(Anti)Prostitution und die Alt-Feministen

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kiara
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von kiara » 29. Mai 2013 11:05

ps. hier hab ich n Artikel dazu gefunden: in Schweden ist Sex kaufen verboten, Sex verkaufen aber nicht.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/p ... 15779.html
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Curumo
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Beitrag von Curumo » 29. Mai 2013 11:15

kiara hat geschrieben:Was meinst du mit Betonkopf? Dass jeder an seiner Meinung festhält und nicht an Austausch interessiert ist? Den Eindruck hab ich ja sonst eher nicht vom Forum, außer vereinzelt.
Bei diesem Thema für gewöhnlich schon. Zumindest läuft es erfahrungsgemäß darauf hinaus.
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Prostitution, Sex gegen Gegenleistung, ist ja bekannt als das "älteste Gewerbe der Welt".
Ich glaube Sklaverei ist ähnlich alt, wohlmöglich sogar noch älter. Ist Sklaverei dann auch ein notwendiges Übel?
Anführungsstriche waren bewusst gesetzt. Deine Argumentation ist aber auf dem Niveau was "Courtisane" als Prostituierte laut ihrem Blog als repressive Gängelung/Bevormundung und nichthilfreich ansieht; also
die absichtliche Gleichsetzung von Prostitution und Menschenhandel/Zwangsprostitution.
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Da haste dann sexistische Moralisten und verklemmte Religiöse die dagegen wettern und (neo)liberale
und pragmatische Befürworter.
Du hast die Gruppe vergessen, die gegen Sexismus kämpft und Prostitution verbieten möchte oder eingrenzen möchte, weil sie als für die Prostituierten schädlich angesehen wird.
Aber auch von "den(allen) Prosituierten"(Heterogenität von Gruppen und so)? "Courtisanes" Blogeintrag spricht da ja eine andere Sprache.
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Ich gehöre weder wirklich zu der einen Gruppe noch zu der anderen, da ich die Duldung und Legalisierung von Prostitution zwar
als unausweichlich ansehe, aber das war's dann auch schon.
Das klingt für mich aber danach, als würdest du zu den (neo)liberalen pragmatischen Befürwortern gehören?
Mitnichten. Ich sage allerdings ganz offen: Mich geht der ganze Zirkus nichts an; Nicht-meine-Peergroup. Wenn schon Anspruchsindividualismus, dann richtig.
Ich bin weiß, heterosexuell und männlich, brauche keine Prostituierten, da ich noch beide Hände habe :devil: Was kümmert's mich?
Nunja, das solche wie du hingehen und Prostitution per se verurteilen und andererseits andere daherkommen und diese spezielle Form von Lohnarbeit
glorifizieren oder gar als "potentiell emanzipatorisch, wenn von Sexismus befreit" betiteln, das stört mich dann doch.
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Ich sehe es jetzt weder als schlechter noch als besser als andere Formen von Lohnarbeit/Dienstleistung an.
Ein Dolmetscher verkauft seine Stimme, ein Prosituierter eben Sex.
Das heißt, wenn du die Wahl hast zwischen einem Schreibtischjob und Prostitution, und bei Prostituion mehr verdienst, würdest du letzteres wählen? Wenn Prostitution nicht schlechter ist, dürfte ja nur das Geld ausschlaggebend sein in dem Fall. (Ist rhetorisch gefragt, natürlich.) My point: evtl ist Sexualität als solches so, dass Prostitution gar nicht oder fast nie ohne seelischen Schaden für den/die Prostituierte*n auskommt. (Ich gender mal ausnahmsweise.)
Da ich keine Vagina besitze scheint mein Markt eher klein und als Callboy tauge ich aufgrund meiner eher mangelhaften Physis wohl nicht. :D
Zu your point: Kann ich nix zu sagen. "Courtisane" sieht's wohl anders.
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Wer Sex so dringend nötig hat, dass er dafür bereit ist, Geld auszugeben, sollte allerdings eher
zum Sexualtherapeuten anlässlich seiner mangelnden Triebkontrolle, da ist das Geld besser angelegt - oder einfach masturbieren;
Trieb und Befriedigung eben. Wenn's einen juckt kratzt man sich ja auch und bezahlt nicht extra
jemanden dafür.
Tja, das seh ihc auch so. Für mich würde allerdings noch dazukommen, dass Sexualität doch etwas nicht nur körperliches ist, sondern seelisches, und wenn man (wie es in den meisten Fällen der Fall ist) dadurch auch einem anderen Menschen schadet (der sich halt aus finanzieller Not prostituiert), ist das ja auch für einen selbst nicht gut. .
Was ist denn eine Seele? Körper und Psyche kenn ich und die sind gar nicht so klar getrennt(Eispickel durch die Schädeldecke(Lobotomie) und du bist nur noch ein sabbernder Zellhaufen. True Story!(Just Google it)), aber Seelisches, davon wollte mir immer dieser Pfaff etwas erzählen zu dem mich Muttern immer Sonntags mitschleppte.
Hier sage ich dann allerdings noch: Das dürfte meiner Meinung nach eher an der moralischen Verklärung und Verklemmtheit wie den gesellschaftlichen Zuständen(Sexismus, Illegalität->Zuhälterei) von Prostitution liegen, die seelischen Schäden
als am Akt an sich. Bin ich vielleicht aber auch etwas ohne Relevanz, because did no such thing.
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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 29. Mai 2013 11:45

