Wenn gesunde Ernährung krank macht...

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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illith
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Beitrag von illith » 18. Aug 2018 13:47

Mike, schön zusammengefasst (der Mittelteil). :up:
ich hab die Woche auch in einem Video von Wolf Performance einen guten Satz gehört: wir sollen nicht vergessen, dass wir nicht Nährstoffe essen, sondern Lebensmittel. (also dass man ein Lebensmittel jeweils in seiner Gesamtheit betrachten muss und nicht einzelne enthaltene Nährstoffe herauspicken kann)

Sphinkter - ich weiß nicht, ob man das so pauschal sagen kann...? (find das Thema aber auch interessant)
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Ixodes ricinus
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Beitrag von Ixodes ricinus » 18. Aug 2018 14:23

Diese Antworten sind ziemlich schwer zu finden, weil sich alle Menschen je nach Reichtum immer so viel "Gutes" wie möglich geleistet haben, in den Städten war das Zeugs dann (in den Zeiten ohne Internet-Handel) viel besser zu bekommen: mehr Nachfrage schafft mehr Lieferanten, senkt die Preise, geringere Preise schaffen wieder mehr Nachfrage etc.pp.
Alte Statistiken beschäftigen sich deshalb teils mehr mit dem Verbrauch an einzelnen Orten als mit dem ganzer Länder.

- der Adel des alten Ägyptens hat sich angeblich schon die Zähne an zu viel Weißmehl ausgebissen: Je feiner das Mehl (405 lässt grüßen) desto öfter mußte es gemahlen werden, desto mehr Steinstaub von den Mahlsteinen kam in das Mehl und dieser Staub schädigte auf Dauer den Zahnschmelz. Trotzdem gehörte Weißmehl seit über 2.000 Jahren mehr oder weniger zur Ernährung.

- Zucker in Form von Honig oder Zuckerrohr war beschränkt (die Bienen wollten auch leben) bzw. teuer wegen des Imports aus den Kolonien. Dank Napoleon explodierte dann Anfang des 19. Jahrhunderts der Zuckerrübenanbau und etwa ab 1850 wurden Anbau und Verarbeitung von Zuckerrüben dann mechanisiert (die Ursprünge der heutigen industriellen Landwirtschaft).

- Der Fleischverbrauch lag im Mittelalter angeblich bei bis zu 100 kg pro Kopf.
Anfang des 19. Jahrhundert (Napoleons Kriege?) lag er dann bei sensationellen 14 kg/Kopf, sobald Bonnie aber weg war, ging es dann wieder hoch: für Berlin 1845 zwischen 45 und 50 kg, 1870 bei 52 kg, 1891 bei 93 kg.
Wie oben aber schon geschrieben, war das nicht nur von Stadt zu Land, sondern auch von Ort zu Ort unterschiedlich. So waren es 1867/1875 in Leipzig 73,6 kg, in Dresden 45,3 kg und in Zschopau 22,4 kg. https://books.google.de/books?id=aGfGWV ... 00&f=false

Und bis dann endlich die Chemie half, die Ernte zu steigern, die Lebensmittel haltbarer zu machen und die Fressfeinde zu dezimieren, verhungerten jeden Winter zigtausende von Menschen, besonders wenn die Ernte wegen Trockenheit oder zu viel Regen mal wieder schlecht ausfiel, die Lebensmittel schimmlig wurden oder all zu viel Ratten- und Mäusekot im Getreide nicht sehr bekömmlich war - abgesehen davon, dass diese lieben Tierchen auch nach der Ernte noch die Vorräte leerfrasen.

Frisches Gemüse und Obst war die meiste Zeit des Jahres nicht zu bekommen, nur zur Ernte Mitte des Jahres waren die Teller voll, ansonsten wurde in Salz, Zucker und milchsauer eingelegt oder gedörrt.
Klasse, Kohl und Sauerkraut das ganze Jahr über...

Nicht umsonst wurde der Anbau der Kartoffel in einigen Ländern von staatlicher Stelle vorangetrieben: wächst auch auf sandigen Böden, gute Ernte auf kleiner Fläche (3 - 4 kg/qm auch beim Hobbygärtner) und angeblich ist die Kartoffel die einzige Pflanze, die fast den gesamten Nährstoffbedarf des Menschen abdeckt (hat da jemand nähere Erkenntnisse?).

Ich möchte die Erkenntnisse der letzten 200 Jahre auf diesem Gebiet nicht missen.


