Vegan oder Vegetarier?

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
Mr. Kennedy
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Beitrag von Mr. Kennedy » 9. Jan 2021 16:53

Akayi hat geschrieben:
6. Jan 2021 17:49
In etwa. Das Zitat postuliert ja das jeder Veganer qua Label frei von Tierleid lebe, alle anderen nicht. Aber stimmt das? Natürlich nicht. Verleiht es dem geneigten Veganer dennoch das Gefühl der Überlegenheit? Höchstwahrscheinlich ja. Und daraus erwachsen dann auch die Problemchen des Miteinanders.
Genauso wie die unerträglichen Überlegenheitsgefühle weißer Linksaktivisten, die zwar links und anti-rassistisch sind, aber trotzdem keine perfekten Menschen und haben genau wie alle anderen von ihren weißen Privilegien profitiert. Daraus erwachsen dann auch immer diese ganzen Problemchen im Miteinander mit den armen, missverstandenen Nazis und Rassisten.

Du erweiterst hier eine unglücklich formulierte Dichotomie hin zum zeitlosen Klassiker "Die Veganer-Gutmenschen gehen allen mit ihrem Überlegenheitsgehabe auf die Eier und deshalb muss ich da nicht hinhören." Das ist Dieter-Nuhr-Level.

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Beitrag von Akayi » 9. Jan 2021 17:14

Zu mehr scheint es wirklich nicht zu reichen. Den Vergleich mit Nuhr wirst du wohl als Lob meinen. Aber der Vorwurf Veganern nicht zuzuhören ist wirklich absurd^^
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Beitrag von Akayi » 11. Jan 2021 10:18

Nullpositiv hat geschrieben:
6. Jan 2021 18:11
Das der letzte Punkt für dich relevant ist kommt allerdings unerwartet.
Das Kooperation und Gemeinschaft doch im Grunde das ist, was uns Menschen ausmacht habe ich sicher oft betont.
human vegetable hat geschrieben:
6. Jan 2021 18:46
Aber immerhin kann ich jetzt deinen Furor hier besser verstehen, weil ich deine Mission kenne: Die Veganer von ihrem hohen Ross runterholen. Das kann ich nachvollziehen, Arroganz regt jeden auf.
Das trifft es nicht. Mir geht es vielmehr um Wahrheit. Das bezieht den Schutz der Veganer vor Antiveganern genauso ein wie veganen Unsinn auseinanderzunehmen. Fehler sind Fehler, und darum geht es mir. Was mich aber tatsächlich persönlich stört ist die offene Zuneigung zwischen Veganern, "Flexitariern" und Omnis bei gleichzeitiger Abgrenzung gegenüber VegetarierInnen.
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Beitrag von human vegetable » 11. Jan 2021 13:20

Aus der veganen Perspektive scheint Vegetarismus halt keine eigenständige Kategorie, sondern nur ein willkürlicher Punkt (je nach der Menge verzehrter tierischer Produkte) auf dem Kontinuum zwischen Carnismus/Omnivorismus und komplettem Veganismus.

Denn die Idee, dass Fleischverzehr prinzipiell qualitativ oder quantitativ mehr Tierleid erzeugt als der Konsum von Milch- oder Eiprodukten, ist objektiv falsch. Es ist leicht, Beispiele zu finden, wo es sich sogar andersrum verhält (deswegen bejaht der Tierrechtsphilosoph Peter Singer meines Wissens nach auch den Konsum von niederen Tieren wie Muscheln).

Wenn das Kriterium die Verringerung von Tierleid ist, ist Vegetarismus also nur in dem annähernden Maße effektiv, wie der Anteil tierischer Produkte tatsächlich runtergefahren und durch pflanzliche Produkte ersetzt wird. Ein Vegetarier, der jeden Tag literweise Milch guzzelt und fünf Eier isst, erzeugt mehr Tierleid als ein Flexitarier, der einmal die Woche ein Stück Fisch isst und ansonsten vegan.
Zuletzt geändert von human vegetable am 11. Jan 2021 13:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Akayi » 11. Jan 2021 13:33

Ja, da brauchst du aber ausgedachte Personen wie dein Vegetarierfeindbild ("literweise Milch" und fünf Eier") oder den "nur Bio / aus eigener Schlachtung und nur ganz selten Fleisch" Omnivoren bzw. tatsächlich willkürliche Kategorien wie "Flexitarier" damit das Sinn macht.
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Beitrag von human vegetable » 11. Jan 2021 16:12

Erstmal sind Vegetarier für mich kein Feindbild. Wenn ich mich an die eigene Nase fasse dann merke ich, dass viele meiner persönlichen Ernährungsregeln für andere Menschen auch nicht nachvollziehbar sind, ich bin also keinen Deut besser.

