Maschine vs. Tier

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
Sabotagehase
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Maschine vs. Tier

Beitrag von Sabotagehase » 26. Jan 2018 19:43

Hallo, falls so ein Thema schon existiert (ich denke mal aber ich habs noch nicht gefunden), weist mich bitte darauf hin.
Ich stehe grad etwas vor einem Dilemma:
Ich mache grad ein FÖJ, da geht es viel um Umweltschutz, Wald etc. und ein Mitarbeiter (Omni aber das ist eher nebensächlich) beschäftgt sich sehr mit der nachhaltigen Forstwirtschaft, weswegen ich da viel mitbekomme. Nun mein Problem, die Holzrücke. Normale, tonnenschwere Maschnen fällen normalerweise in einer immensen geschwindigkeit Bäume, entasten sie, laden sie auf und fahren so durch den Wald. Der Boden unter diesen Maschinen wird derart verdichtet, dass er, sofern er nicht wieder mind. 1/2 meter tief aufgelockert wird, mehrere Tausend jahre nicht "normal", also der umgebung entsprechend, wieder zuwächst. Die Art der Waldbewirtschaftung kann man zt sogar aus dem Flugzeug erkennen. Dazu kommt, dass der Wald, damit diese Maschinen effizient arbeiten (es muss ja immer mit allem möglichst viel Kohle gemacht werden... :grumpf: ) sehr dicht wächst und dann die Monokultur oft mit einem Kahlschlag abgeerntet wird, was natürlich auch alles Nachteile hat. Insgesamt kann also gesagt werden, dass die konventionelle Bewirtschaftung so totaler Mist ist, der Wald ist hier nichts mehr anderes als ein reiner Gewinnbringer und Holzlieferant, mit Natur usw hat das auch nicht mehr viel zu tun. Bei normalen Äckern gibt es ähnliche Probleme, Monokultur, seit der Flurbereinigung (vergrößerung der Enzelflächen) zu schwere Maschinen, Pestizide, Genzeugs usw. aber da weiß man ja wie man das alternativ bewirtschaften kann, es gibt unzählige Möglichkeiten. Aber beim Wald? Die scheinbare Lösung: Das Holzrückepferd. Hinterlässt eine Spur wie ein Wildschwein, keine Bodenverdichtung, der Wald kann kreuz und quer stehen und es kann ohne weiteres ohne Kahlschlag gearbeitet werden, kurzum, die Nachteile der modernen Maschinen fallen völlig weg. Klar, das ist alles nicht sooo ertragreich aber ein Nachhaltig bewirtschafteter wald kann auch (mit teureren Hölzern wie Laubbäumen anstatt Nadelhölzern zb) einen Förster auch über wasser halten und bei einem (utopisch gesehen) verringertem Holzverbrauch wäre das alles kein Problem. Nur das Pferd halt. Ich kann und will nun absolut nicht das Leben und die Lebewesen im Wald mit den Pferden aufwiegen, das wäre unsinning und das Pferd wird hier eindeutig ausgebeutet, hat also mit vegan absolut nix zu tun. Alternative: Maschinen die den Wald zerstören. Toll. Was nun? Einen Pferderoboter bauen? Kann jetzt natürlch sein dass es da bessere Alternativen gibt die ich nicht kenne aber ich finde die konventionelle Forstwirtschaft furchtbar, und das alleine schon fürs auge (und noch viel mehr aus allen anderen, teils genannten günden und deren Konsequenzen). Was tun bei so einer Frage? Das kann jetzt hier auch stellvertretend für jedes ähnliche Problem gesehen werden, wenn man sich zwischen Tierausbeutung und immenser Zerstörung entscheiden darf... Ich schätze mal nie wieder Holz zu verwenden ist nicht des Rätsels lösung und ich könnte jedes mal kotzen bei der inkonsequenz mancher veganer, für die nur der vegane lebensstil wichtig ist, nicht aber die konsequenzen aller anderen lebensweisen. Plastik, Konsum und und und... Natürlich muss man nicht bei jeder Frage Tierleid gegen zb Umweltschutz ausspielen aber hier ist es eben so. Ich will nicht dass Tiere nur für meinen Konsum oder zu meinem Vergnügen existieren, schuften und/oder sterben müssen aber ich will eben auch nicht, dass Tiere sterben bzw, die ganze Natur kaputt geht/bleibt weil man eine schlechte alternative hat. Was meint ihr dazu? Förster unter euch?