kiara hat geschrieben:Das heißt, wenn du die Wahl hast zwischen einem Schreibtischjob und Prostitution, und bei Prostituion mehr verdienst, würdest du letzteres wählen? Wenn Prostitution nicht schlechter ist, dürfte ja nur das Geld ausschlaggebend sein in dem Fall.
ich antworte jetzt mal für mich: schwer zu beantworten, aber selbstverständlich wäre das Geld ein riesiger (wenn nicht sogar: der riesigste) Faktor. ich kann mir auch vorstellen, daß das vielen Menschen nicht anders geht. Kapitalismus, im Endeffekt hat jeder hat seinen Preis. :(

kiara hat geschrieben:Tja, das seh ihc auch so. Für mich würde allerdings noch dazukommen, dass Sexualität doch etwas nicht nur körperliches ist, sondern seelisches, und wenn man (wie es in den meisten Fällen der Fall ist) dadurch auch einem anderen Menschen schadet (der sich halt aus finanzieller Not prostituiert), ist das ja auch für einen selbst nicht gut.
stimme ich grundsätzlich zu.

allerdings ist das andersherum wieder schwierig, da eine "objektive" Grenze für "finanzielle Not" nicht existiert. ist ein finanzieller Rahmen auf ALG2 Niveau "finanzielle Not" oder nicht?


und der verlinkte Artikel schildert ähnliche "Nebenwirkungen" wie der Eintrag des blogs. es ist dann die Frage, ob man die (kurzfristige?) Verschlechterung der Situation für etliche Prostituierte sozusagen als "notwendiges Übel" in Kauf nimmt oder nicht.
Man hat jeden Tag die Chance die bestmögliche Version von sich selbst zu sein. ♥

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kiara
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von kiara » 29. Mai 2013 22:20

(fazit siehe unten)
Curumo hat geschrieben:
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Prostitution, Sex gegen Gegenleistung, ist ja bekannt als das "älteste Gewerbe der Welt".
Ich glaube Sklaverei ist ähnlich alt, wohlmöglich sogar noch älter. Ist Sklaverei dann auch ein notwendiges Übel?
Anführungsstriche waren bewusst gesetzt. Deine Argumentation ist aber auf dem Niveau was "Courtisane" als Prostituierte laut ihrem Blog als repressive Gängelung/Bevormundung und nichthilfreich ansieht; also
die absichtliche Gleichsetzung von Prostitution und Menschenhandel/Zwangsprostitution.
Ok, das ist nicht genau das, was ich meinte. Ich hab zwar impliziert, dass ich Prostitution eher als schlecht sehe, aber meinte eigentlich: Das Argument "älteste Gewerbe der Welt" ist ja eine Art, indirekt auszusagen, dass Prostitution etwas absolut unausweichliches ist. Mit meinem Sklaverei-Argument wollte ich darauf hinweisen, dass selbst fast oder ganz unausweichliche Mechanismen immer und stark bekämpft werden können oder sollten - es wird wohl immer Sklaverei geben, trotzdem sollte man immer dagegen angehen; daher ist die Vorhandenheit der Prostitution seit Jahrtausenden kein Argument gegen die Möglichkeit, dagegen anzugehen.