Seine Ernährung im großen Ganzen nach eigenem Gutdünken zu gestalten sehe ich als freiheitliches Grundrecht; anstatt Ge- und Verbote auszusprechen finde ich es sinnvoller, indirekte Anreize zu setzen (z. B. durch Preise, die ökologische und soziale Folgekosten widerspiegeln, bzw. Subvention von gesundheitlich und ökologisch einwandfreien Produkten). Ich möchte also niemandem das Recht in Abrede stellen, seine Ernährung nach selbst aufgestellten Prinzipien zu organisieren, auch wenn diese anderen nicht schlüssig scheinen.

Ich möchte eben nur feststellen, dass die ganze Kategorisierung und Vergleicherei ("Mein Label ist besser als deins, ätsch-bätsch") relativ sinnfrei ist (was viele hier zugegebenermaßen anders sehen werden).

Zweitens sind meine Beispiele keineswegs ausgedacht: Die Frage, ob Veganer nun angeblich nicht-leidensfähige Tiere und deren Erzeugnisse konsumieren dürfen (Muscheln/Honig/Seide usw.) oder nicht sorgt immer wieder für hitzige Diskussionen. Als "health nut" habe ich selbst schon öfter mit dem Gedanken gespielt, entweder sowas oder tierische Nebenprodukte wie Gelatine und Knochen, die bei der Schlachtung von Tieren in Fleisch- und Milchproduktion ohnehin anfallen, in kleinen Mengen zu nutzen, um angebliche Mangelversorgung zu vermeiden. Damit wäre ich dann technisch omnivor, aber tierleidmäßig "cleaner" als die allermeisten Vegetarier. For the record: Das waren nur Gedankenspiele - denn bis jetzt ließ sich jeder vermeintliche Mangel noch vegan beheben.

Auch was Flexitarier angeht, verhält es sich so: Meine Frau isst Fleisch z. B. nur aushäusig bei Familienfeiern, privaten Einladungen etc. Es gibt auch zunehmend gesundheitsbewegte "Pescetarier", die lediglich ein- bis zweimal die Woche Fisch essen. In all diesen Fällen kommt unter dem Strich weniger Tierleid raus als beim typischen Vegetarier, der mehrmals am Tag Milchprodukte und mehrmals die Woche Eier konsumiert.

Dass man im wahren Sinne des Wortes vegan gar nicht leben kann ohne eine Hütte im Wald zu beziehen (und da vermutlich am allerwenigsten) ist schon klar - zumindest mittelbar wird man immer Tierleid erzeugen. Insofern ist die Bezeichnung "Veganer" eigentlich eher ein Ziel als ein tatsächlicher Zustand. Und ähnlich substanzlos ist eben auch die Bezeichnung "Vegetarier". Wie ich eingangs schrieb, man sollte individuelle Ernährungsformen einzelner Personen eher als Punkte in einem mehrdimensionalen Koordinatensystem sehen, mit Achsen wie Tierleid, Umweltverträglichkeit, etc. Die gängigen Kategorisierungen stellen grobe Vereinfachungen dar.

Ach ja, wo wir bei ausgedachten Beispielen sind: Bestimmt könnte man sich auch vegane Ernährungsformen ausdenken (mit viel exotischem konventionell angebauten Obst und Gemüse, Bergen von Kokos- und Palmprodukten - andere Lebensbereiche wie Konsum und Reisen lasse ich mal ganz raus), die ethisch-ökologisch wesentlich mehr reinhauen als ein saisonal-regionaler omnivorer Lebensstil. Es kommt eben nicht auf den Oberbegriff an, sondern was der Einzelne daraus macht.