hansel
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Beitrag von hansel » 27. Jan 2018 00:02

Ich bin bei Weitem kein Forstfritze, aber so einem haben wir die Ernte in einem kieferlastigen Hochwald vertraut. Seine Rechnung: Händische Fällung zur Auslichtung des Hochwaldes mit immensem Menschen- und Tier-einsatz und - Gefährdung (wir hatten durch Windwurf riskante Gebiete(....oder ein Harvester, der mit angeblich geringem Bodendruck (Ballonreifen) in einem Aufwasch das Holz in die gewünschten Längen zerlegt und entastet.
Letzteres war in einer Woche gegessen. Mit Rückepferden hätte das viel länger gedauert. Wäre aber vielleicht bodenschonender aber keinesfalls tierschonender gewesen.
Die Ruhe im Revier stellte sich auf jeden Fall früher ein.
Ob der Boden es übel nimmt, wenn alle 20 Jahre da so ein Harvester kommt..... keine Ahnung.
Zuletzt geändert von hansel am 27. Jan 2018 00:07, insgesamt 1-mal geändert.

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illith
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Beitrag von illith » 27. Jan 2018 00:05

hm, interessante Frage.
ich weiß, dass es nicht der veganen Baseline entspricht, aber zumindest subjektiv hab ich nicht so große Widerstände, in bestimmten Fällen mit Tieren 'zusammenzuarbeiten'. mir ist klar, dass das dann natürlich keine gleichberechtigte Beziehung ist. aber wenn Lebens- und Arbeitsbedingungen für das Tier so gut wie möglich gestaltet sind, wäre es für mich nicht unbedingt ausgeschlossen. /privatmeinung
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Akayi
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Beitrag von Akayi » 27. Jan 2018 04:39

@Sabotagehase, warum ist es irrelevant ob er Omni ist? Ich finde es ist sehr relevant ob jemand Tierausbeutung als ethisch korrekt propagiert der auch sonst nicht viel für Tiere übrig hat oder nicht.

Edit: im Übrigen ist das Nutzpferd auch keine Lösung, wie Du ja selbst schreibst, denn der Aufwand wäre viel zu groß. So lange der Wald zur kommerziellen Holzgewinnung da ist, so lange wird sich die Benutzung von Pferden nicht lohnen. Man muss ja schließlich Gewinn erwirtschaften und sich nicht nur über Wasser halten.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

Sabotagehase
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Beitrag von Sabotagehase » 27. Jan 2018 10:03

Nun ich meinte es sei irellevant weil der Typ jetzt nicht kern meiner Frage ist. Für die einstellung zu Pferden ist das natürlich wichtig, da hast du recht.
Allerdings möchte ich ja abseits des veganismus die welt auch irgendwie verbessern. Und was, wenn ich zb aus einer Perspektive argumentieren möchte, die andere Wirtschaftssysteme als den Kapitalismus o.ä. vertritt und da die Holzfrage auch beantworten möchte, rein vom Bedarf und nicht nur vom Gewinn her? Und selbst wenn ich den Kapitalismus geil fände, aber irgendwo ökologsch denken würde (wobei das mit da bei genauerem nachdenken über die konsequente durchführung beider aspekte irgendwie widersprüchlich vorkommt), stünde ich vor der selben frage. Ausserdem gibt es ja schon förster die diese methode nutzen und damit durchkommen, aber die bewirtschaften den wald ja dann zt auch etwas "natürlicher" und teils komplett anders. Kann auch sein, dass ich da eine etwas beschränkte perspektive habe weil ich durch mein FÖJ nur die Öko-Förster (von denen auch nicht alles tiere nutzen) kennenlerne....

