Moralisches Dilemma

Diskussionen pro & contra
simon
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Beitrag von simon » 15. Jan 2014 13:41

Hm ich könnt dich ehrlich gesagt jetzt das gleiche fragen. Also die Handlung: Gleis umstellen so dass ein Mensch dadurch getötet wird IST eine bewusste Tötungshandlung. Daran gibt es nichts zu diskutieren. Das sieht auch die Rechtssprechung nicht anders. Ich habe ja selber mal Jura studiert. Nicht fertig, aber das Thema dieses Zugfalles wurde da auch diskutiert und juristisch gesehen gilt diese Handlung tatsächlich als vorsätzlicher Totschlag welcher durch rechtfertigenden Notstand nicht bestraft wird.

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 15. Jan 2014 18:59

simon hat geschrieben:Daran gibt es nichts zu diskutieren.
simon hat geschrieben:Ich habe ja selber mal Jura studiert. Nicht fertig, aber das Thema dieses Zugfalles wurde da auch diskutiert..
Achja...
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

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Anders
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Beitrag von Anders » 16. Jan 2014 16:33

simon hat geschrieben: Hitler ist glaube ich einfach Opfer des Zeitgeists seiner Gesellschaft sowie seiner eigenen Minderwertigkeitskomplexe gewesen.
Ach ja, armer Hitler. Eine Schweigeminute für diesen bemitleidenswerten Menschen.

:urgh:


Des weiteren sehe ich auch nen Unterschied darin, einen Hebel am Gleis umzulegen und den Abzug einer Pistole zu drücken. Allein, weil es Gefühle in anderen Größenordnungen hervorruft. Das eine ist wesentlich direkter.
Einen Menschen aus nächster Nähe zu töten oder in nem Bunker nen Knopf zu drücken, der meinetwegen ne Bombe hochgehen lässt... ist zumindest psychisch nicht vergleichbar, denke ich. Vielleicht liegt das zum Großteil an Verdrängungsmechanismen usw. und vom zugrunde liegenden Prinzip (wie du schriebst: Bewusste, freiwillige Entscheidung dazu, einem Menschen das Leben zu nehmen) ist es sicherlich gleich. Aber den Akt an sich und den Umgang damit würde ich dennoch unterscheiden. (Was bitte nicht so verstanden werden soll, als hielte ich es für besser, per Luftschlag Menschen in, sagen wir mal, Afghanistan (Hr. Klein lässt grüßen) umzubringen als sie dort direkt über den Haufen zu schießen. Verurteilenswert ist beides. Es geht mir hier lediglich um das subjektive (und in Teilen eben auch gesellschaftliche) Empfinden dabei.
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Thask
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Beitrag von Thask » 16. Jan 2014 17:21

Lebensumstände sind keine Entschuldigung für das eigene Verhalten. Jeder Mensch hat ein Gehirn und sollte er nicht geistig behindert sein ist er fähig gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Zusätzlich ist jede unserer Handlungen eine Entscheidung. Verständnis für Diktatoren ist meiner Meinung nach total unangebracht. Mit Verständnis für Lebensumstände könnte man auch Amokläufer und Mörder entschuldigen.
"Wer so tut, als bringe er die Menschen zum Nachdenken, den lieben sie.
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ozznock
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Beitrag von ozznock » 16. Jan 2014 18:47

Krass, dass Godwin's law immer wieder bestätigt wird.

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Gerlinde
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Beitrag von Gerlinde » 16. Jan 2014 20:50

Was nutzt es, das eigene Verhalten an Situationen messen zu wollen, denen man höchstwahrscheinlich niemals ausgesetzt sein wird?

Im Hier und Jetzt muss man handeln und Entscheidungen treffen.
Genügt man den eigenen Ansprüchen nicht, dann muss man mit der eigenen Schuld umgehen können.
Ich kann mich doch nicht über andere Menschen oder über andere Lebensumstände definieren bzw. mein Handeln rechtfertigen.

Bei dem Vergleich mit dem Zug und der Weichenstellung, ist doch der Zug bereits unterwegs! Änder ich die Weiche, um 1 Person statt die vorher-gefährdeten 5 Personen zu treffen, so opfere ich eine bisher unbeteiligte Person - aus Sicht dieser Person wahrscheinlich ungerecht.

Woran will ich diese Entscheidung messen? Evtl haben die 5 Personen ihren Lebensweg schon weitgehend beschritten und die eine Person ist jung, und hätte noch Jahrzehnte vor sich.
I
Man muss nicht über jedes Stöckchen springen ....

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slartibartfaß
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Beitrag von slartibartfaß » 16. Jan 2014 21:02

Thask hat geschrieben:Jeder Mensch hat ein Gehirn und sollte er nicht geistig behindert sein ist er fähig gesellschaftliche Normen zu hinterfragen.
Ich kenne geistig behinderte Menschen die durchaus in der Lage sind, gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Und ich kenne Menschen ohne Behinderung, die das nicht können.
Wellen des Paradoxen rollten über das Meer der Kausalität (...) an dieser Stelle gibt die normale Sprache auf, besucht die nächste Kneipe und gießt sich einen hinter die Binde.

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Thask
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Beitrag von Thask » 17. Jan 2014 08:09

Die wollte ich damit nicht ausschließen tut mir Leid. In diesem Fall würde ich behaupten das es jeder kann. Nur manche denken garnicht daran oder tun es einfach nicht.

