Speziesismus unter Veganern

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Curumo
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Beitrag von Curumo » 28. Aug 2017 10:29

Um uns zu behandeln, verringern Ärzte durch Amnestesie unsere Kognition - das steigert unser Wohlgefühl unter den medizinischen Eingriffen erheblich.
Das so falsch, dass es einer Richtigstellung bedarf: Ersteinmal bedingt eine ärztliche Benhandlung keine "Amnestesie" - die Änesthesie ist ein (temporärer) Zustand der Empfindungslosigkeit - der für bestimmte Behandlungen z.B. der Intensivmedizin, Schmerztherapie und Notfallmedizin durch dein Einsatz dafür dosierter Substanzen herbeigeführt wird. Es wird folglich nebem dem Schmerz auch keinerlei Wohlgefühl mehr empfunden. Somit lässt sich da auch nichts steigern.

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mashisouk
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Beitrag von mashisouk » 28. Aug 2017 10:33

Ich glaube er meinte Amnesie. Macht die Sache aber nicht richtiger...
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Außer du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn

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Curumo
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Beitrag von Curumo » 28. Aug 2017 10:37

Also "Ärzte verringern durch [Amnesie] unsere Kognition"... ? Das wär' ja dann gleich ein Fall für den Verschwörungstheorien-Faden :D

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Palmesel
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Beitrag von Palmesel » 28. Aug 2017 11:58

Mr. Kennedy hat geschrieben:Käme man durch Extrapolation dieser Prämisse nicht logischerweise zu dem Schluss, dass Kakerlaken und Fadenwürmer aufgrund ihrer verminderten Kognition das subjektiv mitunter größte Wohlbefinden aller Lebewesen besitzen und daher in unserer Moral den höchsten Stellenwert einnehmen sollten?
Stimmt. Die Annahme einer Korrelation von Wohlbefinden und moralischem Stellenwert ist also vermutlich kein zielführender Ansatz.
Mr. Kennedy hat geschrieben:Finde diese ganze Diskussion übrigens ziemlich schwachsinnig. Was willst du mit deinem Holocaust-Vergleich eigentlich bezwecken?
Ich habe den Vergleich nicht ausgeführt, sondern nur einen Aspekt, um die Zulässigkeit des intellektuellen Standpunktes herauszustellen. Leider lässt die Zensur eine weitere Klarstellung hier nicht zu.
Mr. Kennedy hat geschrieben:Bleibt also die Frage, was am Ende der Mehrwert der Diskussion bzw. dieses Argumentationspunktes ist. Mir scheint, dass da nicht viel bei rumkommt, außer dass du das Ansehen der veganen Idee in der Öffentlichkeit beschädigst, indem du Apologeten der Tierbenutzung Munition an die Hand gibst, die dich und in Erweiterung vermutlich die vegane Idee an sich, als antisemitschen Holocaust-Relativisten abstempeln können.
Das ist ganz genau der Zustand, den ich kritisiere. Es wird eine verflachte Diskussionskultur durch die Drohgebärden der selbsterklärten Opferbeschützer etabliert, die den Speziesismus beschützt, und damit die Entwürdigung seiner Opfer manifestiert. Menschen, die dies tun, sind verlogene Heuchler, imho. In den sozialen Netzwerken sind die Akteure von Interessengruppen hochaktiv, die mit genau diesen propagandistischen Keulen versuchen, die Intellektuellen zu diskreditieren und ihr Ansehen zu zerstören, die den Speziesismus bekämpfen. Ich denke, wir kämpfen hier mit purer Rhetorik gegen ein Heer von subtextwerfenden Rufmördern, deren Masse allein reicht, um die Meinungsbildung zu prägen - wider der Vernunft.
Mr. Kennedy hat geschrieben:Jeder Mensch ist ein Speziesist. Auch du.
Ach wirklich? Dann ist wohl auch jeder Mensch ein Rassist? Nationalist? Ehrlich mal: das ist die seit langem abwegigste und irrwitzigste Plattitüde, die ich gelesen habe. Kannst Du das irgendwie - auch noch so seicht oder indiziengestützt, aber nur irgendwie - belegen?


