Speziesismus unter Veganern

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DarkInsanity
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Beitrag von DarkInsanity » 29. Aug 2017 17:25

Mr. Kennedy hat geschrieben: Nein. So etwas wie die Komplexität eines Bewusstseins, lässt sich objektiv überhaupt nicht erfassen, da wie gesagt Bewusstsein und dessen Qualitäten selbst naturwissenschaftlich nicht zu erfassen ist.
[...]
Nein.

Mir scheint dass du mit den grundlegenden Begrifflichkeiten nicht wirklich vertraut bist, da du fortwährend versuchst Dinge zu kategorisieren, für die das nicht möglich ist. Du versuchst hier die jeweiligen subjektiven Erlebnisinhalte neuronaler Zustände zu vergleichen, die sogenannten Qualia. (Schmerz, Wohlbefinden, etc.) Das kann man noch nichtmal bei zwei Menschen vergleichen. Hierzu schlage ich mal eine kleine Lektüre vor: https://de.wikipedia.org/wiki/Qualia
Das sollte als Anfang genügen, damit du die Problematik hinter deiner Argumentation verstehst.
Immerhin ein Versuch, aber du gehst nicht ansatzweise auf meine vollständige Argumentation ein. Naja, I take it...

"Also, wenn wir von einem in Bezug auf Wohlbefinden netto-positiven Leben (mehr gute als schlechte Reize) ausgehen, dann bedeutet das, dass jeder einzelne wahrnehmbare Reiz statistisch gesehen netto-positiv ist. Daraus folgt, dass eine höhere Menge an wahrnehmbaren Reizen zu mehr Wohlbefinden führt. Da wir das Ganze abstrakt betrachten, müssen wir davon ausgehen, dass die Bewertungen auch proportional zur statistischen Erwartung positiv oder negativ ausfallen. Im umgekehrten Fall (netto-negatives Leben; vermutlich der Fall bei Tieren in der Massentierhaltung) dann wäre höhere Kognition aus den gleichen Gründen schlecht für das Wohlbefinden. Das habe ich versucht rüberzubringen, als ich sagte, dass die Auswirkungen positiver und negativer Reize intensiver sind bei höherer Kognition. Ich denke sowohl quantitativ als auch qualitativ sorgt höhere Kognition einfach für "mehr Erlebnis"."

Also, wir haben keine Möglichkeit zu beweisen, dass Solipsismus falsch ist. Heißt das, dass jeder Aspekt unseres Verhaltens irrelevant ist und nichts Sinn macht? Oder ist es eine gute Idee, die Realität soweit zu beurteilen, wie die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse es erlauben? Ich stelle das deshalb in den Raum, weil ich mir nicht sicher bin wie weit du dich gerade an philosophisches Urgestein heranbewegst, wenn du behauptest, das worüber ich rede sei nicht naturwissenschaftlich zu erfassen. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden anerkannt, wenn sie testbar sind und vorhersagbare Resultate erzielen.
Es fällt auch auf, dass du nur auf Kognition eingehst. Scheinbar weil du es für den am leichtesten angreifbaren Aspekt hältst (wo ich zustimmen würde). Welche Erklärung hast du dafür, dass Lebenslänge nicht moralisch relevant sein soll? Wieso sollte es das gleiche sein einen Menschen umzubringen, der 100 Jahre alt werden kann und ein Insekt, was womöglich nichtmal ein Jahr alt wird?
Außerdem, wenn "die Problematik meiner Argumentation" tatsächlich stehen bleiben sollte, nachdem du ehrlich auf meine Position eingegangen bist, was ist dann? Du bist noch nicht auf meine Ausführungen dazu eingegangen, warum Speziesismus nicht logisch konsistent ist.
Palmesel hat geschrieben:Das ist eine sehr gute Frage! Allein diese Anerkennung würde ein Speziesist Dir verweigern. Nun fahre ich meistens Fahrrad, aber auch dabei kommt es zu vielen Unfällen mit Kleinstinsekten. Ich denke, es ist eine gewisse Gewöhnung dabei. Soldaten in Kriegen hinterfragen das Erschießen anderer Menschen irgendwann auch nicht mehr mit derselben Intensität. Ich würde trotzdem nicht schließen, dass sie alle Menschenverachter seien. Die Bishnoi gehen bei Nacht nicht vor die Tür, um keine Insekten zu zertreten - sie machen das besser, als ich. Ich denke, sie machen es richtig.
Nein, damit bist du nicht aus dem Schneider. Du hättest ein Problem damit, wenn jemand sagen würde "es ist zwar ein Widerspruch zu meiner Moral, aber es ist eben meine kulturell bedingte Gewohnheit. Zumindest verweigere ich nicht die Anerkennung dessen" und damit dann rechtfertigt dich umzubringen. Dies selber als Rechtfertigung vorzubringen erzeugt eine Doppelmoral. Du findest es sicherlich auch moralisch verwerflich, dass die Taliban ihre Frauen steinigen, wenn die versuchen lesen zu lernen, oder? Sicherlich ist deine Reaktion in dem Kontext ein bisschen stärker als "Die Bishnoi machen das besser"

