(Anti)Prostitution und die Alt-Feministen

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Anders
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von Anders » 7. Jan 2013 18:34

Ist es nicht sehr von persönlichen Gefühlen abhängig, welche Ausbeutung am schlimmsten empfunden wird?

Nö, wieso Schimpfwort? Eigentlich nicht... aber wahrscheinlich wirste solche Leute damit kaum erreichen, wennde versuchst, ihnen das zu erklären.
"Meine Utopie ist gar nicht so weit weg, hab ich verstanden. Denn sie wohnt sehr wohl in meinem Kopf, somit in meinem Handeln." - Sookee

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Vampy
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von Vampy » 7. Jan 2013 19:02

ja. und die meisten leute empfinden prostituion persönlich als besonders schlimm.

aber wenns ein ethisch verwerfliches schimpfwort ist, dann würde ich mir selbst die pflicht aufzuerlegen, es zumindest zu versuchen. nen nazi erreichste auch nicht, wenn du ihm auf ner gegendemo irgendwelche plakate entgegenhälst. trotzdem muss mans versuchen.
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Anders
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von Anders » 7. Jan 2013 19:37

Stimmt auch wieder.
Wobei man bei Gegendemos zumindest Blockade erreichen und damit Verbreitung von Verbalmüll verhindern kann. Den Nazis wirste damit kaum erreichen, aber vielleicht die Typen hinter den vorgezogenen Gardinen.
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illith
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Beitrag von illith » 7. Jan 2013 20:01

Vampy hat geschrieben:prostitution ist halt eine besonders extreme art der ausbeutung weil das besonders entwürdigend ist.

ich bin ja grad am überlegen ob "hurensohn" wirklich ein schimpfwort ist. denn eigentlich ist "hure" sein ja nix verwerfliches oder? nicht dass ich das überhaupt verwenden würde, aber ich überlege ob ich da so wie wenn ich schwul/behindert höre, den moralischen zeigefinger heben soll
ja, solltest du. slutshaming, abwertung von sexworkerInnen (was auch immer man von prositiution hält) und dämlich mutterreinheits/verehrungskult, alles unter einer haube.
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Spreewaldgurke
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Beitrag von Spreewaldgurke » 7. Jan 2013 21:06

Anders hat geschrieben:
Spreewaldgurke hat geschrieben:Fakt ist doch, dass die Leute ausgebeutet und unterdrückt werden - das es eben sehr wohl demütigend ist.
Aber wie Jaswicis schon schrieb, ist das in vielen Berufen so, das ist die Prostitution kein Einzelfall.
Ich finde ja, dass dann konsequenterweise gegen jede Form von Ausbeutung, Unterdrückung, entfremdender Arbeit usw. vorgegangen werden sollte. Aber sich nur einen speziellen Punkt rauszusuchen... finde ich inkonsequent.
Richtig, sehe ich auch so, mein Post hat das aber auch nicht ausgeschlossen.

Ich habe nur bezweifelt, dass dieser besagte Idealfall so häufig ist, dass er relevant würde. Ich denke eher, das ist Utopie. Ich glaube natürlich schon, dass es Leute gibt, die Spaß an dem Abenteuer, vielen unterschiedlichen Partnern usw. haben und es daher auch freiwillig machen würden. Die große Mehrzahl hat die Wahl aber gar nicht, da die Begleitumstände einfach brutal und entwürdigend sind. Da wird etwas als "Arbeit" ausgegeben, was in Wirklichkeit 'ne Art von Sklaverei ist. Genauso gut könnte man sich hinstellen und sagen: "Die Kinder in Südost Asien sind im Idealfall auch stolz darauf, dass sie die Fußbälle für die WM nähen dürfen..." Auf so'ne Idee würde doch auch keiner ernsthaft kommen.
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Anders
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von Anders » 7. Jan 2013 22:16

Wahrscheinlich ist es da, ja. Aber zur Frage der grundsätzlichen Haltung sollte man es dennoch berücksichtigen. Wenn eine generelle Akzeptanz unter bestimmten Umständen gegeben wäre, heißt das ja noch nich, dass diese Umstände so jetzt existieren.
Ebenso denke ich, dass auch viel, was ebenfalls als "normale Arbeit" bezeichnet wird, nichts groß anderes als (Lohn-)Sklaverei ist.

Nen Unterscheid zur Kinderarbeit würde ich vielleicht dahingehend sehen, dass diese für die Kinder unabsehbare körperliche Schäden nach sich ziehen. Deshalb würde ich da auf Vormundschaft und Fürsorgepflicht der Eltern plädieren, sofern schädliche Arbeit vorliegt. Bei erwachsenen Menschen, die sich selbstständig und freiwillig zur Prostitution entschließen (Jup, hier sind wir wieder beim Idealfall), läge das nichtmehr vor, diese können selbst absehen und bestimmen, wie sie sich ggf. zerstören möchten.
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0Lilli0

Beitrag von 0Lilli0 » 9. Jan 2013 22:41

@HomoGermanicus: Vielen Dank für den interessanten Link!

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kiara
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Beitrag von kiara » 10. Jan 2013 00:56

Anders hat geschrieben:Ist es nicht sehr von persönlichen Gefühlen abhängig, welche Ausbeutung am schlimmsten empfunden wird?
Also ich bin mir da nicht sicher, aber vielleicht ist Sexualität als "default" eine psychisch empfindlichere Zone bzw wird auch juristisch/psychisch/sozial/generell so gehandhabt?

