"Fat-acceptance" - Körperkult. Und das Gewicht "von Gewicht"

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Curumo
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"Fat-acceptance" - Körperkult. Und das Gewicht "von Gewicht"

Beitrag von Curumo » 19. Mär 2013 12:11

Übergewicht, ein bedeutungsschweres Wort - eine demographische Kategorie, ein Krankheitsbild, eine gesellschaftliche Norm
zusammenhängend mit Konzepten von Aussehen und Auftreten(bekannteres Fremdwort "appearence"), also dem normativen Phänotyp.
Ein Zustand des Körpers um es auch einmal ganz wertneutral zu bezeichnen; Und um (Ab)Wertung und Auffassung eben dieses Zustandes geht es
mir hier.

Die Thematik überschneidet sich, das sei vorab festgestellt und später belegt, auch mit Diskriminierungsformen(inbesondere Sexismus, zum Teil auch
Behindertenfeindlichkeit). Wichtig sind auch Konzepte bzw. gesellschaftliche Normen und Begriffe/der gesellschaftliche Konsens von (Ideal)Körpern,
Gesundheit und individueller Freiheit/Selbstverwirklichung sowie Verantwortung(gerade im Hinblick auf die geschröpften Gesundheits/Sozialsysteme).

Die (medizinisch begründete) Definition von Übergewicht ist wie oben erwähnt ist einmal Zustand des Körpers(genau wie das Gegenstück Untergewicht),
welcher im Extremfall gesundheitsschädlich, ja sogar ein Krankheitsbild sein kann. "In der Regel" tritt Übergewicht auf, wenn die konsumierte
Nahrung mehr Ernergie liefert als vom Körper verbraucht wird. In "der Natur" ist dies eigentlich nicht vorgesehen, wie im Vergleich mit anderen Tieren
in ihrem natürlichem Habitat bemerkbar ist. Der Mensch ist aber nunmal ein Kulturwesen und Kultur/Zivilisation ist im großen und ganzen menschengemacht
und nicht natürlich. Biologisch ist der moderne Mensch immer noch ein Tier, kulturell aber, da fand seine Evolution, seine Anpassung expontial statt.
Will heißen: Biologisch/natürlich vorgesehen ist ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen Energiezufuhr und Verbrauch, eher sogar ein Mangel.
Und Not macht erfinderisch wie es so schön heißt und der Mensch ist bekannterweise sehr erfinderisch wenn Not am Mann ist.

Die Geschichte ist uns aber nun bekannt:
Erst durch Erfindung des Feuers und damit des Kochens, der Jagd und Nutzung von Tieren zur Bedürfnisbefriedigung, später dann der Domestizierung von Flora und Fauna und dem
Wechsel zum "Sesshaften" und vielen technischen, kulturellen und gesellschaftlichen Erfindungen zur Erleichterung seines Lebens, der Ausbeutung der Natur und damit der effizienteren Bedürfnisbefriedigung
lebt der Mensch immer mehr "im Schlaraffenland"; was die Versorgungslage mit Nahrung und der Qualität(Energie- und Nährgehalt) eben dieser entspricht in Relation zum Verbrauch an Ernergie. Zumindest ein immer größer werdender Teil der Menscheit versteht sich, inbesondere der Bewohner der Industrienationen des Westens und der
Schwellenländer, gerade im Hinblick darauf, dass körperliche Arbeit rückläufig ist. Mit dem Resultat der sog. Zivilisationskrankheiten - darunter insbesondere Adiositas(Übergewicht), Diabetes
und (früher zumindest)Gicht(Fleischkonsum). Die Zuckerkritikerfraktion hier im Forum liegt da ja gar nicht so falsch, aber nicht zu viel werten vorab.
Die Reaktion darauf reicht von hysterischer Panik vor der "Fettepidemie", bis zu zynisch-materialistischem Aufrechnen der Folge/Behandlungskosten(gerade auch bei den Krankenkassen)
bis hin zu Warnung vor dem "Tugendterror der Gesundheit" und der bereits im Titel erwähnten "Fat acceptance"-Einstellung, welche einerseits
Fett-Aktivisten, die für ihre Rechte kämpfen als auch feministisch-antisexistisch Motivierte("Body-positive feminism") meint.