Ob man dagegen angehen sollte, oder ob Prostitution überhaupt schlecht ist, wäre dann die andere Frage.
Curumo hat geschrieben:
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Da haste dann sexistische Moralisten und verklemmte Religiöse die dagegen wettern und (neo)liberale
und pragmatische Befürworter.
Du hast die Gruppe vergessen, die gegen Sexismus kämpft und Prostitution verbieten möchte oder eingrenzen möchte, weil sie als für die Prostituierten schädlich angesehen wird.
Aber auch von "den(allen) Prosituierten"(Heterogenität von Gruppen und so)? "Courtisanes" Blogeintrag spricht da ja eine andere Sprache.
Tja, gute Frage. Offenbar leidet sie nicht darunter. Ihre Argumente finde ich aber nur begrenzt überzeugend. Sie zeichnet ein imho verharmlosendes Bild von Prostitution, das ich nicht nachvollziehen kann. Erstens ist es eine Binsenweisheit, dass viele Prostituierte missbraucht wurden und eine kranke Sexualität haben, zweitens ist das auch durch Studien belegt. Dass erwachsene Menschen ihr eigenes Leid nicht wahrhaben wollen oder können, halte ich nicht für eine Bevormundung, sondern schlicht Realität. Beispielsweise werden auch Sexualkontakte zwischen einem Psychotherapeuten (m/w) und dessen Klient (m/w) als sexueller Missbrauch seitens des Therapeuten gewertet - und auch da handelt es sich um einen erwachsenen Menschen. Das basiert schlicht und ergreifend darauf, dass Studien gezeigt haben, dass sexuelle Kontakte zwischen Patient und Therapeut zwar nicht in 100% der Fälle, aber wohl etwa 95-98% der Fälle psychisch sehr schädigend für den Patienten sind. Man geht halt davon aus, dass der Patient in dem Moment, wo er sexuelle Handlungen initiiert oder zulässt, nicht weiß, dass sie schädigend für ihn sind, oder psychisch autonom genug ist - weil es in fast allen Fällen eben einfach nicht so ist.
Die Vorstellung, jeder Mensch ab 18 (außer Menschen mit klassich kognitiv geistiger Behinderung) sei immer und umfassend zu Entscheidungen fähig, die ihm selbst guttun, halte ich schlicht für nicht tragbar. Das sieht man an häuslicher Gewalt und Menschen, die ihren Peinigern nicht entkommen, das sieht man an drogen- und alkoholkranken, das sieht man an Menschen, die sich suizidieren möchten und die, nachdem sie psychische Gesundheit wiedererlangen, keinen Suizidwunsch mehr haben, das sieht man an sexuell missbrauchten Erwachsenen (zb von Psychotherapeuten missbrauchten), und das sieht man auch an manchen Prostituierten, die ihre sexuellen Traumata durch selbstschädigendes Verhalten weiterführen (dass es das gibt, ist unumstritten, aber der prozentuale Anteil ist die Frage). Ich halte es für sinnvoll, in gewissen Kontexten gewissen Personengruppen eben besonders zu schützen. Das "Bevormundung" zu nennen, find ich nur dann sinnvoll, wenn es nicht abwertend gemeint ist. Man macht sich ja zum Vormund eines anderen, weil dieser aufgrund seiner Defizite oder Vulnerabilität das braucht. Die Frage ist eher, was als Defizit, Krankheit oder "nicht dem eigenen Willen entsprechend" gesehen werden sollte.
Curumo hat geschrieben: Ich sage allerdings ganz offen: Mich geht der ganze Zirkus nichts an; Nicht-meine-Peergroup. Wenn schon Anspruchsindividualismus, dann richtig.
Ich bin weiß, heterosexuell und männlich, brauche keine Prostituierten, da ich noch beide Hände habe :devil: Was kümmert's mich?
Aber da widersprichst du dir doch erneut selbst, indem du darauf eingehst. ;) Also irgendwie dafür zu interessieren scheinst du dich ja doch.
Curumo hat geschrieben: Nunja, das solche wie du hingehen und Prostitution per se verurteilen und andererseits andere daherkommen und diese spezielle Form von Lohnarbeit
glorifizieren oder gar als "potentiell emanzipatorisch, wenn von Sexismus befreit" betiteln, das stört mich dann doch.
Welches von beiden denn?
Also ich verurteile Prostitution per se zu diesem Zeitpunkt noch nicht, weil ich dazu noch keine gefestigte Meinung hab. Ich bin allerdings eher auf der kritischeren Seite, was das angeht, das ist richtig.
