Milch - Argumente dafür und dagegen

Diskussionen pro & contra
Benutzeravatar
matcha queen
Beiträge: 4766
Registriert: 22.07.2014

Beitrag von matcha queen » 17. Jan 2015 20:07

In welcher Form ich als veganerin von einer Unterhaltung mit nem Michbauer profitieren soll ist mir echt ein Rätsel. Der einzige der hier profitiert ist er und zwar auf Kosten von anderen hilflosen Lebewesen

Benutzeravatar
Vampy
Vactologist
Beiträge: 36085
Registriert: 18.02.2008
Wohnort: Frankfurt an der Franke

Beitrag von Vampy » 17. Jan 2015 20:34

und seit wann wird enthornt? wohl nicht schon immer, oder? und wie machen das Tiere in freier Natur, zb Yaks, büffel o.ä.? in Naturfilmen hab ich da jetzt noch nie blutende stümpfe gesehen.
Think, before you speak - google, before you post!

donnershag
Beiträge: 38
Registriert: 17.01.2015

Beitrag von donnershag » 17. Jan 2015 21:22

Hallo Alexey,

die Trennung von Kuh und Kalb erfolgt wie schon geschrieben wurde direkt nach der Geburt weil es in Milchviehbetrieben nicht umsetzbar wäre beide zusammen zu lassen. In so gut wie allen Fällen ist das recht unproblematisch, da die meisten Milchkühe ziemliche Rabenmütter sind. Wie gut sich eine Kuh nach der Geburt um ihr Kalb kümmert ist ein erblicher Charakterzug, der in freier Wildbahn und auch bei der Mutterkuhhaltung wichtig ist. Deswegen wurden diesen Sommer meine ich 2 Wanderer in den Alpen von Kühen getötet, da Mutterkuhrassen darauf gezüchtet sind sich gut um ihr Kalb zu kümmern und deswegen Eindringlinge verjagen. Bei Milchkühen ist diese Charaktereigenschaft völlig unwichtig und daher ziemlich verkümmert.

Wenn eine Kuh mal 2 Wochen zu früh kalbt oder so ist Sie bei uns noch in der Herde und nicht in der separaten Abkalbebox.
Häufig ist es dann so, dass man erst mal eine halbe Stunde durch den Stall gehen muss um zu sehen wer da überhaupt gekalbt hat, da sich die Mutter nicht um das Kalb schert und irgendwo am anderen Ende des Stalls steht und man Sie nur an der heraushängenden Nachgeburt erkennt. Traumata bei Kühen habe ich deswegen noch keine bemerkt auch wenn dies natürlich schwierig zu beurteilen ist, da sie ja keinen Fragebogen ausfüllen können. Ich bin noch recht jung und habe den Betrieb erst seit 2,5 Jahren aber bei den 200 Geburten die ich bis jetzt betreut habe, kam es noch nie vor, dass eine Kuh stundenlang nach ihrem Kalb schreit, wie häufig auf reißerischen Webseiten beschrieben. Ansonsten dürfte es auf Betrieben mit mehr als 200 Kühen niemals ruhig sein, da dort täglich Kälber zur Welt kommen, wie schon Gerlinde richtig bemerkt hat.

Die Kälber kommen die ersten 3 Wochen in eine Einzelbox, solche Iglus wie ja viele kennen da ihr Immunsystem noch ziemlich schwach ist und sie sich sonst bei anderen Tieren mit Durchfall o.ä. anstecken könnten. Die ersten 4 Tage bekommen Sie die Milch von ihrer Mutter, da dort die nötigen Antikörper enthalten sind, damit sich das Immunsystem ausbilden kann. Danach bekommen Sie Milch aus dem Tank, da die Mutter jetzt auch "normale" Milch gibt und nicht mehr die sogenannte Biestmilch.
Nach den 3 Wochen werden Sie in Gruppen mit 10 gleichaltrigen Rindern gehalten bis sie das erste mal kalben und in die Herde kommen.

Bei den Rindern läuft ein Bulle mit, der sie im Alter von 1,5 Jahren das erste mal befruchtet. Kühe werden künstlich befruchtet, da mir ein Bulle in der Herde zu gefährlich ist. Wenn Kühe fruchtbar sind, erkennt der Bauer das daran, dass sie sich von anderen Kühen bespringen lassen und dabei stehen bleiben weil sie denken der Bulle kommt. Trächtig zu sein ist sowohl in der Natur als auch in der Haltung der natürliche Zustand einer Kuh, sie will Nachwuchs haben, das ist schließlich der Antrieb aller Arten. Deswegen wird oft von "Zwangsschwängerungen" geredet, ich kann allerdings nichts verwerfliches daran finden, ob sich eine Kuh vom Bullen bespringen lässt oder vom Tierarzt künstlich besamt wird läuft auf das selbe hinaus. Der Zeugungsakt bei Kühen geht im übrigen etwa 2 Sekunden, dass die Kuh da einen Lustgewinn ähnlich wie Menschen beim Sex verspürt halte ich auch angesichts der sehr dünnen Bullenpenisse für fraglich.

