Queer-Theorie

Politische Diskussionen ohne Tierrechtsbezug
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nelty
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Beitrag von nelty » 5. Jun 2008 17:34

Das Thema Geschlechtsdekonstruktion finde ich schon interessant. Allerdigs muss ich zugeben, dass ich (noch) nicht sehr viel darüber weiß.

Ich muss allerdings sagen, dass ich eigentlich ganz gut damit leben kann ein Mann zu sein. Ich finde auch nicht, dass man die Geschlechter abschaffen sollte.

Das Problem ist eher, dass von einem erwartet wird, dass man gewisse ungeschriebene Gesetze einhält, wenn man männlich oder weiblich ist. Da liegt für mich das Problem.

Ich entspreche nicht in jeder Hinsicht, aber doch in mehr als 50% dem Rollenbild als Mann und ich schäme mich auch nicht dafür.

Wenn jemand anderes sich weder mit dem Attribut "weiblich", noch mit dem Attribut "männlich" anfreunden kann ist das okay und ich stehe voll hinter dieser Person, wenn sie für sich das Recht fordert jenseits dieser Attribute ohne Diskriminierung zu leben.

Die Behauptung, dass die ganzen "typischen" Attribute ansozialisiert sein sollen, welche hier im Laufe des Threads gefallen ist, halte ich nur für teilweise richtig.

Gerade solche evolutionären Einteilungen, wie

Mann= körperlich stark, beschützt seine Familie, sucht sich eine Frau die unterwürfig ist und bestimmte körperliche Attribute hat (unbewusst wird nach einer besonders gebärfähigen Frau gesucht)

Frau=liebevoll, zieht die Kinder auf, sucht den Mann danach aus wie gut er sie und ihre Kinder beschützen kann (heute besteht der Schutz oft eher aus Geld als aus dicken Muskeln) sind heute sicherlich genetisch.

Unsere aktuelle Gesellschaft entwickelt sich von diesem Stereotypen immer weiter weg und lässt den Menschen immer mehr Raum sich nicht so zu verhalten, wenn sie es denn wollen. Die meisten Menschen tun es trotzdem. Lustigerweise ist gerade die Abwedung von diesen Stereotypen doch oft ansozialisiert. Wenn ich zum Beispiel meinen Partner auch danach aussuche, dass er mir intellektuell gewachen ist, so entspringt das vermutlich nicht meinen Erbanlagen.

Es ist wohl ganz einfach so, dass in grauer Vorzeit sich vorallem starke Männer und liebevolle Frauen fortgepflanzt haben. Männer die ihre Familien nicht schützen oder Frauen, die ihren Nachwuchs nicht aufziehen könnnen haben sich nicht fortgepflanzt und so sind ihre Erbanlagen ausgestorben.

Das macht man nicht mal eben so rückgängig. Es könnte sich nur dann ändern, wenn sich Menschen mit anderen Attributen effektiver fortpflanzen. Heute pflanzen sich erfolgreiche Menschen (ganz abgesehen von dem Problem "Erfolg" zu definieren) aber auch nicht zwangsläufig besser fort, weil wir die Kontrolle über die Fortpflanzung haben und nicht mehr regelmäßiger Sex zwischen Frau und Mann zwangsläufig dazu führt.
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pünktchen.av
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Beitrag von pünktchen.av » 5. Jun 2008 17:48

öh - übler biologismus. selbst wenn die perfekte befolgung der klassischen rollebilder früher tatsächlich zu einem größeren erfolg beim durchboxen der eigenen gene gehabt hatte - was ich eher für eine projektion halte - dann wären die so erfolgreichen gene ja genauso an männlein wie weiblein der nächsten generation weitergegeben worden. oder denkst du, alle entsprechenden eigenschaften lägen zufälligerweise auf dem y-chromosom?
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illith
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Beitrag von illith » 5. Jun 2008 18:08

nelty hat geschrieben:Das Thema Geschlechtsdekonstruktion finde ich schon interessant. Allerdigs muss ich zugeben, dass ich (noch) nicht sehr viel darüber weiß.
daran kann man ja arbeiten ;)
hast du diesen (zugegebener maßen nicht ganz kurzen) thread denn durchgelesen?
dieser hier birgt auch noch einige aufschlussreiche links.
Ich muss allerdings sagen, dass ich eigentlich ganz gut damit leben kann ein Mann zu sein. Ich finde auch nicht, dass man die Geschlechter abschaffen sollte.
interessant ist oft die frage, was es für eine person jeweils bedeutet "ein mann" zu sein bzw "eine frau".
was genau stellst du dir unter der "abschaffung der geschlechter" denn vor?
Wenn jemand anderes sich weder mit dem Attribut "weiblich", noch mit dem Attribut "männlich" anfreunden kann ist das okay und ich stehe voll hinter dieser Person, wenn sie für sich das Recht fordert jenseits dieser Attribute ohne Diskriminierung zu leben.
das ist schonmal löblich :up:
Gerade solche evolutionären Einteilungen, wie

