"Waldumbau"--ohne Respekt vor Tieren und Bäumen

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Vampy
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Beitrag von Vampy » 4. Nov 2019 05:56

die gesunden fichten werden gefällt, damit sich der borkenkäfer nicht weiter ausbreitet, man will ihm die nahrung nehmen. man will den wald rasch wieder aufforsten,u.a. um die co2-bilanz zu verbessern. macht eigentlich sinn. das hat halt auch ein paar nachteile. und die tiere kommen schnell wieder. wenn man holz entnimmt müssen immer die großen fahrzeuge anrücken, das wäre auch wenn es nur um normale holproduktion geht. ist übrigens bei der ernte genauso. von daher finde ich es etwas widersprüchlich, wenn man sowas bei lebensmittelproduktion toleriert, beim holz aber auf die barrikaden geht
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Mervon2
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Beitrag von Mervon2 » 4. Nov 2019 09:23

Auch die Befahrung von Feldern und Wiesen mit Großtraktoren ist schlimm für die Lebewesen am und im Boden.Hierzu gehören auch Mäuse und Maulwürfe.
Darum sollte man sich immer fragen: geht's nicht auch anders?
Vor allem sind die Zwecke der Traktor -Befahrung ja unterschiedlich dringlich.
In meiner Umgebung wird eine Talwiese die unter Naturschutz steht regelmäßig mit einem Riesen Traktor gemäht.Und wahrscheinlich wird das Heu noch nicht mal benötigt...
Diese Rodungen und "Aufräumarbeiten,' sind keinesfalls so nötig wie Lebensmittelanbau.
Ist der Borkenkäfer wirklich so schlimm? Wie gesagt kann man das befallene Holz noch verwenden,doch zZ.herrscht ein Überangebot.
Und wo Fichten absterben wachsen oft von alleine neue Laubbäume.

vegabunt
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Beitrag von vegabunt » 4. Nov 2019 12:02

Mervon2 hat geschrieben:
4. Nov 2019 09:23
In meiner Umgebung wird eine Talwiese die unter Naturschutz steht regelmäßig mit einem Riesen Traktor gemäht.
Wobei ein, zwei Schnitte pro Jahr für die Wiese durchaus förderlich sein können, um diese zu erhalten, Stichwort übermässiges Sträucherwachstum, je nach Standort.
Besser wäre natürlich, die Wiese würde von Tieren abgegrast, was weit weniger Insekten und Kleinstlebewesen in Mitleidenschaft ziehen würde und erst noch die Sträucher ganz natürlich im Zaum hält. Und die Hinterlassenschaften der Tiere sind ebenfalls gut für das Bodenleben.
Mervon2 hat geschrieben:
4. Nov 2019 09:23
Ist der Borkenkäfer wirklich so schlimm?
.
Das ist wiederum eine Standort- & Häufigkeitsfrage. Bei uns wird in Naturschutzgebieten, wo sowieso ein meist gesunder Mischwald vorhanden ist, kaum eingegriffen. In grossflächigen Monokulturen hingegen kann es verheerend sein, dort können dann auch keine Laubbäume von alleine nachwachsen, weil ja auch keine vorhanden sind. Was zugegeben bei uns in der CH eher selten ist. ;-)

Mervon2
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Beitrag von Mervon2 » 4. Nov 2019 13:42

Vegbunt:
Zunächst zum letzteren Punkt:
Darum hab ich ja vorgeschlagen,man solle dort Samen von Bäumen aussäen, zB. auch von oben aus Flugzeug.Aber vielleicht würde es schon reichen, Baumsamen wie Bucheckern , Eicheln und Esskastanien einfach an einigen Stellen auszukippen.Die Verteilung würden dann Vögel , Eichhörnchen u.a. Tiere übernehmen. ...
Das Thema Mähen von Naturschutzwiesen wie auch generell von Wiesen und Rasenflächen ist ebenfalls
äußerst brisant,weil hiermit über Leben und Tod von unzähligen Lebewesen entschieden wird.
Man sagt,es müsse 1-2mal gemäht werden oder beweidet werden.
Es wäre aber mMn besser auf vielen Flächen die Gräser
und Wildblumen ganzjährig nicht zu mähen und nur
Im Winterhalbjahr die Bäume und Sträucher von der Fläche zu entfernen,am besten durch ausgraben und Umpflanzen .
Denn sowohl Insekten wie auch Vögel und andere Kleintiere brauchen Gräser und Stauden das ganze Jahr über, als Nahrungsquelle,Unterschlupf und Nestbaumaterial.
Das scheint auch Naturschuetzern nicht bekannt zu sein,deshalb bringt mich das ständige Mähen und auch die Beweidung durch Schafe u.a. auf die Palme...
Man sollte ganz gezielt von Fläche zu Fläche beurteilen was entfernt werden muss und was bleiben kann.
Stattdessen geben die Traktoren den Ton an.Die wollen überall hinfahren wo sie gerade noch können...