:kk:

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illith
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Beitrag von illith » 18. Aug 2018 14:49

das ist ein Gerücht und totaler Blödsinn. (mit der Kartoffel)
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somebody
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Beitrag von somebody » 18. Aug 2018 15:47

BTW, sehr leckere seriöse Arbeit:
Seidelmann et al hat geschrieben:Both high and low percentages of carbohydrate diets were associated with increased mortality, with minimal risk observed at 50–55% carbohydrate intake. Low carbohydrate dietary patterns favouring animal-derived protein and fat sources, from sources such as lamb, beef, pork, and chicken, were associated with higher mortality, whereas those that favoured plant-derived protein and fat intake, from sources such as vegetables, nuts, peanut butter, and whole-grain breads, were associated with lower mortality, suggesting that the source of food notably modifies the association between carbohydrate intake and mortality.
https://www.thelancet.com/journals/lanp ... X/fulltext

Mit anderen Worten: Pflanzliche Fette & Proteine sind vermutlich gesünder als tierische.
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Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 18. Aug 2018 17:30

Da sind wir bei meiner Aussage, eine gesunde Ernährung ist eine größtenteils pflanzlich Ernährung.
Mehr kann man da wohl nicht reininterpretieren.

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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 18. Aug 2018 19:34

somebody, das ist ja wirklich hochinteressant!

Auf den ersten Blick sieht es für mich so aus, dass die McDougall'sche starch-based diet als Ideal hier widerlegt wird, und nach dieser Metaanlayse eine Kostform optimal wäre, die größere Mengen pflanzlicher Protein- und Fettquellen beinhaltet (mehr das, was Dr. Fuhrman und Dr. Greger so predigen).

Wie oben gesagt, alles nur Durchschnittswerte (zudem in einer Metaanalyse), aber dennoch wirklich spannend! Wenn es dazu mehr zu sagen gibt (oder diverse plant based gurus öffentlich ihren Senf dazu geben), sicherlich einen eigenen Thread wert!

Nachtrag:
On the other end of the spectrum, high carbohydrate diets, which are common in Asian and less economically advantaged nations, tend to be high in refined carbohydrates, such as white rice; these types of diets might reflect poor food quality and confer a chronically high glycaemic load that can lead to negative metabolic consequences.
Na evtl. waren die high carb Kohorten ja doch nicht mit dem vergleichbar, was sich McDougall unter starch based vorstellt: Viel Kartoffeln oder VK-Produkte, etwas Obst und Gemüse, aber kaum Auszugsmehl oder Zucker. Die Makros allein sagen halt recht wenig über die verwendeten Lebensmittel aus (auch wenn diese Daten scheinbar auch erhoben wurden).
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somebody
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Beitrag von somebody » 18. Aug 2018 20:58

human vegetable, klar, die Ernährung der erfassten ProbandInnen entsprach vermutlich durchschnittlich nicht dem aktuellen Stand der Forschung bzw den unterschiedlichen Schulen der Ernährungsformen.

Bereinigt um methodologische Schwächen der Arbeit & Schule der AutorInnem verbleiben IMO primär Erhärtung der Vermutung der Überlegenheit pflanzlicher Proteine & Fette sowie sekundär Erhärtung der allgemeinen Skepsis im Zusammenhang mit extremen Relationen Kohlenhydrate - Proteine - Fette.

Anlagen & Quellen konnte ich noch nicht vollständig sichten.

Die US Fachmedien verfolge ich routinemäßig. Falls interessante Resonanz trenne ich das Thema ab.
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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 18. Aug 2018 23:32

Nun ja, was "extrem" bzgl. Makrorelationen bedeutet, ist kontrovers. Hier ein mathematisches Ideal zugrundezulegen ist mit Sicherheit zu einfach - die "The Zone" Diet die zumindest auf dem Papier ein "ausgeglichenes" Verhältnis von 1:1:1 der drei Makros predigte, ist mittlerweile zum Glück auf dem Müllhaufen der Ernährungslehre gelandet.

Die Grundannahme "ausgewogen/abwechslungsreich ist immer gut, einseitig/monoton ist immer schlecht" treibt mich auf die Palme. Es gibt auch genügend Gegenbeispiele, und insbesondere ist Einseitigkeit meist eine reine Definitionsfrage - von welcher Grundgesamtheit gehe ich aus, was nehme ich da rein und was lasse ich draußen? Je nachdem wie ich entscheide, kann ich alles als einseitig darstellen, oder als abwechslungsreich.

Bsp: Morgens Hamburger, mittags BigMac und abends McRib - das ist doch abwechslungsreiche Kost?! Dazu dann jeweils Snickers, Mars, Milky Way... mit Cola, Sprite und Fanta. Ach ja - und dann ist da natürlich die Sache Veganismus vs. Omnivorismus. Wenn Einseitigkeit immer schlechter wäre, bräuchte es diese Studie nicht.