Mann= körperlich stark, beschützt seine Familie, sucht sich eine Frau die unterwürfig ist und bestimmte körperliche Attribute hat (unbewusst wird nach einer besonders gebärfähigen Frau gesucht)

Frau=liebevoll, zieht die Kinder auf, sucht den Mann danach aus wie gut er sie und ihre Kinder beschützen kann (heute besteht der Schutz oft eher aus Geld als aus dicken Muskeln) sind heute sicherlich genetisch.
siehe pünktchens beitrag - das ist ja genau der biologismus, den bestseller-autorInnen von eva hermann bis allan und barbara pease (und natürlich auch reichlich andere institutionen und privatmenschen) als rechtfertigung für sexismus der übelsten art heranziehen. da ist schonmal vorischt geboten.
bei diesem modell spielt nämlich auch (auch bei wissenschaftlerInnen) selektive wahrnehmung und projektion eine rolle. da wird munter aus dem steinzeit-nähtäschchen geplaudert als wär man selbst dabei gewesen - dabei ist bei weitem nicht alles so genau erforscht bezüglich des lebens unserer vorfahren.
und was ist mit den menschen, die eben nicht nach deinem vermeintlich genetisch bedingten beziehungs-model "mächtiger mann -- liebevolles frauchen" leben? sind das mutanten mit verändertem erbgut?^^ vergewaltigen die ihre natur durch verkopfte entscheidungen? oder was?
lies dazu die links in dem thread, den ich dir oben verlinkte! die sind sehr informativ.
Unsere aktuelle Gesellschaft entwickelt sich von diesem Stereotypen immer weiter weg und lässt den Menschen immer mehr Raum sich nicht so zu verhalten, wenn sie es denn wollen. Die meisten Menschen tun es trotzdem.
was "die meisten" bedeutet und vor allem was die dann im einzelnen tun, müsste nochmal näher definiert werden. und da wird dann oft auch die sozialwissenschaftliche komponente einfach unter den tisch fallen gelassen. also selbst wenn sich diene aussage statistisch bestätigen ließe, sagt das noch lange nichts über das "warum" aus.
Wenn ich zum Beispiel meinen Partner auch danach aussuche, dass er mir intellektuell gewachen ist, so entspringt das vermutlich nicht meinen Erbanlagen.
nicht? könnte doch sein, dass eure potentiellen kinder dann besonders schlau werden, was in der modernen gesellschaft auf jeden fall erfolgsversprechender ist, als besonders starke sohnemänner oder besonders liebe töchterchen. ;)
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Beitrag von nelty » 5. Jun 2008 18:16

pünktchen.av hat geschrieben:öh - übler biologismus. selbst wenn die perfekte befolgung der klassischen rollebilder früher tatsächlich zu einem größeren erfolg beim durchboxen der eigenen gene gehabt hatte - was ich eher für eine projektion halte - dann wären die so erfolgreichen gene ja genauso an männlein wie weiblein der nächsten generation weitergegeben worden. oder denkst du, alle entsprechenden eigenschaften lägen zufälligerweise auf dem y-chromosom?
Solche Vorwürfe wie "Biologismus" und "Projektion" sind ohne Gegenargumente nicht sehr hilfreich. Ich habe nichts dagegen wenn du mir widersprichst, ich habe ja bereits geschrieben, dass mir teilweise das Wissen fehlt. Aber dann sag mir bitte auch wieso.

Zu dem Thema der Vererbung muss ich zugeben, dass ich diesen Faktor in meine Überlegungen nicht einbezogen habe. Was allerdings noch nicht heißt, dass ich zwangsläufig falsch liege.

Es ist ja durchaus möglich, dass die "typisch männlichen" Eigenschaften zu einem großen Teil auf dem y-chromosom liegen. Deine Frage klingt so als wäre das total abwegig. Aber das kann sich durch Selektion sehr wohl so entwickelt haben, oder etwa nicht?

