Text von ner Freundin

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Rider
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Text von ner Freundin

Beitrag von Rider » 30. Nov 2012 22:35

Den hat die mal für son Dorfblättle geschrieben. Den könnt ihr lesen oder nicht, kritisieren und Lobpreisen, weiterverbreiten, wie ihr möchtet. Ich wollt ihn euch auf jeden Fall nicht vorenthalten


Eigentlich mag ich Tattoos ja gar nicht so gerne. Ich überlege immer, ob man bereit ist, auch noch in dreißig Jahren damit rumzulaufen. Vor kurzem aber sah ich eins, welches mich sehr beeindruckt hat. Ein Bekannter zog an einem heißen Sommertag sein T-Shirt aus – und auf seinem Rücken prangte eine große Sonnenblume, eingeschlossen in einem Kreis, die Blätter bildeten ein elegantes V. Nicht nur sah das Tattoo einfach umwerfend aus (was ebenso an dem nicht ganz unansehlichem Oberkörper liegen mag), sondern es überraschte mich auch an ihm.

Diese Sonnenblume hat etwas von einem Geheimzeichen. Wenige Menschen kennen es, auf Lebensmitteln, Flugblättern oder, wie in diesem Fall, auf dem Körper, sagt es etwas ganz Essentielles aus: Ich versuche in meinem Leben auf den Konsum jeglicher Tierprodukte zu verzichten. Oder kürzer: Ich lebe vegan.

Mein Bekannter ist also Veganer. Und nein, auch wenn es sich gerade danach anhört, ich zeichnete ihm nicht heimlich eine Sonnenblume in die Hand oder zog ihn zur Seite um zu fragen, in welchem Kellergewölbe sich die Veganer nach Sonnenuntergang treffen. Ein Sinn der Sonnenblume ist die Erleichterung der Nahrungssuche für Menschen, die auf jegliche Tierprodukte verzichten wollen. Denn entgegen der gängigen Meinung leben auch Veganer nicht von Körner oder fressen den Kühen das Gras auf der Wiese weg. Wir verzichten zwar auf Fleisch, Fisch, Milch, Eier und andere dubiose Zusätze (wer von Ihnen, liebe Leser, weiß, dass manche Marmelade gemahlene Läuse enthält? Gibt dem Ganzen eine schöne Farbe), aber die meisten von uns ziehen doch Pfannkuchen, Nudelauflauf, Kartoffelsuppe oder etwas Ausgefalleneres wie Mangoldpasta oder einen Paranußbraten den Gänseblümchen und Heu vor.

Nun ist aber, wie ich eben erwähnt habe, nicht immer offensichtlich in welchen Produkten sich tierische Inhaltsstoffe verbergen. Problematisch sind ja nicht nur Lebensmitteln, sondern auch Drogerieartikel, die durch Tierversuche getestet sein können, Kleidung, die Seide oder Wolle enthalten kann, Gebrauchsgegenstände (Daunen sind ein No-Go, Echthaarbürsten ebenso) und viel mehr. Veganismus ist eine Lebenseinstellung und nicht nur auf das Essen beschränkt. Die Sonnenblume ist also ein Zeichen dafür: Hier sind keine Tierprodukte verarbeitet oder wurden während der Herstellung verwendet. Und damit eine tolle Unterstützung für mich, die ich mir nicht merken kann, welche der vielen Zusatzstoffe „E***“ nun vegan sind oder nicht. Wussten Sie, dass es ungefähr 590 Zusatzstoffe gibt? Und da sie sich hinter Namen wie E120 verbergen, wissen wir gar nicht so genau, was wir da konsumieren. Die Sonnenblume dient als Wegweiser im Dschungel der verwirrenden Inhaltsstoffe: Zumindest ist nichts Tierisches dran!

Wieso nun gerade Veganerin? Ich bekomme häufig den Spruch zu hören: „Vegetarier und Vegetarierinnen kann ich ja noch verstehen, aber vegan ist zu extrem!“ Nun ja, einfach gesagt: Ich wäre gerne eine Weltverbesserin. Eine Welt, in der wir in Frieden miteinander leben können, der Klimawandel eingedämmt werden konnte, in der niemand hungern muss, keine Gewalt ausgeübt wird, und ja, in der auch keine Tiere mehr sterben müssen, das ist mein Traum. Als Veganerin hoffe ich diesem Ideal näher kommen zu können.

Zuerst einmal ist es mir wichtig, dass für mein Essen keine Tiere sterben müssen. Aber leider müssen auch für Produkte wie Milch, Eier, Daunen etc. jedes Jahr unzählige Tiere leiden und sterben. Teilweise liegt das an unserem System (das Leben ist nichts wert, wenn es keinen Profit bringt), teilweise auch einfach an der Sache an sich. Weibliche Hühner legen Eier und sind damit profitabel. Hähne sind nur zur Zeugung von Nachkommen wertvoll, da sie nicht so viel Fleisch ansetzen und sich somit nicht mal zum Grillhähnchen eignen. Also wird der größte Teil des männlichen Nachwuchses direkt nach dem Schlüpfen geschreddert. Nein, ohne Betäubung. Das würde zu viel kosten und wäre zu umständlich .Darum führt leider der Eierkonsum unweigerlich, wenn auch indirekt, zur Tötung von Tieren.

