Familienfeier

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
kleinerveggy
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Familienfeier

Beitrag von kleinerveggy » 12. Aug 2017 07:52

Guten Morgen Community,

mir ist gestern etwas sehr Unangenehmes passiert, von dem ich hier nun berichten möchte:

Kurz zu mir, ich ernährte mich jetzt schon eine Weile vegetarisch und seit einem halben Jahr esse ich fast ausschließlich pflanzenbasiert. Ich beschäftige mich mit dem Thema Ernährung schon mehrere Jahrzehnte, habe einige Dokumentationen zum Thema gesehen und auch einige Bücher dazu gelesen. So ziemlich jedes Argument für eine pflanzenbasierte Ernährung kann ich nachvollziehen und hat mich überzeugt.

Gestern hatten wir in meinem Haus eine kleine Familienfeier, Freunde waren auch eingeladen. Die Stimmung war gut. Schließlich ist man in der Küche gelandet, wo wir uns gut unterhalten haben. Dann kam das Thema Ernährung auf, weil einer einen veganen Aufstrich auf meinem Regal entdeckt hatte (Sie alle wissen schon lange, dass ich mich vegan ernähre). Ich wurde gefragt, ob dieser Dreck denn überhaupt schmeckt. Ein Hin und Her und schon war ich in der Ecke meiner Küche gefangen und die Diskussion ging weiter. Ich meinte schließlich, dass "vegan" für mich auch ein politisches Statement ist, genauso wie wenn man ein Kreuz auf dem Wahlzettel macht. Durch die Entscheidung, was ich konsumiere, trage ich meinen Anteil bei. Mir wurde entgegent, dass das Blödsinn ist, dass ich sowieso nichts ändern kann. Die Tiere werden trotzdem geschlachtet...etc. man kennt die Gegenargumente ja. Irgendwann waren wir an dem Punkt mit der Umwelt. Ich versuchte zu erklären, wie umweltschädlich es ist, eine Kuh in einer Massentierhaltungsanlage großzuziehen. Gegenargumente: Das mit dem Klimawandel CO2 usw. ist doch garnicht bewiesen und vermutlich sind es ganz normale Klimaschwankungen. Ich meinte auch, man müsse anfangen, unabhängie Studien zu lesen, um sich ein besseres Bild machen zu können. Einer sagte: Ich schaue National Geographic, dass reicht. Außerdem glaube ich dem Ganzen sowieso nicht. Weitere Gegenfragen: Was machen wir denn mit den ganzen Tieren, wenn die keiner mehr isst? In der Natur werden sie doch auch gefressen. Weitere Gegenfragen: Du als Sportler musst doch wissen, dass Fleisch wichtig ist. Und und und, so ging das eine ganze Zeit weiter, weitere Personen kamen in meine Küche, ließen einen blöden Spruch nach dem anderen da und verschwanden dann wieder: Fleisch ist doch gesund. Der nächste: Ein Veganerpaar hat ihr Kinde vegan ernährt, dann ist es gestorben.

Schließlich fingen die Leute an, meine Regale zu durchforsten, meinen Kühlschrank aufzumachen, die Limoplastikflaschen zu finden und mich zu fragen: Aber so einen Dreck trinkst du oder was? Die Limoflaschen hatte ich für meine Gäste gekauft, ich trinke meist nur Wasser. Das habe ich aber nicht mehr sagen können, weil ich wie versteinert war. Ich saß in der Ecke meiner Küche und wusste einfach nicht mehr, was ich sagen soll. Auf jeden Versuch, die Fragen zu beantworten, kamen von allen Seiten weitere neue und ich kam auch nicht aus dieser Situation raus. Am Ende habe ich nur noch ständig gesagt: Was soll ich dazu sagen, auf so einer Ebene kann ich nicht mehr argumentieren. Dann ging es mit dem Vitamin B12 weiter.

Anschließend gab es Pizza, alle habe gegessen und ich saß da, hatte keinen Hunger mehr, weil ich irgendwie das Passierte verarbeiten wollte, glaube ich. Natürlich kamen dann am Tisch weitere blöde Sprüche.

Mein Kopf hat die ganze Nacht durchgerattert und ich fühle mich heute irgendwie wie in einer Schockstarre. Innerlich bin ich sehr wütend, aber auch sehr traurig. Ich möchte mich aktuell nur noch verkriechen. Für mich war das gestern sehr schlimm. Habt ihr einen Rat für mich?