Auch wären da wohl noch andere Erklärungen möglich, aber da fehlt mir leider das Wissen über Genetik. Soweit ich weiß sind da auch in der Wissenschaft noch viele Fragen offen.
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Beitrag von pünktchen.av » 5. Jun 2008 18:43

nelty hat geschrieben: Solche Vorwürfe wie "Biologismus" und "Projektion" sind ohne Gegenargumente nicht sehr hilfreich. Ich habe nichts dagegen wenn du mir widersprichst, ich habe ja bereits geschrieben, dass mir teilweise das Wissen fehlt. Aber dann sag mir bitte auch wieso.
biologismus bezeichnet die erklärung sozialer verhältnisse (und ihrer richtigkeit, da natürlich) durch (angebliche) biologische gesetzmäßigkeiten. wenn die tatsächlich vorliegen, ist dagegen natürlich nichts zu sagen. nur wird sich niemand die mühe machen, offensichtlich biologisch begründete soziale verhältnisse (frauen kriegen kinder) biologisch begründen zu wollen, sondern es geht meistens ums eben durchaus nicht so klar aus der menschlichen biologie ableitbaren verhältnissen. und weil dabei stets von dem jetzt existierend oder zumindest gewünschten zustand ausgegangen wird, biegt man sich die biologie oder besser noch die ferne
entwicklungsgeschichte entsprechend zurecht. das ergebnis ist meist entsprechend ideologisch, es handelt sich um eine projektion der eigenen vorstellung vom guten und richtigen auf die natur. im ergebnis findest du in der natur die argumente zur rechtfertigung eines gesellschaftbildes, die du vorher erst aufgrund dieses gesellschaftsbildes hinein interpretiert hast.

(was man so ähnlich auch den meisten veganern vorwerfen kann, aber das ist ein anderes thema)

nelty hat geschrieben: Es ist ja durchaus möglich, dass die "typisch männlichen" Eigenschaften zu einem großen Teil auf dem y-chromosom liegen. Deine Frage klingt so als wäre das total abwegig. Aber das kann sich durch Selektion sehr wohl so entwickelt haben, oder etwa nicht?
theoretisch schon. nur ist das y-chromosom ja ziemlich verkrüppelt. es enthält gerade mal zwei dutzend funktionierende gene, die anderen chromosomen jeweils tausende. es ist daher einfach extrem unwahrscheinlich, dass die für ein männliches menschliches wesen erfolgversprechenden genmutationen gerade auf dem y-chromosom auftreten. allerdings kann es natürlich sein, dass die entsprechenden anlagen zwar woanders vererbt werden, aber nur bei einem geschlecht auch "angeschaltet" werden.
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Beitrag von nelty » 5. Jun 2008 18:45

