7 Tage unter Schlachtern

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Lovis
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Beitrag von Lovis » 22. Apr 2016 12:04

Hmmm, also ich denke nicht, dass es da nur auf die Empathiefähigkeit ankommt. Da spielen mMn Verdrängungsmechanismen eine viel entscheidendere Rolle (wie Kefir auch schon schrieb). Ein Mensch, dessen Beruf es ist, jeden Tag -zig Tiere zu töten, kann trotzdem z. B. zu Hause seinen Hund/seine Katze von Herzen lieben und sich kümmern und umsorgen und absolut empathisch sein für seine ihm nahestehenden Menschen/Tiere.

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BodyBuilder
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Beitrag von BodyBuilder » 22. Apr 2016 12:21

Frauke hat geschrieben:Ein Mensch, dessen Beruf es ist, jeden Tag -zig Tiere zu töten, kann trotzdem z. B. zu Hause seinen Hund/seine Katze von Herzen lieben und sich kümmern und umsorgen und absolut empathisch sein für seine ihm nahestehenden Menschen/Tiere.
Natürlich kann er das und ich weiss jetzt nicht, aus welchem Teil meines Posts Du geschlossen hast, dass ich das anders sehen würde.

Natürlich können Menschen in der Lage sein, für ein bestimmtes Lebewesen große Empathie zu empfinden und für ein anderes Lebewesen, das sich nur minimal davon unterschiedet, überhaupt keine Empathie zu empfinden.

Es soll wohl Leute gegeben haben, für die allein der geringfügige Unterschied zwischen "Arier" und "Nichtarier" schon zu derart erheblichen Empathiedifferenzen geführt hat.
Der Unterschied zwischen den beiden Lebewesen "mein Kind" und "nicht mein Kind" kann auch beliebig klein sein, und trotzdem zu beliebig großer Abweichung in der betreffenden Empathie bewirken.
Daher konnten auch KZ-Mörder für die eigenen Familienmitglieder hoch-empathisch sein und gegenüber nahezu deckungsgleichen anderen Personen vollständig unempathisch. Und dieser Unterschied war nicht gespielt.
Warum sollte das jetzt plötzlich anders sein?
Nur weil jetzt 2016 ist?

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Lovis
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Beitrag von Lovis » 22. Apr 2016 12:51

Dann hab ich das wohl falsch verstanden. Für mich hörte sich das "Entweder ist man empathiefähig oder nicht" so allgemeingültig an. Natürlich macht es einen Unterschied, ob ich EIN verletztes Kind/Tier sehe oder MEIN verletztes Kind/Tier. Trotzdem bin ich nicht völlig gleichgültig, wenn ich das Kind/Tier nicht kenne. Es schaut mich an, ich sehe die Panik und die Qual bzw. Hilflosigkeit in den Augen, ich höre es ... Wie die KZ-Mörder das fertiggebracht haben, ist für mich genauso unbegreiflich.

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Rainer
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Beitrag von Rainer » 22. Apr 2016 13:11

BodyBuilder hat geschrieben:Empathie hat man oder man hat sie nicht. Wer sie nicht hat, nimmt auch keinen (weiteren) Schaden.
Durch Reflektion könnten viele Menschen zumindest lernen, ihre Empathie auf andere Lebewesen zu übertragen. In diesem Kontext fällt mir folgendes Zitat ein:
Viele Menschen haben nur deswegen ein reines Gewissen, weil sie es noch nie benutzt haben. (Stanislaw Jerzy Lec)

Ich wünschte mir, dass unsere "menschliche" Gesellschaft alle (nicht-)menschlichen Tiere nicht mehr aus ihrer mehr oder minder vorhandenen Empathie ausschliesst. Da liegt für mich der Knackpunkt.

PS @Frauke: Ich habe das Zitat auch anders verstanden.
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BodyBuilder
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Beitrag von BodyBuilder » 22. Apr 2016 13:36

Frauke hat geschrieben:Es soll sogar Menschen geben, die jeden Tag -zig Tiere töten (Schlachtbetrieb) und keine psychischen Schäden davontragen ... :cry: Für mich absolut unvorstellbar.
BodyBuilder hat geschrieben:Das ist wahrscheinlich abhängig davon, welchen psychischen Zustand die betreffende Person vorher schon hat.
[...]
Empathie hat man oder man hat sie nicht. Wer sie nicht hat, nimmt auch keinen (weiteren) Schaden.
Weniger Missverständlich wäre wohl gewesen:
Empathie mit dem betreffenden Tier hat man oder man hat sie nicht.

