Ich versuche mal ein paar Dinge zum allgemeinen Verständnis zu erklären, bitte nicht persönlich nehmen. Ich verstehe es absolut, wenn heutzutage der Kleiderkauf immer mühseeliger wird, weil man zuviel Billigware angeboten bekommt und selten an etwas Schönes qualitativ hochwertiges was den persönlichen Anforderungen entspricht einfach so hinläuft. Man muss aus dem Überangebot sorgfältig aussuchen.
Ich hab nur gerade das Bedürfnis meine "Zunft" der Textiltechnologen etwas zu verteidigen
Gerlinde hat geschrieben:ich sehe häufiger Baumwollstoffe für Oberbekleidung, da ist der Baumwollfaden sehr dünn gesponnen.
Für meinen Geschmack zu dünn. liegt also an der Faserverarbeitung.
Rein technologisch gesehen kann es schon an der Art der Garnherstellung liegen. Es ist aber auch möglich mit feinen Garnen recht luftundurchlässige Gestricke oder Gewebe herzustellen.
Es ist nicht automatisch die Art der Faser im Bezug auf Rohstoff (Co, PES, CV) Faserfeinheit, Faserkräuselung etc, was den Charakter des Stoffes ausmacht. Die nachfolgenden Prozesse wie Art der textilen Flächenherstellung, Ausrüstung (bleichen, färben, aufrauhen, Bügelfrei-Ausrüstung) und Konfektion (Schnittherstellung, Fügetechnologien (Nähen, Ultraschallschweißen, Kleben, vernieten)) bestimmen ebenso den Tragekomfort des fertigen Bekleidungsstückes. Außerdem empfindet jeder Träger ein bestimmtes Bekleidungstextil anders.
Gerlinde hat geschrieben:
Ich gebe zu, ich bin ein Einkaufsmuffel und bestelle gerne Katalogware, da sehe ich vorab die Stoffschwere nicht.
Deswegen wirklich lieber im Laden aussuchen gehen, ich schätze mal dass die Artikelbeschreibung in einem Katalog niemals so präzise sein kein, dass es das Textil zu 100 % genau beschreibt. Bzw. so dass es der Endverbraucher auch versteht, bzw. nein, ganz oft sind die Beschreibungen auch falsch.
Bestes Beispiel ist, wenn Gewebe und Gestricke durcheinandergebracht werden. Dies ist z.B. auch immer in Waschmittelwerbung der Fall und ich lach mir immer einen ab, wenn sich die Dame aus der Werbung ihren Pullover (was ein Gestrick ist) einsaut und dann in der Animation ein Gewebe gezeigt wird, von dem die Schmutzpartikel gelöst werden, und und und.
In der Werbewelt und im Einzelhandel wird viel Unsinn getrieben. Gut, in der Textilbranche auch, aber ich würde die Schuld für qualitativ minderwertige Ware nicht bei den Herstellern suchen. Schließlich ist man selbst derjenige, der das Produkt gekauft hat.
Wenn wir den Händlern jetzt ein falsches Kaufverhalten vorgaukeln, indem wir mit den Produkten unzufrieden sind und diese nicht reklamieren, bzw. durch sorgfältige Auswahl beim Kauf aussuchen, können die Händler, Hersteller und letzendlich die Designer/Entwickler ja auch nicht darauf reagieren. Wenn immernoch genug Leute die Massenware kaufen und sich damit Geld machen lässt, wird es diese auch weiterhin geben.
somebody hat geschrieben:Gerlinde hat geschrieben:
Salopp gesagt, wiegt bei diesen Hosen der grobe Metall-Reißverschluss mehr als der Stoff.
Pullis ebenso. Zwei Winterpullis aus Baumwolle mit Strickbündchen; die Bündchen sind dicke Baumwollfäden und warm, der Rest hat fast T-Shirt-Qualität.
Gerlinde, das kann ich für den größten Teil meiner Neuerwerbungen sinngemäß bestätigen.
Aber was ist da die Kaufmotivation? Warum kauft ihr die Sachen wenn sie doch nicht euren Anforderungen entsprechen?
mashisouk hat geschrieben:Mir ist etwas ähnliches aufgefallen: je grösser die Kleidergrösse, desto höher der Polyethylen, Polyester,.... kurz gesagt der Plastikanteil.
Da geb ich Vampy recht, es ist unrealistisch, dass der Synthetikanteil in der Bekleidung mit der Konfektionsgröße zunimmt. Auch hier wieder die Frage, warum dann die Bekleidung mit dem zu hohen Synthetikanteil trotzdem gekauft wird.
Vampy hat geschrieben:
und dass man in Kunstfaser generell stärker schwitzt, stimmt so auch nicht. gerde Kunstfasern sind sogar eher atmungsaktiver, und je dünner der Stoff, desto besser die luftzirkulation. von daher macht das für dicke nix.
Es stimmt zwar, dass man in Kunstfaserbekleidung nicht unbedingt mehr schwitzt, aber auch nicht weniger. Es liegt auch nicht unbedingt an der Dicke des Stoffes, die ja nicht nur von dünnen oder dicken Garnen, bzw. Synthetik oder Naturfasern abhängig, sondern eher von der Passform.
Sportbekleidung ist meißt so konstruiert, dass diese enganliegend ist, damit der Schweiß entsprechend abtranspotiert werden kann. Dieser Effekt funktioniert nur, wenn die Bekleidung wirklich eng anliegt. Diesen Effekt kann man nicht auf weit geschnittene Oberbekleidung anwenden, man hat noch andere Kleiderschichten dazwischen.
Mit der Textiltechnik ist heutzutage nahezu alles möglich, man muss sich nur die Zeit nehmen und in entsprechende Fachgeschäfte gehen um sich beraten zu lassen, wenn man denn sehr spezielle Anforderungen hat. Falls man dann unzufrieden ist, wird der Einzelhändler unseres Vertrauens die Ware auch zurücknehmen können. Bekleidung von der Stange zu kaufen, die dann perfekt zu einem passt, ist leider eine Illusion, die in dieser schnelllebigen Gesellschaft irendwie in unseren Köpfen verhaftet ist.
Die Frage ist vielleicht, warum wir alle denken, dass Klamottenkauf eine einfache unkomplizierte Sache ist, schließlich ist wie bereits mehrfach beschrieben, technisch fast alles möglich, wir müssen die Bekleidung nur sorgfältig aussuchen, oder gegenbenfalls Kompromisse eingehen, oder die Bekleidung zu einem anderen Zeitpunkt kaufen, wenn sie eben wieder am Markt verfügbar ist.