Beispiel: Zwei Menschen werden Opfer eines Übergriffs. Der eine Mensch erleidet einen körperlichen Schaden am Arm. Der andere Mensch erleidet einen von der Schwere vergleichbaren Schaden an den Geschlechtsorganen. In beiden Fällen hat der Täter mit Absicht diese Körperstelle ausgewählt. Wenn man nach deiner Logik geht, könnte man beim Strafmaß ja sagen "ist es nicht sehr von persönlichen Gefühlen abhängig, welche Verletzung am schlimmsten empfunden wird?" Tatsächlich wird der letztere Fall aber um ein vielfaches schwerwiegender bewertet, und zwar grundsätzlich.

Anderes Beispiel: Vergewaltigung mit Kondom und ohne körperlichen Schaden an dem Opfer wird deutlich schlimmer bestraft als jemandem mit einem Messer 1cm tief in die Haut zu stechen. (An einer Stelle, wo man dadurch nicht verblutet/erblindet/erlahmt etc, sondern "nur" ne Hautwunde hat. Zum Beispiel Oberarm oder so.)

Daher würde ich sagen, dass es Sinn machen würde, sexuelle Ausbeutung als deutlich schwerer zu bewerten als andere Formen.
Zuletzt geändert von kiara am 29. Mai 2013 10:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Kim Sun Woo
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von Kim Sun Woo » 10. Jan 2013 01:04

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kiara
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Beitrag von kiara » 29. Mai 2013 10:39

Kim Sun Woo hat geschrieben:
Ein Blogbeitrag [einer innerhalb der Piratenpartei politisch aktiven Prostituierten. Anm. von Kim] über meine Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit dem SPIEGEL zum Thema Prostitutionspolitik, die mich desillusioniert hätten, wenn ich es nicht schon gewesen wäre. Er soll demonstrieren, wie ernst man beim SPIEGEL als Mensch mit politischen Meinungen jenseits des Mainstreams genommen wird.
http://courtisane.de/blog/?p=659
Curumo hat geschrieben:
kiara hat geschrieben:Haben wir eigentlich im Forum einen thread über Prostitution? Ich würd da ja gerne ne Offtopic-Disku draus machen. :D
Hatten wir doch schon alles(auch hier). Das wird hier, wie auch im "Reallife", ohnehin nur zur Betonkopfdisco.
Was meinst du mit Betonkopf? Dass jeder an seiner Meinung festhält und nicht an Austausch interessiert ist? Den Eindruck hab ich ja sonst eher nicht vom Forum, außer vereinzelt.
Curumo hat geschrieben: Prostitution, Sex gegen Gegenleistung, ist ja bekannt als das "älteste Gewerbe der Welt".
Ich glaube Sklaverei ist ähnlich alt, wohlmöglich sogar noch älter. Ist Sklaverei dann auch ein notwendiges Übel?
Curumo hat geschrieben: Da haste dann sexistische Moralisten und verklemmte Religiöse die dagegen wettern und (neo)liberale
und pragmatische Befürworter.
Du hast die Gruppe vergessen, die gegen Sexismus kämpft und Prostitution verbieten möchte oder eingrenzen möchte, weil sie als für die Prostituierten schädlich angesehen wird. (Die sexistischen Moralisten sehen ja eher auf die Frauen herab; die anti-Prostitution-Feministen sehen ja auf das Gewerbe bzw das Patriarchat herab)
Curumo hat geschrieben: Ich gehöre weder wirklich zu der einen Gruppe noch zu der anderen, da ich die Duldung und Legalisierung von Prostitution zwar
als unausweichlich ansehe, aber das war's dann auch schon.
Das klingt für mich aber danach, als würdest du zu den (neo)liberalen pragmatischen Befürwortern gehören?
Curumo hat geschrieben: Ich sehe es jetzt weder als schlechter noch als besser als andere Formen von Lohnarbeit/Dienstleistung an.
Ein Dolmetscher verkauft seine Stimme, ein Prosituierter eben Sex.
Das heißt, wenn du die Wahl hast zwischen einem Schreibtischjob und Prostitution, und bei Prostituion mehr verdienst, würdest du letzteres wählen? Wenn Prostitution nicht schlechter ist, dürfte ja nur das Geld ausschlaggebend sein in dem Fall. (Ist rhetorisch gefragt, natürlich.) My point: evtl ist Sexualität als solches so, dass Prostitution gar nicht oder fast nie ohne seelischen Schaden für den/die Prostituierte*n auskommt. (Ich gender mal ausnahmsweise.)
Curumo hat geschrieben: Wer Sex so dringend nötig hat, dass er dafür bereit ist, Geld auszugeben, sollte allerdings eher
zum Sexualtherapeuten anlässlich seiner mangelnden Triebkontrolle, da ist das Geld besser angelegt - oder einfach masturbieren;
Trieb und Befriedigung eben. Wenn's einen juckt kratzt man sich ja auch und bezahlt nicht extra
jemanden dafür.
Tja, das seh ihc auch so. Für mich würde allerdings noch dazukommen, dass Sexualität doch etwas nicht nur körperliches ist, sondern seelisches, und wenn man (wie es in den meisten Fällen der Fall ist) dadurch auch einem anderen Menschen schadet (der sich halt aus finanzieller Not prostituiert), ist das ja auch für einen selbst nicht gut. Allerdings ist das den meisten Freiern ja auch anscheinend nicht klar. Ich meine, in Skandinavien gäbe es die Erlaubnis, sich zu prostituieren, allerdings das Verbot, eine*n Prostituierte*n aufzusuchen - wenn man dabei erwischt wird, muss man einen Monat ins Gefängnis oder Kurse besuchen, in denen man sich mit Ex-Prostituierten unterhält und Informationen darüber bekommt, was Prostitution für die Prostituierten bedeutet. Die "Rückfallquote" ist dann sehr niedrig, weil anscheinend vielen Leuten dadurch erst klar ist, dass offenbar schon eine höhere Anzahl (ob das jetzt 95% oder 50% sind?) unter Prostitution sehr stark leiden.
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