Zweifelnder Omnivor sucht das Gespräch

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
gemüse
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Beitrag von gemüse » 28. Mär 2017 00:51

(Ars, Käse war auch bei mir sehr, sehr schwierig. Mir hat's geholfen, alle Käseersatzprodukte mehrere Monate lang zu meiden. Wenn mich die große Gier überkam, lenkte ich mich durch körperliche Betätigung ab. Als sie nur noch selten auftrat, fragte ich den veganen Lebensmittelhändler meines Vertrauens nach empfehlenswerten Käsealternativen und habe ein paar gefunden, die mir sehr gut schmecken, auf diese besondere Art würzig und salzig. Manchmal empfinde ich auch heute noch einen vorübergehenden Appetit auf gewisse Käsesorten. Das ist dann aber etwa so wie der Gedanke "Das wär's jetzt!" bei Langzeitaufenthalten in einer Gegend, in der ein einst vertrautes Lebensmittel nicht erhältlich ist: kann intensiv sein, legt sich aber schnell wieder.)

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Ars
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Beitrag von Ars » 28. Mär 2017 08:14

Danke gemüse. Ich glaube, da braucht es bei mir echt noch etwas Zeit. Ich weiss, es gibt Leute, die das von Omnivor zu vegan von heute auf morgen vollziehen. Aber vor etwas mehr als einem halben Jahr war ich noch bei "nein, niemals werde ich für euch vegan kochen; kommt gar nicht in Frage". Ich bin noch nicht mal so weit, als dass ich mich als Vegetarierin bezeichnen würde. Wenn ich das tue, dann habe ich mir das Etikett ganz offiziell angehängt. Jetzt mache ich es einfach, sozusagen im Stillen. Klingt alles noch ziemlich wirr und nicht mal ich selber kann mich damit überzeugen, weil es so lahm ist :ghost: .

Booma
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Beitrag von Booma » 28. Mär 2017 16:05

Hallo zusammen,
puh, ich hatte zwei oder drei Rückschläge in diesem ersten Vierteljahr des Jahres. Einmal überkam mich beim Essengehen das Verlangen nach einem Schnitzel und am Samstag nach einer Beerdigung hatte ich plötzlich ein Wurstbrot in der Hand... Nach dem Schnitzel hatte ich eine beschissene Nacht mit übermäßigem Durst und Schweißausbrüchen. Das muss ich nicht wieder haben.
Zuhause verzichte ich weiterhin und problemlos auf Fleisch und Wurst, Milch und Sahne habe ich gut ersetzt durch Mandel- oder Sojaprodukte. Von Käse komm ich noch nicht ganz los, aber ich finde immer mehr vegane Aufstrichalternativen. Meinen Käse kaufe ich bei einem Biobauern, der den Käse aus Milch von eigenen Kühen selbst herstellt. Eier bekomme ich von meiner Schwester, die haben ein paar legefreudige und glückliche Hühner im Garten. Wenn ich bei meinen Eltern mitesse, dann auch ohne Fleisch, allerdings noch mit z.B. Sahne in der Soße oder Speckwürfeln zwischen den Bratkartoffeln. Meine Mutter gibt sich unheimlich Mühe auch mal in dieser Richtung zu kochen, "mit all diesen komischen Sachen". Weiß nicht was sie für komische Sachen meint... :laugh:
Ich fühle mich gut und wohl dabei auf Fleisch zu verzichten. Es macht mir auch nichts aus, wenn alle anderen am Tisch Fleich essen und ich nicht. Ich mags noch nicht einmal probieren. Warum ich unbedingt dieses oben erwähnte Schnitzel haben wollte weiß ich nicht mehr...

Ich hatte auch schon den Gedanken, dass man nicht zuviel darüber reden darf, dass man sich fleischlos ernährt. Denn von manchen Gesprächspartnern bekommt man wirklich so eine Art Stempel aufgedrückt und bei jeder Gelegenheit irgendeinen "Seitenhieb". Für diese Leute ist dann gleich alles vegan, sogar ein Kugelschreiber... das finde ich ziemlich bescheuert, aber kümmert mich eigentlich auch schon nicht mehr.

