Wenn gesunde Ernährung krank macht...

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 16. Aug 2018 22:06

Somebody, und selbst das wäre noch nicht ausreichend, da es die individuelle Konstitution des Einzelnen immer noch zuwenig berücksichtigte, sondern nur Rahmenbedingungen und Umweltfaktoren.

Meine Kernaussage ist, dass sich "gesund/ungesund" allgemein nur sehr grob definieren lässt, wenn es aber um Optimierung für den Einzelnen geht, eine Personalisierung unumgänglich ist. Undifferenzierte Patentrezepte sind da hinderlich bis schädlich.

Beispiel: Selbst wenn eine Studie ergibt, dass Menschen, die zehn Portionen Obst täglich verzehren, im Schnitt zwei Jahre länger leben als Menschen, die nur fünf Portionen essen, kann es sein, dass für MICH fünf schon zuviel sind, wenn ich unter Fruktoseunverträglichkeit leide.

Im angloamerikanischen Raum sind Gentests wie 23andme immer angesagter, die damit werben, individualisierte Empfehlungen bzgl. Ernährung und allgemeiner Lebensgestaltung zu liefern, die persönliche Risikofaktoren berücksichtigen. Im Moment mag das vor allem heiße Marketingluft sein, aber beim exponentiellen Voranschreiten der technologischen Entwicklung wird sich das sehr wahrscheinlich in nächster Zukunft ändern.

Bis es soweit ist, führt an Experimentierfreude und gutem Körpergefühl kein Weg vorbei, wenn man einer individuell optimierten Kostform zumindest näherkommen will. Was es an Patenterzepten so gibt - low fat, high fat, etc. was auch immer, kann dabei gute Startpunkte liefern.
"The greatest obstacle to discovery is not ignorance - it is the illusion of knowledge." - Daniel J. Boorstin

"If you want to be more successful, double your failure rate. Success lies on the far side of failure." - Thomas J. Watson

hansel
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Beitrag von hansel » 16. Aug 2018 22:13

Sphinkter hat geschrieben:HV,
...was ist deine Kernaussage? Es gibt keine "gesunde" Lebensmittel?
Genau! Warum sollte es die von sich aus geben?
Jeder Organismus bedient sich an seiner Umwelt um zu überleben - und fragt natürlich die Umwelt nicht. Bei Mineralien ist wohl die Sache egal. Aber alle Eingriffe an der belebten Umwelt erfolgt ohne ihr Einverständnis. Zwar gab es sehr früh gedeihliche Zusammenarbeit wie Chloroplasten bei Pflanzen und Mitochondrien bei Tieren, aber gewöhnlich liegt der Nutzen nur auf einer Seite.
Was Wunder, wenn sich die Einzuverleibenden gegen die Einverleibung wehren und Gegenmaßnahmen ergreifen. Dies gilt besonders für Pflanzen, die ja nicht weglaufen können.
Im Lauf der Jahrmillionen lernten es die Tiere, mit weniger schädlichen Stoffen umzugehen und schädliche zu meiden. Und als Mensch die schädlichen Stoffe durch Bearbeitung zu umgehen. Und manche Pflanzen nutzen auch die Tier für ihr eigenes Fortkommen.
Warum sollte es also "gesunde" Lebensmittel geben?
Weil die Natur "gut" zu uns ist?
Es gibt nur wichtige Nährstoffe und die Kunst bzw. die Erfahrung durch Auswahl den möglichen Schaden bei der Aufnahme möglichst gering zu halten.
Die Natur ist NICHT unser Freund - aber wir haben uns mit ihr arrangiert.
Und müssen sie bewahren - weil wir nichts Anderes haben.

Mike13
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Beitrag von Mike13 » 17. Aug 2018 07:13

hansel hat geschrieben:
Sphinkter hat geschrieben:HV,
...was ist deine Kernaussage? Es gibt keine "gesunde" Lebensmittel?
Genau! Warum sollte es die von sich aus geben?
Natürlich gibt es "gesunde" Lebensmittel, auch wenn die nicht für jeden Menschen gleichermaßen gesund sind. Gesund ist einfach nur ein Adjektiv welches bei einem Großteil der Menschen eine zutreffende Assoziation auslöst. Für 99% der Autofahrer ist 250km/h schnell. Aber fängt irgendwer eine Diskussion darüber an, dass es "schnell" eigentlich nicht gibt, weil der Lamborghini-Fahrer erst ab 300km/h richtig Spaß hat? Für 99% der Menschen ist eine Chili "scharf", aber fängt irgendwer eine Diskussion darüber an, dass es scharf nicht gibt, weil es Leute gibt, die Chilis pur essen können? Für 95% der Menschen ist ein Physik-Studium "schwer", aber will irgendwer darüber diskutieren, dass wir dieses Adjektiv abschaffen sollten, weil es 5% gibt, die sowas total easy finden?