Curumo hat geschrieben:Das so falsch, dass es einer Richtigstellung bedarf: Ersteinmal bedingt eine ärztliche Benhandlung keine "Amnestesie" - die Änesthesie ist ein (temporärer) Zustand der Empfindungslosigkeit - der für bestimmte Behandlungen z.B. der Intensivmedizin, Schmerztherapie und Notfallmedizin durch dein Einsatz dafür dosierter Substanzen herbeigeführt wird.
Vielen Dank für die Richtigstellung - war wohl wortfindungsumnachtet.
Curumo hat geschrieben:Es wird folglich nebem dem Schmerz auch keinerlei Wohlgefühl mehr empfunden. Somit lässt sich da auch nichts steigern.
Das trifft auf lokale Anästhesie nicht zu. Glaub mir - ich habe eine lange Zahngeschichte, ich weiß Bescheid.

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Kriegskaese
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Beitrag von Kriegskaese » 28. Aug 2017 12:34

Palmesel hat geschrieben:Ok, aber die Schrecklichkeit eines Verbrechens kann nur von seinem Opfer beurteilt werden. Wenn das durch das Verbrechen stirbt, ist eine Veränderung der Beurteilung nicht mehr möglich. Was Andere von außen meinen, ist hingegen nur pure Anmaßung ohne sachliche Relevanz. Es ist eine Fiktion, eine Einbildung - bekanntlich ja auch 'ne Bildung.
Nur ein Opfer kann beurteilen, wie schlecht es sich fühlt, wenn das Verbrechen an ihm begangen wird. Nur Andere von außen können beurteilen, wie schlecht sie sich fühlen, wenn sie über das Verbrechen nachdenken. Unter der Annahme, das Wohlbefinden moralisch relevant ist, sehe ich nicht, wieso eines der Beiden belanglos sein sollte.
Palmesel hat geschrieben:Auch herablassend Empörung (#katjes) ist moralisch irrelevant und verhöhnende Opferinstrumentalisierung für die eigene Sensationsliebe. Wenn sie sich mit Dummheit (meint hier die Äußerung logisch falscher Sachverhalte, kann man auch: "Unfug" nennen) paart, wird sie natürlich noch belangloser.
Dem würde ich widersprechen. Was katjes gesagt hat, muss nicht zwingend als Meinung verstanden werden. Ich sehe es mehr als Ausdruck ihrer Emotionen (in etwa: "Wenn ich Vergleiche über den Holocaust lese, fühle ich mich schlecht"). Und das finde ich nicht irrelevant. Unter dieser Sichtweise handelt es sich auch nicht um eine Argumentation, weshalb eine Beurteilung der Logik keinen Sinn ergibt.
Mr. Kennedy hat geschrieben:Jeder Mensch ist ein Speziesist.
Das interessiert mich jetzt. Ich würde mich freuen, wenn du erklären würdest, wie du zu der Behauptung kommst.
Mr. Kennedy hat geschrieben:Bleibt also die Frage, was am Ende der Mehrwert der Diskussion bzw. dieses Argumentationspunktes ist. Mir scheint, dass da nicht viel bei rumkommt (...)
Wenn ich mir die gemachten Beiträge durchlese, dann meine ich vier mögliche Ziele / Mehrwerte erkennen zu können:

- Andere von der eigenen Sichtweise überzeugen
- Die eigene Sichtweise in Frage stellen und auf Fehler überprüfen
- Den eigenen Frust raus lassen
- Die Freude am logischen Argumentieren

Gerade, weil hier verschiedene Ziele verfolgt werden (wie in so vielen Diskussionen), kommt es oft zu Missverständnissen und Unverständis über das Verhalten anderer User.
Curumo hat geschrieben:die Änesthesie ist ein (temporärer) Zustand der Empfindungslosigkeit (...) Es wird folglich nebem dem Schmerz auch keinerlei Wohlgefühl mehr empfunden. Somit lässt sich da auch nichts steigern.
Nur so nebenbei: es heißt Anästhesie :D. Und Palmesels Einwand der Lokalanästhesie kann ich nur zustimmen.
Mr. Kennedy hat geschrieben:Käme man durch Extrapolation dieser Prämisse nicht logischerweise zu dem Schluss, dass Kakerlaken und Fadenwürmer aufgrund ihrer verminderten Kognition das subjektiv mitunter größte Wohlbefinden aller Lebewesen besitzen und daher in unserer Moral den höchsten Stellenwert einnehmen sollten?
Nur, wenn man annimmt, dass eine Verringerung der kognitiven Fähigkeiten immer also zwangsläufig zu einer Erhöhung des Wohlbefindens führt. Das ist meiner Meinung nach aber nicht der Fall.

