Die Situation im Supermarkt

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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 23. Apr 2016 13:47

ich finde diese Herangehensweise schon grundsätzlich daneben. "komm wir lästern über in der Öffentlichkeit über jemanden und versuchen ihn bloßzustellen" wtf?

(zumal dann finde ich die Frage naheliegt, warum das nicht auch bei anderen Themen befürworten? und spätestens dann ist es imo offenkundig, warum das daneben sein könnte.

um mal ein Beispiel zu nehmen, bei dem das hier im Forum glaube ich einstimmig der Fall ist: eine stark "übergewichtige" Frau ist mit ihrer ebenfalls bereits etwas "übergewichtigen" Tochter unterwegs und die beiden haben in ihrem Einkauf Unmengen an Knabberzeug, Süßigkeiten usw. dabei (oder man hört vielleicht zufällig ein Gespräch mit, daß darauf hinweist, daß Erstere in dieser Hinsicht ihre Tochter nicht genug "bremst"). das faktische "Problem" wäre in diesem Fall, daß die Mutter die Gesundheit ihrer Tochter gefährdet, sowohl durch die Wahl der Einkäufe als auch durch ihre Vorbildfunktion.

wäre demzufolge als ein öffentliches "shaming" in Ordnung? sicher nicht, oder?)
slartibartfaß hat geschrieben:Und wenn das aufgrund einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit passiert, bezweifle ich ebenso, dass man sich wertschätzend und auf Augenhöhe begegnet.
dies!

die allerwenigsten Menschen (den Großteil der Forumsmitglieder eingeschlossen) haben/hätten Lust darauf, sich von irgendwem, den sie nicht einmal kennen, mit erhobenem Zeigefinger darüber "belehren" zu lassen, was sie tun und was sie lassen sollen.
Zuletzt geändert von Kim Sun Woo am 23. Apr 2016 13:54, insgesamt 1-mal geändert.
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.u.
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Beitrag von .u. » 23. Apr 2016 13:54

Sprach sie nicht davon, über Pelzherstellung zu reden? Find ich immer noch gut. Seh bei dir nichts dagegen.
Könnte man dann auch zum Thema vegane Ernährung machen.
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Auraya
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Beitrag von Auraya » 23. Apr 2016 14:27

Ich finde der Vergleich zwischen Furshaming und Fatshaming hinkt ein bisschen.
Zumal, wie unkraut schon sagte, nicht die Rede davon war über die/den Pelzträger*in zu lästern, sondern einfach within earshot über die Pelzherstellung zu reden.
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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 23. Apr 2016 14:30

läuft das nicht auf etwas ähnliches hinaus? um bei dem von mir genannten Beispiel zu bleiben: das wäre halt so, als würde man absichtlich hörbar darüber reden, wie negativ sich "Übergewicht" auf die Gesundheit auswirken kann, wie sehr die Eltern bei der Ernährung Vorbildfunktion haben usw.
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Beitrag von Auraya » 23. Apr 2016 14:40

In deinem Beispiel wird die Mutter in ihrer Mutterrolle angegriffen, und wegen ihrem Übergewicht und/oder dem Übergewicht der Tochter. Du (bzw. die Person die da redet, klar nicht du als Person ^^) weisst ja nicht aus welchen Gründen die Frau oder das Kind übergewichtig ist/sind. Du kennst ihre eventuellen tieferliegenden psychischen Probleme nicht, genetische Prädisposition, Krankheitsgeschichte, etc. pp.

Und jetzt erklär mir bitte, wie das übertragbar ist auf die Pelzsituation, weil ich sehe es beim besten Willen nicht, tut mir leid.
Eine "Einkaufsentscheidung" wird in Frage gestellt, oder die Unüberlegtheit, hinter dem Pelzkauf. Das ist aber, meines Erachtens nach, auch in Ordnung, zumal für diesen Kaufentscheid Tiere gefoltert und getötet wurden.
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Beitrag von Kim Sun Woo » 23. Apr 2016 15:08

Auraya hat geschrieben:Eine "Einkaufsentscheidung" wird in Frage gestellt, oder die Unüberlegtheit, hinter dem Pelzkauf. Das ist aber, meines Erachtens nach, auch in Ordnung, zumal für diesen Kaufentscheid Tiere gefoltert und getötet wurden.
anphie hat geschrieben:Wir hatten ein paar Aktionen in der Ubahn, wo wir uns einfach in Gegenwart von Pelzträgern über die Herstellung unterhalten haben, so dass sie es mithören. Das halte ich für sinnvoller.
Erstens klingt das so, als wäre da noch nicht einmal zwangsläufig klar, ob es sich überhaupt um "Pelz" (also tierischer Herkunft) handelt.

