Wenn gesunde Ernährung krank macht...

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
Sphinkter
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Wenn gesunde Ernährung krank macht...

Beitrag von Sphinkter » 16. Aug 2018 12:25

Hallo,
mich beschäftigt schon länger ein Thema, zudem ich ein paar Indizin gesammelt habe. Vielleicht gibt es hier noch neuen Input oder neue Ideen.
Ich glaube mittlerweile, dass "gesunde" Ernährung krank machen kann.
Ich will den Gedanken erklären: Es geht nicht um eine psychische Krankheit, dass man sich zwanghaft gesund ernähren will, sondern dass die gesunde Ernährung dem Körper nicht bekommt. Klingt paradox, hier die Überlegung.
Ich lese öfters von Ex-Veganern, die sich im Detail an gesunde Ernährungsformen gehalten haben, es ihnen aber gesundlich immer schlechter ging.
Für mich sieht es so aus, dass "viel hilft viel" in der Ernährung mittel bis langfristig nicht aufgeht.
Viele Studien mit gesundheitlichen Vorteilen sind Ausschnitte. Die EPIC-Herzstudie zeigt z.B., dass
Bei einer Verzehrmenge von acht Portionen Obst und Gemüse am Tag war das Sterberisiko infolge einer KHK um 22 Prozent gesenkt.
Aber das ist nur ein Ausschnitt, wieviel Kalorien sind diese 8 Portionen? 350 Kcal. Was haben sie bei den restlichen 1750 bis 2700 Kcal gegessen :kk:
Senken jetzt 16 Portionen das Risiko um 44 Prozent?
Und so werden Studien rausgepickt. Obst, Gemüse positiv, Vollkorn positiv, Hülsenfrüchte positiv, Nüsse positive und legen eine Ernährung aus, die nur aus den "gesunden" Komponenten besteht. Ob diese grossen Mengen an "gesund", dann wirklich gesund ist, ist fraglich.

https://www.swr.de/odysso/zuviel-gesund ... index.html

Hier machten zuviele Ballaststoffe krank. Also viele gesunde Lebensmittel machten krank.
Ballaststoffe wandern in den Dickdarm und werden dort von Bakterien größtenteils vergoren. Dabei entstehen Gase - unter anderem Kohlendioxid. Je mehr Ballaststoffe wir essen, um so mehr blähen die Gase den Dickdarm auf. So stark, dass die Klappe zwischen Dick- und Dünndarm nicht mehr richtig schließt. Der Nahrungsbrei fließt zurück in den Dünndarm. Dort verursachen die Dickdarmbakterien heftige Abwehrreaktionen. Es kommt zu einer Entzündung.
Hier geht es nur um Ballaststoffe. In einer "gesunden" Ernährung sind aber auch oft grosse Mengen FODMAPs ("fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole").
Das FODMAP-Konzept beruht auf der Annahme, dass die funktionellen Magen-Darm-Beschwerden bei RDS unter anderem auf Blähungen im Darmbereich zurückzuführen sind.
Im Umkehrschluss können die "gesunden" Lebensmittel dann ein Reizdarmsyndrom (RDS) erzeugen und somit krank machen.
Äpfel, Mango, Wassermelone, Erbsen, Cashews, fast alle Hülsenfrüchte etc. alles gesunde Lebensmittel, alles High FODMAP.
Im Gegenzug sind eher ungesunde Lebensmittel wie weisser Reis und Haushaltszucker LOW FODMAP und daher empfehlenswert und somit Am Ende gesund.
Kempner hat mit weissen Reis und Haushaltszucker totkranke Menschen geheilt. Was ist jetzt gesund?

Ergänzung:
Vergessen habe ich noch die Antinährstoffe, denen zwar auch positive Dinge nachgesagt werden, die in "gesunden" Lebensmitteln stecken, aber potentielle Probleme bereiten können. Ich spreche von Phytinsäure, Saponine, Lektine, Tannine, Protease-Inhibitoren, Oxalate etc.
Zuletzt geändert von Sphinkter am 16. Aug 2018 13:10, insgesamt 2-mal geändert.

Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 16. Aug 2018 12:33

Noch eine Ergänzung von Hans Hauner
(..)wir können gar nicht so genau definieren, was gesund ist: Jeder Mensch ist ein bisschen anders, hat einen ein wenig anderen Stoffwechsel. Das heißt, man kann gar nicht genau definieren, was nun wirklich richtig und gesund ist. Natürlich kann man Anhaltspunkte definieren, und das tun ja auch z. B. die Fachgesellschaften mit ihren Empfehlungen. Aber man darf das alles nicht so streng sehen, denn es gibt immer sozusagen einen gewissen Korridor, den man als vernünftig, als gesund ansehen kann. Das bedeutet eben auch, dass sich jeder Mensch seine persönliche gesunde Ernährung aussuchen kann und dass dabei
einfach eine gewisse Bandbreite vorhanden ist.
Quelle:
BR-ONLINE
Prof. Dr. Hans Hauner
Ernährungsmediziner
im Gespräch mit Dr. Susanne Zimmer

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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 16. Aug 2018 17:36

Sphinkter, dein Threadtitel setzt voraus, dass es eine für alle Menschen gleichermaßen gesunde Ernährung überhaupt gibt. Diese Annahme ist aber meines Erachtens falsch. Was gesund ist und was krank macht, ist in hohem Maßen von der individuellen Konstitution abhängig und kann sich selbst für eine einzelne Person im Laufe ihres Lebens stark verändern.

Es ist also nicht damit getan, das Patentrezept von Guru A zu kritisieren, und gegen das Patentrezept von Guru B oder C oder D auszutauschen. Es geht vielmehr darum, sich generell von der Idee zu verabschieden, dass es eine für alle Menschen gleichermaßen gesundheitlich optimale Kostform gibt.

Ob Herrn Hauners Philosophie des "alles nicht so streng Sehens" die bessere Alternative ist, würde ich bezweifeln. Zumindest meiner Erfahrung nach besteht schon großes Optimierungspotential für den Einzelnen - wenn man fähig und Willens ist, auf den eigenen Körper zu hören, und diszipliniert genug ist, dessen eindeutige Rückmeldungen auch angemessen und konsequent zu würdigen.
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somebody
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Beitrag von somebody » 16. Aug 2018 18:14

Sich gesund ernähren zu wollen macht IMO nicht wenige Menschen psychisch krank.

In den letzten 2 Jahren sah ich das Thema nicht mehr so eng. Laborparameter & Checkup waren kürzlich jedoch sehr positiv.

BTW, tgl 10 Portionen Gemüse & Obst gelten hiernach als vorteilhaft:
imperial.ac.uk hat geschrieben:Further benefits were observed with higher intakes. Eating up to 800g fruit and vegetables a day – or 10 portions – was associated with:

a 24 per cent reduced risk of heart disease
a 33 per cent reduced risk of stroke
a 28 per cent reduced risk of cardiovascular disease
a 13 per cent reduced risk of total cancer
and a 31 per cent reduction in dying prematurely
http://www.imperial.ac.uk/news/177778/e ... -millions/

Studie:
https://academic.oup.com/ije/article/46/3/1029/3039477

Mit Brunch & Dinner & 4 - 5 x Obst/Trockenobst/Nüsse & 2 - 3 x Salat/rohes Gemüse & Saft/Smoothie über den Tag verteilt klappt das bei mir sogar meistens unabsichtlich.
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fucktheflipflop
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Beitrag von fucktheflipflop » 16. Aug 2018 18:33

Ich glaube es kommt auf die Mischung an. Einzelne Lebensmittel mögen gesund sein, aber wenn man nur noch was vermeintlich gesund ist, konsumiert, dann bleiben andere Dinge auf der Strecke. Z.B. sind Nüsse sehr gesund, liefern hervorragende Nährstoffe. Wenn man aber 200g Nüsse zu sich nimmt, sind das um die 1300kcal. Wenn man das als Pausensnack isst, wo man früher ein Nutellabrötchen gegessen hat, sind das 1000kcal mehr als üblich, sodass man womöglich zunimmt.
Genauso wie der gemeinhin als gesund geltende Salat, damit nimmt man womöglich zu viel Nitrat auf und zu wenig Kalorien, wenn man sein Mittagessen dadurch ersetzt.
Von daher sollte es immer eine ausgewogene Mischung sein.

Wie kommst du auf 350kcal für 8 Portionen Obst/Gemüse? 1 Portion Obst =ca. 100g, 1 Portion Gemüse =ca 200g. Also 400g Obst, 800Gemüse, das wäre z.B. 1 Apfel +1 Banane + Handvoll Trauben. Allein das sind schon 300kcal. 300g Brokkoli + 200g Mais + 300g Karotten sind weitere 300kcal. Also fast das doppelte.

Man kann aus einer Studie keine linearen Prognosen erstellen, sondern nur das Ergebnis hinnehmen wie es ist. Womöglich waren die Mengen die Idealmenge und alles mehr oder weniger erhöht das Sterberisiko wieder. Man weiß es nicht.

Ich glaube "normale" gesunde Ernährung macht nicht krank. Wenn man es übertreibt und die Ernährung zu radikal wird, dann kann sich das negativ auf die Gesundheit auswirken, wobei die Frage ist, wann diese Grenze erreicht ist.

Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 16. Aug 2018 19:09

fucktheflipflop hat geschrieben: Wie kommst du auf 350kcal für 8 Portionen Obst/Gemüse? 1 Portion Obst =ca. 100g, 1 Portion Gemüse =ca 200g. Also 400g Obst, 800Gemüse, das wäre z.B. 1 Apfel +1 Banane + Handvoll Trauben. Allein das sind schon 300kcal. 300g Brokkoli + 200g Mais + 300g Karotten sind weitere 300kcal. Also fast das doppelte.
Ich denke, dass man bei der Empfehlung nicht stärkehaltige Gemüse wie Mais oder Karoffeln inkludiert.

Die DGE hierzu "Täglich mindestens 5 Portionen Gemüse und Obst essen (3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst). Das entspricht täglich rund 400 g Gemüse (z. B. 200 g gegartes Gemüse und 200 g Rohkost/Salat) und etwa 250 g Obst."

200g Brokkoli, 200g Salat und 250g Äpfel als Beispiel sind z.B. nur 230 kcal. Ich habe da jetzt noch ein Zuschlag draufgepackt.
Das sind aber weniger als 10% der Gesamtkalorien für einen Erwachsenen, ich möchte die Ergebnisse daher schon in Frage stellen.

Hinzu kommt:

"Ähnlich große Studien mit insgesamt 800.000 Teilnehmern hat man vor allem in den Vereinigten Staaten vorgenommen. Die Ergebnisse wurden in einem großen Pooling-Projekt an der Harvard Universität zusammengeführt. Für hohen Gemüse- und Obstverzehr fanden sich auch hier nur wenig beweiskräftige Zusammenhänge mit verringertem Krebsrisiko."

https://www.aerztezeitung.de/medizin/kr ... krebs.html

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Beitrag von Sphinkter » 16. Aug 2018 19:35

somebody hat geschrieben:. Eating up to 800g fruit and vegetables a day – or 10 portions – was associated with:

a 24 per cent reduced risk of heart disease
a 33 per cent reduced risk of stroke
a 28 per cent reduced risk of cardiovascular disease
a 13 per cent reduced risk of total cancer
and a 31 per cent reduction in dying prematurely

Mich würde mal interessieren, was das konkret heisst. 24% reduziertes Risiko eines Herzinfarkts.
Das ist doch immer das Relative Risiko.
Ein sportlicher, schlanker Nichtraucher 40 Jahre mit normalem Blutdruck und Cholesterinwerten hat welches absolute Risiko die nächsten 10 Jahre an Herzinfarkt zu sterben?

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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 16. Aug 2018 20:54

Sorry, aber:
Bild

Nun verstrickt ihr euch wieder in die typischen zirkulären Debatten, welche Lebensmittel nun "gesund" oder "ungesund" sind (oder "normal gesund" - den kannte ich noch nicht, was ist dann wohl "unnormal gesund"?), ob drei, fünfeinhalb oder siebenzweidreizehntel Portionen Obst und Gemüse nun das Optimum sind, ob Kartoffeln als Gemüse zählen, blablabla. Immer noch in dem falschen Paradigma gefangen, dass es auf all diese Fragen allgemeingültige, eindeutige Antworten gibt, wenn man sich nur lange genug drüber den Kopf zerbricht (oder lange genug nach relevanten Studien googelt).

Ihr seht den Wald vor lauter Bäumen nicht! Selbst wissenschaftliche Studien liefern bei der Suche einer individuell gesundheitlich optimierten Kostform höchstens grobe Hinweise, da sie eben nur Durchschnittswerte präsentieren. Für diejenigen, die stark vom Schnitt abweichen, können sie sogar in die Irre führen: "Esst mehr Mist - eine Milliarde Fliegen können nicht irren!"
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Beitrag von somebody » 16. Aug 2018 21:27

:D
Sphinkter hat geschrieben:Das ist doch immer das Relative Risiko.
Ja.

Essenz der Übersichtsarbeit: Aus mehr täglichen Portionen & täglich mehr Gemüse & Obst resultiert theoretisch gesundheitlicher Nutzen, wobei der Zusatznutzen zusätzlicher Portionen Gemüse & Obst abnimmt.
human vegetable hat geschrieben:Selbst wissenschaftliche Studien liefern bei der Suche einer individuell gesundheitlich optimierten Kostform höchstens grobe Hinweise, da sie eben nur Durchschnittswerte präsentieren.
Stimmt natürlich.

Die Studie für überdurchschnittlich sportlich aktive, keinen Alkohol trinkende, nicht rauchende, sehr wenig Zucker verzehrende, normalgewichtige ... VeganerInnen fehlt leider noch. :D
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Beitrag von Sphinkter » 16. Aug 2018 21:45

HV,
kann dir gerade echt nicht folgen... was ist deine Kernaussage? Es gibt keine "gesunde" Lebensmittel?

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