slartibartfaß hat geschrieben:
Wenn man den individuellen Bedarf eines Einzelnen decken würde, gäbe es doch gar keine Notwendigkeit mehr, sich zu verweigern?
Wenn man in der Finanzpolitik mehr auf den individuellen Bedarf des einzelnen Rücksicht nehmen würde, dann gäbe es doch auch gar keine Notwendigkeit mehr sich der Steurzahlung zu verweigern? Man kann natürlich immer damit argumentieren, dass es ohne Pflichten keine Pflichtverletzung gibt, aber leider gibt es da noch so überflüssige Dinge wie Leistungsgerechtigkeit und ordnungspolitische Grundsätze, so überflüssig der einzelne das auch für seine sozialphilosophischen Erwägungen erachten möchte. Ich finde es jedenfalls in höchstem Maße bedenklich, wie bei Leistungsempfängern mit einem bedingungslosen Grundeinkommen das Leistungsprinzip ausgehebelt werden soll, aber bei die Menschen mittleren und höheren Einkommen selbstverständlich aufgrund ihrer höheren Leitung die Verpflichtungen ausgeweitet werden, um das Ganze überhaupt möglich zu machen. Denn Geld was nicht vorhanden ist, kann auch nicht ausgegeben werden. Und das muss erstmal erwirtschaftet werden. Und das ist eine unbestreitbare Tatsache, der man sich nicht einfach entziehen kann.
slartibartfaß hat geschrieben:
Menschen brauchen doch keine Anreize, um an sich zu arbeiten und persönlich voranzukommen? Das definiert doch glücklicherweise jeder für sich und ich glaube kaum, dass Deine Sichtweise, dass Arbeitszwang hierzu vonnöten ist, von vielen anderen Menschen geteilt wird.
Ähm, äh, anscheinend haben wir in den letzten Jahren vollkommen unterschiedliche Debatten zum Grundeinkommen verfolgt. Das Konzept konnte sich aufgrund des WIderstandes von solchen Bedenkenträgern wie mir in keiner Partei durchsetzen. Und in den Gewerkschaften hält sich die Begeisterung für die Aushebelung von Leistungs- und Gerechtigkeitsprinzipien, auf deren Grundlage sie Ansprüche und Leitlinien formulieren, nämlich arg in Grenzen! Auch der durchschnittliche Arbeiter hat nämlich keinen Bock, dass seine Arbeitsleistung dadurch gemindert wird, dass das Lohnabstandsgebot geschwächt und sein Einkommen durch einen Wust von Abgaben, der zur Finanzierung des Grundeinkommens nötig wäre, geschliffen wird. Denn irgendwo muss das Geld herkommen, was großzügig über alle ausgeschüttet wird.
Iustinianus hat geschrieben:Das tut doch jeder Mensch, der auch nur ein kleines bisschen partizipiert? Du lässt doch Ärzte, Polizei, Politessen, Richter, Lehrer, Erzieher etc. auch für Dich arbeiten?
Die erhalten dafür dann allerdings auch eine Gegenleistung in Form einer Entlohnung, zu der ich momentan in Form von Steuern und Sozialabgaben beitrage. Momentan durch meine Mehrwertsteuerausgaben, Ktanken-/Pflegeversicherung und geringfügige sonstige Abgaben beim Nebenjob. Wohlgemerkt alles durch Arbeit oder Kredit finanziert. Bei einem Leistungsempfänger ist es so, dass er nicht nur die Leistungen von den von dir genannten Berufsgruppen empfängt, sondern sich von denen sogar noch ihren Lebensunterhalt finanzieren lässt. Für einen gewissen Zeitraum in Ordnung. Aber keine Dauerlösung!
slartibartfaß hat geschrieben:Wenn ich bedenke, in welcher Dimension unentgeltliche Ehrenämter innerhalb unserer Gesellschaft wahrgenommen werden, kann ich mir kaum vorstellen, dass ein Arbeitszwang notwendig ist.
Arbeitsleistung muss auch finanziert und entlohnt werden! Das Ehrenamt gehört eher zu den Möglichkeiten des Bürgers, sich auf freiwilliger und vielfältiger Basis für das Allgemeinwohl zu exponieren, gerade ohne dafür etwas zu erhalten.
slartibartfaß hat geschrieben:
Aus meiner Sicht steht es jedem Menschen zu, selbst zu entscheiden welche Arbeit (welchen Dienst an der Gesellschaft) er tut.
