Rassistische Bemerkungen im Praktikumsbetrieb

Politische Diskussionen ohne Tierrechtsbezug
gnesi
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Rassistische Bemerkungen im Praktikumsbetrieb

Beitrag von gnesi » 30. Okt 2015 16:20

Hallo zusammen!

Ich mache gerade von der Schule aus ein Praktikum bei den Arbeitern, die unseren historischen Stadtpark in Stand halten.
An sich sind meine Kolleginnen voll okay - so harte Schale, weicher Kern mäßig - aber seit einigen Tagen fängt es an, dass es immer mal wieder sehr unschöne Bemerkungen gibt. Das geht vom typischen "Pegida-light"-Repertoire, über die Feststellung, dass man die natürlichen Haare der vorbeilaufenden Schwarzen Frau ja auch als Putzlappen nehmen könnte, wenn man sie (die Frau) umdreht, bis zur Bemerkung, dass ein wenig später vorbeilaufender Schwarzer Mann ja schon einen langen Weg hinter sich habe und deswegen so humpeln würde. :eek:
Ich habe nichts gesagt. Die Bemerkungen waren immer sehr nebenbei, vor-sich-hin-gegrummelt(=leise) und kurz, manchmal war ich mir nicht mal sicher, ob ich da nichts falsch verstanden hätte, und außerdem reißen die Frauen häufig mal Witze unter der Gürtellinie. Das ist keine Entschuldigung für mein Schweigen, ich weiß. Es ist halt schwierig, sich in einem neuen Betrieb, wo man erstmal gefallen will, als 15-jährige mit den "Alteingesessenen" über Sachen anzulegen, die sie als Scherz entschuldigen könnten. Ich bin nicht so gut im Kollisionskurs mit Leuten, die ich kaum kenne und ich glaube, ich hatte auch Angst, um meine Bewertung (das ist echt lächerlich, ich weiß :grumpf: )
Na ja, bei der Nutzung des N-Worts platzte mir letztendlich der Kragen und ich hielt einen kleinen Vortrag. Die fröhliche Stimmung war verflogen, die Damen verteidigten sich vehement, sie würden als Deutsche in Tschechien ja auch als Nazi diskriminiert etc. Die typischen beschämten Argumente halt - hab ich auch schon alles durch :ugh:
Also, jetzt die Frage: Was würdet ihr machen? Wenn ich mir das so im Ganzen überlege, schreit das schon nach Stellungnahme bei jeder "kleineren" Bemerkung in die Richtung. Ich bin beschämt, dass ich mir dass so lange angehört habe, weiß aber auch nicht, wie (oder ob?) ich das am effizientesten anpacken kann.

Danke fürs Lesen dieses kleinen Romans und für etwaige Ratschläge!
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AIL
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Beitrag von AIL » 30. Okt 2015 17:48

Praktikum? Naja, das heißt wohl, dass du die nicht mehr lange ertragen musst.

Ich hab' sowas auch mit meiner Ex durch... Beruflich, in meiner Familie und meinem Freundeskreis habe ich mit aufgeklärten, intelligenten und kritisch denkenden Menschen zu tun. Da neigt man leicht dazu, zu glauben, dass dies die Norm sei.

Das ist aber leider nicht der Fall. Die Leichtgläubigen, von Propaganda Beeinflussbaren, die wie Kleinkinder Alles unreflektiert nachplärren, was sie irgendwo aufgeschnappt haben, gibt's da Draußen zu Hauf. Da fühlt man sich teilweise echt wie im Film "Idiocracy".

Ich würde bei derartige Äußerungen auf verbale Kritik verzichten und höchstens mit entsprechender Mimik reagieren.

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schwarz
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Beitrag von schwarz » 30. Okt 2015 18:05

Weil ignorieren uns ja geschichtlich schon immer weiter gebracht hat.
enter the void.

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Gerlinde
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Beitrag von Gerlinde » 30. Okt 2015 21:48

MoralAkteur hat geschrieben:... und außerdem reißen die Frauen häufig mal Witze unter der Gürtellinie. ....Wenn ich mir das so im Ganzen überlege, schreit das schon nach Stellungnahme bei jeder "kleineren" Bemerkung in die Richtung.
Wenn etwas rassistisches so salopp daher gesagt wird, dann sage ich schon mal
"Ihr wisst doch, Eva war schwarz".

Ich würde auf Geplänkel nicht unbedingt mit einer tiefgreifenden Diskussion reagieren.
Man muss nicht über jedes Stöckchen springen ....

AIL
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Beitrag von AIL » 2. Nov 2015 10:49

schwarz hat geschrieben:Weil ignorieren uns ja geschichtlich schon immer weiter gebracht hat.
Nein...

Es sind in der tat egoistische Gründe, warum ich das so sehe.
Ich bin es einfach Leid ständig Konflikte wegen meinen, von der Norm abweichenden Überzeugungen, austragen zu müssen.
Ich habe keine Lust dazu, mich zu isolieren und zur Zielscheibe ihrer Missgunst zu machen.
Aus psychologischer Sicht gesehen macht ein Konfrontationskurs da sowieso keinen Sinn und verhärtet nur die Fronten.

Am besten wäre es wohl in Einzelgesprächen ohne Vorwürfe mal die Meinungen zu hinterfragen.

