"Glückliche" Kühe

Diskussionen pro & contra
Jenna
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"Glückliche" Kühe

Beitrag von Jenna » 3. Jul 2017 15:45

Hallo liebe Community!

Es ist immer wieder die gleiche Leier. "Glückliche" Nutztiere. Seit Neuestem hängt bei den Eiern im Edeka hier ein Schild, dass die über die Arten der Hühnerhaltung aufklären will (Bodenhaltung, Käfighaltung, Bio-Haltung,...), das Ganze allerdings gleichzeitig ziemlich verharmlost... dann wirbt dieses tolle Unternehmen noch tatsächlich dafür, dass ihre Eier von garantiert glücklichen Hühnern kommen... ich könnte schreien.
Kommen wir zum Punkt: Ein Bekannter ist der Meinung, Milch von glücklichen Kühen existiert wirklich. Denn es gäbe ja Bauern, die ihren Kühen Gitarre vorspielen und diese würden ja auf der Weide freudig muhend auf den Bauern zukommen, wenn sie das hören. War mal irgendwo im Fernsehen eine Doku darüber. Das würde davon zeugen, dass die Kühe ja gar nicht so leiden würden.
Ehrlich gesagt habe ich darauf keine richtige Antwort gewusst, außer noch einmal zu wiederholen, dass den Kühen ihre Kälber genommen werden, dann noch das Einsperren... schließlich kam folgendes Argument: Wenn es der Wissenschaft gelingen würde, die Kuh so zu züchten (Gentechnik oder so), dass sie kein Kalb bekommt, aber trotzdem Milch gibt und sie gut behandelt, wäre das doch kein Problem mehr. Da wurden wir zum Glück unterbrochen... was für eine blödsinnige Diskussion.

Wie denkt ihr darüber? Für mich ist das einfach nicht akzeptabel, die Milch der Kühe zu nehmen. Ich bin der Meinung, sie leiden, selbst wenn sie keine Kälber bekommen würden. Das mit der Musik und den Kühen, die muhend auf den Bauern zukommen, hat mich aber ehrlich gesagt leicht verwirrt (Vielleicht bin ich aber auch zu müde, um gerade einen Zusammenhang herzustellen :drop1: )

Mit freundlichen Grüßen,

Jenna
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"Kinder, das Essen wird welk!"

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illith
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Beitrag von illith » 3. Jul 2017 16:53

ich frag mich sowieso immer, was solche philosophischen Gedankenspiele bringen sollen, wo es doch um ganz konkrete und reale Problematiken geht :?:
und WENN irgendwo ein Bauer seinen Kühen Gitarre vorspielt und sie in den Schlaf streichelt und ihnen meinetwegen sogar Gnadenbrot bis zu ihrem natürlichen Ende gibt, auch wenn sie keine Milch mehr produzieren - was hat das mit der tatsächlichen Situation im Supermarkt zu tun? (und dass das JEDER oder von mir aus jeder zweite Milchbauer so macht, wird dein Freund ja vermutlich nicht annehmen)

auch in den seltenen Fällen, wo die Haltungsbedingungen vlt wirklich sehr gut sind - wie du ja teils schon gesagt hast, bleibt es dabei, dass die Kühe (meistens vom Tierarzt) geschwängert wurden (man könnte auch ein anderes Wort dafür verwenden), ihnen ihr Kind weggenommen wird (geschlachtet oder selbst zur Milchkuh) und sie am Ende ihrer Produktionsglanzleistungszeit um die Ecke gebracht wird.

man muss ja auch bedenken, dass Milchviehzüchter überlicherweise keine Hobby-Millionäre sind, die einer Liebhaberei nachgehen. das sind wirtschaftliche Betriebe - und man hört ja, wie die Milchbauern immer am rumheulen sind und mit Subventionen zugeballert werden, damit sie über die Runden kommen.
Gitarre spiele auf der Weide dürfte da ein bisschen eng werden...
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Akayi
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Beitrag von Akayi » 3. Jul 2017 17:58

Zumal ja gar nicht klar ist was für eine Konditionierung dahinter steckt. Dein Kumpan interpretiert einfach mal das wäre so etwas wie Wiedersehensfreude. Vielleicht denken Kühe das auch wenn sie Gefängnisinsassen dabei beobachten wie sie zum Essen fassen zusammenkommen.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

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morten
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Beitrag von morten » 3. Jul 2017 20:01

Jenna hat geschrieben:Argument: Wenn es der Wissenschaft gelingen würde, die Kuh so zu züchten (Gentechnik oder so), dass sie kein Kalb bekommt, aber trotzdem Milch gibt und sie gut behandelt, wäre das doch kein Problem mehr.
Wenn es uns bloß gelingen würde, eine wissenschaftlich nachweisbar gesunde und nachhaltige Ernährung unter minimalem Tierleid zu gewährleisten … :taped:

Das sind die schlimmsten Leute. Diese "Ich bin ja gegen Massentierhaltung, aber"-Leute, die logisch inkonsistent argumentieren und die falschen Schlüsse aus ihren eigentlich richtigen Motiven ziehen :kk:

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chestnut
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Beitrag von chestnut » 4. Jul 2017 00:09

Ich "kenne" sehr viele Kühe und ich kann dir garantieren, dass es denen vollkommen schnuppe ist, ob ihnen ein Bauer ein Lied auf der Gitarre vorspielt. Das Wohlbefinden der Tiere steigert sich dadurch jedenfalls nicht, eher sinkt es. Denen ist es am liebsten, sie werden in ihrer Herde in Ruhe gelassen.
Auch ist es eine Falschannahme, Kühe würden es gut finden, wenn man sie streichelt. Es gibt möglicherweise Tiere, die daran gewöhnt sind, aber "natürlicherweise" haben sie überhaupt kein Bedürfnis nach menschlicher Nähe.
Ergo sind solche Aktionen bestenfalls gut gemeint und gut fürs Marketing, aber Kühe haben nichts davon.

Der Gedanke, irgendwann könne man vielleicht Kühe genetisch so manipulieren, dass sie Milch geben, ohne geschwängert zu werden, ist ja vollkommen absurd. So viel zum Thema "natürliches Produkt". :arf: Anstatt Lebewesen in Maschinen umzufunktionieren, könnte man Proteinquellen einfach maschinell/industriell herstellen und auf ein ernährungsphysiologisch vollkommen unnötiges Produkt wie Milch einfach verzichten (wie es Veganer ja jetzt schon problemlos praktizieren).

Jenna
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Beitrag von Jenna » 4. Jul 2017 15:48

Danke für die Antworten. Ich stimme euch vollkommen zu. Man kann sich noch so viele Gedanken zu einer vermeintlichen Verbesserung machen, die Realität sieht einfach anders aus. Ich kann mir noch so viele Gedanken über Krebs machen und wenn das Leben anders wäre könnte man das vermutlich heilen... ist es aber nicht. Ich glaube auch nicht, dass dieser Bauer sein Leben opfert, um Tag und Nacht den Kühen was vorzuspielen oder jeden Tag auf die Weide kommt und ihnen seine ganze Liebe schenkt. Vorallem war es ja ein Fernsehbericht. Wer weiß, was da alles gelogen und verdreht wird... gibt's ja leider immer wieder, genau wie mit der freundlichen Bio- und Weide-Milch. Sollen ja alle so gut gehalten werden. Es wird zudem ja immer wieder aufgedeckt, dass vermeintliche "gute" Unternehmen ihre Tiere gar nicht so gut behandeln (da war doch erst letztens wieder was mit PETA) ... dass manche Menschen da immer noch an ihrem fröhlichen Weltbild festhalten wollen ist einfach merkwürdig. :? Und am Ende bleibt der Tod, weil die Leistung nachlässt.
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somebody
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Beitrag von somebody » 4. Jul 2017 20:17

In den 80er Jahren züchtete in der Nähe von Gießen in Hessen ein Zahnarzt als Hobby schottische Hochlandrinder. Ich nahm Artikel in der Provinzpresse als Anlass eines Besuchs. Glücklich wirkten die auf umfangreichem Gelände weidenden Tiere nicht auf mich. Vielmehr wirkten sie auf mich traurig. Meines Wissens starben die Rinder keinen natürlichen Tod. Ich verfolgte das Projekt nicht weiter.
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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 4. Jul 2017 20:34

in-vitro Milch oder gtfo!
Man hat jeden Tag die Chance die bestmögliche Version von sich selbst zu sein. ♥

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 5. Jul 2017 04:02

Sojadrink vielleicht noch?
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

mads_s
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Beitrag von mads_s » 23. Jul 2017 04:24

Es ist ja zunächst schon mal positiv, wenn dein Bekannter sich überhaupt Gedanken darüber macht, wie es den Tieren geht, da darf man dann gerne in die weitergehende Diskussion einsteigen. Würden wir erstmal an den Punkt kommen, in denen flächendeckend diese vermeintlich glücklichen Kühe existierten - d.h. Kühe, die auf weiträumigen Weideflächen gehalten und aus Sicht der Allgemeinheit anständig behandelt würden - würde schon der steigende Fleischpreis vieles am Elend bessern. Ich habe ja grundsätzlich nichts gegen radikal denkende Veganer, aber letztlich taugt deren Argumentationslinie auf politischer und gesellschaftlicher Ebene wenig, wenn sie den grundsätzlich an Besserung Interessierten keinen Freiraum bei der Bildung des Problembewusstseins mehr lässt.

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