Curumo hat geschrieben:
kiara hat geschrieben:
Curumo hat geschrieben: Ich sehe es jetzt weder als schlechter noch als besser als andere Formen von Lohnarbeit/Dienstleistung an.
Ein Dolmetscher verkauft seine Stimme, ein Prosituierter eben Sex.
Das heißt, wenn du die Wahl hast zwischen einem Schreibtischjob und Prostitution, und bei Prostituion mehr verdienst, würdest du letzteres wählen? Wenn Prostitution nicht schlechter ist, dürfte ja nur das Geld ausschlaggebend sein in dem Fall. (Ist rhetorisch gefragt, natürlich.) My point: evtl ist Sexualität als solches so, dass Prostitution gar nicht oder fast nie ohne seelischen Schaden für den/die Prostituierte*n auskommt. (Ich gender mal ausnahmsweise.)
Da ich keine Vagina besitze scheint mein Markt eher klein und als Callboy tauge ich aufgrund meiner eher mangelhaften Physis wohl nicht. :D
Zu your point: Kann ich nix zu sagen. "Courtisane" sieht's wohl anders.
Die Frage war nicht praktisch, sondern theoretisch gemeint - also mit der theoretischen Annahme, du könntest mit Prostitution Geld verdienen, und, konkret gesagt, passiv oder aktiv Verkehr anbieten und dafür Geld kriegen - oder stattdessen einen pro Stunde gleich gut verdienten Schreibtischjob machen. Die meisten Leute würden da doch den Schreibtischjob wählen? Und ich rede hier nicht von "Anstand" oder "Moral", sondern das, was die Leute persönlich für sich gut oder nicht gut finden.
Curumo hat geschrieben:
kiara hat geschrieben:Für mich würde allerdings noch dazukommen, dass Sexualität doch etwas nicht nur körperliches ist, sondern seelisches, und wenn man (wie es in den meisten Fällen der Fall ist) dadurch auch einem anderen Menschen schadet (der sich halt aus finanzieller Not prostituiert), ist das ja auch für einen selbst nicht gut. .
Was ist denn eine Seele? Körper und Psyche kenn ich und die sind gar nicht so klar getrennt(Eispickel durch die Schädeldecke(Lobotomie) und du bist nur noch ein sabbernder Zellhaufen. True Story!(Just Google it)), aber Seelisches, davon wollte mir immer dieser Pfaff etwas erzählen zu dem mich Muttern immer Sonntags mitschleppte.
Naja, dann halt "Psyche".^^ Das meinte ich. Ich benutze seelischen Schaden und psychischen Schaden synonym. Ich kann aber gerne einfach psychisch sagen, falls das klarer ist.
Curumo hat geschrieben: Hier sage ich dann allerdings noch: Das dürfte meiner Meinung nach eher an der moralischen Verklärung und Verklemmtheit wie den gesellschaftlichen Zuständen(Sexismus, Illegalität->Zuhälterei) von Prostitution liegen, die seelischen Schäden
als am Akt an sich. Bin ich vielleicht aber auch etwas ohne Relevanz, because did no such thing.
Hm, bei Berichten von Menschen, die aus der (freiwilligen) Prostituion ausgestiegen sind, habe ich bisher eher den Eindruck vermittelt bekommen, dass der Akt an sich - also das Anbieten der eigenen Sexualität inklusive dem Überwinden bzw Ignorieren des eigentlichen Unwillens - das ist, was schädlich ist. In der Hinsicht macht es auch sehr Sinn, dass viele Prostituierte Missbrauchserfahrungen haben. Oft wird Missbrauch ja nicht mit körperlichem Zwang ausgeübt, sondern durch zb. Liebesentzug, subtilen Drohungen, Manipulation oder schlicht dem impliziten Wissen, dass Autoritäten Macht haben und man sich denen nicht entgegensetzen kann. Bei dieser Form des Missbrauchs ohne körperlichen Zwang lernt das Opfer ja, die eigene, eigentliche Sexualität zu unterdrücken, zu ignorieren oder bewusst anzubieten (die beiden klassischen Formen der Schädigung des Sozialverhaltens von Missbrauchsopfern - komplette Verweigerung/Ignorieren der eigenen Sexualität, oder "Lolita-Verhalten"). Daher macht es für mich auch ziemlich Sinn, Prostitution zumindest unter 21 zu verbieten. Gerade in dem Alter dürften die meisten Prostituierten das nicht wirklcih aus eigenem Willen machen.


