Enttäuschung und Frustration

[Miri]

Hallo zusammen,

gestern hat mich ein Bekannter über Skype gefragt, warum ich denn vegan/vegetarisch sei. Im ersten Augenblick habe ich ihm eine flappsige Antwort gegeben, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass er tatsächlich interessiert ist. Aber zu meiner Überraschung hat er tatsächlich aus Interesse gefragt. Also habe ich ihm ein bisschen erklärt und wir haben ein bisschen über Honig und Insekten diskutiert.

Die Diskussion hat mich noch eine Weile beschäftigt und heute Nachmittag war ich soweit, dass ich doch ihn fragen wollte, weshalb er noch Fleisch isst, obwohl er ein kluger Kopf ist und sich solche Gedanken macht.

Ja und nun bin ich extrem enttäuscht. Meiner Freundin rate ich IMMER davon ab, mit Fleisch-Essern darüber zu diskutieren. Weil es in 99 % nur zur Frustration kommt. Und weil ich mich nicht an meine eigene Regel gehalten habe, bin jetzt ich frustriert. Tja, selber Schuld.

Es ist eine Diskussion, wie sie im Buche steht. Die Diskussion wurde mit dem Argument beendet, dass eine rein pflanzliche Ernährung mehr Tiere umbringt als die Massentierhaltung.

Ja nee...

Vermutlich ist der Thread hier auch falsch aufgehängt. Und ich bin mir sicher, dass jeder von euch derartige Diskussionen nicht nur einmal geführt hat. Aber ich war so frustriert und musste das hier niederschreiben. Sonst hätte ich die Tastatur nach irgendwem geworfen.

viele Grüße, Miri

[Chris]

du solltest an dir selbst arbeiten, wenn es dich so sehr aufregt/frustriert, wenn du andere Leute nicht von deiner Meinung überzeugen kannst. Wenns danach ginge könnte ich mich einweisen lassen...

[mona1312]

Ich versteh deinen Frust total gut!
Geht ja um voll viel, um Freundschaft, Ignoranz, Tote,..
Manchmal sind solche Diskussionen im nachhinein doch erfolgreich. Welche wie, zeigt sich nicht unbedingt im selben Jahr.
Kopf hoch!
Vielleicht redet ihr irgendwann nochmal drüber, oder du kannst ihm Texte geben. Das erleichterts Menschen manchmal sich auf was Neues einzulassen.
Ich glaub es ist oft nicht leicht, jemandem der einem_r gegenüber steht, recht zu geben, wenn es gleichzeitig bedeutet damit eigene Schwächen, Irrtümer... einzugestehen.
Grade wenn mensch sich gut kennt, ändert das vielleicht auch noch die Machtverhältnisse...
Ein Buch/ einen Text weiter zu geben wirkt viel bescheidener. Das machts leichter -für beide!

[illith]

Miri, ich hab das log zwar nicht gelesen, kann das aber gut nachfühlen.
ich vermeide deswegen diese diskussionen nach möglichkeit *besonders* mit leuten, die mir nahestehen und/oder von denen ich eigentlich besonders viel halte >.>
aber manchmal - wie du ja auch sagtest - lässt man sich eben doch wieder reinziehen.

[Martin]

Ich habe den Chat nur übeflogen, scheint mir so, als hätte dein Chatpartner einfach keine Lust, etwas an sich zu ändern. Er bringt anfangs auch die typischen unreflektierten "Argumente" gewohnheitsmäßiger Omnivoren, das sog. Veggie-Bullshit-Bingo. Mach' dir nichts draus.

Übrigens finde ich es bedenklich, einen persönlichen Chat komplett zu posten, falls der betr. Chatpartner dem nicht zugestimmt hat - auch, wenn du seinen Namen unkenntlich machst.

[Miri]

Danke für eure Antworten! Heute ist wieder gut, ich hab mich damit arrangiert.