DarkInsanity
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Beitrag von DarkInsanity » 28. Aug 2017 12:54

Danke an Gemüse und Curumo. Ich denke, ihr habt mich zumindest in den taktischen Aspekten des Vergleichs überzeugt. Ich denke zwar nach wie vor, dass das eher an den Empfängern liegt als an der Botschaft, aber unabhängig davon werde ich mir einfach andere Vergleiche suchen, damit intellektuell unehrliche Karnisten meine Worte nicht verdrehen können.
Palmesel hat geschrieben: Da allerdings die allermeisten Leute subjektiv höhere Kognition bei sich und anderen wertschätzen (siehe mein Argument weiter oben) ist es nicht notwendig dahinzugehen.Die meisten Leute sind imho empathiearme Egomanen. Ich halte es nicht für zielführend, ihre drallen Bäuche und die daraus schwappenden Bauchgefühle in die Prämissen einer ethischen Überlegung einzubeziehen.
Empathiearmut tut für meine Argumentation aber nichts zur Sache. Ich stelle Fragen, um Widersprüche aufzuzeigen. Wenn mein Gegenüber wirklich ein Psychopath (jemand ohne Empathie) ist, wird er durch meine Fragen als solcher enblößt. Dadurch wird Karnismus als religiös extremistische Weltanschauung, die nur von Psychopathen unterstützt werden kann, entblößt.
Palmesel hat geschrieben:Ich sehe noch nicht, warum eine höhere Kognition auch höheres Wohlbefinden bedingt. Sich sauwohl zu fühlen klingt für mich ziemlich stammhirnig. Um uns zu behandeln, verringern Ärzte durch Amnestesie unsere Kognition - das steigert unser Wohlgefühl unter den medizinischen Eingriffen erheblich.
Ja, das sehe ich eher als Argument für meine Position:

"Also, wenn wir von einem in Bezug auf Wohlbefinden netto-positiven Leben (mehr gute als schlechte Reize) ausgehen, dann bedeutet das, dass jeder einzelne wahrnehmbare Reiz statistisch gesehen netto-positiv ist. Daraus folgt, dass eine höhere Menge an wahrnehmbaren Reizen zu mehr Wohlbefinden führt. Da wir das Ganze abstrakt betrachten, müssen wir davon ausgehen, dass die Bewertungen auch proportional zur statistischen Erwartung positiv oder negativ ausfallen. Im umgekehrten Fall (netto-negatives Leben; vermutlich der Fall bei Tieren in der Massentierhaltung) dann wäre höhere Kognition aus den gleichen Gründen schlecht für das Wohlbefinden. Das habe ich versucht rüberzubringen, als ich sagte, dass die Auswirkungen positiver und negativer Reize intensiver sind bei höherer Kognition. Ich denke sowohl quantitativ als auch qualitativ sorgt höhere Kognition einfach für "mehr Erlebnis"."

Die Operation liefert einem normalerweise netto-positivem Leben temporär eine Flut negativer Reize. Die temporäre Verringerung der Kognition wirkt dagegen. Einem Wesen mit dauerhaft schwacher Kognition negative Reize zuzufügen ist weniger schlimm für die Summe des auf der Welt vorhandenen Wohlbefindens, als ein Wesen mit höherer Kognition den gleichen Reizen aufzusetzen. Das selbe ist umgekehrt für positive Reize zutreffend. Daraus folgt eine Abhängigkeit von moralischem Wert und Kognition.
Palmesel hat geschrieben:Lebenslänge ist nur dann eine Qualitätssteigerung, wenn positive Lebensqualität existiert. Ist Leben als solches von moralischem Wert? Ich denke nicht.
Leben per se hat keinen intrinsischen moralischen Wert. Leben mit einer subjektiven Wahrnehmung hingegen schon. Wenn alles andere gleich ist (Kognition, extrinsischer moralischer Wert, etc.), würde ich Lebenslänge hier als das ausschlaggebende Kriterium ansehen, unabhängig davon, ob die Lebensqualität positiv ist. Ansonsten müsste ich auch unfreiwillige Sterbehilfe befürworten, was ich nicht tue.
Mr. Kennedy hat geschrieben: Jeder Mensch ist ein Speziesist. Auch du.
Speziesismus - Substantiv [der]: die Ansicht, dass Spezies ein relevantes Merkmal zur Abstufung des moralischen Wertes von Lebewesen ist. (Quelle: DarkInsanity)