@hansel: kp ob ich dich inhaltlich richtig verstanden habe und ich kann zu den harvestern die du meinst nx sagen, ich weiß nur dass sehr schwere gerätschaften generell blöd für den weichen waldboden sind, um näheres sagen zu können müsste ich mehr über die maschne wissen und da bin ich auch kein experte also keine ahnung....
Zu der Ruhe im Revier: da weiß ich wieder nicht, wie ich das sehen soll. klar ist so eine Maschine schneller, aber wenn man zb eine Mischkultur-Waldbewirtschaftung ohne kahlschlag anstrebt (ok ich hab da jetz nen bericht von nem Förster vor augen und kp ob ihr versteht was ich meine) ist es natürlich möglich, das ohne pferde zu machen aber man muss immer noch mit maschinen durch die bäume fahren usw. und das lohnt sich für viele, die wirklich was erwirtschaften wollen kaum, deshalb ist der wald ja so oft als monokultur angelegt, enfach weil einfacher ist. Nun weiß ich halt nicht ob ich lieber schneller "Ruhe im Revier" haben will, wenn es ein völlig künstlches, sehr anfälliges ökosystem mit den falschen Bäumen und unnatürlicher struktur ist oder eben was "besseres", dafür sowas länger dauert... eher letzteres aber da steh ich wieder vor dem Pferdeproblem bzw vor der frage, ob es eine Pferdealternative gibt....

hansel
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Beitrag von hansel » 27. Jan 2018 11:45

Sabotagehase hat geschrieben: kp ob ich dich inhaltlich richtig verstanden habe und ich kann zu den harvestern die du meinst nx sagen, ich weiß nur dass sehr schwere gerätschaften generell blöd für den weichen waldboden sind, um näheres sagen zu können müsste ich mehr über die maschne wissen und da bin ich auch kein experte also keine ahnung....
Wie es mit der Verdichtung des Waldbodens hier (Sand) aussieht, kann ich nicht sagen. Der Harvester kam vor allem zum Einsatz, da es einige in einander verkeilte Windbrüche gab. Die stehen so unter Spannung, dass der Einsatz für Mensch und Tier höllisch gefährlich wäre.
Zudem wurden im Sinne eines Plenterschlages noch einige einzelne Kiefern im Bestand gefällt, der wald also "gelichtet". (Dadurch wurde das Ganze kostenneutral). Durch den Plenterschlag entstehen keine merkbaren Freiflächen, die Naturverjüngung muss den geringeren Lichteinfall gegenüber den mehr flächenhaften Femelschlag schon abkönnen.
Bei den Nachbarn hab ich gesehen, dass, 2 Jahre nach dem Harvestereinsatz dem Waldboden kaum noch was anzusehen ist, der Wald wirkt lediglich lichter, eher natürlicher als so eine Kiefern-Stangenwald.
Wie es mit dem Mikrobiom ist? - Keine Ahnung.
Wenn nicht der Windbruch gewesen wäre, hätte ich den schonenderen Einsatz von Rückepferden statt der schweren Maschinen wahrscheinlich favorisiert.

Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 27. Jan 2018 17:14

illith hat geschrieben:aber wenn Lebens- und Arbeitsbedingungen für das Tier so gut wie möglich gestaltet sind, wäre es für mich nicht unbedingt ausgeschlossen. /privatmeinung
:kk:
Fragst du einen Schweinebauer, für den sind die Lebensbedingungen seiner (Massentierhaltungs)Schweine auch so gut wie möglich gestaltet.
Ich finde sehr gut, wenn Machinen die Tiernutzung verdrängen. Die negativen Aspekte kann man ja verbessern (z.B. Fosile Brennstoffe vs. Solarenergie etc.).

