Speziesismus unter Veganern

Diskussionen pro & contra
Benutzeravatar
Palmesel
Beiträge: 214
Registriert: 03.08.2017

Beitrag von Palmesel » 23. Aug 2017 11:30

DarkInsanity hat geschrieben:Das sehe ich nicht als Widerspruch zu meiner Position.
Es ist keiner. Du sagtest ja völlig zu recht "subjektiv", und das wollte ich unterstreichen.
DarkInsanity hat geschrieben:Du führst eine zusätzliche Komponente ein, die die Schlussfolgerung beeinflusst (im ersten Fall persönliche Vertrautheit mit dem zu rettenden Wesen, im zweiten Fall die Vermeidung eines Völkermords). Damit Gedankenexperimente aussagefähig sein können müssen alle Faktoren außer dem betrachteten (in diesem Fall Kognition) gleich bleiben.
Wenn Du meine Ausführung als Einspruch gegen Deinen Schluss aus Deinem Gedankenexperiment gedeutet hast, hast Du mich missverstanden. Was Deine Schlussfolgerung angeht, bleibe ich bei meiner Einschätzung, die da lautete: "Das ist richtig." Es gibt keine moralische Grundlage, in diesem Fall die Optionen "Krankheit heilen" oder "Krankheit nicht heilen" moralisch zu differenzieren. Viele Leute witzeln ja auch damit, sich Gehirn amputieren zu lassen, weil Dummheit glücklich macht - das weist in dieselbe Richtung. Aber Du deutetest ja bereits an, dass diese Einschätzung für Dich, unabhängig von Deiner persönlichen Präferenz, prinzipiell probabel ist.
DarkInsanity hat geschrieben:Argument 1:
P1: Menschen haben moralischen Wert
P2: Moralische Abwertung erfordert eine Begründung
P3: Es gibt keine Eigenschaft, die Tieren fehlt, die, wenn sie einem Menschen fehlen würde, uns dazu verleiten würde, diesem Menschen seinen moralischen Wert abzuerkennen
K: Tiere haben moralischen Wert

Argument 2:
P1: Tiere haben moralischen Wert (siehe Argument 1)
P2: Es gibt keine Eigenschaft, die Tieren fehlt, die, wenn sie einem Menschen fehlen würde, uns dazu verleiten würde, die Ausbeutung dieses Menschen moralisch zu rechtfertigen
K: Wenn man keine solche Eigenschaft nennen kann, ist Veganismus die einzige Position in Bezug auf die Ausbeutung von Tieren, die keine Widersprüche erzeugt.
Chapeau! Ich werde mir die Freiheit nehmen, mich ggf. Deiner Argumentation wortgetreu zu bedienen, denn prägnanter könnte ich es nicht auf den Punkt bringen.
DarkInsanity hat geschrieben:Ist alles sehr kurz und knapp erklärt, aber es gibt jedenfalls keine Hintertüren, die irgendein Karnist je bemerkt hätte. Man braucht allerdings eventuell sehr viel Zeit, um mit diesem Argument am Ziel anzukommen.
Die Hintertür zur Rechtfertigung des Speziesismus über die tradiert-emotionale Kognitionsdifferenz, die ich vermutete, sollte damit wirklich dicht sein. Vielen Dank für Deine ganz besonders gute Erläuterung. Ich glaub, ich speicher mir mal nen Link auf Deinen Post... :)

hansel
Beiträge: 1154
Registriert: 29.09.2016

Beitrag von hansel » 23. Aug 2017 13:27

Aber euch ist schon klar, dass einige Leute meinen, dass sittliche Überzeugungen sich einem logischen oder mathematischen Beweis entziehen und dass es damit keine objektiven moralischen Werte gibt, sondern nur die subjektiven, mensch-gemachten. - J.L. Mackie z.B.?

Und dass damit eure Beweisführung nicht zwingend von anderen anerkannt werden muss?

DarkInsanity
Beiträge: 62
Registriert: 03.08.2017

Beitrag von DarkInsanity » 23. Aug 2017 14:40

@Palmelse:
Freut mich, dass ich hilfreich sein konnte^^

@hansel:
Wie bereits gesagt, stimme ich zu, dass moral subjektiv ist. Es steht jedem frei, die Prämissen des Arguments abzulehnen. Daraus ergeben sich aber negative Konsequenzen, die bis zu Nihilismus reichen. Wenn man diese negativen Konsequenzen aufzeigt rudern die meiste Leute wieder zurück. Besonders wenn man Beispiele wählt, die die Person selbst betreffen.