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Waschbär
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Beitrag von Waschbär » 22. Apr 2016 15:13

BodyBuilder hat geschrieben:Empathie hat man oder man hat sie nicht.
Das stimmt nicht. Ich höre immer wieder von Landwirten, die aufgehört haben, Tiere auszubeuten und zum Schlachthof zu schicken (und nun entweder komplett woanders arbeiten, oder (selten) ihren Hof in einen Lebenshof umgewandelt haben). Die ihren Tieren sozusagen mal wirklich in die Augen geschaut haben, und dadurch Empathie gewonnen haben.

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Waschbär
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Beitrag von Waschbär » 22. Apr 2016 15:21

kaktus hat geschrieben:Inwiefern ist die Schlachtung des Schafes für dich "total sinnlos"? Sie geschieht immerhin nicht zum reinen Vergnügen.
Sie ist sinnlos, weil (a) das Schaf leben will, (b) es keine Notwendigkeit gibt, das Schaf zu töten, und (c) man sich gesund pflanzlich ernähren kann (was ja nun mittlerweile fast jeder weiß). Dieses ganze Prozedere, (d) die Aufzucht, (e) der Anbau der Futterpflanzen (mit Auswirkungen auf die Umwelt etc.) macht das alles noch viel sinnloser.
kaktus hat geschrieben: Ich kenne Menschen, die sowas mit angesehen und keine offensichtlichen psychischen Defekte davongetragen haben.
Ja, und? Das hat nichts mit meiner Frage zu tun. Andere psychische Defekte bestehen dann i.d.R. schon vorher - nämlich die krassen Verdrängungsmechanismen des Karnismus.

Wie dem auch sei - können wir vielleicht mal zu meiner eigentlichen Frage zurückkehren?
Waschbär hat geschrieben:Aber ich denke, dass das Video schon prinzipiell ziemlich gut für diejenigen "unwillentlichen" Karnisten geeignet ist, sich mal intensiver emotional mit dem Töten von Tieren zu befassen. Habt ihr diesbez. bereits Erfahrungen mit Freunden oder Bekannten gehabt? [...] Ich glaube mittlerweile, dass ich niemals in meinem Leben einen Schlachthof oder auch nur eine kleine Metzgerei [...] betreten könnte, ohne massive psychische Schäden davonzutragen. Habt ihr mal so etwas durchstehen müssen, als ihr schon Vegetarier oder Veganer gewesen seid?

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Kefir
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Beitrag von Kefir » 22. Apr 2016 23:35

Um zu Deiner Frage zurück zu kommen. Ich musste noch nie einen Schlachthof betreten und würde mich mit Händen und Füssen dagegen wehren, es zu tun.

Eine Metzgerei kann ich betreten, das ist letzthin geschehen, als ich mit einem Freund wandern war, der etwas besorgen wollte. Ich kann auch ab und zu abgepacktes Fleisch (nicht in einer Metzgerei) für meine fleischliebende Familie kaufen und im Kühlschrank neben dem Gemüse ertragen. Auch wenn ich die stille Hoffnung hege, dass ich sie eines Tages auch für meine Ideologie begeistern kann weiss ich so immerhin, dass sie das beste Biofleisch zu sich nehmen, das erhältlich ist und nicht ein Billigprodukt. Schadenbegrenzung nenn ich das.

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Liobghyta
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Beitrag von Liobghyta » 23. Apr 2016 12:55

Hm, schon mal jemand mit einem Schlachter gesprochen?
Ich hab das versucht, war recht schwierig, weil ich keine osteuropäische Sprache beherrsche.
Duch Zufall habe ich dann einen Russlanddeutschen kennengelernt, der mir erklärt hat in den Schlachthöfen arbeiten nur an "wichtigen" Stellen noch deutsche Muttersprachler, weil das besser bezahlt ist und meistens auch bei weitem weniger blutig. Diese Menschen leiden unter ihren Jobs, wenn die sich nicht gegen das Leid abschotten würden, könnten sie ihre Familien nicht ernähren. Dieser junge Mann erzählte mir noch, dass unglaublich viele der ausgebeuteten Menschen vom Alkohol abhängig sind, diese Arbeit hinterläßt Spuren, sagte er noch. :shrugs:

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 23. Apr 2016 20:26

Liobghyta hat geschrieben:Hm, schon mal jemand mit einem Schlachter gesprochen?
Liest du hier mit?
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

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