Privilege, *ismus & "umgekehrte Diskriminierung"

Politische Diskussionen ohne Tierrechtsbezug
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Greenfinch6999
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Beitrag von Greenfinch6999 » 1. Mai 2017 12:57

Ja aber die Aussage, in Bangkok müsse niemand um's Überleben kämpfen finde ich ziemlich gewagt
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Akayi
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Beitrag von Akayi » 1. Mai 2017 13:32

Greenfinch6999 hat geschrieben:Waren wir im selben Bangkok? Ich hab dort mehr Bettler gesehen, als in den elf von mir besuchten afrikanischen Ländern...
In jedem einzelnen dieser Länder leben mehr Menschen unterhalb der Armutsgrenze als in Thailand*. Bettler zählen ist kein guter Anhaltspunkt für tatsächliche Armut in einem Land.
Greenfinch6999 hat geschrieben:Ja aber die Aussage, in Bangkok müsse niemand um's Überleben kämpfen finde ich ziemlich gewagt
Es ging um europäische Bagpacker, die deiner Ansicht nach in Bangkok Menschen anbetteln die ums Überleben kämpfen. Das wollte ich mit Blick auf das Stadtzentrum bestreiten. Damit wollte ich nicht sagen, es gäbe in Bangkok niemanden der ums Überleben kämpft. Ganz sicher wollte ich aber abstreiten dass man Bangkok bzw. Thailand zur Dritten Welt zählen kann.
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Greenfinch6999
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Beitrag von Greenfinch6999 » 1. Mai 2017 14:32

Das mit der Armut in Afrika ist so 'ne Sache... meistens werden Arbeitslose gezählt und das Durchschnittseinkommen wird berechnet. Dass aber sehr viele Menschen selbstversorgende Bauern sind und oft gar kein Geld benutzen, wird dabei missachtet. Gerade Zambia und Malawi werden extrem schlecht dargestellt, dabei lebt die Mehrheit der Bevölkerung selbstversorgend oder handelnd auf dem (sehr fruchtbaren) Land und Hunger leidet da (fast?) niemand.
Armut ist hauptsächlich in den Städten ein Problem, weil man da halt nur mit Geld (über)leben kann.

Anders sieht es natürlich zB in Ostafrika aus, wo immer wieder Dürren die Bevölkerung plagen und diese leidet dann auch wirklich an Hunger. Aber als sehr arm gelten diese Länder offiziell nicht, weil der Tourismus boomt... dass davon nicht alle profitieten wird dabei ignoriert.
Das mal so am Rande...

Wie werden denn Länder wie Thailand bezeichnet? Wäre das die "zweite Welt" oder gibt's den Begriff gar nicht?
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Akayi
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Beitrag von Akayi » 2. Mai 2017 06:31

Greenfinch6999 hat geschrieben:Das mit der Armut in Afrika ist so 'ne Sache... meistens werden Arbeitslose gezählt und das Durchschnittseinkommen wird berechnet. Dass aber sehr viele Menschen selbstversorgende Bauern sind und oft gar kein Geld benutzen, wird dabei missachtet.
Das ist so nicht richtig. Armut ist immer multidimensional, und wird auch genau so gemessen. Dazu zählt Einkommen, aber genauso der Konsum von Gütern und medizinische Versorgung. Zudem werden auf nationaler Ebene zwischen ländlicher und städtischer Bevölkerung unterschieden, aufgrund der Umstände die du schon dargestellt hast.
Greenfinch6999 hat geschrieben:Gerade Zambia und Malawi werden extrem schlecht dargestellt, dabei lebt die Mehrheit der Bevölkerung selbstversorgend oder handelnd auf dem (sehr fruchtbaren) Land und Hunger leidet da (fast?) niemand.

Ich bin zuegegebenermaßen kein Experte für Zambia oder Malawi, aber was Du unterschätzt ist, dass die Armut des Landes die Menschen extrem angreifbar macht, was z.B. klimabedingte Ernteausfälle angeht. Menschen auf dem Land die in Armut leben haben keine Absicherung gegen Katastrophen, Krankheiten usw. usf. Zudem übersiehst Du die Probleme von Mangelernährung die auch dann vorhanden sind, wenn es keinen (sichtbaren) Hunger gibt. In Malawi und Zambia leiden 37% bzw. 40% der Kinder an Mangelernährung und dadurch einegschränktem Wachstum. Mangelernährung bei Kindern ist ein sicheres Anzeichen für spätere Armut. Genauso problematisch ist Subsistenzwirtschaft (also Selbstversorgung) auf dem Land mit niedriger Produktivität. Diese Menschen haben keine Möglichkeit der Armut zu entfliehen. Daran ändert auch die reale oder vermeintliche Fruchtbarkeit der Böden nichts.
Greenfinch6999 hat geschrieben:Anders sieht es natürlich zB in Ostafrika aus, wo immer wieder Dürren die Bevölkerung plagen und diese leidet dann auch wirklich an Hunger.
Laut World Food Programme gab es in 25% des Landes 7 Dürren in den vergangenen 10 Jahren. Dies war auch dieses Jahr der Fall, mit 6,7 Millionen Menschen die vor der Ernte im März auf Nahrungsmittelhilfe bzw. Geld angewiesen waren.
Greenfinch6999 hat geschrieben:Anders sieht es natürlich zB in Ostafrika aus, wo immer wieder Dürren die Bevölkerung plagen und diese leidet dann auch wirklich an Hunger. Aber als sehr arm gelten diese Länder offiziell nicht, weil der Tourismus boomt... dass davon nicht alle profitieten wird dabei ignoriert.
Das ist so auch nicht ganz richtig. Ich denke mal Du sprichst z.B. von Tansania oder Kenia? Beide Länder gelten als Low-Income bzw. lower middle-income Länder. Dies ist aufgrund der Einkommen aus dem Tourismus verzerrend. Aber auch dies kann man bemessen so z.B. Schere zwischen Arm und Reich. Das geschieht mit dem GINI Koeffizienten, der Versucht diese Ungleichheit abzubilden. Auch hier liegen Zambia und Malawi hinter Kenia, Tansania dazwischen.