Dann muss er allerdings auch mit den Konsequenzen leben. Eigenverantwortung ist nämlich keine Einbahnstraße. Handeln zieht KOnsequenzen nach sich und so etwas muss berücksichtigt werden.
slartibartfaß hat geschrieben:
Schon alleine weil es eines jeden Einzelnen Bedürfnis ist, sich einzubringen, zu partizipieren, Anerkennung und Wertschätzung zu erhalten gibt es keine Notwendigkeit zum Arbeitszwang.
Hat mit der Realität nur in einigen Teilen der Bevölkerung nicht viel mit der Realität zu tun. Und was den Begriff "Arbeitszwang" betrifft: Es ist eine verlockende postmaterialistisch geprägte Annahme, dass mittlerweile genug Wohlstand vorhanden ist, der sich unablässig von alleine reproduziert und nur noch verteilt werden muss, ohne dass noch massive gesamtgesellschaftliche Anstrengungen notwendig wären, das aufrecht zu erhalten. Aber es fällt trotzdem nichts vom Himmel. Alles materielle was wir konsumieren oder Dienstleistungen, die wir in Anspruch nehmen, muss durch Arbeitsleistung entstehen. Und das lässt sich auch nicht wegdiskutieren.
slartibartfaß hat geschrieben:
Die von Dir kritisierten Arbeitgeber, die die Leute rausschmeissen, weil sie einmal nicht zur Arbeit erschienen sind würden dann übrigens auch freundlicher mit ihren MitarbeiterInnen umgehen.
Ich kritisiere überhaupt keinen Arbeitgeber dafür, dass er einen geregelten Arbeitsbetrieb aufrecht erhalten will! Auch im öffentlichen ist ganz schnell Feierarbend, einfacxh nicht zum Dienst zu erscheinen. Da gibt es keinen Arbeitgeber, der so etwas nicht hart sanktioniert. Je nach unbesetztem Arbeitsplatz können die dadurch enstehenden Schäden schnell mal in den sechstelligen Bereich gehen. Oder man stelle sich das beispielsweise bei Fluglotsen oder Ärtzten vor.
Leethebeast hat geschrieben:War mal bei ner Tafel im bayrischem Wald und die ehrenamtlichen haben das als Hauptproblem geschildert. Übrigens waren da so viele Leute arbeitslos, weil ein Großer Konzern ihre Glasfabrik aufgekauft und sofort geschlossen hat...
Womit dankenswerterweise einmal darauf hingewiesen wird, was für einen Großteil der Empfänger die Hauptursache ist: Ein fehlender Arbeitsplatz. Und dieses Problem muss gelöst werden. Und die Integration in den Arbeitsmarkt muss im Vordegrund stehen, anstatt sich zu sehr darauf zu fokussieren, wie Menschen sich in dieser Situation einrichten können. In Einzelfällen kann man sich auch über eine Unterstützung bis zum Lebensende unterhalten, wenn da gar nichts mehr möglich ist. Bei solchen Personengruppen wäre ich persönlich sogar bereit, über eine Anpassung der Regelsätze und ein gewisses Plus an Lebensqualität zu diskutieren. Aber garantiert nicht beim arbeitsfähigen Durchschnittsempfänger, der sehr wohl für sich aufkommen könnte. Und viele packen es zum Glück ja auch.
@ClaireFontaine: Alle diese Menschen haben ein Dach über dem Kopf, können sich etwas zu essen leisten, Kleidung haben sie auch und öfters mal eine Kleinigkeit gönnen kann man sich auch. Und manche Leute machen genau so viel wie ich falsch und können davon blendend leben. Allen ist aber eines gemeinsam: Um sich auf die Jobsuche oder/und Fort-/Weiterbildung zu konzentrieren reicht es vollkommen aus! Und es gibt unzählige Möglichkeiten, das hinzubekommen. Und ich gebe dir insofern recht, dass nicht jeder in der Lage dazu ist. Aber dann muss man ihm dabei helfen, sie entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, anstatt ihn mit einer Daueralimentierung abzuspeisen und weiterhin in seiner Situation zu belassen. Denn Partizipation bedeutet meiner Meinung nach nicht nur jeden Monat eine ansprechende Summe auf seinem Konto zu haben und nach Lust und Laune mal ein bißchen zu ehrenämtern, sondern durch einen möglichst substantiellen Beitrag für die Gesellschaft seinen Beitrag zu leisten.