illith hat geschrieben: daran kann man ja arbeiten ;)
hast du diesen (zugegebener maßen nicht ganz kurzen) thread denn durchgelesen?
dieser hier birgt auch noch einige aufschlussreiche links.
Danke für den Link. Werde ich mir mal zu Gemüte führen. Ich habe diesen Thread zu einem Großteil gelesen, den Rest habe ich überflogen. :mrgreen:
interessant ist oft die frage, was es für eine person jeweils bedeutet "ein mann" zu sein bzw "eine frau".
was genau stellst du dir unter der "abschaffung der geschlechter" denn vor?
Ich war diesbezüglich vorallem von einem Gespräch mit einem Menschen geprägt, der es für moralisch verwerflich hielt in diesem Kategorien zu denken oder zu sprechen und mir allein afgrundessen, dass ich mir selbst das Attribut "männlich" zuschrieb, Sexismus (ich glaube es war ein anderes, aber keineswegs netters Wort - ich erinnere mich leider nicht mehr genau) unterstellte.
siehe pünktchens beitrag - das ist ja genau der biologismus, den bestseller-autorInnen von eva hermann bis allan und barbara pease (und natürlich auch reichlich andere institutionen und privatmenschen) als rechtfertigung für sexismus der übelsten art heranziehen. da ist schonmal vorischt geboten.
bei diesem modell spielt nämlich auch (auch bei wissenschaftlerInnen) selektive wahrnehmung und projektion eine rolle. da wird munter aus dem steinzeit-nähtäschchen geplaudert als wär man selbst dabei gewesen - dabei ist bei weitem nicht alles so genau erforscht bezüglich des lebens unserer vorfahren.
und was ist mit den menschen, die eben nicht nach deinem vermeintlich genetisch bedingten beziehungs-model "mächtiger mann -- liebevolles frauchen" leben? sind das mutanten mit verändertem erbgut?^^ vergewaltigen die ihre natur durch verkopfte entscheidungen? oder was?
lies dazu die links in dem thread, den ich dir oben verlinkte! die sind sehr informativ.
Hier unterstellst du mir leider etwas, was ich nicht geschrieben habe. Fühle mich da in eine Ecke gedrängt, in die ich nicht will (und auch nicht gehöre). Ich zitiere mich hier mal dreisterweise selber, auch wenn du das ja offenbar gelesen hast. Es widerspricht deiner Unterstellung:
nelty hat geschrieben: Wenn jemand anderes sich weder mit dem Attribut "weiblich", noch mit dem Attribut "männlich" anfreunden kann ist das okay und ich stehe voll hinter dieser Person, wenn sie für sich das Recht fordert jenseits dieser Attribute ohne Diskriminierung zu leben.
Ganz abgesehen davon, dass ich mit meiner Erklärung auf Basis von evolutionären Vorgängen vielleicht Unrecht habe - nirgendwo schreibe ich, dass es dann so sein muss bzw. so bleiben soll und erst recht nicht, dass Menschen welche sich konträr zu diesen Stereotypen verhalten sich "unnatürlich" oder "falsch" verhalten.
Ganz nebenbei spielt für mich ohnehin nur die Frage nach der moralischen Verwerflichkeit einer Handlung eine Rolle und ich finde es absolut NICHT moralisch verwerflich sich nicht mit den Attributen "männlich" und "weiblich" identifizieren zu können. Ich selbst kann es halt. aber warum sollte ich das von anderen verlangen? Das wäre eine ethisch nicht vertretbare Einschränkung der Rechter anderer. Das ist absolut nicht meine Meinung. Ich bin, ganz im Gegenteil, für die freie Entfaltung jedes Menschen. Ich bestreite weder, dass diese Rolleneinteilung nicht für jeden gilt, noch behaupte ich, dass sie für jeden gelten sollte!

Eva Hermann ist eine üble Faschistin und Sexistin mit der ich absolut nichts gemein habe in meinen Schlussfolgerungen. Was sie schildert ist ein altes Rollenbild und spätestens da wo sie anfängt zu behaupten, dass es so doch toll ist und auch bitte so bleiben soll hört für mich der Spaß ganz auf. Zu den anderen kann ich nichts sagen, weil sie nicht kenne. Ich vermute mal, dass das auch kein Verlust ist.
was "die meisten" bedeutet und vor allem was die dann im einzelnen tun, müsste nochmal näher definiert werden. und da wird dann oft auch die sozialwissenschaftliche komponente einfach unter den tisch fallen gelassen. also selbst wenn sich diene aussage statistisch bestätigen ließe, sagt das noch lange nichts über das "warum" aus.
Die meisten Mensch identifizieren sich mit dem Attribut "männlich" oder "weiblich", sind heterosexuell und wenn man sich anschaut nach denen Otto Normalvebraucher und Liesschen Müller sich ihre Partner aussuchen, so kann man eine gewisse Plausibilität dieser Aussagen kaum leugnen. Es sind abgedroschene Plattitüden, dass Männer sich Frauen nach dem Aussehen und Frauen sich Männer nach ihrer Macht (Muskeln, Geld, Ansehen) auswählen, aber das macht sie nicht weniger wahr. Was das "warum" angeht hast du natürlich recht, deswegen diskutieren wir hier wohl auch. ;)
nicht? könnte doch sein, dass eure potentiellen kinder dann besonders schlau werden, was in der modernen gesellschaft auf jeden fall erfolgsversprechender ist, als besonders starke sohnemänner oder besonders liebe töchterchen. ;)
"survival of the fittest" heißt ja nicht "überleben des stärksten" sondern "des angepasstesten".
Die Entwicklung, dass Bildung und Intelligenz in breiten Bevölkerungssichten als nützlich empfunden werden ist ganz neu (ein paar hundert Jahre alt). Für Gene ist das verdammt wenig Zeit. Es gab zwar auch vorher ein paar Hochlkulturen in der Menschheitsgeschichte mit solchen Ansätzen, aber dennoch: Für die meiste Zeit waren die Menschen so sehr damit beschäftigt ihr Überleben zu sichern, dass für sowas gar keine Zeit war. Ich kann dir da also nicht folgen.