Benutzeravatar
Palmesel
Beiträge: 214
Registriert: 03.08.2017

Beitrag von Palmesel » 24. Aug 2017 09:46

hansel hat geschrieben:Aber euch ist schon klar, dass einige Leute meinen, dass sittliche Überzeugungen sich einem logischen oder mathematischen Beweis entziehen und dass es damit keine objektiven moralischen Werte gibt, sondern nur die subjektiven, mensch-gemachten. - J.L. Mackie z.B.?

Und dass damit eure Beweisführung nicht zwingend von anderen anerkannt werden muss?
Wusste ich nicht - wie kann Mackie vernünftig gegen die Logik argumentieren? Lässt sich das ganz kurz umreißen, oder gibt es Infos dazu online?

Benutzeravatar
Kriegskaese
Beiträge: 136
Registriert: 31.01.2015

Beitrag von Kriegskaese » 24. Aug 2017 13:52

DarkInsanity hat geschrieben:(...) da der Mensch intelligenter ist und somit sein Leben mehr Potential für Wohlbefinden hat.
DarkInsanity hat geschrieben:Menschen haben einfach ein sehr viel breiteres und tieferes Bewusstsein, können Konzepte erfassen, die mit den ursprünglichen Überlebens- und Fortpflanzungstrieben scheinbar kaum noch etwas zu tun haben, und sind zu einer deutlich komplexeren Zukunftsplanung befähigt.
Ich glaube nicht, dass mehr Intelligenz das maximal mögliche Wohlbefinden eines Individuums steigert. Intelligenz gibt Personen lediglich zusätzliche Möglichkeiten positive oder negative Emotionen zu erzeugen.
DarkInsanity hat geschrieben:Einem Menschen etwas gutes oder schlechtes anzutun hat demzufolge meiner Auffassung nach eine deutlich stärkere Auswirkung auf das gesamte Wohlbefinden auf der Welt (...), als wenn man genau das gleiche einem Schwein antut.
Das sehe ich anders. Ein intelligenteres Individuum hat zwar generell die Möglichkeit sich durch die Verwendung seiner zusätzlichen kognitiven Fähigkeiten zusätzliches Leid zuzufügen, was ein Wesen ohne diese Fähigkeiten nicht tun kann. Die zusätzlichen kognitiven Fähigkeiten könnten jedoch genauso dazu genutzt werden, um das empfundene Leid zu minimieren. Auch diese Möglichkeit besteht für „dümmere“ Tiere nicht in dem Maße. Wem in einem unvermeidbaren Fall Leid zugefügt werden sollte, hängt meiner Meinung nach von den Fähigkeiten zur Leidminimierung der einzelnen Personen ab. Daher kann ich nicht pauschal sagen, ob es besser wäre einem Schwein oder einem Menschen Leid zuzufügen.

Das ist übrigens auch der Grund warum ich denke, dass „dumme“ Menschen oft glücklicher sind: Zusätzliche Intelligenz wird häufig nicht dazu genutzt um das emotionale Wohlbefinden zu erhöhen, sondern aufgrund von Unwissenheit und schlechten Gewohnheiten hauptsächlich eingesetzt wird um das eigene Wohlbefinden zu verschlechtern.
DarkInsanity hat geschrieben:Argument 1:
P1: Menschen haben moralischen Wert
P2: Moralische Abwertung erfordert eine Begründung
P3: Es gibt keine Eigenschaft, die Tieren fehlt, die, wenn sie einem Menschen fehlen würde, uns dazu verleiten würde, diesem Menschen seinen moralischen Wert abzuerkennen
K: Tiere haben moralischen Wert
Schönes Argument :) , aber: Was würdest du erwidern, wenn jemand zu P3 die Eigenschaft des "Menschseins" bzw. der "Menschlichkeit" nennen würde?

Allgemein zum Holocaust-Vergleich:
Vergleiche sind doch prinzipiell dazu da, um Gemeinsamkeiten und/oder Unterschiede hervorzuheben und so eventuelle Logikfehler in einer Argumentation aufzuzeigen bzw. etwas über sich selbst und seine eigenen Sichtweisen zu lernen. Und genau dafür ist der Holocaust-Vergleich ja nützlich. Dazu muss man auch nicht alle Gemeinsamkeiten und Unterschiede betrachten, sondern eben nur diejenigen, die notwendig sind, um die potentiellen Widersprüche aufzudecken. Holocaust-Vergleiche finde ich in bestimmten Situationen also durchaus sinnvoll.