Selbst wenn ich meine eigene strengere Definition des Wortes verwende, sehe ich keinen Grund warum Speziesismus eine zwingende menschliche Eigenschaft sein soll. Man kann einfach nein dazu sagen, wie zu jeder anderen arbiträren Diskriminierungsform.
Curumo hat geschrieben:Es wird folglich nebem dem Schmerz auch keinerlei Wohlgefühl mehr empfunden. Somit lässt sich da auch nichts steigern.
Das halte ich nicht für folgerichtig. Vom Minusbereich auf Null ist eine Steigerung.

hansel
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Beitrag von hansel » 28. Aug 2017 13:00

Palmesel hat geschrieben:
Mr. Kennedy hat geschrieben:Jeder Mensch ist ein Speziesist. Auch du.
Ach wirklich? Dann ist wohl auch jeder Mensch ein Rassist? Nationalist? Ehrlich mal: das ist die seit langem abwegigste und irrwitzigste Plattitüde, die ich gelesen habe. Kannst Du das irgendwie - auch noch so seicht oder indiziengestützt, aber nur irgendwie - belegen?
Rassismus, Speziesimus, Anthropozentrismus....
Ich muss gestehen, dass ich mit diesen Vergleichen nichts anfangen kann.
Der Begriff "Rasse" ist ja in Europa besonders in D verständlicherweise für Menschen verpönt, lebt aber als "race" in Amerika munter weiter. Wo er angeblich nicht qualitativ abwertend gebraucht wird. Bei Pferden und Hunden denkt sich aber keiner was dabei.
Biologisch ist das ja nichts weiter als eine (oft phänotypische) Variante, die aber zur gleichen Art (Spezies) gehört. Rassisten sehen darin aber unüberwindliche Unterschiede bei qualitativer Deutung. Biologisch ist das ganz einfach: Alles was sich kreuzen und über die erste Generation hinaus sich vermehren kann, ist die gleiche Spezies. Rasse hin oder her.
Allerdings weiß ich nicht, was mich zum Speziesisten machen soll, wenn ich andere Arten als anders ansehe. Auch, dass ich (bei aller Liebe zu meinen "Kötern") in der Regel nicht auf menschliche Gesellschaft nicht verzichten will, macht mich das zu einem Speziesisten?
Da ich ja nun mal eine Mensch bin, kann ich gar nicht anders, als mich im täglichen Leben irgendwie anthropozentristisch zu geben, weil ich die Welt mit meinen Augen betrachte.
Irgendwelche Gedankenexperimente sind zwar nett, überzeugen mich aber nicht.

Auch unsere Moralvorstellungen gegenüber den Tieren sind ja aus unserem Menschsein, unseren Reflexionen entsprungen und damit zutiefst anthropozentristisch.
Oder sie sind als göttliches Gebot feststehend. Dieser Gedanke könnte mir zwar gefallen, aber den meisten hier wohl nicht.

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Curumo
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Beitrag von Curumo » 28. Aug 2017 14:41

Da habe ich mich wohl verschrieben. So wie unser "Kognitionsverringerer" vor mir. :shrugs: @Kriegskäse

@Lokalanästhesie: Bei einer Lokalanästhesie wird ja auch keinerlei Kognition verringert. Da das ZNS nicht betroffen sondern nur die lokale Schmerz(reiz)empfindung.

@DarkInsanity:

Und wieder eine Korrektur:
"Wenn mein Gegenüber wirklich ein Psychopath (jemand ohne Empathie)"
Das ist 1. nicht die Definition eines Psychopathen. Selektive(Hund = Freund, Fisch = Futter) oder (allgemein) verringerte Empathie sind immer noch Empathie.

Noch eine Korrektur zum deinem liberalen Umgang mit definierten Worten und ihren Bedeutungen(da braucht dir niemand mehr was herumzudrehen, das machste schon ganz gut selber):

Kognition ist Informations/Reizverarbeitung innerhalb eines ZNS(auch Fühlen/Denken genannt). Selbst Pflanzen haben Sinneszellen zur Wahrnehmung von Reizen, sie reagieren z.B. auf Reize wie Sonnenlicht oder Feuchtigkeit, Einzeller oder Insekten ebenfalls - sie flüchten instinktiv/reiz-aversiv eine Hitzequelle - Sie verfügen nur über keinerlei kognitive Fähigkeiten, da keine Reizverarbeitung erfolgt. Um den spitzfindigen Einwand vorweg zunehmen: Eine vollnarkotisierter oder Koma-Patient ist (temporär) mehr oder weniger auf der selben Stufe bzw. sogar noch darunter (Beatmung erfolgt nicht mehr selbstsständig, Nahrung muss zugeführt werden, keinerlei Aktionen möglich, dass erklärt sich jedoch aus der künstlichen Herbeiführung des temporären Zustands und der komplexeren Konzeption).