Sabotagehase
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Beitrag von Sabotagehase » 27. Jan 2018 17:47

Puh... also wie es mit sandboden ist, kp, ch bin da echt nicht sooooo der experte. Sofern ich das richtg verstanden habe geht es bei den harvesterspuren vor allem um das Kleinzeug im boden, welches einfach schwerer überleben kann, wenn die ganzen poren und "lücken" im boden verschlossen sind. Wobei es das gleiche problem ja auch in der Landwirtschaft gibt, der durch die Riesenmaschinen verdichtete boden ist natürlich noch zum anpflanzen für diverses geeignet, nur halt nicht mehr so gut wie ein lockerer sen könnte. Aber es geht mir bei dem Harvester jetzt auch nicht nur um den Boden, wenn man zb den Wald so aufbaut, dass ncht Flächen geerntet werden sondern we du schreibst nur ein paar Bäume herausgeschnitten werden sollen, kann bei unwegsamen Gelände teils garkein harvester an die einzelnen Bäume gelangen. Die Pferdemehode ist ja auch manchmal ur halbsinvoll weil das Pferd das holz oft nur zum nächsten dicken Forstwerg zu einer schweren maschine zieht und bei dem von dir geschilderten fall mit dem Gefahrenfaktor kann ich das vorgehen auch verstehen, ich hab nur grad iwie das szenario im kopf wenn der wald eben OHNE harvestertrassen und mit unterschiedlich alten Bäumen bewirtschaftet werden soll usw aber ich finde leider die doku mit dem förster der das so macht nicht mehr, ich kann am montag mal in der arbeit fragen

gemüse
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Beitrag von gemüse » 27. Jan 2018 19:05

Wenn man nur einige Baumstämme zum nächsten Weg oder zur Rutsche bringen will, gibt's ein Werkzeug, mit dessen Hilfe das auch Menschen schaffen. Es besteht aus einem gebogenen Metallteil mit Spitze, das an einem langen Stiel befestigt ist (wie man es nennt, weiß ich leider nicht). Die Spitze schlägt man in den Baumstamm und zieht diesen dann in Längsrichtung hinter sich her. Bei kleinen Stämmen geht das allein und mit erstaunlich wenig Anstrengung, bei großen und schweren braucht's zwei bis vier Personen mit je einem dieser Werkzeuge.
Das ersetzt aber nur, was das Pferd tut, während die Maschinen offenbar auch sehr schnell fällen und entasten.

hansel
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Beitrag von hansel » 27. Jan 2018 19:46

gemüse hat geschrieben:Wenn man nur einige Baumstämme zum nächsten Weg oder zur Rutsche bringen will, gibt's ein Werkzeug, mit dessen Hilfe das auch Menschen schaffen. Es besteht aus einem gebogenen Metallteil mit Spitze, das an einem langen Stiel befestigt ist (wie man es nennt, weiß ich leider nicht). Die Spitze schlägt man in den Baumstamm und zieht diesen dann in Längsrichtung hinter sich her.
In der Regel versucht man zu vermeiden, den Stamm zu verletzen. Einfach geht es mit Rückeketten (neudeutsch: Chokerkette), die einfach als Schlinge um den Stamm gelegt wird. Auch diese einfache Kettenschlinge greift erstaunlich fest. Damit habe ich schon einige umgestürzte Stämme aus dem Wald gezogen.
@ Sabotagehase: bei uns in Brandenburg ist eigentlich kaum was unwegsam. So ein Harvester braucht erstaunlich wenig Platz, er kann sich in der Mitte regelrecht "zusammenknicken". Irgend ein Zugang von 3 meter Breite reicht.Es ist beeindruckend zu sehen, wie er Bäume mit über 20 cm Dicke nach dem bodennahen Abschneiden wie ein Mikadostäbchen balanciert, sie in der Waagerechte sich durchschiebt, entastet und in 3 meter lange Stücke zerteilt und die Stücke parallel ablegt. Das eigentliche Rücken geschieht dann bis zum Hauptplatz mit einem speziellen Fahrzeug.
Ob vegan oder nicht: So einem Kaltblut beim Rücken zuzusehen, den "Dampf" des Tieres zu riechen, die Aufmerksamkeit des Pferdes zu erleben (sie tragen wegen der besseren Übersicht extra keine Scheuklappen) : Da geht mir das Herz auf, .... bin offenbar verhaltensgestört.
Pferde zum Rücken, Ziehen und Pflügen gehen übrigens erst seit etwa 1000 Jahren gut. Davor brachten Ochsen die höhere Leistung.
Zuletzt geändert von hansel am 28. Jan 2018 05:07, insgesamt 1-mal geändert.

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