Nun also meine Bestandsaufnahme:
Nicht zu leugnen ist der signifikante Anstieg an Zivilsationskranken, wobei ich hier Menschen mit "echter" Essstörung oder selbstverletzendem Verhalten erst einmal der Einfachheit halber differenziere,
gerade bereits im Kindesalter. Dann gibt es einen gesellschaftlichen Körper- und Gesundheitskult, gerade in und von den Massenmedien getragen; durchtrainierte Sportler_innen
en masse, dann die umstrittenen, omnipräsenten "Magermodels", aber auch die Bilder vom erfolgreichen, gesellschaftlich akzeptierten und integrierten gesunden und der gegenderten Norm von
Schönheit entsprechendem Idealmenschen. Die Grenzen zum Sexismus sind hierbei fliessend bzw. gibt es eine Kohärenz, einen Zusammenhang.

Im gesellschaftlichen Konsens werden "Fette", also Menschen mit dem Krankheitsbild Adipositas, aber auch Menschen, die nur über dem Gewicht, dass sie benötigten
um einen "Idealkörper" zu haben, geduldet bis offen benachteiligt. Menschen deren Übergewicht durch eine (andere) Krankheit bedingt ist oder durch Medikamente,
werden da etwas geschont, wo allerdings Übergang zwischen Krankheit, also verminderter Leistungsfähigkeit und Behinderung(und dem gesellschaftlichen Umgang mit dieser)
beginnt. Da (Über)Gewicht ein Zustand des Körpers ist, ist für diesen Zustand auch der Einzelne verantwortlich, getreu dem "beliebten" Motto "Jeder ist seines (Un)Glückes Schmied".
Die sexistische Kompenente kommt inbesondere im Ungleichgewicht zur Bedeutung, wie "verwerflich" übergewichtig für die gesellschaftliche Reputation ist,
je nach Geschlecht. Dabei schneiden Männer besser ab, sie sind eben trotz Übergwicht noch Männer, im Sinne von sexistisch privilegiert. Der Leidensdruck ist
im Zuge des "Fitness"- und Athletenkörperkultes, aber auch für Männer stark, für Frauen dadurch sogar noch verdoppelt("fit" und "dünn" sein).
Übergewichtige Männer bekommen dann aber die Kehrseite ihres sexistischen Privilegs, sofern sie übergewichtig sind - dann haben sie nämlich "Männertitten".
Die zur Beschreibung verwendeten Adjektive(z.B. "fit" und "dünn") stehen in Anführungsstrichen, um hervorzuheben, dass es sich dabei um die gesellschaftliche Norm,
die "Idealbilder", handelt. Diese decken sich nämlich nur mehr oder weniger mit dem individuellem Status von "fit" oder "normalgewichtig"(im Sinne von nicht-krankhaft).

Ich als Betroffener falle sowohl medizinisch als auch ästhetisch unausweichlich unter die Kategorie des zivilisationskranken Fetten. Eine richtige Esstörung habe ich nie
gehabt, zwar ist eine mehrjährige Medikation(Psychopharmaka mit apetitfördender Wirkung) mit verantwortlich am Zustand meines Körpers und ich neige
zu Suchtverhalten zwecks Frustkompensation, maßgeblich ist aber simpel eine übermäßige Energiezufuhr aus reinem Hedonismus - es schmeckt halt so gut -
und dann ein Arrangieren mit diesem und Verleugnen des Übergewichts. Ich habe von der Familie aber auch von der Gesellschaft immer wieder
Angebote - kein Zwang - mir bei der Gewichtsreduktion, ! die eben wirklich gesundheitsbedingt ratsam ist !, zu helfen ausgeschlagen.
Weil ich geleugnet habe, dass ich krank bin und mich gleichzeitig darauf ausgeruht habe("Ist der Ruf erst ruiniert..."); gerade weil die Eigenverantwortung
für den Zustand unbequem ist.