Neulich beim Einkaufen habe ich mich regelrecht geekelt, als ich an der Fleischtheke vorbei kam und eingeschweißte Hähnchenschenkel oder Bratwürste gesehen habe. Ich möchte über kurz oder lang auf alles tierische in meiner Ernährung verzichten, und glaube auch, dass mir das gelingen wird. Von heute auf morgen nicht, dass habe ich bei meinem ersten Versuch gemerkt. Aber wie man so sagt, man wächst mit seinen Aufgaben. Ich finde jetzt auch das Einkaufen einfacher, weil ich weiß welches Produkt wofür verwendet werden kann. Auch das Rezepte auswählen geht schneller, weil ich nicht jede Zutat erst kaufen oder sogar suchen muss. Man lernt einfach dazu und mir geht es auch so, dass ich auf nichts verzichten muss. Abends ein Teller voll Obst statt einer Tüte Haribo oder Chips schmeckt auch viel viel leckerer. Sojajogurt mit einem Klecks selbstgemachter Marmelade... Reis mit Gemüse oder Nudeln, sowieso. Ein Brötchen mit Paprikastreifen und einem würzigen Dipp.... besser als ein fettiger Hamburger. Manchmal frag ich mich auch, warum ich sowas nicht schon früher und öfter gegessen habe.
Ich mag allerdings keine Ersatz- oder Fertigprodukte... fertige, vegane Bratlinge hatte ich neulich mal weil es schnell gehen sollte, oder Käseersatz schmeckt mir überhaupt nicht.

@Ars; irgendwo habe ich mal gelesen oder gehört, dass jede vegane Mahlzeit zählt. Essen oder Ernährung darf meiner Meinung nach nicht in Stress ausarten. Daher denke ich, lieber "lahm", Stück für Stück genießen und dabei gut fühlen.
Ich wünsche euch noch eine gute Reise :D

gemüse
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Beitrag von gemüse » 28. Mär 2017 22:50

Ars, nur als Anekdote zum Thema "bewusste und klare Entscheidung": Eier und Käse waren viele Wochen lang das einzige, das auf meinem Teller nicht pflanzlich war, und von da verschwunden sind sie eigentlich aus simpler Höflichkeit. An einer Feier wollte ich ein Menu auf den Tisch bringen, bei dem alle Eingeladenen ohne Fragen zugreifen konnten, auch vegan lebende Freunde. Nun muss man so etwas ja erst mal testen. Also kochte ich mich durch eine Liste veganer Rezepte und hatte großen Spaß dabei. Mittendrin stellte ich fest, dass ich seit Wochen ausschließlich Pflanzen gegessen hatte und trotzdem weder verhungert noch vergrämt war. Das war's dann. Quasi ein unbewusster Umstieg :) Der ganze Überbau wurde erst im Umgang mit Gelüsten und dem Kauf von Nicht-Lebensmitteln handlungsrelevant, und erzählt habe ich anfangs eh niemandem davon.

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illith
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Beitrag von illith » 29. Mär 2017 01:43

:up:
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Ars
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Beitrag von Ars » 29. Mär 2017 11:29

Danke für eure Rückmeldungen. Ich bin ein Mensch, welcher eigentlich sonst gut funktioniert über "wo will ich hin und was ist dazu notwendig". Es dauert aber manchmal etwas, bis ich vom "ich sollte" zu der Handlungsebene komme. Ist dieser Punkt aber erreicht, dann bin ich hochgradig intrinsisch motiviert. So wurde innert 4 Jahren aus einer übergewichtigen Person, die einiges in Angriff nehmen müsste und noch nie im Leben freiwillig Sport gemacht hat, eine nahezu normalgewichtige Person, die 4 mal die Woche konsequent Sport macht und viele der Dinge bereits abgeschlossen hat auf der Liste.

Ich schreibe hier in diesem Thread auch, weil ich mir damit über Dinge selber klar versuche zu werden. Etwas schriftlich formulieren zu müssen, hilft mir dabei meist. Wo stehe ich gerade, wo will ich hin? Im Moment ist meine Unzufriedenheit wohl vor allem, dass ich in dieser Zwischenphase bin. Ich weiss, wohin ich will, aber bin noch nicht bereit, die Konsequenzen vollumfänglich zu tragen. Einiges ist super, eine Entdeckungsreise und überhaupt keine Einschränkung; ein Teil empfinde ich als Einschränkung, ist aber okay; ein anderer Teil geht noch gar nicht. Vielleicht hat das aber auch mit diesem Gesamt"umbau" in den letzten Jahren zu tun. Irgendwann ist die Grenze vielleicht auch erreicht und vielleicht sollte meine Erkenntnis sein, dass es auch okay ist, wenn ich das Tempo rausnehme.

77Maya77

Beitrag von 77Maya77 » 2. Apr 2017 14:41

... ich finde es total spannend zu lesen, wer sich welche Gedanken zu diesem Thema macht und wer welchen Weg eingeschlagen hat.