Und ebenso, wie wenn junge, körperlich gesunde Menschen versuchen, sich umzubringen, man sie nicht für zurechnungsfähig hält, und ihnen zb. das Recht nimmt, ihre eigenen Handlungen durchzuführen - also nicht davon ausgeht, dass sie nach ihrem eigentlichen Willen handeln - so würde ich es für möglicherweise (?) vergleichbar halten, wenn man Menschen (evtl unter bestimmten Bedingungen) , die sich prostituieren möchten, Schutz und Hilfe anbietet. Ebenso wie Suizid(versuche) nicht strafbar oder verboten sind, aber generell als nicht dem eigentlichen Willen des Menschen entsprechend gesehen werden, könnte ja das Anbieten der eigenen Sexualität zum Beispiel als eine im Normalfall selbstschädigende Handlung gesehen werden, bei der im Normalfall davon ausgegangen werden muss, dass dieser erwachsene Mensch eben nicht seinem eigentlichen Willen zufolge handelt.


Beispiel: jemand will von der Brücke springen. Man könnte jetzt sagen: "Ich respektiere deinen Wunsch und deine Autonomie und möchte dich nicht gegen deinen Willen in die Opferrolle zwingen." (Analog zu dem, was Courtisane schreibt.) Man könnte auch die Polizei rufen und ein Krisenteam könnte versuchen, den Menschen so gut wie möglich davon zu überzeugen, dass er nicht von der Brücke springen soll. Unter Umständen könnte man ihn(m/w) "gegen seinen Willen" in eine Klinik bringen. (Wird auch so gehandhabt, glaub ich?) Weil man davon ausgeht, dass unter Widerherstellung der psychischen Gesundheit das nicht seinem eigentlichen Willen entspricht, sich umzubringen. Und das ist ja auch fast immer der Fall.

10 Jahre später werden fast alle Menschen sagen: Es ist richtig und gut, einen Menschen (u.a. auch mit körperlichem Zwang) davon abzuhalten, Suizid zu begehen, und es war für mich das, was meinem eigentlichen Wunsch entsprach.

Daher find ichs nicht unbedingt plausibel, wenn Courtisane schreibt, "Prostituierte möchten ihren Beruf ausüben". Das passt nicht ganz zu dem, was viele (insbesondere) Frauen berichten, die aus der Prostitution ausgestiegen sind.

