Speziesismus unter Veganern

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hansel
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Beitrag von hansel » 28. Aug 2017 20:00

DarkInsanity hat geschrieben: @hansel:
Der Einwand, dass beides (gemeint sind wohl Speziesimus und Rassismus) Formen von Tribalismus sind, bleibt bestehen.
Schon wieder ein "neuer" Begriff, dem man eine neue abwertende Bedeutung geben will. Tribalismus ist (anders als Rassismus) doch nicht prinzipiell abzulehnen. Als Kommunitarismus feiert er in vielen modernen Gemeinschaften fröhliche Urständ.
Das ist z.T. evtl. nur Nostalgie aber oft auch ein echtes Bedürfnis nach Gemeinschaft uner Gleichgesinnten.
Tribalistische Stämme im herkömmlichen Sinn sind zwar in sich abgeschlossen aber nicht unbedingt abwehrend gegenüber Fremden, die sie bei Beachtung ihrer Regeln in sich aufnehmen.
Beim Schreiben dieser Zeilen kommt mir der Gedanke, ob die vegane Bewegung nicht auch einige Merkmale von Tribalismus erfüllt.
Was ja schon beweisen würde, dass Tribalismus nichts negatives per se ist.

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Kriegskaese
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Beitrag von Kriegskaese » 28. Aug 2017 20:07

Könntet ihr mal kurz definieren, was ihr unter "moralischem Wert" versteht? Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns da einig sind.

DarkInsanity
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Beitrag von DarkInsanity » 28. Aug 2017 20:48

@hansel:
Kann sein, dass Tribalismus noch andere Bedeutungen hat, gegen die nichts einzuwenden ist. Ich verwende es in diesem Kontext als Sammelbegriff für alles, was von einer arbiträren Gruppenidentität (Rasse, Nationalität, Spezies, etc.) ausgehend zu einer stärkeren Verbindung mit den Angehörigen dieser Gruppe führt.

@Kriegskaese:
Ich verstehe darunter den Grad zu welchem ein Individuum Berücksichtigung in den Handlungen moralischer Akteure (Indiviuen, die sich ein Konzept von Moral machen können) finden sollte.

Mr. Kennedy
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Beitrag von Mr. Kennedy » 28. Aug 2017 22:38