Ein weiteres Beispiel, weniger dramatisch, dennoch traurig: Um Milch zu geben muss die Kuh jedes Jahr (künstlich) befruchtet werden. Damit das Kalb nicht zu viel der wertvollen Milch weg trinkt, werden häufig kurz nach der Geburt das Kind und die Mutter getrennt. Jedes Jahr von neuem durchlebt die Kuh diesen Trennungsschmerz. Wer selbst Mutter oder Vater ist, weiß um die Zeit nach der Geburt, emotions- und hormongeladen, in der die Freude über das Kind übergroß ist und eine Trennung so viel Leid mit sich bringen würde! Dennoch muten wir das jedes Jahr wieder und wieder so vielen Müttern zu – tierischen, dennoch ebenso leidensfähigen.

Wie können wir auf der einen Seite eine gewaltfreie Gesellschaft propagieren, auf der anderen Seite ohne mit der Wimper zu zucken viele Tiere in unglaublichem Leid leben und sterben lassen? Über Schweine in Massentierhaltung, Lämmern, denen die Haut abgezogen wird, lebendig gekochten Hummern und so viel mehr Qual möchte ich gar nicht reden.

Klimawandel und Welthunger sind Themen, die vor allem mit dem Fleischkonsum eng verknüpft sind, auch wenn es vielleicht ein wenig überraschend wirkt. Für ein Pfund Fleisch müssen durchschnittlich 8 Kilogramm Weizen an eine Kuh verfüttert werden. Diese Menge an Fleisch deckt nur ungefähr ein Drittel des Kalorienbedarfs eines Menschen. Mit acht Kilogramm Weizen hingegen kann man zehn Menschen den ganzen Tag satt machen. Zudem verursacht die Tierproduktion (allein dieses Wort stempelt ein Tier, ein Lebewesen, zum Gegenstand ab, was mir gehörig gegen den Strich geht) weltweit 18% der Treibhausgase. Ja, Kühe pupsen Methan und sind damit verantwortlich für einen erhöhten Anteil an Treibhausgase in der Atmosphäre. Konsequenz: Wir essen die Kühe auf?

Die Gründe für Veganismus sind ebenso vielfältig wie die Menschen, die so leben. Ich weiß, viele Veganer und Veganerinnen (ebenso wie viele Omnivoren, also Allesesser) werden mir bei den oben genannten Gründen widersprechen, etwas hinzufügen wollen, Abstriche machen, aus ganz anderen Gründen vegan leben oder eine ganz andere Sicht haben. Ich halte es für sehr wichtig immer bereit zu sein seine Lebensweise und die dahinterstehenden Motive zu überdenken und mit anderen Menschen zu diskutieren. Austausch sowie eine solide Grundlage an Informationen ist essentiell um sich eine Meinung bilden zu können, darum freue ich mich über jeden, der sich für meine Lebensweise interessiert oder mir über seine erzählt. Oder wie mein Bekannter sagte, nachdem ich ihn auf sein Tattoo und die Gründe dafür angesprochen hatte: „Für eine bessere Welt, wofür sonst?“

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Re: Text von ner Freundin

Beitrag von vegansmarties » 1. Dez 2012 01:22

Kannst Du kurz zusammenfassen, worum's in dem Text geht?

Rider
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Beitrag von Rider » 1. Dez 2012 10:17

Es geht um Veganismus. :-P Was willste denn bei sonem kurzen Text zusammenfassen? Ist halt son Aufklärer für Omnis.
In anderer Leute Suppe rühre ich ungern rum.

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Re: Text von ner Freundin

Beitrag von Vampy » 1. Dez 2012 20:19

ich find ihn gut. was für n dorfblättle war das denn und wie waren die reaktionen darauf?
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Re: Text von ner Freundin

Beitrag von couscous » 1. Dez 2012 21:51

find ich absolut gut geschrieben, um die "breite Masse, die von Veganismus keine Ahnung bzw. nur Vorurteile hat" etwas zu informieren.

für unser einen zwar nichts neues, aber das war ja auch nicht sinn und zweck.

find ich echt gut und würde mich freuen, soetwas bei uns in den bezirkszeitungen zu lesen...

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Beitrag von Rider » 8. Dez 2012 09:45

Der Text stand in nem Kirchenblättle, die so ne Fleischthema Woche hatten. In nem hessischen Dorf mit Namen Seckmauern.
Das Geschriebene hat die Konservativen leider kaum interessiert.

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Re: Text von ner Freundin

Beitrag von Kim Sun Woo » 8. Dez 2012 13:38

war ja leider irgendwie abzusehen. :(
Man hat jeden Tag die Chance die bestmögliche Version von sich selbst zu sein. ♥

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Beitrag von Akayi » 13. Dez 2012 03:54

Vor allem wenn man damit beginnt, wie sie ein junger Mann auszieht und seine Tätoos präsentiert. Das ist doch immerhin ein klassischer Aufhänger für konservative Christen gehobenen Alter?!
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

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Beitrag von void » 13. Dez 2012 04:39

Akayi hat geschrieben:Vor allem wenn man damit beginnt, wie sie ein junger Mann auszieht und seine Tätoos präsentiert. Das ist doch immerhin ein klassischer Aufhänger für konservative Christen gehobenen Alter?!
Amen.

Abgesehen davon finde ich den Text aber gut. Lässt sich sicher irgendwo mit geeigneterer Leserschaft wiederverwenden.

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Pavlak
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Beitrag von Pavlak » 12. Jul 2013 17:40

Finde den Text auch äußerst gut geschrieben. Wird zwar vielleicht nicht viele zum Veganismus bewegen aber doch dem ein oder anderen die Augen öffnen und beim Verstehen dieser Lebenseinstellung helfen.
"Kalbsbraten - aus der Sicht der Theologie? Kein Problem. Aus der Sicht der Philosophie? Kein Problem. Aus der Sicht der Moralpsychologie? Kein Problem. Und aus der Sicht des Kalbs?"

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