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Palmesel
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Beitrag von Palmesel » 29. Aug 2017 17:39

DarkInsanity hat geschrieben:Nein, damit bist du nicht aus dem Schneider. Du hättest ein Problem damit, wenn jemand sagen würde "es ist zwar ein Widerspruch zu meiner Moral, aber es ist eben meine kulturell bedingte Gewohnheit. Zumindest verweigere ich nicht die Anerkennung dessen" und damit dann rechtfertigt dich umzubringen. Dies selber als Rechtfertigung vorzubringen erzeugt eine Doppelmoral. Du findest es sicherlich auch moralisch verwerflich, dass die Taliban ihre Frauen steinigen, wenn die versuchen lesen zu lernen, oder? Sicherlich ist deine Reaktion in dem Kontext ein bisschen stärker als "Die Bishnoi machen das besser"
Ich habe nicht behauptet, die Anerkennung der Frage reiche schon aus, um kein Speziesist zu sein. Und ich lebe auch nicht, um aus dem Schneider zu sein, oder keine Fehler zu machen. Erst muss ich meinen moralischen Kompass eichen, und dann muss ich das umsetzen, so gut ich kann, Schritt für Schritt. Würde ich sagen: "die Fliegen sind mir egal" oder "daran, dass die sterben, kann ich halt nix machen", dann wäre das eine Doppelmoral. Mit meinen Möglichkeiten realistisch zu arbeiten ist nicht unmoralisch. Das Fliegenthema wird jetzt sicher in mir arbeiten, aber ich muss aus dem Haus gehen, und dass ich eine unvorsichtige Fliege einatme, kann ich nun mal nicht immer vermeiden. Deshalb nenne ich sowas "Unfall". Ich bin kein Speziesist.

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Kriegskaese
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Beitrag von Kriegskaese » 29. Aug 2017 19:27

DarkInsanity hat geschrieben:Also, wenn wir von einem in Bezug auf Wohlbefinden netto-positiven Leben (mehr gute als schlechte Reize) ausgehen, dann bedeutet das, dass jeder einzelne wahrnehmbare Reiz statistisch gesehen netto-positiv ist. Daraus folgt, dass eine höhere Menge an wahrnehmbaren Reizen zu mehr Wohlbefinden führt.
Jetzt, wo ich das nochmal lese, fällt mir ein Fehler in der Logik auf: Die Folgerung stimmt nur, wenn die zusätzlichen Reize den bereits vorhandenen Reizen gleichen. Ein Lebewesen, dessen gesamte Wahrnehmung z.B. aus "physikalischen" Reizen bestand und nun plötzlich die Fähigkeit zu komplexen Gedankengängen erhält, bewertet diese zusätzlichen Reize nicht zwingend genau so, wie die bisherigen Reize.

Unabhängig davon, vergleichst du ein und das selbe Individuum, einmal, wenn es niedrige kognitive Fähigkeiten hat und einmal, wenn es hohe hat. Das sagt erst mal noch gar nichts über das Wohlbefinden von zwei unterschiedlichen Personen mit unterschiedlicher Kognition aus.