Ja, Chris, du hast Recht. Ich bin selber Schuld, dass ich mich da so reingesteigert habe. Normalerweise vermeide ich solche Diskussionen eben auch. Ich habe kein Problem damit, wenn jemand skurrile Hobbies hat, andere politische oder gesellschaftliche Ansichten. Aber wenn es darum geht, die Augen vor der Bedeutung und den Konsequenzen von Massentierhaltung zu verschließen, berührt mich aus irgend einem Grund ungeheim. Und du hast Recht, ich muss damit besser klar kommen.

Martin, ich habe den Beitrag nochmal angepasst. Gestern wollte einfach nur Frust und Hilflosigkeit aus mir raus. Jetzt kann ich das wieder sachlicher sehen.

Und mona und illith muss ich auch nochmal danke sagen ihr habt mir nämlich direkt wieder ein bisschen Hoffnung gegeben. Zum Glück kämpft man doch nicht ganz allein. Auch wenn sich das häufig so anfühlt.

[Cyler]

Deine Frustration kommt allerhöchstwahrscheinlich daher, dass du nicht in der Lage warst deinen Standpunkt zu verteidigen. Daraus muss man halt lernen, um beim nächsten Mal besser argumentieren zu können. Du kannst zum Beispiel immer die Logik des gegenübers gegen ihn selbst benutzen:
XXXXX: zum einen weil hier in der familie alle fleisch essen und bestimmt nicht extra deswegen was anderes gekocht würde
XXXXX: zum anderen fehlt mir vermutlich der stärkere bezug zu tieren, wir hatten halt nie ein haustier
Das kann man ganz einfach auf Kannibalismus erweitern:
XXXXX: zum einen weil hier in der familie alle Menschenfleisch essen und bestimmt nicht extra deswegen was anderes gekocht würde
XXXXX: zum anderen fehlt mir vermutlich der stärkere bezug zu Menschen, wir hatten halt nie einen Hausmenschen
Wenn dann gesagt wird: "Naja das sind Tiere und wir sind Menschen" kannst du darauf verweisen, dass Menschen ebenfalls Tiere sind mit dem einzigen Unterschied, dass wir die intelligenteste Spezies auf diesem Planeten sind. Wenn das Kriterium für das Ermorden und Verspeisen von anderen bewusstseinsfähigen Kreaturen also ist, dass sie anders aussehen oder "dümmer" als wir sind, warum dann nicht geistig und körperlich Behinderte Menschen in Massenhaltung züchten und verarbeiten? Versuch ihn den Unterschied zwischen Mensch und anderen Tieren zu definieren und diese Definition kannst du immer auf andere Menschen beziehen, denn er wird keine ausreichende Distinktion zwischen Mensch und Tier finden, da der Mensch ein Tier ist und dies auch immer bleiben wird.

XXXXX: naja wenn dann darfst du nichts erssen, was mal gelebt hat
XXXXX: inklusive pflanzen
XXXXX: und das ist irgendwie zu krass
Das ist ein Strohmann-Argument. Das bedeutet, dass er deine Position falsch widergibt und diese dann logisch zertrümmert. Veganern geht es nicht um den Erhalt jeglichen Lebens, sonst müssten sich Veganer reihenweise umbringen, denn das eigene Immunsystem tötet Lebewesen, nämlich hauptsächlich Viren und Bakterien ab. Veganern geht es hauptsächlich um die Vermeidung von Leid. Pflanzen haben keine Gefühle und auch kein Bewusstsein, weshalb es kein Widersruch ist auf die Ermordung von Lebewesen, die Gefühle haben, zu verzichten während man sich von Lebewesen, die keine Gefühle und kein Bewusstsein aufweisen, ernährt. Einen entscheidenden Fehler hast du gemacht, als du folgendes äußertest: "ja einfach ist das nicht". Natürlich ist es einfach! Alle Lebewesen, die kein zentrales Nervensystem und dadurch keine Gefühle und kein Bewusstsein aufweisen, können gezüchtet und gegessen werden, während alles andere nicht gezüchtet und gegessen werden kann, genau dort liegt die Grenze!