----------------------------
tl;dr:
=> Ich habe zwar keine gefestigte Meinung zum Thema Prostitution, tendiere aber, das in der Regel als für den Prostituierenden(m/w) schädlich zu sehen.
=> Ich halte es für richtig, erwachsene Menschen zu bevormunden, wenn sie gravierend selbstschädigendes Verhalten ausüben, das überhaupt nicht ihrem eigentlichen, (von außen angenommenen) Willen entspricht.
=> Wo das sinnvoll ist, ist natürlich die Frage. Suizidversuche bei gesunden Menschen: Bevormundung definitiv sinnvoll. Suizidversuche bei sterbenskranken Menschen mit starken Schmerzen: der deutsche Staat möchte bevormunden (Verbot von aktiver Sterbehilfe), ich wäre dagegen.
Wenn jemand durch sexuellen Missbrauch aufgezwungenes selbstschädigendes Sexualverhalten durch Prostitution weiterführt als Erwachene/r: Bevormundung aus meiner Sicht definitiv sinnvoll. Wenn jemand sich finanziell und emotional gesund und autonom Freier aussucht: Bevormundung aus meiner Sicht nicht sinnvoll, sehen andere EU-Staaten anders.
Zuletzt geändert von kiara am 29. Mai 2013 23:12, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von vegansmarties » 29. Mai 2013 22:59

Hmm, nur ist Suizid eben ein unwiderrufbarer Schritt und genau diese Unwiderrufbarkeit der Entscheidung legitimiert mM nach das Einschreiten von außen. Der Ausstieg aus der Prostiution mag schwierig sein, aber dennoch natürlich möglich. Daher hinkt das Beispiel ein wenig.

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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von kiara » 29. Mai 2013 23:10

Es gibt aber viele andere Beispiele von selbstschädigendem Verhalten, wo ein Mensch bevormundet wird, eben beispielsweise bei sexuellen Handlungen von Patienten mit Therapeuten.
Auch mit fremden Menschen ohne Kondom schlafen ist ebenso u.U. ein unwiderrufbarer Schritt (HIV).
Ebenso sind psychische Schäden zwar gesundzumachen, aber ebenso unwiderrufbar als Erinnerung oder Erfahrung da. Ebenso wie Missbrauchsopfer ja nicth ihre Erfahrung rückgängig machen können, können von der eigenen Prostitution geschädigte Menschen (die es ja definitiv gibt, die Frage ist nur, wie hoch der Anteil ist) zwar ihre Schädigung abheilen, aber nicht die damalige Schädigung vergessen.
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Beitrag von Curumo » 30. Mai 2013 09:52

Editiert. Non-Relevanz und so.
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von Kim Sun Woo » 31. Mai 2013 20:27

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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von kiara » 31. Mai 2013 20:32

oh lol. die frau hab ich sogar schonmal im RL kennengelernt (die ist bei Mensa).

hm. auch hier wieder: das ist doch naiv. Woher kriegen denn Zeitungen wie die "emma" solche shitloads von Prostituierten zusammen, (nicht zwangsprostituiert), die so darunter gelitten haben? Und wie kommt es, dass Studien zu dem Thema immer wieder etwas anderes behaupten? Ich kann auch sagen "ich kenn keine einzige Person, die unter häuslicher Gewalt leidet, von Abschiebung bedroht ist, unter Rassismus leidet". Stimmt wirklich. Soll ich dann so dämlich sein und daraus schließen, dass es das nicht gibt??
Schade, dass sie nicht mit einer von diesen Studien konfrontiert wurde.
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Re: (Anti)Prostitution und die Alt-Femministen

Beitrag von Kim Sun Woo » 31. Mai 2013 21:05

auf der anderen Seite mutet es doch seltsam an, wenn auf der anderen Seite in der Emma die Schätzung eines Hamburger Kommissars zu hören ist, der davon ausgeht, daß 95% aller Prostituierten dieser Tätigkeit nicht freiwillig nachgehen.

ich meine, zwischen den quasi-Aussagen "alle Sexarbeiterinnen haben sich freiwillig dafür entschieden" und "so ziemlich alle Sexarbeiterinnen sind Zwangsprostituierte" ist doch eine verwunderliche Diskrepanz.
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