"Vom Minusbereich auf Null ist eine Steigerung."

Nochmal: Eine Vollnarkose setzt das ZNS außer Betrieb da wird gar nichts mehr empfunden. Und: Bei einer Lokalanästhesie widerum wird der negative Reiz unterdrückt durch Betäubung der Nerven diesen zum ZNS transportieren würden. Ohne Reiz kein "Minus".

Aber um 'mal deinen Geddankengang zu folgen: Wie ist das dann mit chronischen Schmerzen? Sind die damit Lebenden dann dauerhaft im Minus und haben deiner Logik folgend kein Lebensrecht mehr oder wie?

DarkInsanity
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Beitrag von DarkInsanity » 28. Aug 2017 14:50

hansel hat geschrieben:Der Begriff "Rasse" ist ja in Europa besonders in D verständlicherweise für Menschen verpönt, lebt aber als "race" in Amerika munter weiter. Wo er angeblich nicht qualitativ abwertend gebraucht wird. Bei Pferden und Hunden denkt sich aber keiner was dabei.
Ja, es gibt Leute, die den Begriff qualitativ abwertend verwenden. Man nennt sie Rassisten. Es gibt sie auch in Europa. Ich weiß nicht, was du damit meinst der Begriff "Rasse" sei verpönt. Wie will man sich ein Konzept des Wortes "Rassismus" machen, ohne ein Konzept des Wortes "Rasse" zu haben? Erklärungsansätze sind willkommen.
Dass sich bei Pferden/Hunden niemand was dabei denkt, gibt keinen Hinweis auf die philosophische Gültigkeit oder Ungültigkeit des Vergleichs.
hansel hat geschrieben:Biologisch ist das ja nichts weiter als eine (oft phänotypische) Variante, die aber zur gleichen Art (Spezies) gehört. Rassisten sehen darin aber unüberwindliche Unterschiede bei qualitativer Deutung. Biologisch ist das ganz einfach: Alles was sich kreuzen und über die erste Generation hinaus sich vermehren kann, ist die gleiche Spezies. Rasse hin oder her.
Die Kreuzbarkeit weist auf nähere biologische Verwandschaft hin. Das bedeutet nicht, dass nicht in beiden Fällen der Grund für die Diskrimierung Tribalismus ist. X gehört nicht zur Gruppe Y, der ich angehöre.
hansel hat geschrieben:Allerdings weiß ich nicht, was mich zum Speziesisten machen soll, wenn ich andere Arten als anders ansehe.
Gar nichts. Ich erkläre in diesem Thread weiter vorne was genau Speziesismus bedeutet.
hansel hat geschrieben:Auch, dass ich (bei aller Liebe zu meinen "Kötern") in der Regel nicht auf menschliche Gesellschaft nicht verzichten will, macht mich das zu einem Speziesisten?
Da ich ja nun mal eine Mensch bin, kann ich gar nicht anders, als mich im täglichen Leben irgendwie anthropozentristisch zu geben, weil ich die Welt mit meinen Augen betrachte.
Irgendwelche Gedankenexperimente sind zwar nett, überzeugen mich aber nicht.

Auch unsere Moralvorstellungen gegenüber den Tieren sind ja aus unserem Menschsein, unseren Reflexionen entsprungen und damit zutiefst anthropozentristisch.
Die Gesellschaft welcher Lebewesen du bevorzugst kannst du subjektiv mit der Art der Interaktion, die du mit Lebewesen X hast, rechtfertigen. Das ist kein Speziesismus. Wenn du moralische Abstufungen mit Spezies per se begründest (es ist wirklich wichtig sich klarzumachen, dass per se bedeutet, alle zusätzlich anfallenden Merkmale wie Kognition/Interaktion entfallen in der Betrachtung) dann ist das die gleiche logische Struktur als würdest du Rasse per se als Begründung für moralische Abstufung verwenden. Verstehst du das jetzt besser? Es ist Rassismus, Speziesismus oder ein sonstiger -ismus, wenn die Diskriminierung arbiträr durch Nennung eines nicht begründbaren Merkmals erfolgt. Wenn du Interaktionsfähigkeit oder Gruppenzugehörigkeit als Abstufungsmerkmale nennst ist es kein Speziesismus. Man kann sich dann die genannten Merkmale anschauen und feststellen, ob sie Widersprüche in deiner Moral enstehen lassen.
hansel hat geschrieben:Oder sie sind als göttliches Gebot feststehend. Dieser Gedanke könnte mir zwar gefallen, aber den meisten hier wohl nicht.
Genau. Das würde einen Gottesbeweis erfordern. Und selbst dann müsstest du entweder Widersprüchigkeit in Kauf nehmen oder sehr alte, bizarre Ideen akzeptieren.

