Menschen sind Cucinivores

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 18. Feb 2020 11:56

Sphinkter, mir scheint da ein grundsätzlicheres Problem zu sein: Was folgt daraus, wenn "die Theorie" sagt, eine Kostform sei sehr gesund, aber wenn man sie praktiziert, dann geht's einem schlechter anstatt besser? Case in point, deine Erfahrungen mit ballaststoffreicher Vollwertkost.

Wenn es um exakte Naturgesetze wie Gravitationskraft, Relativitätstheorie etc. geht, dann scheint die Folge klar: Sobald man ein einziges empirisches Gegenbeispiel findet, ist die Theorie widerlegt und hat keinen Wahrheitsanspruch mehr. Insofern ist es naheliegend, auch Theorien im Bereich der Ernährungswissenschaft so zu behandeln: "High fiber/unprocessed" soll gesund sein. Mich macht es aber krank. Also ist die Kostform Nonsens." Optionale Extension: "Dann muss also das Gegenteil wahr sein - also möglichst verarbeitet lund ballaststoffarm essen. Junk food - ich komme!"

An dieser Folgerungskette gibt es mehrere Dinge auszusetzen: Erstmal sind Ernährungsempfehlungen keine absoluten Naturgesetze. Wie man sieht, werden zumindest einige Menschen mit den unterschiedlichsten Kostformen gesund alt, selbst wenn sich diese extrem unterscheiden. Also kann eine solche Empfehlung nicht als Patentrezept oder gar Verordnung gelten, sondern sie ist höchstens eine Faustregel. Mag sein, dass sie in einer wissenschaftlichen Studie IM SCHNITT positive Ergebnisse gebracht hat, aber das heißt noch lange nicht, dass jeder Teilnehmer gleichermaßen (oder auch nur überhaupt) profitiert hat. Non-responder gibt es immer. Das heißt, wenn eine Kostform bei einem selbst nicht funktioniert, dann heißt das nicht automatisch, dass die Kostform von Grunde auf und allgemein für alle Menschen Quatsch ist. Das könnte auch nur für einen selbst zutreffen, weil man sich in irgendeiner Weise vom Durchschnitt unterscheidet.

Zweitens folgt erst recht nicht, dass das Gegenteil dann automatisch wahr ist. Beispiel: FODMAP-Sensibilität. Davon betroffenen Menschen wird geraten, erstmal möglichst alle FODMAPs konsequent zu meiden (Eliminationsphase). So weit, so gut. Aber nach einigen Wochen der Schonung, um bestehende Symptome zu verbessern und ihren Darm zu regenerieren, sollen diese Menschen sich dann wieder bewusst kleinen Mengen verschiedener Ballaststoffe aussetzen, um ihre individuellen Trigger und ihre persönliche Verträglichkeitsschwelle zu finden (Provokationsphase). Daran schließt dann die Erhaltungsphase an, in der sich die Menschen bemühen, die vorher gefundenen Grenzen einzuhalten, aber ansonsten doch Ballaststoffe zu essen. So wird vorgegangen, weil selbst bei FODMAP-Sensibilität die grundsätzlich positive Wirkung von Ballaststoffen erkannt wird, und mit dem absoluten Verzicht auf FODMAP-haltige Produkte den allermeisten Menschen ein langfristiger Bärendienst erwiesen würde.

Insofern nochmal mein Plädoyer aus dem Frankenfood-Thread: "So unverarbeitet und ballaststoffreich wie möglich, so verarbeitet und raffiniert wie nötig." Das mag in der Praxis für zwei verschiedene Menschen in komplett untersschiedlichen Kostformen resultieren, und in Einzelfällen sogar gänzlich falsch sein (z. B. Untergewichtiger, der zunehmen will, oder Menschen mit extrem schweren Verdauungsproblemen). Dennoch denke ich, dass 90+ % aller Menschen mit dem Motto nicht schlecht fahren, wenn sie ihre individuellen Grenzzen berücksichtigen und nicht "zuviel wollen" (also 100% bei Vollmond gepflückte Rohkost, o. ä.).

Wenn man merkt, dass man einzelne Produkte selbst in kleinen Mengen nicht verträgt, dann meidet man sie natürlich, selbst wenn sie allgemein als "gesund" gelten. Bei mir sind das z. B. Leinsamen und Haferflocken. Der Rest der Familie isst diese zwei Sachen aber weiterhin täglich, und ich würde den Teufel tun, sie davon abzubringen.

Long post, hätte man vielleicht auch kürzer fassen können. Ich bin in diesem Thema selbst so drin, dass ich den Wald vor lauter Bäumen oft nicht sehe. Bin gespannt, welche Rückmeldung von euch kommt.
"The greatest obstacle to discovery is not ignorance - it is the illusion of knowledge." - Daniel J. Boorstin

"If you want to be more successful, double your failure rate. Success lies on the far side of failure." - Thomas J. Watson

Sabotagehase
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Beitrag von Sabotagehase » 18. Feb 2020 14:05

klingt plausibel

@illith ja das hab ich mir auch gedacht

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Vampy
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Beitrag von Vampy » 18. Feb 2020 18:04

illith hat geschrieben:
18. Feb 2020 11:37
Vampy hat geschrieben:
18. Feb 2020 02:48
zu weißem reis gibts aber halt auch keine alternative
hä?²
na vollkorn-reis ist doch kein reis, wurde mir mal gesagt... da kann man sich nicht zwichen vk und weiß entscheiden, wie bei nudeln und brot
illith hat geschrieben:
18. Feb 2020 11:36
Sphinkter hat geschrieben:
17. Feb 2020 20:50
Vollkorn mümmeln, ist doch eher eine neuartige Erfindung, oder?
hä? :?:
sphinker meinte wohl, dass der vk-trend wohl erst in den letzten jahren aufgekommen ist, als ballaststoffe und generell vollwertig und "zurück zur natur" getrendet ist - vorher gings ja eher um energieversorgung und man hat sich um gesundheitsgedöns nicht so gedanken gemacht bzw. das wissen noch nicht gehabt. überhaupt ist es ja ein luxusproblem.

btw ich liebe es 8-)
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schwarz
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Beitrag von schwarz » 18. Feb 2020 18:59

Vollkornreis ist schon Reis, nur ungeschält. Das, was uns als Wildreis verkauft wird, ist hingegen kein Reis.
enter the void.

Sabotagehase
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Beitrag von Sabotagehase » 18. Feb 2020 19:12

das was schwarz sagt
bzw.: es gibt eben den Vollkornreis, der ist z.T. geschält bzw. gedroschen (vom Rohreis zum Vollkornreis). Dann kann man diesen Reis entweder gleich schälen oder als Parboiled-Reis einweichen und dämpfen, sodass ein Großteil der guten Inhaltsstoffe der Schale etc. in das Korn diffundiert, sodass er geschält werden kann, ohne dass alle guten Eigenschaften verloren gehen. Reis ist also nicht gleich Reis.

Das was kein Reis ist, ist wie Schwarz sagt, der sog. Wildreis (bot. Wasserreis) und in einer anderen Gattung, aber auch ein Süßgras. Der ist aber "nur" dises langkörnige dunkle.
Alles andere ist soweit ich weiß die Gattung Oryza, also der "richtige Reis", egal ob grün, braun, rot, lang, rund,....

Also nicht dass du denkst ich würde dich für blöd halten, kann es vlt. sein dass wir hier unter begriffen einfach was anderes verstehen?

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