Das Beispiel mit der Abwägung zwischen der Rettung eines Kaninchen oder Hitler habe ich einfach deshalb gewählt weil es in der Regel jeder nachvollziehen kann. Ich hätte genau so gut einen aktuellen Diktator wählen können, aber da wäre die Wahrscheinlichkeit geringer das den jeder kennt. Das es da ein Internetgesetz ala Murphy zu gibt wusste ich nicht und bringt die Diskussion nicht wirklich weiter.
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ozznock
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Beitrag von ozznock » 17. Jan 2014 09:00

Ja, da stimme ich dir zu. Der Hinweis auf Godwin's law allein bringt die Diskussion nicht weiter.

Aber ich zitiere da mal Gerlinde:
Gerlinde hat geschrieben:Was nutzt es, das eigene Verhalten an Situationen messen zu wollen, denen man höchstwahrscheinlich niemals ausgesetzt sein wird?
Ich bin einfach ein bisschen vorsichtig bei fiktiven Situationen, die vermutlich niemals eintreten werden. Da kann man sich monatelang totdiskutieren - wie die eigene Entscheidung im Ernstfall aussehen würde, wüsste man erst, wenn es soweit wäre. Könnte mir vorstellen, dass es durchaus möglich wäre, dass dir ein Kaninchen in einer extremen Stresssituation plötzlich scheißegal wäre. Aber das ist eben auch nur eine Vermutung.

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Gmühs
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Beitrag von Gmühs » 17. Jan 2014 10:55

Ich finde, den Tod eines Menschens und eines Tieres ethisch zu beurteilen, ist wahnsinnig schwer. Da finde ich Leiden an sich leichter zu beurteilen...
Ich glaube aber, wie ja jetzt auch schon oft gesagt wurde, dass es was komplett anderes ist, wenn man in einer Notsituation ist. Jedes Lebewesen hat einen Überlebenstrieb, und wie auch schon gesagt wurde: Wenn wir Zeit und die Möglichkeiten dazu haben, über ethische Probleme nachzudenken, dann ist das toll und wir können danach handeln - aber in Notsituationen sind wir eben auch "nur" :? (nicht schlagen, bitte) Tiere, die um ihr Überleben kämpfen und keine ethischen Überlegungen anstellen, ob das Töten oder Leiden von anderen grade richtig ist. Würde jemand jemand bei mir einbrechen und mich und meine Familie bedrohen, hätte ich wohl kein Problem damit, ihn körperlich stark zu verletzen, aber wenn er gefangen genommen würde, würde ich ihm keine Folter oder den Tod wünschen. Das sind komplett andere Situationen, in denen ich völlig andere Dinge richtig finden würde.

Ich finde Ethik ist eben eine Sache, die man sich nur unter bestimmten Möglichkeit leisten kann. Wenn man das kann: warum Tiere töten falsch ist: Ich denke, solange man das Töten von Menschen moralisch konsequent falsch findet, gibt es keine richtige Begründung, das bei Tieren nicht zu tun. Früher waren es nur die gesunden, volljährigen Männer, denen ein instrensischer Wert zugesprochen wurde, und die Begründung warum Frauen oder Sklaven es nicht haben, war einfach, dass sie eben Frauen oder Sklaven seien. Genauso ist es ja bei Tieren, man gibt ihn eine niedere Rolle nur aufgrund ihrer Spezies. Frauen und Sklaven sind inzwischen in der moralischen Gemeinschaft mitberücksichtigt, und jetzt sind wir an dem Punkt, an dem es darum geht, ob das auch Tiere werden sollen - dazu müssen aber Tiere einen Wert an sich haben, die anthropozentristische Sichtweise die doch die meisten Menschen hatten und haben wird damit in Frage gestellt.
Und die Sache ist doch einfach, dass es keinen wesentlichen Unterschied zwischen Menschen und Tieren gibt - es ist kein qualitativer Unterschied, nur ein quantitativer. Es gibt kein Merkmal, dass die Menschen so von den Tieren trennt, dass man eine eindeutige Grenze ziehen könnte und damit auch keinen Grund, Töten von Menschen schlecht zu finden und das der Tiere nicht. (Zumindest, wenn man es ethisch falsch findet, Kleinkinder und geistig Behinderte umzubringen).

Demnach ist das Töten von TIeren aufgrund der Luststeigerung der Menschen falsch, aber das Töten in Notsituationen nicht (unbedingt).

Edit: an dieser Stelle möchte ich noch ein Zitat von Bentham anfügen, dass vielleicht einige kennen:

„Es mag der Tag kommen, an dem man begreift, dass die Anzahl der Beine, die Behaarung der Haut oder das Ende des Kreuzbeins gleichermaßen ungenügende Argumente sind, um ein empfindendes Wesen dem gleichen Schicksal zu überlassen. Warum soll sonst die unüberwindbare Grenze gerade hier liegen? Ist es die Fähigkeit zu denken oder vielleicht die Fähigkeit zu reden? Aber ein ausgewachsenes Pferd oder ein Hund sind unvergleichlich vernünftigere sowie mitteilsamere Tiere als ein einen Tag, eine Woche, oder gar einen Monat alter Säugling. Aber angenommen dies wäre nicht so, was würde das ausmachen? Die Frage ist nicht 'Können sie denken?' oder 'Können sie reden?', sondern ‚Können sie leiden?.“

(Alle Achtung für den Mann, der hat im 18. Jahrhundert gelebt und schon solche Gedanken gehabt und sie formuliert... :? )

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