Palmesel hat geschrieben:Du irrst Dich. Meine Tendenz dazu folgt meiner Erziehung, wie es bei den meisten Menschen ist. Aus dem Bauch erscheint mir auch Pipi Langstrumpfs Vater als Negerkönig unproblematisch, obwohl ich kein Rassist bin. Denn im Denken und bedachten Entscheiden bin ich mir der latenten Gefahr eines Speziesismus bewusst, und berücksichtige es. Ich bin kein Speziesist.
Benutzt du regelmäßig oder gelegentlich einen PKW, als Fahrer oder Beifahrer? Falls ja, würdest du das weiterhin tun, wenn pro Fahrt als einkalkulierbare Zwangsläufigkeit im Durchschnitt mehrere Dutzend Menschen auf deiner Windschutzscheibe aufschlagen und verenden würden? Falls nein, warum nicht?
Palmesel hat geschrieben:Die Wahrnehmung wird deutlich eingeschränkt, und sie ist Teil von Kognition. Aber wenn Du klar hast, welche Definition von Kognition von DarkInsanity und Dir benutzt wird, dann verlink mir sie mir doch bitte, damit wir eine Sprache sprechen.
Diese hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Kognition ... sychologie
"In der Psychologie bezeichnet Kognition die mentalen Prozesse und Strukturen eines Individuums wie Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Urteile, Wünsche und Absichten. Kognitionen können als Informationsverarbeitungsprozesse verstanden werden, in denen Neues gelernt und Wissen verarbeitet wird, z. B. in Bezug auf Denken und Problemlösung."
Kognition umfasst in jedem Fall eine Art Informationsverarbeitung. Das ist bei dem Beispiel der lokalen Anästhesie nicht der Fall. Wobei ich insgesamt sagen muss, dass diese Haarspalterei uns nicht weiterbringt.
Palmesel hat geschrieben:Dieses Ergo fällt mir ein bisschen schnell vom Himmel. Wer weniger Sinne hat, empfindet die vorhandenen womöglich viel intensiver - sie sind ja seine ganze Welt.
Pure Spekulation und argumentfreies Palaver, weshalb all dieses Kognitionsgefasel insgesamt völlig sinnbefreit ist. Ich habe nur den logischen Haken aufzeigen wollen, der bei eurem Anästhesie-Beispiel besteht, wenn ihr zeigen wollt, dass geringere Kognitionleistung zu höherem Wohlbefinden führen kann, wo es in dem Fall doch tatsächlich so ist, dass die geringere Kognitionsleistung eher zu reduziertem Schmerzempfinden führt. Und somit eher ein Argument FÜR die Tierausbeutung sein könnte, als umgekehrt.
DarkInsanity hat geschrieben: So sehr du es auch wahr haben willst, dass jeder genau so speziesistisch ist wie du, um dich dann besser zu fühlen, es ist einfach nicht der Fall. Ich halte Regenwürmer nicht aus Prinzip für weniger wertvoll als Menschen. Ich denke, dass die höhere Kognition, die längere Lebensdauer, der durch komplexere soziale Strukturen höhere extrinsische Wert und diverse weitere Faktoren einen typischen Mensch wertvoller als einen typischen Regenwurm machen.
Und genau das ist Speziesismus. Du hast gerade einfach nur biologische Unterschiede der beiden Spezies Mensch und Regenwurm aufgezählt und diese dann arbiträr als Rechtfertigung für die moralische Abwertung des Regenwurms angeführt. Analog könnte ich sagen, dass ich denke, dass die hellere Hautfarbe, die schmaleren Lippen und die steilere Nase einen typischen Weißen wertvoller als einen typischen Schwarzen machen. Dann wäre ich aber immer noch ein Rassist.

DarkInsanity
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Beitrag von DarkInsanity » 28. Aug 2017 23:46

Mr. Kennedy hat geschrieben:Und genau das ist Speziesismus. Du hast gerade einfach nur biologische Unterschiede der beiden Spezies Mensch und Regenwurm aufgezählt und diese dann arbiträr als Rechtfertigung für die moralische Abwertung des Regenwurms angeführt. Analog könnte ich sagen, dass ich denke, dass die hellere Hautfarbe, die schmaleren Lippen und die steilere Nase einen typischen Weißen wertvoller als einen typischen Schwarzen machen. Dann wäre ich aber immer noch ein Rassist.
Womit würdest du das begründen? Welche moralisch relevanten Gründe könntest du für die höhere Wertschätzung aufgrund der weißen Haut, der schmalen Lippe und der steileren Nase aufbringen? Vermutlich keine.
Die Gründe, die ich aufzähle, tragen zu dem Potential für Wohlbefinden bei. Wenn du das für arbiträr hältst, hast du die Beweislast zu demonstrieren warum. Was ist deiner Meinung nach noch grundlegender für moralische Entscheidungen als Wohlbefinden?

Mr. Kennedy
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Beitrag von Mr. Kennedy » 29. Aug 2017 00:07

Wie wir ja bereits erörtert haben, kannst du nicht darlegen inwiefern die aufgezählten Unterschiede überhaupt auf ein subjektiv vermindertes Wohlbefinden seitens des Regenwurms schließen lassen. Die Qualia eines subjektiven mentalen Zustandes lässt sich mit naturwissenschaftlichem Ermessen nicht erfassen. Woher willst du wissen, dass sich jede Sekunde der Existenz eines Regenwurms nicht für ihn anfühlt wie ein hunderfacher menschlicher Orgasmus?

DarkInsanity
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Beitrag von DarkInsanity » 29. Aug 2017 10:01

Erkläre, wie du darauf kommst, dass ich das nicht darlegen kann. Gehe bitte endlich auf meine Argumente ein. Das ist dann im übrigen auch die letzte Chance, die ich dir gebe, bevor ich dich als intellektuell unehrlich abhake.