Zu diesem Thread inspiriert hat mich ein Beitrag über diese "body-positive"/"fat-acceptance"-Bewegung. Mit deren Haltung stimme ich aber eher kaum überein.
Daher nun noch meine Ansicht zu deren Ansichten:
Neben einem für Feminismus üblichen (radikalem) Individualismus(Fokus auf den Emotionen Einzelner Personen, "Lustprinzip"-Argumentation)
stört mich vor allem die Ignoranz gegenüber dem negativen medizinischem und gesundheitlichem Aspekt - auch, wenn nicht sogar vor allem für das (betroffene) Individuum -
durch dieses Konzept. Gegen die/kritisch gegenüber den mit Leidensdruck verbundenen Idealkörperbilder zu sein ist zwar per se richtig(bei weitem aber kein Alleinstellungsmerkmal), aber
primär nur Teil des feministischen/antisexistischen Kontext und meiner Meinung nach in der Form wie von "fat acceptance/body-positive" nicht tragbar.
Denn: Das Krankheitsbild und auch die Auffassung als Krankheit werden nicht nur blind abgelehnt, sondern Übergewicht positiv konnotiert und als Teil der Identität
konstruiert(essentialisiert). Es wird lieber konstatiert, dass am Leidensdruck für den Übergewichtigen allein die gesellschaftlichen Körperideale Schuld sein -
man müsse dies eben einfach akzeptieren. Wohlgemerkt obgleich der verminderten Lebensqualität(Folgerkrankungen, vermindete Bewegungsfreiheit).
Hier wird wieder einmal bewusst "das Kindmit dem Bade ausgeschüttet" und die Überschneidung mit sexistischer Diskriminierung als Anlass
genutzt sich gegen Kritik zu imunsieren. Wer den medizinischen Aspekt auch nur erwähnt, um differenziert zu äussern, warum dieser Ansatz bedenklich ist, betreibt "Körperfaschismus".
Gegen die gemeine Realität einer nachweisbaren pasthologischen, gesellschaftlichen Tendenz hin zu einer zunehmendn Problematik von medinzinisch relevantem Übergewicht,
wie oben erwähnt bereirs in Kinderjahren, wird sich mantrartig versichert "200.000 years of humans have lived without diets" oder "nobody except has the right to define your body"
und "just love your body" - "fat is beautiful".
Wer andersdenkt betreibt "bodyism", "fat-shaming", ja ist ein Biologist(Vertreter des Biologismus). So viel zu den Projektionen.
Wie schon gesagt das feministische Anliegen dabei in all Ehren, aber nicht alles ist gut, was gut gemeint ist.

Mein Fazit ist:

Kritik an den "Idealkörpern" und dem Fitnessfetisch/Benachteiligung nicht-normgewichtiger, aber ansonsten völlig gesunder Menschen, bitte und gerne.
Mehr Akzeptanz für Menschen mit Adipositas gibt es bereits strukturell, Krankassen übernehmen Kosten für Unterstützungsmaßnahmen(in Form von z.B.
Ernährungsberatung und Sportprigrammen, aber auch medizinischer Betreuung), die Politik und NGOs wie Foodwatch gehen gegen gesellschaftliche Ursachen wie
hochernergetische oder simpel "ungesunde" Ernährung bei nur minimaler krperlicher Betätigung vor(Vergleich "Nährwertampel").
Ein gewagtes, aber meiner Meinung nach positives Beispiel stellt Japan dar, dass ebenfalls Probleme mit einer "übergfetteten" Gesellschaft hat bzw. hatte
und zu der Maßnahme griff Unternehmen Zusatzzahlungen an die Gesundheitssysteme für übergewichtige Mitarbeiter leisten zu lassen und mit obligatorischen Pflicht-Sportprogrammen
dem pathologischem Übergewicht gerade bei den über 40-Jährigen (insbesondere Männer) Herr zu werden.

