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Verfasst: 17. Jul 2017 04:08
von Akayi
Ich bin leider kein Athropologe (und Tanz schon ein spezielles Thema^^°), aber würde mir doch eher vorschlagen dass du Gegenbeispiele bringst wo sich kulturelle Unterschiede unabhängig von der materiellen Basis entwickelt und ausgeprägt haben. Mein konkrete Beispiel war ja Capoeira.

Weiter oben sprachst du ja die Frage an "warum hat sich Religion X durchgesetzt und nichrt Religion Y". Und auch hier würde ich die materielle Basis als Erklärung heranziehen. Das sieht man meiner Ansicht nach besonders gut im mittleren Oste, wo Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und andere Religionen miteinander konkurrierten es aber im Endeffekt darauf ankam welche Religion welches Herrschaftssystem gestützt hat und sich dadurch durchsetzen konnte.

Verfasst: 17. Jul 2017 05:07
von illith
also habe ich eine ganze Reihe von Beispielen gebracht, ITT. ;) ( = wo mir eine materielle Grundlage zumindest nicht direkt ersichtlich ist)

Verfasst: 17. Jul 2017 05:33
von Akayi
Ja, aber so lange das nicht konkretisiert ist fällt es schwer darauf einzugehen. Scharfe Speisen sind da relativ einfach, wenn es um "Gender Politics" geht wird es doch etwas schwieriger ohne Anhaltspunkt darauf einzugehen so dass es deine Punkte auch wirklich trifft^^

Z.B. ist es in manchen Ost- und Södostasiatischen Ländern nicht unhöflich sich offen bei Gesprächen mit dem eigenen Handy/Smartphone zu beschäftigen oder soger Telefonate anzunehmen. Dies erklärt sich daraus, dass die Benutzung des Handy die soziale Stellung (Wichtigkeit)= und Funktion des Telefonierenden unterstreicht. Aber vemutlich denkst Du an ganz andere Beispiele.

Verfasst: 18. Jul 2017 11:25
von ringobert
ein wirklich spannende frage, die sich sicherlich nicht pauschal beantworten lässt. grundsätzlich halte ich die kulturmaterialistische sichweise von akayi für berechtigt: es gab für alle verhaltensweisen bzw. ausprägungen der kultur irgendwann mal eine stoffliche grundlage. diese sind aber meist heute verwaschen. ein beispiel, das mir ad hoc einfällt: die deutschen haben in der welt den ruf der recycling-weltmeister. diese wiederverwertung hatte zunächst ihren ursprung in der rohstoffknappheit nach dem krieg, wurde dann in der folge politisch konsolidiert. es besteht hier also eine kollektive erfahrung materiellen mangels, die sich über generationen ins kollektive gedächtnis eingeschrieben hat und so unseren ruf von heute begründet.
so ähnlich war es sicher mit vielen kulturen. das problem ist jedoch seit jeher: was ist eigentlich kultur? und wie definieren wir sie? in der heutigen zeit wird immer sehr auf die unterschiede gepocht. ich finde jedoch eher, dass gemeinsamkeiten hervorgehoben werden sollten

Verfasst: 1. Aug 2017 17:38
von ClaireFontaine
Ich würde eher fragen, wie kulturelle Eigenheiten entstehen. Und das ist ja eher historisch bedingt. Die meisten unserer heutigen Werte fußen auf dem Christentum, auf griechischer Demokratie und römischen Recht und der Aufklärung, preußischem Fleiß, usw. usf. Ich glaube, was vor allem Europa ausmacht, sind die einzelnen Einflüsse und diese einzelnen Eindrücke, die die Geschichte hinterlassen hat und die ein großes Ganzes formen. Und dabei wandeln sich einzelne Aspekte ja auch. Die Olympischen Spiele waren in der Antike Ausdruck des Wettkampfes, es ging nur darum, zu gewinnen. Heute sind sie Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls, es gilt der faire Sportsgeist und "Dabeisein ist alles".
Letzten Endes prägen uns ja auch gemeinsame Erfahrungen, zwei Weltkriege und der kalte Krieg, die letzlich auch dafür gesorgt haben, dass wir Europa so hoch halten und nicht mehr so leichtsinnig in einen Krieg eintreten wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Anderere Kulturen werden durch andere Erfahrungen geprägt, so hab ich zb an der Uni gelernt, dass die USA sehr stark von ihren Pionierzeiten geprägt sind, als man seine kleine Hütte mit dem eigenen Gewehr verteidigen musste und/oder immer weiter westwärts gewandert ist. Daher eine große Skepsis gegenüber der Regierung und dem Festhalten an dem Recht, Waffen zu führen. Ob dem letztlich wirklich so ist, ist sicherlich schwer von außen zu beurteilen.