Die Vorfahren jedes Menschen, der aus einer bestimmten Region der Erde stammt, haben über Jahrtausende sehr ähnliche Umweltbedingungen gehabt und sich daher auch an diese Bedingungen angepasst. Es ist unwahrscheinlich, dass Menschen (mit Herkunft aus ähnlichen Regionen) deutlich unterschiedliche Anforderungen an Nahrung haben. Weil das so ist, gibt es ja auch allgemeingültige Empfehlungen für die Nährstoffaufnahmen. Und wenn ein Lebensmittel die empfohlenen Nährstoffe überdurchschnittlich gut abdeckt, dann gilt es als gesund. Deckt es die empfohlenen Nährstoffe unterdurchschnittlich ab, gilt es als ungesund.

Es ist also eher eine Richtlinie für den Normalverbraucher. Der interessiert sich vielleicht nicht so sehr dafür, warum eine Karotte jetzt gesund sein soll, er isst sie einfach, weil er irgendwo mal gehört hat, dass sie gesund ist. Wer mehr Ahnung hat, weiß z.B. dass sie extrem viel Beta-Carotin (Vorstufe von Vitamin A) enthält. Der kann dann für sich selbst entscheiden, ob er das braucht. Jemand der jeden dritten Tag ein Stück Leber isst, kann dann drauf verzichten, weil der schon dadurch Unmengen Vitamin A aufnimmt.

Ixodes ricinus
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Beitrag von Ixodes ricinus » 17. Aug 2018 09:51

Mike13 hat geschrieben:... Und wenn ein Lebensmittel die empfohlenen Nährstoffe überdurchschnittlich gut abdeckt, dann gilt es als gesund. Deckt es die empfohlenen Nährstoffe unterdurchschnittlich ab, gilt es als ungesund...
Nach dieser Definition kann ein Lebensmittel gleichzeitig "gesund" und "ungesund" sein.

Kein Lebensmittel deckt alle Nährstoffe ab, untersuche ich Lebensmittel 1 in Bezug auf Nährstoff A übertrifft es die Erfordernisse und ist "gesund" - untersuche ich es aber auf Nährstoff B, liegen die Inhalte darunter und es ist "ungesund".

Was sagt das aus?
Es gibt keine "gesunden" oder "ungesunden" Lebensmittel, die Menge die davon gegessen wird und die Mischung mit anderen Lebensmitteln sind wichtiger, weil Nährstoffe vielleicht erst dann richtig aufgenommen werden können (z.B. der Karottensaft mit einem Schuß Öl).


:arf:

Mike13
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Beitrag von Mike13 » 17. Aug 2018 12:17

Ixodes ricinus hat geschrieben:Kein Lebensmittel deckt alle Nährstoffe ab
Natürlich nicht. Deshalb lautet ja auch die Empfehlung möglichst vielseitig zu essen. Und wenn man möglichst viele Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte isst (im Volksmund als gesund bezeichnete Lebensmittel), ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher alles zu bekommen als wenn man Lebensmittel mit sehr niedriger Nährstoffdichte isst (im Volksmund als ungesund bezeichnete Lebensmittel).

Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 17. Aug 2018 15:11

so richtig kann ich mich damit noch nicht anfreunden. Ich denke es gibt ungesunde Lebensmittel (wie z. B. rauchen) und einfach Lebensmittel (neutral). Ob man gesund ist hängt von zig Parameter ab wie Erholung, Beziehungen, Soziales, Stress, Zufriedenheit ezc, Ernährung ist ein Baustein.
Wurst würde ich als definitiv ungesund ansehen, Transfettsäuren auch u. a.
Aber (sorry dafür) ich stimme mit Pollmer überein, das eine gesunde Ernährung ein bekömmliche Ernährung ist. Super Clean Eating bringt nichts, wenn man ständig bauchzwicken und Blähungen hat.
So kann auch Haushaltszucker beitragen, dass eine Kost gesund ist, da sie durch den Einsatz bekömmlicher wird.

Mike13
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Beitrag von Mike13 » 17. Aug 2018 16:40

Sphinkter hat geschrieben:Ob man gesund ist hängt von zig Parameter ab wie Erholung, Beziehungen, Soziales, Stress, Zufriedenheit ezc, Ernährung ist ein Baustein
Stimme völlig zu. Aber was bringt Dir diese Erkenntnis? Man muss ja irgendwo anfangen - oder man lässt es halt komplett bleiben, weil es zu schwierig ist.
Sphinkter hat geschrieben:Aber (sorry dafür) ich stimme mit Pollmer überein, das eine gesunde Ernährung ein bekömmliche Ernährung ist. Super Clean Eating bringt nichts, wenn man ständig bauchzwicken und Blähungen hat.
Dafür brauchst Du ja nicht sorry zu sagen. Wenn Dir "clean eating" nicht bekommt, dann musst Du nach Alternativen suchen. Das Leben soll ja schließlich noch Spaß machen. Das Dir "clean eating" allerdings nicht bekommt, dass wird (vermute ich mal) an einem Darm-Millieu liegen, was sich von dem anderer Personen unterscheidet, die sowas essen können. Dein Darm wird wahrscheinlich genauso funktionieren, wie der anderer Menschen, es sei denn, Du hast irgendeine Krankheit. Wahrscheinlicher ist aber eben, dass Deine Bakterien-Besiedelung anders ist und Du deshalb viele Blähungen hast, weil die ganzen Balaststoffe vom "clean-eating" bei Dir anders abgebaut werden. Beispiel: Ich esse sehr viele Bohnen um meine Proteine zu decken. Und ich wundere mich immer darüber, woher der Spruch kommt "Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen". Das ist bei mir nämlich nicht der Fall, ich kann sie scheinbar ganz gut verdauen.