Gerade das statistisch belegte Risiko von Herzkreislauferkrankungen(habe bereits Hypertonie) und einer Diabeteserkrankung in Kombination
mit der eingeschränkten Bewegungsfreiheit und z.B. dem gehäuften Reflux durch das überdehnte Gewebe am Bauch
sind meine Hauptmotive mein Übergewicht stark zu reduzieren.
Die gesellschaftliche Norm und der damit verbundene Leidensdruck spielt auch eine Rolle, wenn zwar eine klar untergeordnete, daher bin auch nicht völlig
ablehnend gegen das Konzept eines "body-positivism".
I dreamt I broke your heart
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Lachflash
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Beitrag von Lachflash » 19. Mär 2013 13:02

Mh...finde ich gut und stimme dir zu.
:)
Und nehm alles locker hin, ob das Glas halb leer
Oder halb voll ist, ist mir scheißegal, ist da Wodka drin?

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Beitrag von Spreewaldgurke » 19. Mär 2013 14:13

Ohne die Bewegung und dehren Ziele jetzt zu kennen:

"Fat acceptance", also in dem Fall das Akzeptieren, des eigenen Körpers wie er ist, kann aber doch ein sinnvoller Ansatz sein.
Es kommt halt darauf an, was das Hauptproblem des Patienten ist.

Ist es der kranke Körper (Adipositas) oder geht es um eine kranke Psyche.
Bei sehr verunsicherten, schüchternen und verschämten Menschen finde ich es sinnvoll, dass sie sich erstmal so akzeptieren, wie sie sind - Schuldgefühle überwinden etc...
Wenn man geschafft hat, mit sich selbst im Reinen zu sein, dann kann man danach auch sehr viel leichter körperliche Krankheiten angehen (wenn Sie denn bestehen). Wenn nicht, dann wird das m.E. schwierig.
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Vampy
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Beitrag von Vampy » 19. Mär 2013 18:25

Mehr Akzeptanz für Menschen mit Adipositas gibt es bereits strukturell, Krankassen übernehmen Kosten für Unterstützungsmaßnahmen(in Form von z.B.
Ernährungsberatung und Sportprigrammen, aber auch medizinischer Betreuung), die Politik und NGOs wie Foodwatch gehen gegen gesellschaftliche Ursachen wie
hochernergetische oder simpel "ungesunde" Ernährung bei nur minimaler krperlicher Betätigung vor(Vergleich "Nährwertampel").
man will aber doch was gegen adipositas tun mit diesen maßnahmen, es also gerade NICHT akzeptieren.
Think, before you speak - google, before you post!

.u.
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Beitrag von .u. » 19. Mär 2013 20:33

Vampy hat geschrieben:
Mehr Akzeptanz für Menschen mit Adipositas gibt es bereits strukturell [etc. etc.] .
man will aber doch was gegen adipositas tun mit diesen maßnahmen, es also gerade NICHT akzeptieren.
HG schrieb ja auch von Akzeptanz der Menschen, nicht der Adipositas, wobei diese als solche ja mit dem Anbieten von Hilfe auch akzeptiert wird.
...But the stars we could reach were just starfish on the beach.

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kiara
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Beitrag von kiara » 19. Mär 2013 21:20

HomoGermanicus hat geschrieben: (Längerer Text zum Thema "Ernährungszustand als Zivilisationsfolge")
Stimme dem so ziemlich komplett zu.