Ich kann es nur absolut nachvollziehen, dass das Wissen alleine (bei Dir war es ja das Anschauen eines Films) schon ein Umdenken oder sogar der konkrete Auslöser für eine Änderung der Verhaltensweise sein kann. Ich habe keinen dieser Filme angeschaut, da alleine das Wissen über diese Filme/Dokumentationen bei mir so eine Traurigkeit und Panik auslöst. Ich bekomme schon eine Vollkrise wenn ein Lastwagen mit Schweinen vorbei fährt.

Aber auch ohne Film war es genauso bei mir genauso: je mehr ich erfahren habe, desto mehr habe ich umgestellt. Aber auch heute oder so in bestimmten Phasen mache ich mir immer noch wahnsinnig viele Gedanken nicht genug richtig machen zu können. Neue große Frage zum Beispiel: "Firmen (Ritter Sport hat plötzlich zwei vegane Sorten) die plötzlich zusätzlich ein veganes Produkt produzieren, um auch diese Einnahmequelle neben ihren tierischen Sachen auch noch mit auszunutzen, unterstützen/bekaufen? Aber das ist ein anderes Thema :blush:

Meine vegetarischen Ausnahmen wenn ich irgendwo zu Besuch bin oder auf Reisen werden immer seltener, da das schlechte Gewissen danach ( Verträglichkeit ist auch wirklich nicht gut) immer heftiger wird. Ich versuche aber dennoch nicht zum militanten Veganer zu werden, der sein komplettes Umfeld ungefragt belehrt, auch wenn es mir zugegeben immer schwerer fällt die Gedankenlosigkeit vieler Menschen hinzunehmen.

Das Thema Eier finde ich gerade heute super interessant, da (und das ist jetzt wirklich kein Witz) mein Nachbar sich heute vier Hühner und fünf Wachteln zugelegt hat. Ich helfe natürlich mit :inlove: ich liebe Tiere , hauptsächlich wenn er und seine Familie im Urlaub sind und so hatte ich heute tatsächlich die Ehre heute nach ca. 6 Jahren das erste Ei zu essen.
Und es war sooo komisch. Ich habe mir seit Tagen Gedanken gemacht, hmm jetzt als Veganer Ei essen, aber ich habe mich wieder daran erinnern müssen, dass ich es ja den Tieren zu liebe und nicht für den Selbstzweck mache. Also was gibt es besseres als Doris, Andrea, Lorely und Rebbeka :laugh: die da jetzt ihr neues Zuhause auskundschaften und fröhlich im Garten rum laufen sobald sie sich trauen.

Warum ich das eigentlich erzähle? :D Einfach um Dir Mut zu machen genau Deinen!!! Weg zu finden den Tieren zu helfen!

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slartibartfaß
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Beitrag von slartibartfaß » 2. Apr 2017 15:28

77Maya77 hat geschrieben: jetzt als Veganer Ei essen
...erkennst Du den Widerspruch? Zumindest scheinst Du Dir keine Sorgen machen zu müssen, militanter Veganer zu werden, abgesehen davon, dass es keine "Ehre" ist, tierische Produkte zu konsumieren.

Ritter-Sport hat die zwei Sorten (ich nehme an, Du meinst Marzipan und Halbbitter) nicht plötzlich, sondern seit Jahren im Programm.
Wellen des Paradoxen rollten über das Meer der Kausalität (...) an dieser Stelle gibt die normale Sprache auf, besucht die nächste Kneipe und gießt sich einen hinter die Binde.

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illith
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Beitrag von illith » 2. Apr 2017 16:08

slarti, nein, die haben seit einer kürzeren Weile zwei fancy “ganz“ vegane Sorten (ohne Spuren von).

Maya - überleg mal, wo die neun Brüder von den Hennen und Wachteln sind... :/
und guck gerne mal oben rechts in die FAQ - da hat das “vegane Frühstücksei“ seine eigene Unterkategorie. ;)
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77Maya77

Beitrag von 77Maya77 » 2. Apr 2017 18:51

..vielen Dank für die Erklärungen. Verstehe alle Einwände komplett, aber ich konnte meinem Nachbarn/Vermieter die Hühner nicht ausreden, sorry. Bin halt froh, dass er keinen Hahn dazu gekauft hat, was für mich heißt dass er kein Schlachten plant. Insgesamt jetzt wieder eine Situation, wie schon von mir benannt; immer dieses Gefühl nicht alles 100 % richtig machen zu können. Aber jetzt sind sie da, extrem niedlich und ganz zauberhaft und ich werde mich mit aller Liebe um sie mit kümmern.
Aber das war es jetzt auch von mir...Und möchte nur noch mal erwähnen, dass ich es eigentlich geschrieben habe um unseren "zweifelnden Omnivor ;) " darin zu unterstützen zu tun bzw. umzustellen was ihm eben möglich ist.

Sorry ja zu wenig militant ich weiß ;) :oops:

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