist aber in meinem Fall ein Punkt, den ich im Prinzip ignorieren kann, da ich die Behandlung als Testperson im Rahmen der Studie umsonst bekomme.

Bezüglich der "Notwendigkeit" auf tierisches Protein zu testen - das soll wohl v.a. zwecks Vergleichbarkeit der Testergebnisse geschehen (wenn sie die Ergebnisse für eine Studie verwenden wollen, macht das für mich soweit sogar halbwegs Sinn). Allerdings wurde ich heute schon auf "Eiweiß" getestet mit einem wohl synthetisch hergestellten "Pulver", das wohl irgendein Eiweiß-Konzentrat sein soll. Habe heute auch meinen Therapieplan bekommen, mit Eiweiß soll ich starten und habe auch dafür das Pulver mitbekommen - soll also scheinbar zumindest für den Moment kein Fleisch o.ä. essen. Ich hoffe einfach mal, dass das auch später nicht von mir erwartet wird (obwohl sie mir das ja eigentlich "angedroht" hatten).

somebody - bei der Magen- und Darmspiegelung wurde nichts auffälliges gefunden. Der Gastroenterologe glaubte zwar makroskopisch Zöliakie-typische Veränderungen sehen zu können, das hat sich in der Histologie aber nicht bestätigt. Da für die Diagnose einer Zöliakie Transglutaminase + Darmschädigung gegeben sein muss, konnte mir also keine Zöliakie diagnostiziert werden. Meine Hausärztin (und auch alteingesessene Mitglieder des Zöliakie-Treff Forums) waren dennoch der Meinung, dass die Erhöhung der Transglutaminase genügend aussagekräftig ist und empfahlen mit eine glutenfreie Diät. Die halte ich nun auch seitdem ein, habe darunter aber mehr Beschwerden als vorher (das einzige, das sich gebessert hat, ist der Laborwert). Auf Calprotectin wurde noch getestet, war negativ. Pankreas wurde auch noch getestet, Fettstoffwechselstörung auch ausgeschlossen. Im Prinzip ist alles an "schlimmen" organischen Ursachen ausgeschlossen. Aber zur Zeit geht es mir einfach dreckig, ich bin kaum noch leistungsfähig und meine Hausärztin ist total genervt von mir und meint ich soll zum "Spezialisten" gehen. Ich selbst habe immer gedacht, es ist irgendwas Richtung Histaminintoleranz oder Mastzellaktivierungsstörung, bin aber letztends fast an einer Kaki verreckt, die bei Histamin sehr verträglich sein soll...?! Ich weiß einfach nicht weiter, bisher haben alle Ärzte nur den Kopf geschüttelt, wenn ich nach Histaminintoleranz gefragt habe und ich habe einfach keine Lust mehr auf Ärzte, die mich deutlich spüren lassen, dass sie denken, es sei ein Reizdarm und alles psychisch. Ich will nicht einmal bestreiten, dass inzwischen mit Sicherheit in irgendeiner Form auch die Psyche mitspielt, aber ich bin mir sicher dass am Anfang des Ganzen eine körperliche Ursache steht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ich am Abend Tofu esse und am nächsten morgen aufgrund der "Psyche" einen juckenden Ausschlag habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wenn ich bestimmte Dinge esse 1,5 h später mein Kreislauf zusammenklappt, mir schlecht wird und ich mich unter schmerzhaften Krämpfen komplett ausleeren muss, unabhängig davon, ob ich daran gedacht habe oder nicht... ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich "psychische" Transglutaminase-Antikörper habe.

In diesem iffi-Zentrum hört mir zum ersten Mal ein Arzt tatsächlich zu anstatt alles, was ich sage, abzutun, irgendein Labor zu ordern und mich wieder wegzuschicken. Ich weiß, dass das alles etwas suspekt wirkt - aber ich möchte es trotzdem probieren. Ich habe nichts zu verlieren, nur zu gewinnen... die Ärztin sagte heute zu mir, dass wenn wir mit der Therapie durch sind, ich Sachen wie Tofu und Linsen tatsächlich beschwerdefrei essen können werde - also muss ich dann ja vielleicht doch gar nicht dauerhaft wieder auf vegetarisch umsteigen?! Momentan bekomme ich aber scheinbar nicht genügend Nährstoffe aus meiner veganen Ernährung... insbesondere mit Protein habe ich halt Probleme, ich kann doch nicht meinen gesamten Eiweißbedarf aus Proteinpulver decken...

(Sorry, das ist nun echt lang geworden)

LG

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