Zu der Behauptung, wir wüssten nicht wie der Regenwurm sich fühle. Richtig. Das habe ich bereits ganz am Anfang des Threads geschrieben. Wir können nur das mit in Überlegungen einbeziehen, was wir wissen. Ich kann auch sagen, die Realität existiert nicht und deshalb ist nichts unmoralisch. Beweisen kann ich das aber nicht.

Mr. Kennedy
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Beitrag von Mr. Kennedy » 29. Aug 2017 15:30

DarkInsanity hat geschrieben: Also: Es ist wissenschaftlich anerkannt, dass das Bewusstsein vom Gehirn erzeugt wird, da Gehirnschäden das Bewusstsein schädigen oder zerstören.
So halb, ja. Es ist aber nichtmal ansatzweise nachvollziehbar, wie und warum bei der Informationsverarbeitung durch ein neuronales Netzwerks überhaupt sowas wie ein Bewusstsein entsteht.
DarkInsanity hat geschrieben:Es ist auch bekannt, dass eine Erhöhung oder Verringering der Funktionsfähigkeit des Gehirns eine Erhöhung oder Verringerung der Komplexität des Bewusstseins hervorruft.
Nein. So etwas wie die Komplexität eines Bewusstseins, lässt sich objektiv überhaupt nicht erfassen, da wie gesagt Bewusstsein und dessen Qualitäten selbst naturwissenschaftlich nicht zu erfassen ist.
DarkInsanity hat geschrieben:Es folgt logisch, dass ein Mensch mit hohen kognitiven Fähigkeiten eine stärkere Änderung des Wohlbefindens erfährt, wenn ein gegebener Reiz auf ihn einwirkt, als eine Ameise mit einem sehr viel primitiveren Gehirn.
Nein.

Mir scheint dass du mit den grundlegenden Begrifflichkeiten nicht wirklich vertraut bist, da du fortwährend versuchst Dinge zu kategorisieren, für die das nicht möglich ist. Du versuchst hier die jeweiligen subjektiven Erlebnisinhalte neuronaler Zustände zu vergleichen, die sogenannten Qualia. (Schmerz, Wohlbefinden, etc.) Das kann man noch nichtmal bei zwei Menschen vergleichen. Hierzu schlage ich mal eine kleine Lektüre vor: https://de.wikipedia.org/wiki/Qualia
Das sollte als Anfang genügen, damit du die Problematik hinter deiner Argumentation verstehst.

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Palmesel
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Beitrag von Palmesel » 29. Aug 2017 15:56

Mr. Kennedy hat geschrieben:Benutzt du regelmäßig oder gelegentlich einen PKW, als Fahrer oder Beifahrer? Falls ja, würdest du das weiterhin tun, wenn pro Fahrt als einkalkulierbare Zwangsläufigkeit im Durchschnitt mehrere Dutzend Menschen auf deiner Windschutzscheibe aufschlagen und verenden würden? Falls nein, warum nicht?
Das ist eine sehr gute Frage! Allein diese Anerkennung würde ein Speziesist Dir verweigern. Nun fahre ich meistens Fahrrad, aber auch dabei kommt es zu vielen Unfällen mit Kleinstinsekten. Ich denke, es ist eine gewisse Gewöhnung dabei. Soldaten in Kriegen hinterfragen das Erschießen anderer Menschen irgendwann auch nicht mehr mit derselben Intensität. Ich würde trotzdem nicht schließen, dass sie alle Menschenverachter seien. Die Bishnoi gehen bei Nacht nicht vor die Tür, um keine Insekten zu zertreten - sie machen das besser, als ich. Ich denke, sie machen es richtig.
Mr. Kennedy hat geschrieben:Diese hier...
Danke schön! :up:

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Curumo
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Beitrag von Curumo » 29. Aug 2017 16:27

Und Palmesel so...
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