Insofern ist aber jede Kultur geprägt von ihren Religionen, ihren Erfahrungen und ihrer Geschichte, und da finde ich es mehr als nachvollziehbar, dass Kulturen unterschiedlich sind. Letzten Endes kann ich das ja auch immer runterbrechen bis auf die kulturellen Unterschiede zwischen dem Dorf, in dem ich lebe, und dem 5 km weiter...

Verfasst: 1. Aug 2017 19:55
von Kim Sun Woo
ClaireFontaine hat geschrieben:Letzten Endes prägen uns ja auch gemeinsame Erfahrungen, zwei Weltkriege und der kalte Krieg, die letzlich auch dafür gesorgt haben, dass wir Europa so hoch halten und nicht mehr so leichtsinnig in einen Krieg eintreten wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
ich habe das Gefühl, gerade jüngere Semester unterschätzen die Auswirkungen, die die Weltkriege (und die post-WW2 Bemühungen) auf die "europäische Psyche" hatten, sehr. Paradebeispiel dafür ist das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich.

es gibt demzufolge (meines Erachtens) nicht nur so etwas wie eine gemeinsame "europäische Kultur", sondern vor allem auch eine gemeinsame, uns verbindende europäische Geschichte. hier ist wortwörtlich millionenfach Blut gefloßen, aber daraus resultierend auch der längste Zeitraum ohne kriegerische Handlung, sicherlich in großen Teilen basierend auf dem gemeinsam "erlebten" (in Anführungszeichen, weil alle SchreiberInnen hier meines Wissens zu jung sind, um die Weltkriege miterlebt zu haben) Horror.

ClaireFontaine hat geschrieben: Daher eine große Skepsis gegenüber der Regierung und dem Festhalten an dem Recht, Waffen zu führen. Ob dem letztlich wirklich so ist, ist sicherlich schwer von außen zu beurteilen.
ist selbstverständlich wieder nur anekdotische Evidenz, aber tatsächlich habe ich schon häufig erlebt, daß Amerikaner in online Diskussionen in ähnlicher Weise argumentieren (man könne sich dann im Fall der Fall auch mit Waffengewalt zur Wehr setzen usw.).

Verfasst: 2. Aug 2017 13:32
von Curumo
Kultur/Tradition hat doch auch den evolutions/sozialpsychologischen Zweck/die Funktion konstruierter (Kollektiv)Identitätsbildung. Kulturpraktiken sind ja fast immer auch Zugehörigkeits/Ausgrenzungsmarker, inbesondere z.B. Essen bzw. verschiedene Landesküchen/Klassenunterschiede beim Essen.

Verfasst: 2. Aug 2017 14:02
von Balthazar2026
Stimmiger Ansatz.

Würde auch das fast krampfhafte "zurückbesinnen" auf alte Werte und Bräuche erklären das sich oft beobachten lässt.
Bedingt durch unsere aktuellen Lebenszeit lässt sich schwer eine räumlich Begrenzung von Ideen herstellen.
Die Oberflächenspannung die früher "Kulturtropfen" auf den Landkarten zusammengehalten hat wird durch moderne Medien und Informationskanäle gebrochen.

Verfasst: 14. Jan 2018 15:25
von illith
so semi-onT: wie erklärt sich überhaupt diese ultrajunkige US-Esskultur? ich hab grade Rezepte gegoogelt und dabei sind mir schon alle Zähne ausgefallen, meine Arterien haben sich verkleistert und mein Blutzucker ist ins Unermessliche gestiegen... das ist ja nicht mehr feierlich?!

Verfasst: 15. Jan 2018 02:31
von Akayi
Ich würde jetzt auf Armut tippen, ohne dass es da ein Korrektiv gegeben hätte wie die Arbeiterbewegung mit Parteien im weiteren Sinne wie in Europa die sich eine Verbesserung der Lage der ArbeiterInnen zu eigen gemach hätte inclusive Bildung und Schrebergärten usw.