HomoGermanicus hat geschrieben: Nun also meine Bestandsaufnahme:
Nicht zu leugnen ist der signifikante Anstieg an Zivilsationskranken, wobei ich hier Menschen mit "echter" Essstörung oder selbstverletzendem Verhalten erst einmal der Einfachheit halber differenziere,
Den Teil versteh ich nicht ganz. Wozwischen differenzierst du?
HomoGermanicus hat geschrieben: Im gesellschaftlichen Konsens werden "Fette", also Menschen mit dem Krankheitsbild Adipositas, aber auch Menschen, die nur über dem Gewicht, dass sie benötigten
um einen "Idealkörper" zu haben, geduldet bis offen benachteiligt. Menschen deren Übergewicht durch eine (andere) Krankheit bedingt ist oder durch Medikamente,
werden da etwas geschont, wo allerdings Übergang zwischen Krankheit, also verminderter Leistungsfähigkeit und Behinderung(und dem gesellschaftlichen Umgang mit dieser)
beginnt. Da (Über)Gewicht ein Zustand des Körpers ist, ist für diesen Zustand auch der Einzelne verantwortlich, getreu dem "beliebten" Motto "Jeder ist seines (Un)Glückes Schmied".
Ja, das stimmt, allerdings hat die Gesellschaft schon verstanden, dass krankhaftes Untergewicht nicht dem wirklichen Wunsch des Menschen entspricht und dieser die willentliche Kontrolle über sein Gewicht verloren hat, aber dieses Wissen mangelt noch bei krankhaftem Übergewicht (wo es genauso ist: der Mensch besitzt nicht bzw. nicht ausreichend die willentliche Kontrolle über sein Gewicht).
HomoGermanicus hat geschrieben:Die sexistische Kompenente kommt inbesondere im Ungleichgewicht zur Bedeutung, wie "verwerflich" übergewichtig für die gesellschaftliche Reputation ist,
je nach Geschlecht. Dabei schneiden Männer besser ab, sie sind eben trotz Übergwicht noch Männer, im Sinne von sexistisch privilegiert. Der Leidensdruck ist
im Zuge des "Fitness"- und Athletenkörperkultes, aber auch für Männer stark, für Frauen dadurch sogar noch verdoppelt("fit" und "dünn" sein).
Übergewichtige Männer bekommen dann aber die Kehrseite ihres sexistischen Privilegs, sofern sie übergewichtig sind - dann haben sie nämlich "Männertitten".
Die zur Beschreibung verwendeten Adjektive(z.B. "fit" und "dünn") stehen in Anführungsstrichen, um hervorzuheben, dass es sich dabei um die gesellschaftliche Norm,
die "Idealbilder", handelt. Diese decken sich nämlich nur mehr oder weniger mit dem individuellem Status von "fit" oder "normalgewichtig"(im Sinne von nicht-krankhaft).
Jo.
HomoGermanicus hat geschrieben: Ich als Betroffener falle sowohl medizinisch als auch ästhetisch unausweichlich unter die Kategorie des zivilisationskranken Fetten. Eine richtige Esstörung habe ich nie
gehabt, zwar ist eine mehrjährige Medikation(Psychopharmaka mit apetitfördender Wirkung) mit verantwortlich am Zustand meines Körpers und ich neige
zu Suchtverhalten zwecks Frustkompensation, maßgeblich ist aber simpel eine übermäßige Energiezufuhr aus reinem Hedonismus - es schmeckt halt so gut -
und dann ein Arrangieren mit diesem und Verleugnen des Übergewichts. Ich habe von der Familie aber auch von der Gesellschaft immer wieder
Angebote - kein Zwang - mir bei der Gewichtsreduktion, ! die eben wirklich gesundheitsbedingt ratsam ist !, zu helfen ausgeschlagen.