Zweitens: also fändest du es legitim, wenn Menschen in der Bahn bewußt versuchen, dafür zu sorgen, daß du dich unwohl fühlst oder gar (die umstehenden Menschen bekommen das ja im Zweifelsfall ebenfalls mit) als "schlecht" dastehen zu lassen? (z.b. weil du in sweatshops gefertigte Kleidung trägst, Lebensmittel ißt/oder dabei hast, die nicht "fairtrade" sind oder wasweißich)

edit: ich finde, das ist im Grunde "mobbing" und meines Erachtens nur bei/in akuten Situationen in Ordnung - wenn jemand in der Bahn einen anderen Mitreisenden rassistisch beschimpft, ist es selbstverständlich legitim (bzw. sogar wichtig), etwas dazu zu sagen/sich zu beteiligen.

Auraya hat geschrieben:In deinem Beispiel wird die Mutter in ihrer Mutterrolle angegriffen, und wegen ihrem Übergewicht und/oder dem Übergewicht der Tochter. Du (bzw. die Person die da redet, klar nicht du als Person ^^) weisst ja nicht aus welchen Gründen die Frau oder das Kind übergewichtig ist/sind.
wobei mein Beispiel deshalb bewußt "falsche" Konsum/Erziehungsentscheidungen mit einbezogen/berücksichtigt hat (sprich: es ließe sich aus dem Kontext schließen, daß deren "Übergewicht" möglicherweise "vermeidbar" wäre).
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Beitrag von Auraya » 23. Apr 2016 19:15

Kim Sun Woo hat geschrieben:Erstens klingt das so, als wäre da noch nicht einmal zwangsläufig klar, ob es sich überhaupt um "Pelz" (also tierischer Herkunft) handelt.
Ich kann nur für mich sprechen, aber echten Pelz erkennt man doch sofort? Es gibt ja gewisse Merkmale auf die man achten kann um echten Pelz zu erkennen. Ich würde nie jemanden mit Plastikpelz-Kapuze ansprechen mit "Hee sie, finde das total doof das sie Pelz tragen." (Gut, ich würde grundsätzlich niemanden in der Bahn ansprechen.. ^^ :D )
Zweitens: also fändest du es legitim, wenn Menschen in der Bahn bewußt versuchen, dafür zu sorgen, daß du dich unwohl fühlst oder gar (die umstehenden Menschen bekommen das ja im Zweifelsfall ebenfalls mit) als "schlecht" dastehen zu lassen? (z.b. weil du in sweatshops gefertigte Kleidung trägst, Lebensmittel ißt/oder dabei hast, die nicht "fairtrade" sind oder wasweißich)
Grundsätzlich natürlich nicht. In dem spezifischen Beispiel mit dem Echtpelz fällt es mir aber halt schwer das so anzusehen, da die Person mit ihrer Entscheidung Echtpelz zu tragen halt darauf scheisst das für ihren Kapuzenbesatz (oder was auch immer) Tiere getötet werden. :( Man kann ja nicht mal sagen "Er/Sie wusste nicht das es Echtpelz ist." Niemand kauft irgendwas mit Pelz dran und weiss dann nicht das es echt ist..
Mir ist auch klar, dass diese Aussage hypocritical ist, finde es aber halt schwer beim Thema Echtpelz das mit anderen Dingen gleichzusetzen, da ja bei Pelz die Kognitive Dissonanz nicht so gross sein kann.

Findest du es denn allgemein nicht in Ordnung jemanden in der Bahn der Echtpelz trägt darauf anzusprechen/in anderer Art aufmerksam zu machen was es bedeutet Echtpelz zu tragen?
(Als Beispiel fallen mir nur grad die Peta-Aktivist*innen ein die an nem Weihnachtsmarkt Leuten "Pelz ist Mord" Kleber an die Pelzbesätze gepappt haben, oder Leute die in der Bahn den Leuten Flyer in die Hand drücken oder so)
Ist es das Indirekte das du als übergriffig empfindest oder einfach allgemein?
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Beitrag von anphie » 23. Apr 2016 19:21

Da ich von Pelzträgern spreche, meine ich selbstverständlich echten Pelz. Das zu unterscheiden ist in der Regel einfach, wenn man sich ein kleines bisschen damit befasst hat.
Und ich finde es absolut berechtigt, zu versuchen, dass sich Leute dafür(!) schlecht fühlen, dass sie einem anderen fühlenden Lebewesen ein Leben voller Qualen und einen schrecklichen Tod beschert haben, weil sie einen doofen Kragen haben wollten. Dafür sollte man sich schlecht fühlen. Und wenn sie das tun, weil sie über die Herstellungsbedingungen ihres Kragens hören, dann ist das aus meiner Sicht absolut gerechtfertigt. Wir haben kein Recht, die hässlichen Konsequenzen unserer Handlungen nicht sehen zu müssen.