Vielleicht ist ja doch ein bisschen Empathie vorhanden, die sie nur nicht zeigen wollen, weil sie es in ihrer Umwelt so gelernt haben.

gnesi
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Beitrag von gnesi » 3. Nov 2015 17:50

Erst mal danke an alle, die in die Tastatur gehauen haben :]

Ich konnte mich bisher auch nicht festlegen, wie ich reagieren will. Als heute eine Kollegin Halbwahrheiten über Flüchtlinge verbreitet hat und ich sie nur sehr ruhig auf einen Fehler in ihrer Argumentation hinwies, fuhr sie mich an, dass sie darüber nicht diskutieren würde und erst recht nicht mit mir. :?: Wir kamen immer ganz gut klar, also schätze ich mit "mir" meinte sie mein Alter...
Als die Geschichten immer heftiger wurden habe ich den Raum verlassen. War das ne richtige Reaktion? Als ich aus dem Raum raus war wurde es noch schlimmer. Ich glaube "Hetze" wäre nicht übertrieben. Ich war/bin sehr wütend und hilflos.
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Vampy
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Beitrag von Vampy » 3. Nov 2015 19:25

ich glaub am besten wäre es in so einem fall ruhig, aber klar Stellung zu beziehen und falsche Behauptungen zu widerlegen bzw. blöde Argumente auszuräumen. ist halt nicht immer einfach. aber eigentlich hast du nicht wirklich was zu verlieren, oder? also die ist nicht deine vorgesetzte oder so, und du bist auch nicht unbedingt auf das Praktikum angewiesen.
ich habe für mich herausgefunden, dass ich mich besser fühle, wenn ich bei sowas den mund aufmache, anstatt duckmäuserisch alles zu erdulden. selbst wenns dann ärger gibt. aber das muss jeder selbst für sich entscheiden.
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mona1312
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Beitrag von mona1312 » 4. Nov 2015 13:32

Ich fühle mich "moralisch" verpflichtet in solchen Fällen dagegen zu halten.
Allerdings hab ich dann auch manchmal Konflikte auszutragen, die mich sehr nah an meine Belastbarkeitsgrenze bringen (besonders wenn es mehrere gleichzeitig sind).
Ich glaub, es gibt da keine pauschalen Antworten. Außer vielleicht sowas:
Tu was du kannst -aber hab auch ein Auge darauf, dass es dich nicht zerbricht, dass der Preis deines Engagements nicht am Ende den Nutzen zu weit übersteigt und du beim nächsten mal evtl. noch zu angeschlagen bist um dich wieder zu trauen dich einzumischen...
Pass auf dich auf! Hab Mut, sei stolz auf dich!
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Zombie
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Beitrag von Zombie » 4. Nov 2015 16:01

tach,


also ich bin auch immer einer der absolut dagegen hält und aus allen rohren feuert. mit so Argumentationen wie das der mensch ursprünglicht aus Afrika stammt und wir sonst garnicht als Wirtschaftsflüchtlinge in Deutschland wären oder wenn einer sypanski oder so heißt sagen "mensch ihr hattet in eurer familyline auch nur reinrassige deutsche oder woe spricht man den namen korrekt aus"

Auch wenn jemand dann nicht mit mir "diskutieren" will, hake ich immer nach und sage sowas wie "das Thema ist zu wichtig um es jetzt schleifen zu lassen; meinst du nicht"
“Life is one big road with lots of signs. So when you riding through the ruts, don't complicate your mind. Flee from hate, mischief and jealousy. Don't bury your thoughts, put your vision to reality . Wake Up and Live!” (B. Marley)

gnesi
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Beitrag von gnesi » 5. Nov 2015 05:48

Awwww, danke für den Beistand.

Das Problem ist, dass ich selbst früher genau das selbe wie ihr gesagt hätte. Ich bin da sehr überzeugt und fühle mich auch schnell persönlich angegriffen, da ich ja durch mein Engagement in der Kinderbetreuung/Hausaufgabenhilfe in unserem Flüchtlingsheim viele Geflüchtete persönlich kenne und sehr lieb gewonnen habe. Aber als die Frau mich derartig bösartig (wirklich, ich glaube, ich habe noch nie derartig viel HAss in einer Stimme gehört) angefahren hat, war das alles erstmal weg und ich hatte einfach nur Angst vor ihr. Und dann war ich stocksauer und, dass ist bei mir leider unumgänglich miteinander verbunden, kurz vorm Heulen, weswegen ich dann nicht mehr reden konnte, da ich mir die Blöße nicht geben wollte. Also wollte ich durch das Verlassen des Raumes zeigen, dass ich mir ihre Lügen nicht länger anhören wollte, glaube aber, dass wirkte eher als wäre ich beleidigt...

Offensichtlich verteidige ich mich gerade und, wie wir Veganer ja wissen, tut man das nur wenn man sich schuldig fühlt. Und das tue ich.

Nur sie redet nicht mehr darüber, da ihr partner in crime nicht da ist und sie weiß, dass der Rest von uns nichts davon hält. Soll ich sie trotzdem noch einmal ansprechen. Ein Kollege von mir meint, dass er da gar nichts mehr sagt, weil sie das gar nicht hören will und es ihr nicht um Fakten geht.
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