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morten
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Beitrag von morten » 12. Aug 2017 08:27

Wie du gemerkt hast, brauchst du als Veganer ein ziemlich dickes Fell, solche Diskussionen kommen immer wieder auf. Wobei das, was du da geschildert hast, zusätzlich auch noch extrem respektlos und unhöflich gegenüber dir als GastgeberIn ist – unabhängig vom Thema Veganismus.

Ich persönlich hab es aufgegeben, solche entgleisten Diskussionen gewinnen zu wollen. Wenn sich eine ganze Gruppe gegen den einen Veganer verschwört und anredet, kannst du nur verlieren. Da ist mit Argumenten irgendwann einfach nichts mehr zu machen.

Ich würd dir empfehlen, mit den betreffenden Menschen noch einmal persönlich und am besten einzeln in Kontakt zu treten, und deine Gefühle bezüglich des Abends zu schildern. Also mal den Veganismus außen vor lassen und einfach sagen, dass du dich da schlecht gefühlt hast, weil dich Menschen für etwas kritisiert und angegangen haben, was dir sehr sehr wichtig ist. Das ist erstens für dich gut und zweitens bewegt es eventuell sogar etwas.

Guck auch mal in die Vegan-FAQ, da sind einige Threads verlinkt, die sich um die Auseinandersetzung mit Mitmenschen drehen.

kleinerveggy
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Beitrag von kleinerveggy » 12. Aug 2017 10:46

Danke für die Antwort. Ich mach mir mal Gedanken.

gemüse
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Beitrag von gemüse » 12. Aug 2017 13:29

Was Du da schilderst, ist die Höhe. Rat habe ich leider keinen. Spätestens beim Durchforsten der Regale und Schränke hätte ich den Leuten aber den Mantel gebracht. Sie kämen mir wohl auch nicht mehr über die Schwelle.

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 12. Aug 2017 14:38

Ich denke auch das hat gar nicht so viel mit deiner Haltung zu tun sondern damit wir unverschämt deine Familie und Freund sich da verhalten haben.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

kleinerveggy
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Beitrag von kleinerveggy » 12. Aug 2017 14:59

Ja, mag sein. Bin da leider noch nicht drüber hinweg.

hansel
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Beitrag von hansel » 12. Aug 2017 15:06

Ein Nichtverganer, der an einen veganen Kühlschrank geht zum Zwecke des Missionierens und der Kritik, ist genau so raus zu schmeißen, wie ein Veganer der sich aus dieser Absicht an einen Kühlschrank von Omnivoren heranmacht.

Diskussion ist was Anderes.
Aber auch da gebietet es die Höflichkeit, nicht beleidigend zu werden.

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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 12. Aug 2017 15:56

+1 was Akayi sagt.
Man hat jeden Tag die Chance die bestmögliche Version von sich selbst zu sein. ♥

kleinerveggy
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Beitrag von kleinerveggy » 12. Aug 2017 20:46

Und dann stellt sich mir mal wieder die Frage, was da bei manchen Personen so anders ist. Heute wurde mir von einem Freund ein Bild von seinem Grilltag zugesendet. Natürlich mit viel Fleisch. Aber nur, weil ich es eklig finde und nicht essen würde, schreibe ich trotzdem viel Spaß zurück, weil ich mir denke, hey, der soll doch Spaß haben und sein Essen genießen. Ich bin kein Missionierer oder etwas Besseres. Und jeder soll machen wie er meint. Warum fällt es manchen Menschen so schwer, andere Lebensentwürfe einfach zu akzeptieren?

Das hat ja gestern schon angefangen, dass ich Mittag Kaffee serviert habe und dafür habe ich extra Milch gekauft. Und dann wurde ich schief mit dem Satz angeschaut: Wäh, fettarm und auch noch Bio." Ich finde es halt schlimm, weil es Familie ist. Was will man mir damit sagen? Ach heute war kein toller Tag.

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Ryuzaki
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Beitrag von Ryuzaki » 12. Aug 2017 21:36

Die hätte mal froh sein sollen, dass du überhaupt Kuhmilch gekauft hast und denen nichtvegane Sachen seviert hast. Wenn ich jemanden zum Essen einlade, gibts veganes Essen. Davon sterben die Gäste auch nicht und bisher hat es noch jedem gut geschmeckt. Das Verhalten deiner Gäste geht überhaupt nicht.

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