Wenn man Aussagen darüber machen möchte, welche Individuen, mehr oder weniger Leid empfinden, dann ist das nur in wenigen Fällen möglich, und auch nur ansatzweise abschätzbar. z.B. bin ich mir relativ sicher, dass ein Buddhistischen Mönch unter einem gebrochenem Bein weniger leidet, als eine durchschnittliche Person. Grund dafür ist, dass der Mönch viele Jahre damit verbringt, genau die Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu trainieren, die dazu führen, dass sein Wohlbefinden weniger von "äußeren Phänomenen" beeinflusst wird, als das bei einem untrainierten Menschen der Fall ist. Und das kann ich auch nur sagen, weil ich davon ausgehe, dass das Bewusstsein anderer Menschen ähnlich funktioniert, wie mein eigenes. Je weniger ähnlich mir eine andere Spezies ist, desto weniger sicher kann ich mir darüber sein. Und weil das so unterschiedlich von Individuum zu Individuum ist und wir nur sehr wenige Vorstellungen darüber haben, wie das Innenleben von anderen Spezies aussieht, sind allgemeine Aussagen darüber, dass eine Spezies mehr Wohlbefinden empfinden kann als eine andere, meiner Meinung nach nicht haltbar. Wenn man derartige Aussagen über Gruppen überhaupt machen kann, dann müssen sie sich, soweit ich das beurteilen kann, auf jeden Fall auf bestimmte Reize beziehen (wie mein Beispiel mit dem gebrochenen Bein). Ein anderes Beispiel: Es ist (meistens) weniger schlimm, einem erwachsenen Menschen eine Ohrfeige zu verpassen, als eine Ohrfeige mit der selben Intensität einer erwachsenen Maus zu verpassen.
DarkInsanity hat geschrieben:Ich verstehe [unter "moralischem Wert"] den Grad zu welchem ein Individuum Berücksichtigung in den Handlungen moralischer Akteure (Indiviuen, die sich ein Konzept von Moral machen können) finden sollte.
Was verstehst du unter dem "Grad der Berücksichtigung"? Angenommen die Interessen von mehreren Individuen, denen du unterschiedlichen moralischen Wert zuschreibst, geraten in Konflikt. Wie wirkt sich der moralische Wert dann auf die Handlung aus, die deiner Meinung nach durchgeführt werden sollte?
Palmesel hat geschrieben:Erst muss ich meinen moralischen Kompass eichen, und dann muss ich das umsetzen, so gut ich kann, Schritt für Schritt.
Das sehe ich auch so. Wenn man sich einmal klar darüber ist, welche moralischen Vorstellungen man hat, dann heißt das noch lange nicht, dass man das einfach von heute auf morgen umsetzen kann. Unser Verhalten wird ja nicht nur von unseren moralischen Vorstellungen bestimmt. Gefühle, Gewohnheiten und psychologische Effekte wie Gruppenzwang uvm. hindern uns häufig daran, unsere Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Zu beachten ist aber, dass das weder eine Rechtfertigung für unmoralisches Verhalten ist, noch, dass das Verhalten dadurch in irgendeiner Weise weniger unmoralisch wird. Was diese Sichtweise jedoch bewirkt, ist dass sie uns vor unnötigen Vorwürfen und Schuldgefühlen bewahrt.

hansel
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Beitrag von hansel » 30. Aug 2017 00:18

@somebody:
Ich hätte gern wenigsten einen ungefähren Hinweis darauf, was bei meinem Beitrag gestern nachmittag in diesem Faden problematisch gewesen ist. Ich habe nicht die geringste Ahnung.
Gerne auch als PN....

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 30. Aug 2017 07:01

Zu leichtfertiger Umgang mit rassistischen Kategorien und Ideen wird hier zum Glück nicht gern gesehen.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

hansel
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Beitrag von hansel » 30. Aug 2017 07:53

Gerade das habe ich doch in keinster Weise gemacht. Ich habe ja gerade dargestellt, dass der Begriff Rasse beim Menschen in D zumindest obsolet ist, weil er unter den Nazis (aber auch sonst unter Pseudo-Ethnologen) diskriminierend und zudem auch falsch verwendet worden ist. In den USA wird er nach dem Phänotypus offiziell auf Dokumenten und bei Volkszählungen weiter verwendet(z.B. "Caucasian Race"), angeblich nicht diskriminierend, obwohl wissenschaftlich nicht haltbar.

Spezies (Art) ist dagegen wissenschaftlich definiert: Ursprünglich nach der Möglichkeit, fertile Nachkommen zu erzeugen und nach dem Erscheinungsbild, heutzutage zusätzlich kladistisch, nachdem die evolutionären Zusammenhänge mehr bekannt sind.
Spezies (Art) ist also als ein biologisches Taxon deutlich beschreib- und abgrenzbar - im Gegensatz zur "Rasse".
Der Schluss, dass deswegen der Vergleich von Rassismus und Speziesismus sinnlos ist, ist allerdings mein eigener und braucht von niemandem geteilt zu werden.

Was ist daran "problematisch"?
Allenfalls könnte man mir Biologismus vorwerfen.

„Nichts in den Geisteswissenschaften ergibt einen Sinn, außer im Lichte der Biologie.“
– Ulrich Kutschera

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 30. Aug 2017 08:28

Auch biologistisch verkleideter Rassismus ist nicht gerne gesehen.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

hansel
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Beitrag von hansel » 30. Aug 2017 08:44

Würde ich auch ganz und gar nicht gerne sehen.
Nur - was sollte an meinen Äußerungen rassistisch sein?
Ich glaube, du gehst mit deinen Phrasen etwas vorschnell und gedankenlos um.

(Das Zitat von Kutschera war sicher eine kleine Provokation - aber auch dem ist noch nie Rassismus vorgeworfen worden)

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 30. Aug 2017 08:54

Biologismus, Rassismus, Holocaustrelativierung. Alles nur kleine Provokationen? Umso wichtiger dass das unterbunden wird.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

hansel
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Beitrag von hansel » 30. Aug 2017 09:21

Hast du einen Beleg dafür, mir Holocaustrelativierung und/oder Rassismus vorzuwerfen?

(Biologismus - ich nenne es Naturalismus bzw. Realismus - akzeptiere ich in sofern, dass ich versuche, von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen auszugehen. Allerdings müssen sie falsifizierbar sein.)

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