Ein umweltbewusster und minimalistisch lebender Flexitarier oder Vegetarier mit stark reduziertem Konsum tierischer Produkte (nicht mehr als tägliche Grundnahrungsmittel, sondern nur als bewusste Ausnahmen in kleinen Mengen als Zugabe zu pflanzenbasierter Kost) hat evtl. einen kleineren ökologischen und "ethischen" Fußabdruck als ein Hipster-Veganer, der hedonistischem Statuskonsum frönt.
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Beitrag von Akayi » 12. Jan 2021 09:22

human vegetable hat geschrieben:
11. Jan 2021 16:12
Erstmal sind Vegetarier für mich kein Feindbild.
Das wirkt zumindest anders, wenn der Vegetarier bei dir ein Milch guzzelnder Eierjunkie ist der Omnivor aber immer verkappter Veganer der nur aus gesundheitlichen Gründen oder sozialem Druck hin und wieder - ganz selten natürlich - ein Stück fleich herunterwürgt.
human vegetable hat geschrieben:
11. Jan 2021 16:12
Ich möchte also niemandem das Recht in Abrede stellen, seine Ernährung nach selbst aufgestellten Prinzipien zu organisieren, auch wenn diese anderen nicht schlüssig scheinen.
Viele Veganer würden die Ernährung gerne vom Geld abhängig machen. Auch darin drückt sich die innige Zuneigung für reiche Omnivore aus.
human vegetable hat geschrieben:
11. Jan 2021 16:12
Damit wäre ich dann technisch omnivor, aber tierleidmäßig "cleaner" als die allermeisten Vegetarier. For the record: Das waren nur Gedankenspiele - denn bis jetzt ließ sich jeder vermeintliche Mangel noch vegan beheben.
Ja, wenn du damit auch offen umgehen würdest wäre das sogar aufrichtig. Es wird aber sonst kein Veganer auf seinen Status verzichten wollen auch wenn er sich im Zweifel einfach ein bisschen Tierprodukt gönnt. Und das ist der springende Punkt.
human vegetable hat geschrieben:
11. Jan 2021 16:12
Auch was Flexitarier angeht, verhält es sich so: Meine Frau isst Fleisch z. B. nur aushäusig bei Familienfeiern, privaten Einladungen etc. Es gibt auch zunehmend gesundheitsbewegte "Pescetarier", die lediglich ein- bis zweimal die Woche Fisch essen. In all diesen Fällen kommt unter dem Strich weniger Tierleid raus als beim typischen Vegetarier, der mehrmals am Tag Milchprodukte und mehrmals die Woche Eier konsumiert.
Genau diese Bemühungen den Mord an Tieren zu adeln und gleichzeitig zu versuchen Vegetarier als Tiermörder anzugreifen werde ich nie nachvollziehen können. Ich kann natürlich irgendwo auch sehen dass es leichter ist seinen Abneigung im Netz zu verbreiten während man zu Hause lieber die Füße still hält aber für micht wirkt das einfach komplett widersprüchlich und absurd. Und diese Hirnakrobatik wird dann ja nochmal weiter getrieben wenn der eigene Konsum vom tierischen Stoffen über das "vegan" Label gerechtfertigt wird.
human vegetable hat geschrieben:
11. Jan 2021 16:12
Ach ja, wo wir bei ausgedachten Beispielen sind: Bestimmt könnte man sich auch vegane Ernährungsformen ausdenken (mit viel exotischem konventionell angebauten Obst und Gemüse, Bergen von Kokos- und Palmprodukten - andere Lebensbereiche wie Konsum und Reisen lasse ich mal ganz raus), die ethisch-ökologisch wesentlich mehr reinhauen als ein saisonal-regionaler omnivorer Lebensstil.
Ja, und deshalb muss man auch nicht irgendwelche Vegetarier erfinden und sie gegen die ebenso erfundenen edlen Omnivore abgrenzen.
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Beitrag von Sphinkter » 12. Jan 2021 09:38

@HV

Das mit dem Koordinatensystem ist interessant. Dann musst du aber das 18 Jährige Modell, dass nur 900 kcal Omnivore isst, ganz vorne anhängen.
Wie will man Tierleid messen, in Kalorien?!
Es gab da von der Paleo Bewegung schon Berechnung, dass eine riesige Kuh mit ihren zig Kalorien dann weniger Tierleid bedeuten würden, als die Menge Getreide und Ernteunfälle. Ich denke das ist alles konstruiert und soll die Diskussion Ad absurdum führen.

