Kastration (Haustiere und freilaufende Hunde/Katzen)

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Simsa
yo dawg!
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Beitrag von Simsa » 14. Jan 2014 07:54

Hunde leben in einem Rudel - das ist im Normalfall ein naturgewachsener Familienverband.
Da leben sehr wohl mehrere Männchen, nicht nur eins. Also Eltern und Nachwuchs,bis der Nachwuchs auszieht eine eigene Familie zu gründen.
Nicht jeder männliche Hund ist zum Leittier geobren, für viele funktioniert es am besten wenn sie sich unterordnen. Und dazu zählt uU auch, nicht jede läufige Hündin anzupimpern weil man sonst großen Ärger riskiert.
(Sieht man auch immer wieder gerne bei Hundeerziehungsshows im Fernsehen. Viele Hunde sind einfach total gestresst, wenn man ihnen keine Regeln vorgibt, können sich nicht mehr entspannen etc. weil sie zu viele Aufgaben übernehmen. )

Wenn man mehrere Hunde "einfach" zusammensetzt KANN es sein, dass sie sich mit der Zeit zu etwas rudelartigem zusammenschließen, KANN aber auch nicht. Manche leben auch nur nebeneinander her oder zerfleischen sich eben. Das ist mW aber unabhängig von Kastration oder nicht.
Im Normalfall sollte in einem nachgestellten Rudel ja aber der Mensch das Oberhaupt sein. Also die Kommandos geben und der Hund fügt sich. Wenn ich also entscheide, einen zweiten Hund dazuzuholen muss der sich ebenso an meine Regeln halten. Wozu auch gehört, dass die Hunde gegenseitig ihre Privatssphäre respektieren und es eben nicht zu einem Machtkampf kommt.

Probleme sind dann eben Hunde außerhalb. Bei Rosiels Hund als Beispiels würde ich jetzt aber nicht sagen, dass ihr Hund sich so verhalten hat weil er nicht kastriert war, sondern weil er etwas traumatisches erlebt hat. Manche Hunde gehen eben einfach nach vorne wenn sie sich unsicher fühlen, manche weichen zurück.

Aber ja, wie auch von den anderen schonmal angesprochen. Mein Hund hat den Charakter, den er hat. Wie er sich entwickelt wenn er "fertig" ist, weiß ich natürlich nicht. Ich denke aber doch, dass vieles Erziehungssache ist. Ob mein Hund eben meint er hat das Recht, auf andere Hunde loszugehen oder sich darauf verlässt dass ich das schon mache und er (mit viel, viel) Training lernt, einfach so an anderen Hunden vorbeizugehen.
Nur deswegen würde ich nicht kastrieren.
Gründe wären für mich wenn er enormen Stress hat, wenn läufige Hündinnen in der Nachbarschaft sind (das geht bei manchen über andauerndes Heulen, an der Tür scharren bis nichts mehr fressen) oder mir kilometerweit wegläuft weil da irgendwo eine läufige Hündin unterwegs ist.
Derzeit kann ich ihn noch super mit läufigen Hündinnen spielen lassen (im kontrollierten Rahmen. Ich leg es jetzt auch nicht unbedingt darauf an!) . Setzt natürlich voraus, dass ich ihn immer im Auge behalte, aber wie gesagt, das muss ich bei dem eh. Er lässt sich noch wegrufen und schnuppert höchstens mal interessierter. Aufsteigen haben wir ihm von Anfang an untersagt, bis jetzt hält er sich daran (bei Männchen und Weibchen. Das körpersprachliche Zeichen fehlt ihm dann eben im normalen Alltag).

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Rena
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Beitrag von Rena » 14. Jan 2014 08:10

Ich habe mich bei meinem 45kg Rüden lange gescheut ihn kastrieren zu lassen. Er ist der typische B-Typ. Ein Hund,von dem der vielzitierte Gansloser dringend davon abraten würde,zu kastrieren. Ängstlich,agressiv und depressiv (plus SDU). nachdem es aber zu immer heftigeren Kloppereien mit meinem anderen 30kg kleineren Rüden hier zu hause kam,habe ich es doch zähneknirschend gemacht. Immernoch mit den Ratschlägen,der "Experten" im Rücken,dass das nicht hilft.

Ende vom Lied: hier zu hause herrscht wieder absoluter Frieden. Die beiden spielen und schlafen zusammen. Draussen ist mein Grosser deutlich entspannter.Andere Rüden sind ihm egal und er ihnen auch. Er ist fröhlich und entspannt.
Insgesamt hat es einfach Stress genommen und so sehe ich das mit derKastra inzwischen lockerer. Unsere Hunde leben nicht in der Natur. Sie müssen sich anpassen und haben mit einigen Stressoren zu kämpfen . Eine Kastra kann schon einige davon ausschalten.
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larissa
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Beitrag von larissa » 19. Jan 2014 08:12

Hi,

aber da war es ja halt auch der Grund, daß der Hund nicht in die Haltungsumstände gepasst hat (wie Martin es schon schrieb). Ich würde einen 45 kg Hund schon alleine wegen der Gelenke um nichts in der Welt kastrieren lassen (durch Kastra schwaches Bindegewebe, Verschlechterung der Gelenkstruktur usw.) Ein 45 kg Hund, der im Alter vor Schmerzen nicht mehr hochkommt, ist nicht schön.....