Merke selber, es wird unzusammenhängend. Zeit für die Kiste - gute Nacht.
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Mike13
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Beitrag von Mike13 » 19. Aug 2018 05:51

human vegetable hat geschrieben:Die Grundannahme "ausgewogen/abwechslungsreich ist immer gut, einseitig/monoton ist immer schlecht" treibt mich auf die Palme.
Ich glaube, so übertrieben deutlich sagt das überhaupt niemand. Du kannst alle Nährstoffe aus wenigen Lebensmitteln beziehen (sofern diese eine hohe Nährstoffdichte haben). In dem Fall ist Deine Ernährung natürlich nicht schlecht, im Gegenteil, wer seine Nährstoffe aus Haferflocken, Grünkohl und Bohnen bekommt und hin und wieder eine Frucht isst, ist wahrscheinlich gesünder als jemand der sich "abwechslungsreich" von Burgern und zuckerhaltigen Frühstücksflocken ernährt.

Die Aussage, "vielseitig ist super" ist eine Hilfe für die "normale Bevölkerung", die sich mit Nährstoffen überhaupt nicht auskennt. Ich bezweifle, dass der Durchschnittsdeutsche mehr als 3-4 Mineralien und Spurenelemente nennen kann. Calcium, Magnesium... und dann fangen die meisten wahrscheinlich schon an zu überlegen. Wer so wenig Ahnung hat, der braucht einfache Hilfestellungen, wie er sich gesund ernähren kann. Und da sagt man dann einfach "so vielseitig wie möglich" und hofft, dass er/sie dann schon alles bekommt. Genauso ist es mit dem oben diskutierten Begriff "gesund". Brokkoli ist gesund, weil hohe Nährstoffdichte. Aber jemand der schon einen Kilo Bohnen und ein Kilo Grünkohl gegessen hat, der kann da getrost drauf verzichten und anstatt dessen lieber weißen Reis essen, denn dem fehlen eher die Kohlenhydrate. Und Balaststoffe hat er schon dreimal mehr aufgenommen als die empfohlene Tagesmenge.

Monotone Ernährung ist also gar nicht schlecht, wenn sie alle Nährstoffe abdeckt. Ich sehe darin nur ein anderes (kleines) Problem: Falls die Forschung irgendwann mal was neues rausfindet, z.B. Spurenelement ABC wird vom Körper auch noch gebraucht um XYZ zu machen und Deine einseitige Ernährung enthält dieses aber gar nicht (weil Du ja bei der Zustammenstellung der Nahrungsmittel noch gar nicht davon wusstest), dann hat Dir das über Jahre gefehlt. Ein weiteres potentielles Risiko ist, wenn bestimmte Nährungsmittel höher mit Schadstoffen belastet sind. Dann kann man sein Risiko am besten verteilen, indem man so viele unterschiedliche Nahrungsmittel von so vielen unterschiedlichen Herstellern wie möglich isst. Als Beispiel: Paranüsse sollen wohl Radioaktivität relativ stark akkumulieren. Wer nur Paranüsse isst, bekommt also eine recht üppige Dosis. Wer einfach Studentenfutter mit allen Nüssen isst, braucht diese ganzen Details aber gar nicht zu kennen. Der ist ohne jegliche Kenntnisse auf der sicheren Seite.

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Beitrag von Sphinkter » 19. Aug 2018 09:12

Mike13 hat geschrieben: Dafür brauchst Du ja nicht sorry zu sagen.
Auf jeden Fall muss ich das ;)
Kennst du Udo Pollmer? Der übergewichtige Chemiker der Leute erklärt das Abnehmen gar nicht geht (ich frage mich wie ich 10kg Übergewicht mit Kalorienzählen ablegen konnte und dies nun jahrelang leicht halte), der behauptet dass übergewichtige Menschen gesünder sind und länger leben, dass man vom Wasser trinken sterben kann etc.
Er pickt sich ein Sachverhalt raus, wie Gemüse ist gesund und dreht dann alles auf den Kopf mit "Beweisen" das Gemüse z.B. giftig ist.

In dem Dunstkreis ist auch Gunter Frank, der behauptet das Kinder aus veganen Kindergärten die Mülltonnen in der Umgebung nach Fleisch absuchen würden (kein Witz), weil der Trieb sich durchsetzt.

Solche Leute stellen sich selbst ins Abseits und da muss man sie stehen lassen.

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