Verfasst: 26. Dez 2012 00:59
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Sommerpraline
Wir liefen daher, eines keuschen Abends
durch hohes Gras, nur wir zwei waren es
Lau weht die Luft umher, trägt belebende Brise
lässt gleichsam im Rhythmus walzen die Wiese
Auf ihrer Haut lag hauchzart ein Sommerkleide,
so locker wickelte es, sie streichelnd mit Seide
als wäre es zu schüchtern sie zu berühren.
Dieser Schein würde mich durch Welten führen
Halten Hand und Natur unter nacktem Fuße
solch Ambiente wäre ein jeder Künstlers Muse
Genossen das Ensemble gespielt von Wind und Baum
es tanzen Krone, ihr gold’nes Haar, des Kleides Saum
Keiner Worte Bedarf, die Blicke sprachen eigene Bände
blendende Idylle, uns friedlich entlassend in Gaias Hände
Versteckt, abgeschottet, saßen zu zweit und doch alleine
auf der Decke, streckten aus, überkreuzten die Gebeine
Mit erpichten Fingerspitzen fuhr ich behutsam auf nackter Haut
schlitt‘ über Glätte, künstelte Werke, stoppte als sie mich anschaut
Sie zupfte des Bodens Gräser, lies frech in mein Gesicht sie brausen
hielt inne, blickte still, beugte sich über und das Herz schlug in Pausen
Aus schmalen Spalte glänzte grün ihrer Augenschein Gestalt
elektrisierend ließ sie mich spüren, ein Geschenk, nur mir es galt
Mit geschlossenen Augen bereit für der Gabe Empfang
ich spürte sie, oh ja, ihr Haar an meiner Backe entlang
Gespannt blieb das Gefühl, kein Kuss sich traute die Erregung zu brechen
Stattdessen kramt sie aus der Tasche, Pralinen, und begann zu sprechen.
Sie wolle mir lehren, wie unsereiner Dasein in Wahrheit denn sei
Leben und Pralinen - eine auf ihrer Hände Podium - seien einerlei
Den Kopf zur Seite getilgt lies mein Blick nach Erklärung nicht lange warten
Pralinen gebe es diese und jene, sie zählte auf, am liebsten seien ihr die Zarten
Sie alle zu kosten und zu begreifen vermag kein einer, dafür zu viele
dergleichen Qual ausgesetzt sei die Wahl nach unserer Lebens Ziele
Als wären ihr die Worte gleich, fiel der Blick auf ihre Hände hinab
hob die Praline, zwischen die Zähne und eine Hälfte biss sie ab
Die Süße regte die Mundwinkel an sich in die Backen zu bohren
die Augenwinkel erfasst, euphorisierte Röte bis hin zu den Ohren
Die andre Hälfte lies sie noch in Ruh',
gab’s mir in die Hand und drückte zu
Ihr kurzer Genuss fand gewollt ein Ende
um zu geben weiterer Weisheit Spende
Gelinde drückte sie meine Hände ehe sie wieder begann
fester dennoch, ihre Worte nun mehr Warnung als Gesang
Blind sei jener der vergisst,
Praline um Praline isst
weil er irreglaubt, das beste Glück
kennt er nur nach dem letzten Stück
Doch wie dieser Genuss so auch das Leben
bedeutet nicht nach der Frage zu streben,
wann unsere größte Freude denn nun endlich sei
wer nur daran denkt schaut am nahen Glück vorbei!
Weile nicht mit Blick, was das Leben nicht ist
Die Sehnsucht doch nur dein Jetztsein zerfrisst!
So lass dir noch sagen zu guter End
dass kein einer das wahre Leben kennt!
Es wog die Stille, füllend, wie nach lautem Schrei
sie ließ vorsichtig Hand und halbe Praline frei
Brach die Stille, mit dem Kuss der verewigend auf den Lippen saß
mein ganzes Leben, diesen Geschmack von Nougat ich nie vergas.
MASCHA KALÉKO
Rezept
Jage die Ängste fort
Und die Angst vor den Ängsten.
Für die paar Jahre
Wird wohl alles noch reichen.
Das Brot im Kasten
Und der Anzug im Schrank.
Sage nicht mein.
Es ist dir alles geliehen.
Lebe auf Zeit und sieh,
Wie wenig du brauchst.
Richte dich ein.
Und halte den Koffer bereit.
Es ist wahr, was sie sagen:
Was kommen muss, kommt.
Geh dem Leid nicht entgegen.
Und ist es da,
Sieh ihm still ins Gesicht.
Es ist vergänglich wie Glück.
Erwarte nichts.
Und hüte besorgt dein Geheimnis.
Auch der Bruder verrät,
Geht es um dich oder ihn.
Den eignen Schatten nimm
Zum Weggefährten.
Feg deine Stube wohl.
Und tausche den Gruß mit dem Nachbarn.
Flicke heiter den Zaun
Und auch die Glocke am Tor.
Die Wunde in dir halte wach
Unter dem Dach im Einstweilen.
Zerreiß deine Pläne. Sei klug
Und halte dich an Wunder.
Sie sind lang schon verzeichnet
Im großen Plan.
Jage die Ängste fort
Und die Angst vor den Ängsten.