Gibt es bei Dir denn irgendwelche Gründe, warum Du ggf. kein gesundes/gutes Darm-Millieu haben könntest? Hauptgrund ist natürlich immer Antibiotika-Einnahme ohne hinterher gezielt etwas für den Darm zu tun. Die Antibiotika töten alles ab, sowohl die guten als auch die schlechten Bakterien. Wenn man danach dann einfach isst, was man gerade findet - z.B. ein nicht mehr ganz frisches Stück Fleisch, viel Zucker, Weißmehl, usw., dann wachsen und gedeihen die schlechten Bakterien und die guten haben später keine Möglichkeit sich mehr anzusiedeln, selbst wenn ich dann irgendwann probiotische Lebensmittel esse. Dann hat man den Salat und es dauert endlos lange, die Suppe wieder auszulöffeln.

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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 17. Aug 2018 16:59

Speziell zum Thema Darm und ballaststoffreiches Essen: Wenn "gesunde" Lebensmittel anfänglich nicht vertragen werden, dann sollte berücksichtigt werden, dass Verdauung und Mikrobiom eine Lernkurve haben.

Hat man bisher sehr ballaststoffarm gegessen, oder eine ganze Nahrungsmittelgruppe (z. B. Hülsenfrüchte) gänzlich verschmäht, dann ist weder Verdauung noch Mikrobiom darauf eingestellt. Das führt erstmal zu Bauchweh, Blähungen, Flatulenz, Durchfall etc.

Wenn man aber mit kleinen Mengen beginnt, und diese kontinuierlich steigert, ist die Chance groß, dass es nach einigen Tagen bis Wochen sehr viel weniger Probleme gibt.

Insofern: Nicht gleich an Unverträglichkeiten/Allergien denken, oder teure Supps einwerfen. Sollte sich hingegen nach Wochen langsamer Gewöhnung immer noch nichts bessern, dann hat man wohl doch ein individuelles Verträglichkeitsproblem.

Speziell zu Hülsenfrüchten gibt es außer Reduktion der Menge noch weitere Tipps, wie man den Einstieg erleichtern kann:
- Dosen nehmen statt selber kochen, Lake wegschütten
- wenn selbst kochen, dann vorher einweichen und Einweichwasser vor dem Kochen austauschen (evtl. sogar mehrmals), Kochwasser wegschütten
- entblähende Gewürze zufügen
- mit verschiedenen Sorten experimentieren (Dosen-Kidneybohnen machen mir sogar Verstopfung!)

Langfristig würde ich aber raten, überwiegend selbst zu kochen, das Einweichen ganz zu lassen, und das Kochwasser mitzunutzen. Gerade die darin enthaltenen Oligosaccharide boosten nämlich das Mikrobiom - vorausgesetzt, man verträgt sie.

Vegan ohne Hülsenfrüchte wäre für mich echt die Hölle - mein Mitleid für alle Hülsenfruchtsensiblen.
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Beitrag von Sphinkter » 17. Aug 2018 18:09

Ich glaube nicht dran, dass sich ein Organismus der 34 Jahre von Haferflocken, Nudeln, viel Milchprodukte, Kartoffeln, Brot aber auch Zucker ernährt wurde, (interessanterweise die Ernährung die auch meine Mutter isst), so drastisch anpasst.
Da ich jetzt 12 Jahre lebe, stellt sich da sicher nichts mehr um. Ich denke wir sind geprägt.
Bohnen habe ich selten mal als Kidneybohnen im Salat gegessen, Nüsse als Studentfutter eher selten.
Gibt es Beweise, dass sich das Darmmileu wirklich verschiebt?
Zuletzt geändert von Sphinkter am 17. Aug 2018 18:42, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von human vegetable » 17. Aug 2018 18:19

Dr. Greger geht sogar so weit zu behaupten, dass die Umstellung auf ballaststoffreiche, pflanzliche Kost binnen Wochen zu einer durchgreifenden Änderung des gesamten Enterotypen führt:

[youtube]https://www.youtube.com/watch?time_cont ... SOlE_1rPCc[/youtube]

[youtube]https://www.youtube.com/watch?time_cont ... Nm5sE9GAFc[/youtube]

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