Auch Hunde haben Abneigungen oder hegen Freundschaften. Wir Menschen packen sie in unnatürliche Rudelbeziehungen, indem wir den Zweithund aussuchen. Wenn der Hund aussuchen darf, passiert das nicht. Und ein intakter Rüde würde sich als Partner nun mal eine intakte Hündin aussuchen und seltenst einen intakten Rüden (da gibt es aber sicher auch Freundschaften).

Ich habe nur eine Hündin (12, intakt, große Rasse), die normal ihre Läufigkeiten durchlebt. Ich kenne mehrere, die gemischte Rudel halten- also einen Rüden, zwei Mädchen- alle intakt. Getrennt wird da nur, wenn Mensch nicht dabei ist (in der Standhitze). Ansonsten ist es reine Erziehungssache, daß der Rüde nicht decken darf. Desweiteren kenne ich noch jemanden, der auch einen Rüden mit drei Mädels hält (Rüde sterilisiert, nicht kastriert!!!- Mädels intakt). Der Rüde darf normal decken und alles läuft harmonisch ab. Warum sollen Hunde auch keinen Sex haben dürfen (ohne Nachwuchs) ? Das ist unsere menschliche Vorstellung.

Und natürlich kann man mit so einem gemischten Rudel keinen völlig freien fremden Hundekontakt in der Standhitze haben. Es ist völlig natürlich, daß der Rüde seine Mädels beschützt- würde er es nicht-wäre es unnatürlich. Sie müssen halt so erzogen sein, daß alle abrufbar sind, sobald fremde Hunde erscheinen.

Es ist wieder unsere menschliche Vorstellung, daß bei fremdem Hundekontakt alle lieb miteinander spielen, schnüffeln usw. Viele der so "hingezüchteten" Hunde (Retriever z.B.) reagieren so (spätestens nach der Kastra) - normales Verhalten ist dies auch wieder eher nicht.

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vegansmarties
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Beitrag von vegansmarties » 19. Jan 2014 08:18

Ist "intakt" da so die gaengige Terminologie oder nennst nur du das so? das klingt ja furchtbar. :urgh:

larissa
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Beitrag von larissa » 19. Jan 2014 08:36

Ja, klingt nicht schön- ist aber gängig :laugh:

Und eigentlich auch richtig.....Viele vergessen den Tierschutzparagraphen, der Verstümmelung von Haustieren ohne medizinischen Grund untersagt. Medizinische Gründe sind halt nur Hodentumore, Eierstockzysten, entzündete Gebärmütter usw.

Nachwuchsvermeidung (die vom Menschen kontrolliert werden kann, also nicht freilaufende Katzen oder verwilderte Hunde usw. ), Bequemlichkeit und das "nicht mögen" von normalem Verhalten (Läufigkeiten der Weiber, Aggressionen und schwierigere Kontrollierbarkeit der Rüden in diesen Zeiten) gehört da definitiv nicht zu. Leider ist das den Tierärzten völlig wumpe- Kastras bedeuten einen großen Einnahmeteil ihrer Praxen (plus Impfungen und Entwurmungen..... :devil: )

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Rena
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Beitrag von Rena » 19. Jan 2014 09:14

larissa hat geschrieben:
Ich würde einen 45 kg Hund schon alleine wegen der Gelenke um nichts in der Welt kastrieren lassen (durch Kastra schwaches Bindegewebe, Verschlechterung der Gelenkstruktur usw.) Ein 45 kg Hund, der im Alter vor Schmerzen nicht mehr hochkommt, ist nicht schön.....
Nein,das ist nicht schön.
Tatsache ist aber auch,dass mein HUnd generell nicht der gesündeste ist. Die beteiligten Rassen sind auch nicht für Langlebigkeit bekannt ,seine Gelenke sind ok und seine Bemuskelung hat zwar massiv unter der SDU gelitten,aber bisher nicht unter der Kastration.
Das habe ich aus genannten Gründen immer sehr im Blick.

Wenn ich nun eine Kosten/Nutzen-Rechnung anstelle,dann hat ein entspanntes Leben,Lebensfreude,tägliches ,spannungsfreies Spielen im heimischen Hunde/Familienverband schlicht gewonnen gegen das prophylaktische Nichtkastration,wegen evtl anstehender Gelenk/Gesundheitsproblemeprobleme.

Das mag mancher anders sehen. Ich habe das auch nicht leichtfertig entschieden.
Aber z.B muss er inzwischen sogar weniger Forthyron bekommen,obwohl der Wert Erfahrungsgemäss sogar sinkt durch eine Kastra. Aber durch das weniger an Stress seind seine Werte gestiegen. Das ist für mich ein weiteres Pro-Argument,in diesem Fall.
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larissa
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Beitrag von larissa » 19. Jan 2014 13:29

@Rena: Natürlich muss man alle Vor-und Nachteile abwiegen und manchmal eben "anders" entscheiden- verstehe ich auch vollkommen.