Weil ich geleugnet habe, dass ich krank bin und mich gleichzeitig darauf ausgeruht habe("Ist der Ruf erst ruiniert..."); gerade weil die Eigenverantwortung
für den Zustand unbequem ist.
Wie du weißt, habe ich ja die Theorie, dass ein Mensch in einer schlechten Situation sich lieber suggeriert, er habe die Kontrolle, auch wenn er damit den Nachteil der Eigenschuld hat, als zu denken, dass man nicht die Kontrolle hat, weil dies noch unangenehmer scheint. Das heißt aber nicht, dass ich nicht denke, dass man die Kontrolle nicht erlangen könnte, allerdings ist die Voraussetzung dafür ein ausreichendes Wissen über das eigene Essverhalten sowie über die richtigen Nahrungsmittel, und bei beiden gibt es sehr unterschiedliche Ansätze, so dass es schwer sein kann, da weiterzukommen.
HomoGermanicus hat geschrieben: Zu diesem Thread inspiriert hat mich ein Beitrag über diese "body-positive"/"fat-acceptance"-Bewegung. Mit deren Haltung stimme ich aber eher kaum überein.
Daher nun noch meine Ansicht zu deren Ansichten:
Neben einem für Feminismus üblichen (radikalem) Individualismus(Fokus auf den Emotionen Einzelner Personen, "Lustprinzip"-Argumentation)
stört mich vor allem die Ignoranz gegenüber dem negativen medizinischem und gesundheitlichem Aspekt - auch, wenn nicht sogar vor allem für das (betroffene) Individuum -
durch dieses Konzept. Gegen die/kritisch gegenüber den mit Leidensdruck verbundenen Idealkörperbilder zu sein ist zwar per se richtig(bei weitem aber kein Alleinstellungsmerkmal), aber
primär nur Teil des feministischen/antisexistischen Kontext und meiner Meinung nach in der Form wie von "fat acceptance/body-positive" nicht tragbar.
Denn: Das Krankheitsbild und auch die Auffassung als Krankheit werden nicht nur blind abgelehnt, sondern Übergewicht positiv konnotiert und als Teil der Identität
konstruiert(essentialisiert). Es wird lieber konstatiert, dass am Leidensdruck für den Übergewichtigen allein die gesellschaftlichen Körperideale Schuld sein -
man müsse dies eben einfach akzeptieren. Wohlgemerkt obgleich der verminderten Lebensqualität(Folgerkrankungen, vermindete Bewegungsfreiheit).
Hier wird wieder einmal bewusst "das Kindmit dem Bade ausgeschüttet" und die Überschneidung mit sexistischer Diskriminierung als Anlass
genutzt sich gegen Kritik zu imunsieren. Wer den medizinischen Aspekt auch nur erwähnt, um differenziert zu äussern, warum dieser Ansatz bedenklich ist, betreibt "Körperfaschismus".
Gegen die gemeine Realität einer nachweisbaren pasthologischen, gesellschaftlichen Tendenz hin zu einer zunehmendn Problematik von medinzinisch relevantem Übergewicht,
wie oben erwähnt bereirs in Kinderjahren, wird sich mantrartig versichert "200.000 years of humans have lived without diets" oder "nobody except has the right to define your body"
und "just love your body" - "fat is beautiful".
Wer andersdenkt betreibt "bodyism", "fat-shaming", ja ist ein Biologist(Vertreter des Biologismus). So viel zu den Projektionen.
Wie schon gesagt das feministische Anliegen dabei in all Ehren, aber nicht alles ist gut, was gut gemeint ist.
Das sehe ich 100 % exakt genauso wie du.

