Vegan leben im Altersheim

Politische Diskussionen ohne Tierrechtsbezug
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Fee-Fre
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Vegan leben im Altersheim

Beitrag von Fee-Fre » 4. Nov 2011 23:18

Wer weiß Rat oder kennt eine Stiftung zur Unterstützung verarmter Veganer oder beteiligt sich an einer Patenschaft?
hier die Kurzversion:
Eine 75-jährige Bewohnerin im Altersheim / Betreutes Wohnen kann ihre vegane Lebensweise nicht mehr alleine bestreiten. Sie braucht täglich 10 -12 € statt der im Tagessatz festgelegten 4,50 €.
Gibt es rechtliche Möglichkeiten oder ggf. wohltätige Einrichtungen, um da (für gewisse Zeit) zu helfen?

Als Alltagsbegleiterin betreue ich die mittlerweile 75-jährige Frau L. K., die seit Jahrzehnten Rohkost-Veganerin auf ökologischer Basis ist. Frau L. K. ist alleinstehend, ohne familiären Rückhalt und hat niemanden, der zu ihren Gunsten – zusätzlich zur Sozialilfe – einen regelmäßigen finanziellen Zuschuß leisten kann, um ihre langjährigen Lebens- und Ernährungsgepflogenheiten zu unterstützen. Sie ist eine, für ihr Alter sehr gesunde, geistig ausgesprochen rege Persönlichkeit.
Da die Unterbringungskosten im Betreuten Wohnen ihre Rente vollständig absorbiert, bezieht sie zusätzlich noch öffentliche Beihilfe zum Lebensunterhalt. Das reicht aber nicht, um ihren täglichen Bedarf an veganen Lebensmitteln (Obst, Gemüse, Nahrungsergänzungsmittel) abzudecken. Grobe oder harte Lebensmittel kann sie kaum noch kauen. Pro Tag benötigt sie schätzungsweise 10 – 12 € für die vegane Ernährung, was für einen normal wirtschaftenden Haushalt nicht ungewöhnlich ist und für sie vor dem Einzug ins Betreute Wohnen auch nie ein Problem darstellte.
Obst- und Gemüsegeschenke aus der Nachbarschaft kompensieren ihren Bedarf nur tempotär, so lange die Früchte wohlfeil fallen ... außerhalb der Saison also eher nicht. Aber die Tagessätze für Heimverköstigung liegen normalerweise zwischen 3,50 – 4,- €. Bei uns im Betreuten Wohnen liegt er bei „großzügigen“ 4,50 €, weil wir mit den Bewohner/innen eigenständig wirtschaften und kochen. Selbst dieser Tagessatz kann kaum durch Großeinkäufe und Verarbeitung von z.T. billiger Fabrikware konventionellen Ursprunges, mit all ihrem ethischen Ballast, eingehalten werden. Das scheint den anderen Bewohner/innen (Allesesser) aber nichts auszumachen.
Platt gesagt: die Allesesser bekommen statt zukunftsweisender Ernährung halt das Übliche – zwar mit Liebe gekocht – und ergänzend dazu (oft problemlos über die Krankenkassen bezahlt) teure Medikamente zur Regulierung ihrer teilweise ernährungsbedingt lebenslang erworbenen Erkrankungen. Frau L. K. nimmt keine Medikamente. Mein Informationsstand ist, daß vegane Kost weder bei Krankenkassen noch beim Sozialamt als bezuschussungsfähige „Sonderkost“ anerkannt wird.

Das Altersheim (Betreutes Wohnen) hat keinen wirtschaftlichen Spielraum, um den Lebensmitteletat noch weiter anzuheben, um so die Verköstigung von Frau L. K. in vollem Umfang mitzutragen. Das ist sicherlich bundesweit kein Einzelfall in Seniorenheimen. In Zukunft werden es aber immer mehr Menschen sein, die vegan zu leben gelernt haben und im Alter eine ihnen gerechte Ernährungsform brauchen, wie jeder andere Mensch auch.