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Beitrag von human vegetable » 12. Jan 2021 10:42

Sorry Akayi, du scheinst dich durch meine Äußerungen geradezu persönlich angegriffen zu fühlen, bzw. nimmst es so wahr, dass ich Vegetarier pauschal diskriminiere. Das ist nicht meine Absicht - im Gegenteil, ich will die alberne Identitätspolitik der Ernährungsstile (einschl. Veganismus) aufbrechen und hinterfragen. Aber ich schaffe es wohl nicht, das in einer Form zu kommunizieren, die auch ankommt. Bevor ich mich zwischen alle Stühle setze und neben dir jetzt auch noch die Veganerfraktion vergrätze, halte ich diesbezüglich lieber die Klappe.

Sphinkter, die Quantifizierung von Tierleid wirft eine Menge von Fragen auf:
1) Zählt das Leid intelligenterer Tiere mehr als das Leid der weniger intelligenten? Hier kann man sich noch zu einem relativ klaren "ja" durchringen, weil Leid eben mehr ist als Schmerz und Gefühle wie Angst/Sorge umfasst. Zudem gibt es noch die Idee, dass schon Schmerzempfinden genug des Leids ist. Danach ist auch der Konsum wirbelloser Tiere unethisch.
2) Multipliziert sich Tierleid mit der Anzahl der betroffenen Wesen? Wenn ja, dann wäre es ethisch evtl. besser sich von möglichst großen Tieren zu ernähren, weil ein geschlachtetes Rind Fleisch für Wochen/Monate liefert, dafür aber eben nur ein Lebewesen sterben muss. Ökologisch sieht die Sache natürlich völlig anders aus...

Du hast recht, hier kommt man in Teufels Küche. Das ist aus meiner Sicht aber kein Grund, solche Fragen komplett zu ignorieren. Im Gegenteil, gerade solche scheinbaren Paradoxien verlangen, dass man sein Verhalten reflektiert und bewusste Entscheidungen trifft.

Bzgl. des Magermodels hast du recht - ein Bodybuilder, der jeden Tag mehrere hundert Gramm tierisches Protein verzehrt, ist das menschliche Äquivalent eines SUV! Konsumverzicht entlastet Umwelt und Mitgeschöpfe, das gilt auch bei der Ernährung.
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Lovis
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Beitrag von Lovis » 13. Jan 2021 09:17

raswell hat geschrieben:
4. Jan 2021 14:40
MIr geht es primär um Tierwohl und Co2 Aspekte. Bei der Gesundheit habe ich eher bedenken ganz langfristig gesehen.
Hallo raswell,

falls du sie nicht kennst - dies ist die offizielle Definition für Veganismus:

Obgleich Veganismus erst in den letzten Jahren sprichwörtlich in aller Munde ist, die Begriffsdefinition geht auf die bereits 1944 gegründete Vegan Society of England, genauer gesagt auf dessen Mitbegründer Donald Watson, zurück. Die heute verwendete Definition entstand mit der offiziellen Anerkennung der Vegan Society als gemeinnützige Organisation im Jahre 1979 und lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

Veganismus ist eine Lebensweise, die versucht - soweit wie praktisch durchführbar - alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren für Essen, Kleidung und andere Zwecke zu vermeiden; und in weiterer Folge die Entwicklung und Verwendung von tierfreien Alternativen zu Gunsten von Mensch, Tier und Umwelt fördert. In Bezug auf die Ernährung bedeutet dies den Verzicht auf alle Produkte, die zur Gänze oder teilweise von Tieren gewonnen werden.


Die vegetarische Lebensweise verursacht vermeidbares Leid!

Auf dieser Seite findest du unter "Warum vegan" Ausführungen zu den Themen Tierrechte, Umwelt und Ernährung:

https://www.vegan.at/inhalt/definition-veganismus

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