Ich sag dazu immer: Nur weil ich mein Übergewicht nicht mag, heißt das weder, dass ich meinen Körper nicht mag, noch, dass ich mich nicht mag. Ich mag mein Übergewicht nicht, und fertig. Ich liebe meinen Körper und ich liebe mich, aber ich mag mein Übergewicht nicht.
Ich lass mir weder von den einen noch von den anderen sagen, wie ich mein Gewicht zu finden habe. Die "nur wer schlank ist darf Selbstbewusstsein haben" - Fraktion kotzt mich zwar noch ne Ecke mehr an als "Alle Menschen MÜSSEN ihr Übergewicht mögen", aber beides lehne ich deutlich ab.
HomoGermanicus hat geschrieben: Mein Fazit ist:

Kritik an den "Idealkörpern" und dem Fitnessfetisch/Benachteiligung nicht-normgewichtiger, aber ansonsten völlig gesunder Menschen, bitte und gerne.
Mehr Akzeptanz für Menschen mit Adipositas gibt es bereits strukturell, Krankassen übernehmen Kosten für Unterstützungsmaßnahmen(in Form von z.B.
Ernährungsberatung und Sportprigrammen, aber auch medizinischer Betreuung), die Politik und NGOs wie Foodwatch gehen gegen gesellschaftliche Ursachen wie
hochernergetische oder simpel "ungesunde" Ernährung bei nur minimaler krperlicher Betätigung vor(Vergleich "Nährwertampel").
Ein gewagtes, aber meiner Meinung nach positives Beispiel stellt Japan dar, dass ebenfalls Probleme mit einer "übergfetteten" Gesellschaft hat bzw. hatte
und zu der Maßnahme griff Unternehmen Zusatzzahlungen an die Gesundheitssysteme für übergewichtige Mitarbeiter leisten zu lassen und mit obligatorischen Pflicht-Sportprogrammen
dem pathologischem Übergewicht gerade bei den über 40-Jährigen (insbesondere Männer) Herr zu werden.

Gerade das statistisch belegte Risiko von Herzkreislauferkrankungen(habe bereits Hypertonie) und einer Diabeteserkrankung in Kombination
mit der eingeschränkten Bewegungsfreiheit und z.B. dem gehäuften Reflux durch das überdehnte Gewebe am Bauch
sind meine Hauptmotive mein Übergewicht stark zu reduzieren.
Die gesellschaftliche Norm und der damit verbundene Leidensdruck spielt auch eine Rolle, wenn zwar eine klar untergeordnete, daher bin auch nicht völlig
ablehnend gegen das Konzept eines "body-positivism".
Joa, teilweise Zustimmung. Was ich von finanziellen Anreizen bzw Strafen von stark übergewichtigen Menschen halte, bin ich mir nicht sicher. Ich denke, ich fänd ein "entweder Zusatzzahlungen oder aus einer Auswahl an Bildungsprogrammen bzw. Unterstützungen auswählen" evtl ok, aber auch da bin ich mir unsicher. Und auch das gälte nur für starkes Übergewicht, nicht für die 10 bis 20 kg zu viel - Fraktion.
Außerdem die Frage: wie ist das mit starkem Untergewicht, müsste das nicht genauso gehandhabt werden, der Logik nach?

Wegen dem body-positivism: Es spricht doch nichts dagegen, seinen 150kg-Körper zu lieben, aber trotzdem die medizinischen Folgen des Übergewichts nicht zu wollen und das Übergewicht nicht. Das halt ich für am Klügsten und für den Menschen am Besten, denn weder wird das Problem verdeckt noch wird dem Mensch seine Würde genommen.
corn + floor = cloorn?

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Lachflash
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Beitrag von Lachflash » 19. Mär 2013 21:50

kiara hat geschrieben:
HomoGermanicus hat geschrieben: Nun also meine Bestandsaufnahme:
Nicht zu leugnen ist der signifikante Anstieg an Zivilsationskranken, wobei ich hier Menschen mit "echter" Essstörung oder selbstverletzendem Verhalten erst einmal der Einfachheit halber differenziere,
Den Teil versteh ich nicht ganz. Wozwischen differenzierst du?


Wahrscheinlich nimmt er hier Menschen raus, die selbstverletzendes Verhalten teilweise auch über Essen ausüben. Da das hier öffentlich einsehbar ist, möchte ich nicht genauer drauf eingehen, aber teilweise gibt es da schon Unterschiede. Essensverbot als Strafe ist halt auch eine Form von SVV. Ein leicht gestörtes Verhältnis zum Essen haben heute ja viele Menschen,
aber eine stark ausgeprägte Essstörung beinhaltet ja meist noch viel mehr als einfach den körperlichen Aspekt (glaub ich)