Auf der anderen Seite sind wir hier doch alle Veganer und haben uns Tierrecht-und schutz auf die Fahne geschrieben :D

Sogar die Rubrik heisst hier "Tierrecht" . Und Tiere haben nun einmal ein Recht auf "Nichtverstümmelung" . Beim Kastrieren wird dieses massiv nicht beachtet.

@Kiara: Du schreibst viel von zufriedenen Wallachen usw. Ich hab früher viel über Pferde gelesen und gelernt. Sagt Dir Eunuchenwachstum bei Kastraten nichts? Senkrückenprobleme hauptsächlich bei älteren Kastraten (nicht nur bei früh eingerittenen). Krebserkrankungen (Schimmelmelanome z.B.) z.B. statistisch erhöht bei Wallachen nichts?

Gerade die Pferdehaltung sollte für Veganer extremst kritisch beäugt und gehandhabt werden. Eigentlich geht eine ethisch halbwegs saubere Pferdehaltung nur mit Stutenherde / Offenstall oder Hengstgruppenhaltung (von Fohlen oder Jährling an zusammen) in extrem gut gesichertem Offenstall / Weide und mit guter Grunderziehung durch den Halter. Alles andere ist Augenwischerei.

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Gerlinde
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Beitrag von Gerlinde » 19. Jan 2014 13:55

Augenwischerei ist aus meiner Sicht zu glauben, in Deutschland könnten ca 5 Mill Hunde, 6 Mill Katzen und 1 Mill Pferde artgerecht gehalten werden.

Die meisten sind auch nur eingesperrte Individuen, auf einem "seltsamen Luxusniveau" .

Artgerecht wäre nur Freiheit und diese bietet hier keine Ökonischen für solche Zahlen.

Es sind Hobbytiere, nichts anderes, erzogen, gedrillt, angepasst, satt und träge.
Wer auffällt, wird mit strengeren Maßnahmen konfrontiert, passt sich an oder verliert.
Man muss nicht über jedes Stöckchen springen ....

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Rena
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Beitrag von Rena » 19. Jan 2014 18:47

Ja,die "alles wird beschnippelt" Einstellung habe ich auch nicht.
es ist doch irgendwie immer ein Kompromiss,in der Tierhaltung.
da man natürliche Lebensbedingungen nicht bieten kann,muss man wo anders eben "Einschnitte" in Kauf nehmen.

Pferde werden,Senkrücken hin und her,auch kastriert eine bessere Chance auf ein glückliches Leben haben,als intakt.

Hunde haben keinen wirklich natürlichen Lebensraum ausserhalb der menschlichen Umgebung. Und ,ja,auch mein Egoismus (das schöne Gefühl ein süsses Lebewesen vor der Giftspritze zu bewahren und dessen Nähe zu erleben) führen dazu,dass meine Haustiere gewisse Einschnitte hinnehmen müssen.

Auch hier würde ich meinem Rüden unterstellen,dass er bereits mit einem Jahr beide Eier(und auch jegliche Fleischkost) gegen die Garantie eingetauscht hätte regelmässig seinen (züchterisch ins unnatürliche gesteigerten) Jagdtrieb ausleben zu können.
Dieses Tema,also,dass ich meinen Hund durch Leinen von diesem ihm dringlichsten Trieb abhalte muss ich aber nie Diskussionen führen,wie beim Thema Futter oder Kastration. Da besteht allgemeiner Konsens ,dass es eben anders nicht geht.
Warum? Vielleicht weil es so logisch ist? Oder weil da Gesetze sprechen? Oder schlicht,weil Mensch mit diesem Trieb so arg wenig anfangen kann und er ihm deswegen am A... vorbei geht?
Wer garniert ist zu doof zum anrichten.

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Hannah
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Beitrag von Hannah » 27. Jun 2014 19:16

Wenn man sich die Strassen von Süd- und Osteuropäischen Ländern mal betrachtet, ist Kastration von freilaufenden Hunden und Katzen eine gute Idee, zumal die Alternative oft Euthanasie heißt.
Aber auch bei Tieren, die ein Zuhause haben, finde ich es wichtig, sie kastrieren und sterilisieren zu lassen. Zum Einen ist es ein enormer Stress für die weiblichen Tiere, rollig zu sein, ob sie gedeckt werden oder nicht. Zum Anderen sind die Besitzer der männlchen Tiere schön aus dem Schneider, wenn ihr sehr potenter Herr mal eben die Nachbarsdame besucht. Die zuckersüßen, aber ungewollten Babies haben ja dann die anderen am Hals. Kastrierte Rüden sind zudem einiges sozialer, weil sie nicht die ganze Zeit den Alpha markieren müssen.

BTW, als unsere Hündin sterilisiert wurde, war ihr einer Eileiter schon fast bis ans Platzen voll Eiter. Das ist aber erst bei der Operation aufgefallen. Hätten wir sie nicht sterilisieren lassen, wäre sich wohö nicht mehr da.
"Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!" - Berthold Brecht

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