Somit komme ich auch schon zum letzten Abschnitt, der viel beschriebenen natürlichen Lebenserwartung von Kühen. Auch hier im Forum wird Milchviehhaltung oft deswegen als verwerflich angesehen, weil die Kühe "nicht wie in der Natur 20 Jahre alt werden sondern nur 5". Wenn man sich aber bewusst ist, dass Kühe auch in der Natur ab dem Alter von 1,5 Jahren permanent trächtig sind, kommt man in 20 Jahren auf stattliche 18 Kälber die jede Kuh bekommt. Wenn davon die weiblichen wieder 20 Jahre alt werden würden, könnte man sich nach ein paar Generationen nicht mehr umdrehen, ohne eine Kuh anzurempeln. Deswegen ist es doch logisch, dass sowohl in der Natur als auch in der Haltung ein weibliches Kalb eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwa 4 Jahren haben muss wenn der Bestand stabil bleiben soll. 20jährige Kühe mag es in der Natur gegeben haben, sie waren statistisch aber wohl genau so selten wie in der heutigen Milchviehhaltung, der Rest wurde vom Wolf gerissen oder ist an Verletzungen und Krankheiten gestorben.

@matcha queen
Dann steht es dir frei meine Beiträge nicht zu lesen. Ich habe gemerkt, dass hier im Forum einige Leute Infos über die Milchviehhaltung aus erster Hand lesen wollen wie beispielsweise Alexey. Dass du meinen Beruf moralisch verwerflich findest, damit kann ich leben.

@vampy
Enthornt wird, seit Kühe nicht mehr angebunden werden sondern sich Laufställe allmählich durchgesetzt haben, also etwa seit den 80er Jahren meine ich. Da war ich aber auch noch nicht auf der Welt, kann es dir also nicht mit Sicherheit sagen. Unfälle auf Weiden usw. gab es da natürlich auch zuhauf aber da hat man nicht lange gefackelt und das Horn halt mit dem Fuchsschwanz abgesägt wenn es nötig war. Die gute alte Zeit eben. Wildtiere verletzen sich ebenfalls bei Rangkämpfen, auch wenn es nicht in Naturfilmen gezeigt wird. Ich war einmal als Krankheitsvertretung auf einem Biobetrieb der nicht enthornt hat. In der Zeit hat eine Kuh der anderen den kompletten Oberschenkel aufgeschlitzt. Die Kuh wurde separiert, verbunden und 10 Tage mit Penicillin behandelt, damit sich die Wunde nicht entzündet. Penicillin will Frau Göring-Eckhardt ja scheinbar in der Tierhaltung verbieten lassen hat sie heute in Berlin verlauten lassen. Die Kuh hat überlebt, in der Natur hätte sie nicht die geringste Chance gehabt.
Zuletzt geändert von donnershag am 17. Jan 2015 21:58, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
slartibartfaß
★FoodPornStar★
Beiträge: 11305
Registriert: 09.05.2013

Beitrag von slartibartfaß » 17. Jan 2015 21:42

Ich finde Deine Beiträge interessant, donnershag. Danke hierfür.
Wellen des Paradoxen rollten über das Meer der Kausalität (...) an dieser Stelle gibt die normale Sprache auf, besucht die nächste Kneipe und gießt sich einen hinter die Binde.

Benutzeravatar
Gerlinde
alte Scheier
Beiträge: 1538
Registriert: 01.11.2013

Beitrag von Gerlinde » 17. Jan 2015 22:21

donnershag hat geschrieben:... In so gut wie allen Fällen ist das recht unproblematisch, da die meisten Milchkühe ziemliche Rabenmütter sind. Wie gut sich eine Kuh nach der Geburt um ihr Kalb kümmert ist ein erblicher Charakterzug,
....Enthornt wird, seit Kühe nicht mehr angebunden werden sondern sich Laufställe allmählich durchgesetzt haben, also etwa seit den 80er Jahren meine ich. .
Hallo Donnershag, schön, dass Du Dir die Zeit nimmst.
Ist mütterliche Fürsorge tatsächlich erblich oder liegt es nicht eher daran, dass Hochleistungslinien seit Generationen selbst keine Mutter-Kind-Bindung erlebt haben und deshalb überfordert sind?
Sie können es sich ja auch nicht im Herdenverband "abgucken".

Ja, das Enthornen kam mit den Laufställen und war Anfang der 80er schon Standard für Neu-Investitionen.
Je größer die Herde, desto weniger wird der Bezug Mensch-Tier und der Umgang hat ein größeres Risiko.
Wenn sich im Osten jetzt wieder der Wolf ansiedelt, wären behornte Kühe besser - ohne sind sie völlig wehrlos.
Man muss nicht über jedes Stöckchen springen ....