Körperlich kann Frau L. K. wohl kaum noch auf Normalkost umgestellt werden; geistig-seelisch auf gar keinen Fall! Sie ist hier in der Gegend eine der Vorreiter/innen dieser zukunftsweisenden Ernährungsweise. In einem Altersheim (Betreuten Wohnen) lebend, ist sie scheinbar die Einzige überhaupt in der Region. Frau L. K. ist nun auch hier wieder in einer Vorreiterrolle und stellt ganz neue Herausforderungen an, in mancher Hinsicht als „historisch“ einzustufende, Strukturen. Als jahrzehntelang überzeugte Unterstützerin von ökologischer Landwirtschaft und Tierschutz hat sie den Herzenswunsch, durch ihre Existenz – auch in ihrer jetzigen prekären Situation – nicht noch mehr Leid in die Welt zu bringen. An Mißbrauch wider besseren Wissens an den uns anvertrauten Lebewesen oder durch unverantwortliche Räuberei an den uns zugänglichen Ressourcen möchte sie sich möglichst – auch nicht indirekt – beteiligt sehen.

Politisch aktive Menschen könnten hier auf die Idee kommen, mit einem Hungerstreik Aufmerksamkeit zu erzwingen. Das ist weder Frau L. K.’s Sprache noch würde sie das überleben.
Was bleibt veganen Senioren im Altersheim dann noch?
Die zweifelhafte Wahl zwischen der Alternative, den Geist (auf moralisch hohem Niveau) vorzeitig aufzugeben durch sukzessives Verhungern auf einem vorgegebenen täglichen 4,50 €-Level oder ihre Lebensprinzipien zum Schluß hin doch noch zu verraten, sofern sie überhaupt durch erzwungene Überlebensnot noch „klein beigeben“ könnten.

Ihr langjähriges, rohkost-veganes und Tiere schützendes Leben adelt Frau L. K. zweifellos. Hierzulande hilft diese Form von Adel aber kaum weiter, wenn man nicht über den nötigen wirtschaftlichen Hintergrund verfügt. Da bedarf es wirksamer Hilfe durch Sympathisanten.

Sollten Sie also über passende Erfahrungen, Kenntnisse oder Verbindungen verfügen, der guten Frau L. K. aus dem Schlamassel zu helfen, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir die Informationen zukommen ließen.

Ich freue mich auf Ihren Rat und verbleibe so lange
mit freundlichen Grüßen.
Fee-Fre

p. s.
Selbstverständlich kennt Frau L. K. den Wortlaut dieses Textes und ist etwas bestürzt, daß er sich stellenweise wie ein Bettelbrief liest. Ob ich den Sachverhalt anders hätte formulieren können entzieht sich derzeit meinem Helfer-Blickwinkel. Sollte ich diesen Eindruck bei Ihnen auch hinterlassen haben, bitte ich das zu entschuldigen und der ungewöhnlichen Situation zuzuschreiben.

Ente
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Beitrag von Ente » 6. Nov 2011 15:17

Hallo,

Vielleicht könnte in solch einem Fall "die Tafel" helfen. Oder ich würde eben direkt an der Quelle fragen, z. B. Supermärkte, Bauern usw.

LG Yvonne

Jaswicis

Re: Vegan leben im Altersheim

Beitrag von Jaswicis » 7. Nov 2011 08:56

Hallo

Eventuell würds noch nützen wenn die Region angegeben würde. Darauf könnte bei lokalen Vegan-Gruppen angefragt werden. Oder auch die Vegane Gesellschaft Deutschland käme wohl in Frage.

Ich denke dass frau L.K. in der Region vernetzung zu anderen VeganerInnen braucht, um so Rückhalt zu Gewinnen.

Fee-Fre
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Beitrag von Fee-Fre » 7. Nov 2011 21:30

Danke liebe Ente :engel: und liebe(r?) Jaswicis :engel: ,
ich habe schon diverse Zeitungen und Zeitschriften angeschrieben, deren Schwerpunkt gesundes / ökologisches Leben ist, in der Hoffnung, daß die mir Adressen geben könnten. Bislang ohne wirklich praktikable Hinweise, aber überwiegend mit freundlicher Resonanz.
Ökotest konnte mir Adressen von Altersheimen geben, die vegetarische und vegane Kost anbieten und darauf Rücksicht nehmen. Das Problem dabei wäre, daß Frau L.K. total aus ihrem sozialen Umfeld gerissen werden müsste. Am Ende des Lebens wäre das auch hart.
Die Idee mit der Tafel werde ich aufgreifen. Die nächste Tafel ist leider über 15 km weit entfernt, aber sich da vorzutasten macht sicherlich Sinn. Wir sind am äußersten, südwestlichen Zipfel der Bundesrepublik Deutschland in ziemlich dünn besiedeltem Raum (Markgräflerland).
Ich hatte u.a. auch an den Vegetarierbund geschrieben und einen mitfühlenden Brief mit guten Wünschen erhalten. Die Post an den Vaganerbund (Berliner Adresse) kam als unzustellbar zurück.
Sollte jemand eine Regionaladresse einer Veganervereinigung haben, wäre das natürlich eine große Hilfe.
Liebe Grüße
von Fee :heart:

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Rya
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Beitrag von Rya » 8. Nov 2011 07:07

Hier gibt es eine Auswahl der verschiedenen Basisgruppen der veganen Gesellschaft. Eventuell könnte man sich mit einer bei euch in der Nähe in Verbindung setzen.

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Rya
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Beitrag von Rya » 8. Nov 2011 07:07

Ah, verdammt, ich sehe gerade, da unten gibt es fast keine außer einer in Freiburg und einer am Bodensee o.O

Fee-Fre
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Beitrag von Fee-Fre » 8. Nov 2011 16:25

Hallo Rya :engel: ,

das ist ein prima Link. Da werde ich sicherlich weiter kommen!
Vielen, vielen Dank!
Ich bin total berührt, wie schnell Ihr Euch kümmert. :respekt:
Was habe ich mir die Finger wund geschrieben und nachmittagelang Briefe an Hinz und Kunz verschickt, als es hier am Ort bis vor ca. 5 Wochen noch keinen stabilen Festnetz-Internetzugang gab. Ich wohne außerdem in einem gesunden Funkloch, in dem auch kein Internet-Stick greift. Also super für den Körper, aber für diesen Pionierjob sehr beschwerlich. Und die Buschtrommel war auch nicht anhaltend laut genug.

Jetzt kommt sicherlich speed in die Geschichte. :hungry:

Seid alle :blush: umärmelt!

Liebe Grüße von
Fee :heart:

Elbestrand

Vegan im Altersheim

Beitrag von Elbestrand » 21. Jan 2013 04:46

Hallo, ich bin die Neue. Bei der Anmeldung wurde ich um kurze Vorstellung gebeten. Nach dieser werde ich dann auf den "Altersheim-Beitrag" eingehen. Vorweg: Zwar schreibe ich Bücher, aber ich werbe hier nicht!! Meine Autorenmarge geht außerdem an Misereor für ehemalige Kindersoldaten in Afrika. Also:
Derzeit schreibe ich mein drittes Ernährungsbuch. Mit knapp 67 Jahren stehe auch ich vor der Frage, was wird, wenn ich Hilfe benötige. Ich wollte lediglich eine Art "Gebrauchsanweisung" für meine künftige Pflegeperson bzw. fürs Seniorenheim verfassen, dann aber wurde ein Buch daraus. Ich setze mich darin gründlichst mit der genannten Problematik auseinander. Vor 3 Jahren habe ich eine sehr hohe private Tagepflegegeldversicherung abgeschlossen und zahlen knapp 200 € jeden Monat ein. Meine Rente ist normal aber nicht üppig. Diese Versicherung aber gewährt mir einen gewissen Luxus ab Pflegestufe I.
Ich habe mich bezüglich überwiegend veganer Rohkost bislang in 3 Senioreneinrichtungen umgesehen. Alle waren erst einmal perplex. Dann kamen Belehrungen, dass "man" so nicht leben könne und krank würde. Da ich aber seit 27 Jahren sehr gut so lebe, ist eine solche Antwort falsch, und das haben die Leute auch eingesehen. In meinem Buch beschreibe ich, wie man den Senioreneinrichtungen helfen kann, meine Wünsche auszuführen.
Das geht natürlich nur über Geld! D.h., ich sorge finanziell vor, um den Koch/die Köchin in ein Grundlagenseminar der Gesellschaft für Gesundheitsberatung Lahnstein zu schicken und ihm den Lohnausfall auch für ein veganes Rohkostseminar und eine Wildkräuterschulung bezahlen zu können. Da Personal mal wechselt, muss auch der nächste Koch diese Seminare auf meine Kosten besuchen. Ich habe dafür eine Rücklage von 20.000 € vorgesehen.
Ferner stehen meine Ernährungswünsche in meiner Vorsorgevollmacht. Solche Vollmachten sollte man unbedingt notariell beglaubigen lassen. Ich habe mit meiner Mutter eine böse Überraschung erlebt, als ich die vor ihrem Arzt und von ihm und ihrer Schwester und mir unterzeichneten 3 Vollmachten dem Vormundschaftsgericht vorgelegt habe. Sie wurden nicht anerkannt. Ihr wurde auf anderthalb Jahr ein Vormund vor die Nase gesetzt, und ihre letzten Ersparnisse wurden aufgebraucht. Davor war sie um insgesamt 75.000 € durch Betrüger beraubt worden. Also: Alle Vollmachten unbedingt notariell beglaubigen lassen!
Zusätzlich zu den Seminar- und Lohnausfallkosten für den Koch / die Köchin kommen noch spezielle Küchengeräte und möglicherweise ein eigener Kühlschrank, da in solchen Küchen normalerweise nicht genügend Raum für die Aufbewahrung von frischen Vegetabilien ist. Zusatzkosten für die Zubereitung kann ich durch meine private Pflegegeldversicherung gut tragen. Mir bleibt nämlich meine gesamte Rente!! Durch gesetzliche + private Pflegegeldversicherung kommen in Pflegestufe I rund 3.500 € monatlich zusammen. Da ich keine weiteren Ausgaben, verbleibt mir fast die ganze Rente. Nur für Telefon und Versicherungen muss ich noch etwas abzwacken.
Das Wichtigste überhaupt ist die Vorsorge! Die von Ihnen beschriebene Dame ist leider in einem Alter und einer Situation, wo das nicht mehr möglich ist. Da hilft nur, mit den entsprechenden Einrichtungen zu reden! Auch ich werde mir meinen letzten Wohnsitz danach aussuchen, wo meine Ernährungsvorstellungen berücksichtigt werden, nicht aber danach, wo mich schöne Landschaft, Sauna, Schwimmbad, Kultur und angenehme Mitbewohner umgeben.
Vielleicht darf ich an dieser Stelle doch mal auf mein Buch hinweisen. Es kommt im Mai bei Books on Demand heraus. D.h., ich suche mir keinen normalen Verlag, weil ich mir meinen Mund nicht frisieren lasse. Alle meine Bücher sind bei BoD. Der Titel wird wahrscheinlich sein: "Naturkost ist den besten Jahren - Ernährungsratgeber für Senioren - Mit Rezeptteil".
Die vorgestellte Kost ist variabel, d.h. ich mache keine "Vorschriften". Jeder weiß selbst, wie und was er essen möchte. So stelle ich die gesamte Pallette an Vollwert-Kostformen vor und schreibe dazu meinen Kommentar. Die Rezepte sind vegan mit Hinweisen auf Butter-, Sahne-, Schmandalternativen. Die Rezepte sind weit überwiegend rohköstlich. Ich selbst lebe weit überwiegend rohköstlich und vegan, mache aber mit Eier oder Käse alle paar Wochen eine kurze Ausnahme. Ich benutze sehr wenig Honig, süße überwiegend mit Früchten, verbrauche 250 g Meersalz im Jahr. Es gibt ab und an Kartoffeln oder Reis, sehr selten Nudeln. Ich backe weit überwiegend selbst. Naja, ich glaube doch, dass ich mich sehr gesund ernähre. Außerdem habe ich ein sehr umfassenden Heilpraktikerstudium absolviert und Seminare bei Dr. Bruker und in der Reformhausakademie gemacht. Letztere kann man vergessen! Bruker hat Recht gehabt: "Reformhäuser heißen so, weil die dringend reformiert werden müssten."

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illith
Berufs-Veganer
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Wohnort: Niedersachsen

Beitrag von illith » 27. Jan 2013 00:58

interessanter und denkanstoßender beitrag (auch wenn ich von bruker & co nicht so viel halte).
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MatthiasJaurich
Beiträge: 26
Registriert: 29.04.2013

Beitrag von MatthiasJaurich » 29. Apr 2013 22:44

Hallo !
Ich bin seit 1998 Veganer. Ich habe mich selbst auch mal über 1 Jahr von veganer Rohkost ernährt
und würde der Frau gerne helfen. Wie ist denn momentan die Sachlage ?

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