kiara hat geschrieben:Joa, teilweise Zustimmung. Was ich von finanziellen Anreizen bzw Strafen von stark übergewichtigen Menschen halte, bin ich mir nicht sicher. Ich denke, ich fänd ein "entweder Zusatzzahlungen oder aus einer Auswahl an Bildungsprogrammen bzw. Unterstützungen auswählen" evtl ok, aber auch da bin ich mir unsicher. Und auch das gälte nur für starkes Übergewicht, nicht für die 10 bis 20 kg zu viel - Fraktion.
Außerdem die Frage: wie ist das mit starkem Untergewicht, müsste das nicht genauso gehandhabt werden, der Logik nach?
Da wird dann halt problematisch, dass nach sowas wie dem BMI gegangen wird. Aber Menschen sind ja immer unterschiedlich, deswegen ist das glaub ich sehr schwer zu sagen,
was zu dünn und zu dick im einzelnen ist (außer bei Extremfällen).
Naja, von der Krankenkasse aus würde ich jedenfalls schonmal keinen Punkt auf der Zuzahlungskarte bekommen, weil ich laut BMI zu dünn bin (gibt es also teilweise schon) :D

Ich entschuldige mich, falls ich teilweise etwas wirr schreibe, ich bin ramsdösig
Und nehm alles locker hin, ob das Glas halb leer
Oder halb voll ist, ist mir scheißegal, ist da Wodka drin?

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kiara
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Beitrag von kiara » 19. Mär 2013 22:03

Lachflash hat geschrieben:Da wird dann halt problematisch, dass nach sowas wie dem BMI gegangen wird. Aber Menschen sind ja immer unterschiedlich, deswegen ist das glaub ich sehr schwer zu sagen,
was zu dünn und zu dick im einzelnen ist (außer bei Extremfällen).
ja, besonders "nach unten" sind ja scho manche mit nem bmi von 17 schon kurz vorm exitus, und andere sind mit nem bmi von 15 noch recht munter. umgekehrt zwar genauso - manche sind mit nem BMI von 25 schon bei nem übergewicht von 15kg, andere sind athletisch und schlank - aber da "macht es weniger aus".

der BMI ist sowieso nur für grobe Einschätzungen GEDACHT und wird ständig völlig gegen den sinn der erfinder benutzt (stringentes beharren auf zahlen, kein einbeziehen von waist-hip-ratio, körpertyp, etc...)
corn + floor = cloorn?

.u.
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Beitrag von .u. » 19. Mär 2013 22:30

kiara hat geschrieben: Wie du weißt, habe ich ja die Theorie, dass ein Mensch in einer schlechten Situation sich lieber suggeriert, er habe die Kontrolle, auch wenn er damit den Nachteil der Eigenschuld hat, als zu denken, dass man nicht die Kontrolle hat, weil dies noch unangenehmer scheint. Das heißt aber nicht, dass ich nicht denke, dass man die Kontrolle nicht erlangen könnte, allerdings ist die Voraussetzung dafür ein ausreichendes Wissen über das eigene Essverhalten sowie über die richtigen Nahrungsmittel, und bei beiden gibt es sehr unterschiedliche Ansätze, so dass es schwer sein kann, da weiterzukommen.

Das ist sowieso Lehrmeinung, würd ich meinen. :O
Aber ich sehe nicht, dass HG in diesem Text etwas dem so widersprüchliches gesagt hätte, was diese Belehrung rechtfertigen würde, aber ok, kann er ja selber sagen.
Kiara hat geschrieben:
Wegen dem body-positivism: Es spricht doch nichts dagegen, seinen 150kg-Körper zu lieben, aber trotzdem die medizinischen Folgen des Übergewichts nicht zu wollen und das Übergewicht nicht. Das halt ich für am Klügsten und für den Menschen am Besten, denn weder wird das Problem verdeckt noch wird dem Mensch seine Würde genommen.

Ebenfalls Zustimmung natürlich.
kiara hat geschrieben:Wozwischen differenzierst du?

Idiopathisch/ symptomatisch vermutlich.



@HG: Hau mich, wenn ich übertreibe oder so.
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Lachflash
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Re: "Fat-acceptance" - Körperkult. Und das Gewicht "von Gewi

Beitrag von Lachflash » 19. Mär 2013 23:13

Nein! Nicht hauen! Liebe und so! :heart:
Und nehm alles locker hin, ob das Glas halb leer
Oder halb voll ist, ist mir scheißegal, ist da Wodka drin?

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