Mir scheint es, als hättest du grundsätzlich meine Intention, die mich zum Verfassen dieses Beitrages animierte, fehlinterpretiert. Grundsätzlich geht es mir in diesem Post nicht um eine Gesellschaftskritik, sondern um eine Kritik des von mir zitierten Beitrages. In diesem Kontext hat nun auch deine Argumentation recht wenig Gehalt. Denn sie zielt auf eine Kritik des (bwussten) Nichtwählens. Mein Beitrag zielt nun mitnichten darauf ab, für das Nichtwählen zu agitieren. Denn gesamtgesellschaftliche Veränderungen fanden stets in Phasen des gesellschaftlichen Aufschwungs statt, die mitunter auch durch einen Wechsel der mangelverwaltenden Instanz entstehen können. (Mir fallen auch noch mehr Gründe ein, die für den Gang zur Wahlurne sprechen.) Aber mir ist dennoch bewusst, worauf du hinaus willst.
nö. wenn ich einen betriebsrat wähle, legitimiere ich damit doch auch nicht den kapitalismus - oder? legitimiere ich den kapitalismus, wenn ich im supermarkt einkaufen gehe? die demokratie, wenn ich mich an die stvo halte? manche entscheidungen sind auch rein pragmatisch und kein glaubensbekenntnis. aber auch ein bekenntnis gegen demokratie und/oder kapitalismus war ja im angebot (mlpd, psg, npd, dvu).
Grundsätzlich werden Kapitalismus und Demokratie mit jeder gesellschaftlichen oder ökonomischen (Re)Produktion eines Individuums legitimiert. Nun geht es beim bewussten Nichtwälen jedoch darum, affirmativen Handlungsmustern eine Absage zu erteilen.
Die Teilhabe an einer demokratischen Wahl als ein Bekenntnis gegen die Demokratie zu werten, wenn nur die richtigen (oder falschen, je nach Betrachtungsweise) Partein gewählt werden, erscheint mit als unvereinbarer Widerspruch. Denn Ziel der Wahlen ist es, der Demokratie einen freiheitlichen und partizipativen Anstrich zu verpassen. Wir haben nicht die Wahl, grundsätzlich etwas zu ändern, denn die wirtschaftliche Produktionsweise ist durch die Regulierung der Eigenmtumsverhältnisse u.a. im Grundgesetz verankert. Bei dieser Art der Kritik geht es nicht primär darum, was die Menschen
bewusst tun, sondern vielmehr steht eine
(selbst)reflexible, abstrakte Kritik unbewusster Handlungen im Vordergrund.
Wird dies jedoch thematisiert, weiß sich der demokratische Apologet mit einem Verweis auf die vrmeintlichen Errungenschaften des Neoliberalismus - stets einhergehend mit einem Verweis auf Nationen, in denen bürgerliche Rechte weniger stark ausgeprägt sind als hierzulande - zu helfen. Man möge doch bitte die Klappe halten. Dies ist nicht anderes als das Eingeständnis, dass in "unserer" Demokratie doch nicht alles so rosig ist, wie es tagtäglich proklamiert wird - nur anderen geht es eben
noch schlechter als "uns".
Wird das bewusste Nichtwählen öffentlich thematisiert, hat das wenig mit "trotzig in der Ecke sitzen" gemeinsam. Auch von einer "moralischen Überlegenheit", die im Stillen abgefeiert wird, kann keine Rede sein. Auch "die Veganer" als eine homogene, steuerbare Masse zu betrachten zeugt nicht unbedingt von gesteigerter Intelligenz. Denn auch eine Entscheidung zum Veganismus kann verschiedene Ursachen haben. Die Tatsache, dass Leute auf Tierprodukte verzichten, nicht in der irren Hoffnung dadurch etwas zu verändern, sondern schlicht deshalb, weil in ihnen Ekel beim Gedanken an industriellen Tiermord aufkommt, scheint dir leider völlig fremd. Aber das ist eine andere Geschichte.