hansel
Beiträge: 1154
Registriert: 29.09.2016

Beitrag von hansel » 24. Aug 2017 18:07

Palmesel hat geschrieben:wie kann Mackie vernünftig gegen die Logik argumentieren? Lässt sich das ganz kurz umreißen, oder gibt es Infos dazu online?
In dem er meint, dass sich (mathematische) Logik nicht auf Moral-und Ethikfragen anwenden lässt.
Da geht der Mensch von eigenen Ansichten aus, die nicht unbedingt wahr sein müssen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Irrtumstheorie

"Wir begehen nach Mackie einen Fehler, wenn wir unterstellen, dass die moralischen Eigenschaften dieser Handlung, gut oder schlecht zu sein, der Handlung per se als quasi gegenständliche Merkmale zukommen, also objektiv sind. Für Mackie gibt es keine objektiven, von den Umständen, den Gesellschaften und Zeiten unabhängigen moralischen Werte. Moralische Werte sind für ihn stattdessen Resultat eines biologischen und gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses, dessen Hauptinhalt die Begrenzung des Egoismus bzw. die Ausweitung der Sympathie zur Lösung der nicht zu vermeidenden gesellschaftlichen Konflikte ist."

Das ist nicht unbedingt mit Nihilismus wie bei Nietzsche gleichzusetzen.

Benutzeravatar
somebody
Küchenadept
Beiträge: 24889
Registriert: 28.05.2013
Wohnort: Jurassic Park

Beitrag von somebody » 24. Aug 2017 18:20

Moderativer Hinweis:

Holocaust Vergleiche sind ausdrücklich untersagt.

Palmesel, im Fall eines weiteren Holocaust Vergleichs erfolgt dauerhafte Sperrung Deines Accounts.

somebody
Suche Signatur.

Benutzeravatar
Kriegskaese
Beiträge: 136
Registriert: 31.01.2015

Beitrag von Kriegskaese » 24. Aug 2017 19:36

somebody hat geschrieben:Holocaust Vergleiche sind ausdrücklich untersagt.
Das überrascht mich jetzt. :kk: Ich hab weder in den Board-Regeln noch über die Suche einen Hinweis darauf gefunden, dass das verboten ist. Kannst du an dieser Stelle einen Link posten, wo das steht?

Benutzeravatar
somebody
Küchenadept
Beiträge: 24889
Registriert: 28.05.2013
Wohnort: Jurassic Park

Beitrag von somebody » 24. Aug 2017 22:47

Suche Signatur.

DarkInsanity
Beiträge: 62
Registriert: 03.08.2017

Beitrag von DarkInsanity » 25. Aug 2017 00:31

@Kriegskaese:

Wie gesagt, schwierig objektiv festzustellen, ob Kognition das Potenzial für Wohlbefinden erhöht oder nicht. Da allerdings die allermeisten Leute subjektiv höhere Kognition bei sich und anderen wertschätzen (siehe mein Argument weiter oben) ist es nicht notwendig dahinzugehen. Dass du aber sagst, höhere Intelligenz gebe Individuen die Möglichkeit positive und negative Emotionen zu erzeugen spricht ja eher dafür.
Die wenigsten Leute würden ihren eigenen sinnlosen Tod für gerechtfertigt halten, wenn ihr Bewusstsein in den Körper einer Kuh übertragen würde. Demnach haben sie keine logische Grundlage, Menschlichkeit als die ausschlaggebenden Eigenschaft zu nennen.

@hansel:

Ich kann mich halt nur wiederholen. Mein Gegenüber kann sämtliche Logik aufgeben, moralischer Relativist sein oder mir in sonstiger Art und Weise metaethisch widersprechen. Meine Vorgehensweise wird Absurditäten aufdecken. Wenn jemand sagt, dass moral subjektiv ist und damit Ausbeutung rechtfertigen will, fange ich an Fragen zu stellen, die denjenigen unweigerlich in die enge drängen werden, weil er eine nicht verteidigbare Position hat.

"Glaubst du hast ein Recht auf Leben?"
"Warum du und niemand anders?
"Wenn du nicht logisch konsistent sein musst, warum muss ich es dann sein?"
"Welche Grundlage hast du, von mir zu fordern, dich nicht umzubringen?"

Und ja, wenn derjenige bei jeder Frage die bittere Pille schluckt, kann das durchaus in Nihilismus enden (vollständiges Ablehnen moralischer Werte; das ist zumindest eine Bedeutung, kann sein, dass Nietzsches Definition umfangreicher ist, bin mit dem nicht vertraut).


@somebody:

Welcher Abschnitt des Gesetzes verbietet Holocaust-Vergleiche? Das ist mir leider auch neu.

Antworten