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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 23. Apr 2016 22:03

an dich dann die gleiche Frage: fändest du es berechtigt, quasi öffentlich bewußt "bloßgestellt" zu werden, wenn/weil du bspw. durchs Tragen deiner Schuhe oder durchs Trinken deines Kaffees (mit)verantwortlich für die Ausbeutung von Menschen bist?

Auraya hat geschrieben:Grundsätzlich natürlich nicht. In dem spezifischen Beispiel mit dem Echtpelz fällt es mir aber halt schwer das so anzusehen, da die Person mit ihrer Entscheidung Echtpelz zu tragen halt darauf scheisst das für ihren Kapuzenbesatz (oder was auch immer) Tiere getötet werden.
wo ist da der Unterschied zu anderen angeführten "problematischen" Konsumentscheidungen? man könnte doch problemlos argumentieren: wer Kleidung aus sweatshops trägt, dem sind die dortigen Arbeitsbedingungen völlig egal.

Auraya hat geschrieben:Ist es das Indirekte das du als übergriffig empfindest oder einfach allgemein?
ich denke, ich finde vor allem den Gestus relevant, mit dem das passiert. wie schon geschrieben: die allerwenigsten Menschen reagieren positiv darauf, wenn sie das Gefühl haben, daß ihnen irgendein "Fremder" anderer "diktieren" möchte, was sie zu tun und zu lassen haben (abgesehen davon, daß ich mir nicht einmal sicher bin, ob "Scham" als Motiv für eine Änderung überhaupt so gut funktioniert).
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Beitrag von anphie » 23. Apr 2016 22:26

Kim Sun Woo hat geschrieben:an dich dann die gleiche Frage: fändest du es berechtigt, quasi öffentlich bewußt "bloßgestellt" zu werden, wenn/weil du bspw. durchs Tragen deiner Schuhe oder durchs Trinken deines Kaffees (mit)verantwortlich für die Ausbeutung von Menschen bist?
Sollte ich tatsächlich Konsumentscheidungen treffen, für die bei einer vergleichbar leichten Vermeidbarkeit (einfach KEINEN Pelz kaufen - er erfüllt keinerlei praktischen Nutzen) auch nur ansatzweise vergleichbares Leid verursacht wird, dann wäre ich für den Hinweis dankbar. Ich versuche nämlich tatsächlich, so etwas zu vermeiden. Auch bei Kaffee (den ich nicht trinke, weil er mir nicht schmeckt) und Schuhen, bei denen ich auf möglichst faire Herstellung achte.
Kim Sun Woo hat geschrieben:ich denke, ich finde vor allem den Gestus relevant, mit dem das passiert. wie schon geschrieben: die allerwenigsten Menschen reagieren positiv darauf, wenn sie das Gefühl haben, daß ihnen irgendein "Fremder" anderer "diktieren" möchte, was sie zu tun und zu lassen haben (abgesehen davon, daß ich mir nicht einmal sicher bin, ob "Scham" als Motiv für eine Änderung überhaupt so gut funktioniert).
Der Begriff verstecktes Theater ist dir bekannt? Versteckt bedeutet an der Stelle, dass derjenige eben NICHT den Eindruck haben soll, dass man ihm diktiert, was er tun soll. Er hört nur eben ein Gespräch über ein Produkt, das er trägt mit.
Ich bin auch nicht der Meinung, dass es eine öffentliche Bloßstellung wäre, wenn sich neben mir zwei Menschen wahrheitsgemäß über ein Produkt, bzw. dessen Herstellungsbedingungen unterhalten. Wenn diese Bedingungen scheiße sind, dann habe ich nicht das Recht, meinen Kopf in den Sand zu stecken, und weiterhin dieses so unendlich leicht vermeidbare Leid zu verursachen. Wie ich schon sagte, ich finde nicht, dass wir das Recht haben, in seliger Ignoranz über die Folgen unserer Handlungen zu verharren. Wenn es nach mir ginge, wäre Pelz verboten, und den Leuten, die meinen ihn tragen und kaufen zu müssen würde wesentlich unangenehmeres passieren, als sich in der Ubahn ein wenig unwohl zu fühlen.
Wenn es nach dir ginge, dürfte man dann eigentlich überhaupt öffentliche Aufklärung über Missstände betreiben? Es könnte ja Menschen geben, die sich unwohl fühlen, weil sie das nicht wissen wollten.

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