Ich stimmt dir total zu dass man Afrika bzw. die Dritte Welt an sich nicht ständig als ein Ort des Grauens darstellen soll. Genauso falsch ist es aber Armut zu relativieren oder gar schönzureden.

Quellen:
http://www.wfp.org
http://www.wordlbank.org
de.wikipedia.org
en.wikipedia.org
(kann ich auch noch genau zusammenfassen bei Bedarf)
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Beitrag von Greenfinch6999 » 3. Mai 2017 17:47

Danke dass du dir die Mühe gemacht hast, das Thema zu recherchieren!

Ich war nur etwas irritiert, weil mir ein Bekannter schrieb, als ich in Malawi war, dass das eines der ärmsten Länder sei und das Durchschnittseinkommen nur ** beträgt, er habe gerade einen Artikel darüber gelesen. Für mich klang das mit dem niedrigen Einkommen-ergo Armut nicht 100% plausibel.
In den von dir aufgezählten Beispielen wurden aber durchaus auf die unterschiedlichen Aspekte eingegangen, das ist gut zu wissen.

Afrikanische Geschichte und auch Aktuelles scheint die meisten Leute in Europa nicht besonders zu interessieren... wir wurden ein paar Mal darauf angesprochen, es sei doch gefährlich nach Uganda zu reisen, wegen dem Bürgerkrieg. Dabei ist der schon lange vorbei und Uganda ist momentan das Must-See in Afrika (zumindest wenn man Afrika-Reisende (mit Betonung auf Reisende, nicht Urlauber) fragt) und erlebt gerade ein touristisches Hoch, hauptsächlich wegen den Gorillas.(deren Population ist sich übrigens am erholen, zumindest in Uganda)
Kenya hingegen scheint mir trotz hohem Andrang an Urlaubern eher instabil zu sein. Obwohl überraschenderweise gerade das "gefährliche" Nairobi uns am ehesten willkommen geheissen hat und in der Stadt werden wir auch nicht schräg angeguckt, obwohl wir bisher nur etwa drei andere Weisse gesehen haben- der Rest getraut sich nicht, zu Fuss unterwegs zu sein. Warnungen wegen der Sicherheit wurden ausgerechnet für das touristische Mombasa ausgesprochen, wegen den bevorstehenden Wahlen. Könnte evtl auch ein Grund sein, warum wir nicht viele Touristen sehen.
Offenbar wurden 2007 über Tausend Menschen nach den Wahlen getötet und die Touristen haben noch immer angst, obwohl laut den Einheimischen dieses Jahr wohl alles ruhig verlaufen wird.

Grundsätzlich interessant wie die unterschiedlichen Länder mit Armut umgehen. In manchen bekommt man das als Reisende voll mit und in anderen, wie eben Malawi, überhaupt nicht. In Äthiopien und zT auch Kenya wird man immer wieder zT recht aggressiv angebettelt, Südafrika ebenfalls und sieht auch ähnlich wie in Thailand, oft Leute mit fehlenden Gliedmassen und ausgehungerten Körpern auf der Strasse.
Da ist die Frage natürlich immer, ob die Regierungen die Leute einfach verschwinden lassen, um den Touristen zu gefallen (so wie die Schweiz mit dem Bettelverbot) oder ob es tatsächlich weniger Bettelnde und Obdachlose gibt.
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Akayi
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Beitrag von Akayi » 7. Okt 2018 04:11

Ein handliches Werkzeug um Privilegien zu checken:

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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 7. Okt 2018 04:59

small nitpick: "christlich" unterscheidet sich fundamental vom Rest. die anderen Dinge sind nicht frei wählbar, das hingegen schon.
Man hat jeden Tag die Chance die bestmögliche Version von sich selbst zu sein. ♥

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Beitrag von Akayi » 7. Okt 2018 05:02

Du kannst frei wählen, ob Du in einem christlichen Land lebst oder nicht?
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Beitrag von Kim Sun Woo » 7. Okt 2018 05:08

das möglicherweise auch. aber vor allem kann man seine Religionszugehörigkeit selbst bestimmen.

(und damit unterscheidet es sich imo doch signifikant von allen anderen aufgeführten Dingen, für die das nicht gilt. man sucht sich bekanntlich nicht aus, ob man weiß oder hetero ist)
Man hat jeden Tag die Chance die bestmögliche Version von sich selbst zu sein. ♥

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Beitrag von Akayi » 7. Okt 2018 05:13

Ja, aber das änder doch nichts daran dass Weihnachen ein Feiertag ist, aber Kwanzaa z.B. nicht? Egal als was du dich in deiner "ichmachmirdiewelt" Manier fühlst, deine Feiertage werden dadurch nicht zu offiziellen Feiertagen. D.h. du musst Urlaub nehmen um deine Feiertage wahrzunehmen.
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