Benutzeravatar
Rosiel
confirmed cookie-copping killerqueen
Beiträge: 17360
Registriert: 30.05.2013
Wohnort: Schloss Dunwyn

Beitrag von Rosiel » 17. Jan 2015 22:52

Um mal kurz auf die reißerischen Webseiten zu kommen. Ich hab 4 Jahre auf einem Hof mit Milchviehhaltung gewohnt, die die Tiere sobald es die Temperaturen zuließen draußen hielten. D. h. die Kälber kamen nachts und wurden erst nach ein paar Stunden nach der Geburt getrennt und ja, beide haben geschrien, direkt vor meiner Wohnung und das ganz gern auch stundenlang. Besamt würde noch mit Stier, wofür die Kuh in einer Art Trichter angebunden wurde. Um zu sehen, dass die Kuh die gesamte Prozedur nicht so super fand, musste man kein Verhaltensbiologe sein.

donnershag
Beiträge: 38
Registriert: 17.01.2015

Beitrag von donnershag » 17. Jan 2015 23:05

Hallo Gerlinde,

Muttereigenschaften sind definitiv erblich, dieser Limousin-Bulle wird bspw von seinem Zuchtverband damit beworben, dass seine Linie statistisch abgesichert sehr gute Muttereigenschaften aufweist. Wenn man so eine Limousin Kuh in einer Fleckvieh- oder Holstein Herde mitlaufen lässt würde die ziemlich sicher ihr Kalb auch dann verteidigen, wenn sie noch nie zuvor eine andere Geburt gesehen hat.

http://www.convis.lu/fileadmin/data/dep ... _Humus.jpg

Naja der Umgang mit 700kg schweren Tieren ist immer ein Risiko, egal wie gewöhnt sie an den Menschen sind. Wenn das Tier dich mit dem Kopf anstupsen will muss das ja nicht böse gemeint sein, es kann aber böse enden wenn da 30cm lange Hörner dran hängen.

@Rosiel

Weißt du was das für eine Rasse war und bist du jedes mal rüber und hast geschaut ob das Brüllen an einer Geburt lag? Gerade Kälber brüllen frühmorgens oft, da sie gefüttert werden wollen oder junge Rinder wenn sie gerade geschlechtsreif werden und gedeckt werden wollen, ausgewachsene Kühe sind allerdings normalerweise sehr ausgeglichen, dass da jemand stundenlang brüllt habe ich ehrlich gesagt noch nie erlebt. Bei mir im Stall geht es eigentlich nur dann richtig rund, wenn meine Mutter aus irgendeinem Grund den kleinen Kälbern 30min später als sonst ihre Milch bringt oder wenn man mit dem Schubkarren zu den jungen Rindern läuft um jedem täglich 1kg Getreideschrot zusätzlich zu den 20kg Heu zu geben was sie sonst bekommen. Schrot fressen sie am liebsten und brüllen weil sie Angst haben zu kurz zu kommen.
Dass der Kuh das nicht gefallen hat ist ja klar, sie versteht ja nicht den Zusammenhang zwischen in den Trichter geführt zu werden und gedeckt zu werden und da Kühe es normalerweise nicht gewohnt sind am Strick zu laufen wehren sie sich dagegen. Der Betrieb hatte in dem Fall Anbindehaltung wo der Bulle nicht zur Kuh konnte. In zeitgemäßen Ställen treibt man die Kuh mit dem Bullen in die gleiche Box und der Rest läuft von alleine.
Zuletzt geändert von donnershag am 17. Jan 2015 23:31, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Simsa
yo dawg!
Beiträge: 2843
Registriert: 08.03.2013

Beitrag von Simsa » 17. Jan 2015 23:09

Wie leben deine Kühe denn sonst so den ganzen Tag?

donnershag
Beiträge: 38
Registriert: 17.01.2015

Beitrag von donnershag » 17. Jan 2015 23:27

Eine Kuh frisst üblicherweise 4,5h am Tag, 14h liegt sie und käut wieder, 30min trinkt sie, 3h läuft sie herum und 2h wartet sie vor dem Melkstand bis sie gemolken wurde. Melken dauert ca 10min morgens und abends. So ich sollte ins Bett, kann vllt morgen mittag wieder antworten.

Benutzeravatar
Rosiel
confirmed cookie-copping killerqueen
Beiträge: 17360
Registriert: 30.05.2013
Wohnort: Schloss Dunwyn

Beitrag von Rosiel » 17. Jan 2015 23:30

Braunvieh. Ja, das Gebrüll lag an der Trennung, die Weide war ja direkt vor meiner Terrasse und ich hatte quasi ne Glasfront, da musste ich nirgends rüber. Gebrüllt hat das Kalb, das von der Wiese Richtung Kälberbox (rechts von meiner Wohnung) manövriert wurde und die Kuh, neben der das Kalb davor stand und wo es getrunken hat. Daher schließ ich mal, dass das die Mutter war. Schön Dolby Surround.

Antworten