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Ars
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Beitrag von Ars » 4. Nov 2019 17:06

Ich war Mitte September an einem Waldumgang im Schweizer Mittelland. Ein Waldumgang ist eine Veranstaltung des örtlichen Forstbetriebes, um die Bevölkerung darüber zu informieren, was gerade Themen im Wald sind. Ich bin häufig im Wald, weil ich direkt angrenzend wohne. Mir ist aufgefallen, dass sehr viel Holzstämme im Wald liegen. Der Waldumgang hat mich vollends erschüttert.

Der Oberförster stand vor uns und sagte: ich dachte nicht, dass ich in meinem Leben mich je darum kümmern müsste, den Wald irgendwie zu erhalten und nicht nur zu pflegen. Da dies jetzt so sei, müsse er etwas tun, was er ebenfalls nie tun wollte: über den Klimawandel sprechen. Seiner Aussage nach ist es im Wald so trocken, dass die Bäume das Wasser nicht mehr bis nach oben in die Baumspitzen bringen würden. Das führe dazu, dass Bäume oben dürr seien. Dieses Phänomen breite sich mittlerweile über alle klassischen Mittellandbäume aus. Viele davon müssten gefällt werden, weil es zu gefährlich sei sonst. Viele Bäume seien daneben auch vom Borkenkäfer befallen. Diese Stämme können nicht liegengelassen werden, sondern müssen aus dem Wald heraus. Da so viel Holz auf dem Markt sei, sei der Preis total im Keller. Er zeigte uns einen Baum. Mit diesem hätte er vor einiger Zeit einen Gewinn von 100 Franken gemacht, jetzt pro Baum einen Verlust von mindestens 30 Franken. Die Ablageplätze im Wald seien restlos aufgebraucht. Sie hätten deshalb schweren Herzens und völlig wider aller Klimalogik eine Ladung nach China verkauft. Er sei auf der Suche nach einem Ablageplatz für die Bäume, damit er das nicht machen müsse. Mittlerweile scheint er einen gefunden zu haben, weil auf einem Feld ums Eck riesige Stapel von Baumstämmen lagern. Wenn ich dazu komme, mache ich davon mal ein Foto, es sieht echt traurig aus. Dort liegen 100e Stämme. Die Verluste respektive fehlenden Einnahmen sind jedoch ebenfalls problematisch. Ein Forstbetrieb muss seine Angestellten schliesslich auch bezahlen.

Er hat dann weiter ausgeführt darüber, was sie zu tun gedenken. Letztlich hat er aber ziemlich klar gesagt hat, dass er keine Ahnung hat, wie er mit dem Problem umgehen soll. Er hat verschiedene Jungbäume gepflanzt in den letzten Jahren, auf Empfehlung hin auch Bäume, welche etwas wärmeliebender sind. Da wir aber hier immer mal wieder, auch nach dem Baumtrieb, noch Kälteeinbrüche haben, sind diese Bäume allesamt eingegangen. Überlebt haben lediglich die klassischen Mittellandbäume, die auch mal einen Kälteeinbruch vertragen, letztlich aber mit der Trockenheit nicht umgehen können. Womit man wieder beim Ausgangspunkt ist: was tun?

Mervon2
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Beitrag von Mervon2 » 4. Nov 2019 17:40

Was tun ? Siehe Anfang des Threads.Vor allem die Natur sich selbst überlassen!

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Ars
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Beitrag von Ars » 4. Nov 2019 17:49

Wie gesagt, die normalen Mittellandbäume gehen ein, weil es zu trocken ist.