Das bedeutet noch lange nicht, dass du mit einer perfekten Argumentation jeden überzeugen kannst, doch es fühlt sich sehr viel besser an zu wissen, man hat das Streitgespräch gewonnen, auch wenn der Gegner es nicht zugibt. Ich verstehe auch nicht warum manche hier sagen, sie vermeiden derartige Konversationen mit engen Freunden. Was für ein Freund ist es denn, wenn er entweder seine Meinung durch logische Argumente nicht ändern will, oder nicht in der Lage ist einfach zu sagen, dass er gerne Fleisch isst und es ihn nicht interessiert wie viel die Tiere leiden, das heißt doch nicht, dass ihr keine Freunde mehr sein könnt.

[BodyBuilder]

...Normalerweise vermeide ich solche Diskussionen eben auch...

Vom "normalerweise empfohlenen Weg" gelegentlich auch mal abzuweichen, ist trotzdem durchaus sinnvoll.

Es schult das Argumentieren, indem man dabei lernt, welche Fehler man bei seinem Argumentationsaufbau gemacht hat und wie es besser gewesen wäre.

Stichwort hierzu: Bullshit-Bingo.

Von gelegentlichen Ausflügen in solche Diskussionen bleibt als Basisregel trotzdem:
Gehe Omni-Veganer-Diskussionen in der Regel aus dem Weg.

Gehe ihnen aus dem Weg, denn in der Regel will dein Diskussionspartner nur etwas stänkern und nicht ernsthaft gute Argumente deinerseits hören.

Was dein Diskussionspartner am wenigsten mag, sind wirklich schlüssige Argumente von Dir.
Dafür hat er die Diskussion mit Dir sicher nicht angefangen, sondern um seine eigene Meinung zu präsentieren.
Gute Gegenargumente von dir würden da nur stören.

Wenn Du also das Argumentieren gut machst, dann machst Du damit deinem Diskussionsparter alles andere als eine Freude. Du ärgerst ihn damit. Willst Du das?

Überlege Dir gut im Voraus, ob Du den betreffenden Diskussionspartner gerne ärgern würdest.
Wenn die Antwort "nein" ist, dann lass das mit dem Diskutieren besser bleiben.

Mehr als ein einfaches "das sehe ich (inzwischen) eben anders" ist meist nicht nötig, um eine aufkommende Diskussion abzuwehren.

[SuperDuty]

. . . kannst du darauf verweisen . . . dass wir die intelligenteste Spezies auf diesem Planeten sind. . .

Also daran kommen in mir immer wieder ganz erhebliche Zweifel auf

Aber zurück zum Thread,
missionarisch tätig zu sein bringt absolut nichts. Selbst wenn man - ohne andere überreden zu wollen - einfach die eigene Anschauung schildert, begegnet man oft genug aggressiven Reaktionen des Gegenüber. Und das ist nicht nur beim Thema Vegan so!
Hier kommt nicht die vermeintliche Intelligenz des Gegenübers "Mensch" durch, sondern sein Instinkt = ich muss mich schützen, es ist alles so OK wie es ist, bloß nichts verändern.

Um die Tiere tut es mir ja sehr leid, um den "Menschen" der sich mit ungesundem voll frisst bis die Wampe platzt jedoch überhaupt nicht. Soll er doch vorzeitig an all den Erkrankungen, welche tierische Produkte mit sich bringen, das zeitliche segnen. Ist das mein Problem nein, ganz bestimmt nicht

[Gerlinde]

ein bisschen Humor schadet nicht.
Häufig (liegt eher an meiner Generation) sind die "Gegner" übergewichtig, kurzatmig usw.
Ich gucke dann ganz kritisch meine Gegenüber von oben bis unten an und sage "also so ungesund sehe ich ja nicht aus".

Oder meine Standard-Antwort, wenn´s mir zu doof wird "ich bin meiner Zeit voraus".