DarkInsanity
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Beitrag von DarkInsanity » 28. Aug 2017 15:21

@Curumo:
Du hast mich glaub ich an einigen Stellen missverstanden, aber das könnte auch an unklaren Erklärungen meinerseits liegen. Ich denke, das sollte uns nicht daran hindern sachlich zu bleiben:
Curumo hat geschrieben:
@DarkInsanity:

Und wieder eine Korrektur:
"Wenn mein Gegenüber wirklich ein Psychopath (jemand ohne Empathie)"
Das ist 1. nicht die Definition eines Psychopathen. Selektive(Hund = Freund, Fisch = Futter) oder (allgemein) verringerte Empathie sind immer noch Empathie.
Ich bezog mich an der Stelle nicht auf selektive Empathie, sondern einen vollständigen Mangel an Empathie. Das habe ich soweit ich weiß auch so geschrieben. Wenn die Empathie selektiv ist, ist das ein Widerspruch meines Gegenübers, den ich dann aufzeige und darauf meine weitere Argumentation aufbaue. Meine ausführliche Argumentation steht auf Seite 2 in diesem Thread.
Curumo hat geschrieben:Noch eine Korrektur zum deinem liberalen Umgang mit definierten Worten und ihren Bedeutungen(da braucht dir niemand mehr was herumzudrehen, das machste schon ganz gut selber):

Kognition ist Informations/Reizverarbeitung innerhalb eines ZNS(auch Fühlen/Denken genannt). Selbst Pflanzen haben Sinneszellen zur Wahrnehmung von Reizen, sie reagieren z.B. auf Reize wie Sonnenlicht oder Feuchtigkeit, Einzeller oder Insekten ebenfalls - sie flüchten instinktiv/reiz-aversiv eine Hitzequelle - Sie verfügen nur über keinerlei kognitive Fähigkeiten, da keine Reizverarbeitung erfolgt. Um den spitzfindigen Einwand vorweg zunehmen: Eine vollnarkotisierter oder Koma-Patient ist (temporär) mehr oder weniger auf der selben Stufe bzw. sogar noch darunter (Beatmung erfolgt nicht mehr selbstsständig, Nahrung muss zugeführt werden, keinerlei Aktionen möglich, dass erklärt sich jedoch aus der künstlichen Herbeiführung des temporären Zustands und der komplexeren Konzeption).
So ist es. Pflanzen sind demzufolge intelligent. Sie haben allerdings kein Gefühlsempfinden und damit kein Potential für Wohlbefinden. So wie ich den Begriff Kognition verstehe, umfasst er alles, was mit Denken und Fühlen zu tun hat, also mitunter Intelligenz und Gefühlsempfinden. Vielleicht gibt es aber präzisere Begriffe für das was ich meine.
Curumo hat geschrieben:"Vom Minusbereich auf Null ist eine Steigerung."

Nochmal: Eine Vollnarkose setzt das ZNS außer Betrieb da wird gar nichts mehr empfunden. Und: Bei einer Lokalanästhesie widerum wird der negative Reiz unterdrückt durch Betäubung der Nerven diesen zum ZNS transportieren würden. Ohne Reiz kein "Minus".

Aber um 'mal deinen Geddankengang zu folgen: Wie ist das dann mit chronischen Schmerzen? Sind die damit Lebenden dann dauerhaft im Minus und haben deiner Logik folgend kein Lebensrecht mehr oder wie?
Es ging dabei darum, dass Palmesels Beispiel zeigen sollte, wie niedrigere Kognition sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken kann. Mein Vergleich besteht zwischen einer Operation mit und einer ohne Narkose. Die Narkose trägt sehr wohl dazu bei, das Wohlbefinden während der OP zu erhöhen. Ohne Narkose wäre es negativ. Mit Narkose ist es neutral.

Unfreiwillige Sterbehilfe lehne ich ab. Das habe ich bereits vor zwei Posts oder so geschrieben. Ich sehe keinen moralischen Grund dazu, jemandem eine Entscheidung abzunehmen, die nur Einfluss auf sein eigenes Leid hat. Freiwillige Sterbehilfe bzw. das Recht zu sterben befürworte ich tendenziell in solchen Fällen (und aus den gleichen Gründen).

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