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Vampy
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Beitrag von Vampy » 4. Nov 2019 17:54

das problem ist, dass wir schon so stark eingegriffen haben, dass wir sie jetzt nicht mehr alleine lassen können. das ist wie wenn man einem haushuhn aus der masthaltung die käfigtüren öffnet. das wird einfach elendig draußen verecken.
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Beitrag von Mervon2 » 4. Nov 2019 18:53

Ars hat geschrieben:
4. Nov 2019 17:49
Wie gesagt, die normalen Mittellandbäume gehen ein, weil es zu trocken ist.
Im Sommer sah es so aus,dass auch Buchen eingehen würden ,doch jetzt haben sie sich wieder erholt.Und wie gesagt,sind die Sämlinge der Altbaeume vermutlich schon besser an den Klimawandel angepasst.
Jedenfalls gehen sie nicht so schnell ein wie angepflanzte Bäume.

vegabunt
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Beitrag von vegabunt » 4. Nov 2019 22:19

Mervon2 hat geschrieben:
4. Nov 2019 13:42
Es wäre aber mMn besser auf vielen Flächen die Gräser
und Wildblumen ganzjährig nicht zu mähen
Beim Mähen stimme ich zu, jedoch nicht beim Beweiden. ;-)
Wie die Gartenfreunde wissen, erhöht ein Schnitt zur rechten Zeit die Blütenanzahl bei sehr vielen Naturpflanzen ungemein.
Was wiederum mehr Nahrung für die Insekten gibt und deren Population stärkt, was wiederum mehr Nahrung für die Insektenfresser gibt und deren Population stärkt, was wiederum mehr Nahrung für.... ;)

Mervon2 hat geschrieben:
4. Nov 2019 18:53
Und wie gesagt,sind die Sämlinge der Altbaeume vermutlich schon besser an den Klimawandel angepasst.
Das ist vom genetischen Standpunkt sehr unwahrscheinlich, denn in so kurzer Zeit gibt es noch keine Auslese, das braucht viele Jahrzehnte wenn nicht Jahrhunderte.
Mervon2 hat geschrieben:
4. Nov 2019 18:53
Jedenfalls gehen sie nicht so schnell ein wie angepflanzte Bäume.
Das könnte daran liegen, dass die Jungbäume an ihre Eltern übers Myzel "angeschlossen" sind, welches sie mit Nährstoffen und Wasser versorgen. Logischerweise brauchen sie viel viel weniger Wasser und Nährstoffe als die grossen Bäume. Die Bäume kennen sich untereinander und unterstützen natürlich auch ihre umliegenden Nachkommen. Anders könnten zB. kleine Bäume mit nur wenig Sonnenlicht gar nicht überleben.

Ein eingepflanzter Jung-Baum muss sich erst noch mit dem fortschreitenden Wurzelwachstum an das vorhandene Netzwerk angliedern, wird aber u.U. noch nicht unbedingt als Nachfolger angesehen, den man bevorzugt unterstützen muss, vor allem wenn es der einzige seiner Gattung ist.

Ars hat geschrieben:
4. Nov 2019 17:06
Das führe dazu, dass Bäume oben dürr seien.
Das sehe ich sehr oft, wenn ich die Wälder hier anschaue. Viele Kronen sind schon Ende August braun, die Samen sind ebenfalls nicht ausgebildet, dafür fehlte schlichtweg das Wasser und ohne können keine Nährstoffe transportiert werden. Unsere Förster und Waldfachleute hier sind ebenso geschockt und ratlos ob der schnellen Veränderung.
Ars hat geschrieben:
4. Nov 2019 17:06
Mir ist aufgefallen, dass sehr viel Holzstämme im Wald liegen.
Das ist mir ebenfalls aufgefallen, so viel Holz sehe ich sonst nur in Wintermonaten und in Waldgebieten, in denen schon lange nicht mehr geerntet wurde.

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Die Forderung "Zurück zur Natur" und damit einfach nichts mehr tun, ist zwar verständlich, wäre aber fatal und nicht wirklich zu Ende gedacht. Wir brauchen den Wald und das Holz zum Heizen und Bauen, nicht zuletzt aber auch als Erholungsgebiet, im Sommer bietet er zB. angenehme Kühle und es gibt wunderbare gute Luft, die uns erwiesenermassen gut tut.
Sicher gibt es Gebiete in Naturschutzzonen, die nicht gepflegt werden müssen, aber für unsere Nutzwälder sind wir verantwortlich, wir müssen sie nach besten Wissen und Gewissen erhalten, pflegen und schützen. Und damit auch für den Fortbestand sorgen.

Falls sich jemand für die Frage der Zukunftsbäume interessiert, hier das erste Video einer Reihe aus der Sicht eines Forstwissenschaftler.
https://www.youtube.com/watch?v=RfkwcQXtQnM

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