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Beitrag von nelty » 5. Jun 2008 18:55

pünktchen.av hat geschrieben: biologismus bezeichnet die erklärung sozialer verhältnisse (und ihrer richtigkeit, da natürlich) durch (angebliche) biologische gesetzmäßigkeiten. wenn die tatsächlich vorliegen, ist dagegen natürlich nichts zu sagen. nur wird sich niemand die mühe machen, offensichtlich biologisch begründete soziale verhältnisse (frauen kriegen kinder) biologisch begründen zu wollen, sondern es geht meistens ums eben durchaus nicht so klar aus der menschlichen biologie ableitbaren verhältnissen. und weil dabei stets von dem jetzt existierend oder zumindest gewünschten zustand ausgegangen wird, biegt man sich die biologie oder besser noch die ferne
entwicklungsgeschichte entsprechend zurecht. das ergebnis ist meist entsprechend ideologisch, es handelt sich um eine projektion der eigenen vorstellung vom guten und richtigen auf die natur. im ergebnis findest du in der natur die argumente zur rechtfertigung eines gesellschaftbildes, die du vorher erst aufgrund dieses gesellschaftsbildes hinein interpretiert hast.
Ich hab das zwar schon bei der Antwort an illith angeschnitten, aber hier nochmal ganz deutlich: Diese Definition von Biologismus trifft auch mich bzw. meine Aussagen nicht zu, da ich zwar den "status quo" zu erklären versuche, aber keinerlei Aussagen darüber treffen, dass es so auch sein sollte. Ganz im Gegenteil. Ich lehne es ab Geschlechterrollen als verbindlich anzusehen. Selbst wenn es nur einen Menschen auf der Welt gäbe, der anders leben will, sollte dieser das Recht dazu haben.

Also hast du mir leider einfach einen Kampfbegriff um die Ohren geschlagen, anstatt zu diskutieren. ;)
theoretisch schon. nur ist das y-chromosom ja ziemlich verkrüppelt. es enthält gerade mal zwei dutzend funktionierende gene, die anderen chromosomen jeweils tausende. es ist daher einfach extrem unwahrscheinlich, dass die für ein männliches menschliches wesen erfolgversprechenden genmutationen gerade auf dem y-chromosom auftreten. allerdings kann es natürlich sein, dass die entsprechenden anlagen zwar woanders vererbt werden, aber nur bei einem geschlecht auch "angeschaltet" werden.
Oder eben so. Ich glaube das genaue genetisch "wie" ist auch für dieses Diskussion nicht von Bedeutung. Es ist als theoretisch denkbar, aus naturwissenschaftlicher Sicht.
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Beitrag von pünktchen.av » 5. Jun 2008 19:10

nelty hat geschrieben: Die Entwicklung, dass Bildung und Intelligenz in breiten Bevölkerungssichten als nützlich empfunden werden ist ganz neu (ein paar hundert Jahre alt). Für Gene ist das verdammt wenig Zeit. Es gab zwar auch vorher ein paar Hochlkulturen in der Menschheitsgeschichte mit solchen Ansätzen, aber dennoch: Für die meiste Zeit waren die Menschen so sehr damit beschäftigt ihr Überleben zu sichern, dass für sowas gar keine Zeit war. Ich kann dir da also nicht folgen.
ich wage mal zu behaupten, dass bildung und intelligenz schon immer wichtig zum überleben waren. der mensch hat das große gehirn nicht zwei millionen jahre als balast mit sich rumgeschleppt.
nelty hat geschrieben: Diese Definition von Biologismus trifft auch mich bzw. meine Aussagen nicht zu, da ich zwar den "status quo" zu erklären versuche, aber keinerlei Aussagen darüber treffen, dass es so auch sein sollte.
es reicht ja, dass du versuchst, den status quo für "natürlich" zu erklären, selbst wenn du daraus keine normativen (=wertenden) folgerungen ziehst. und dass du dazu heutige rollenbilder in eine vergangenheit projizierst, über deren tatsächliche realität du gar nicht viel wissen kannst.
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Beitrag von nelty » 5. Jun 2008 20:26

pünktchen.av hat geschrieben:ich wage mal zu behaupten, dass bildung und intelligenz schon immer wichtig zum überleben waren. der mensch hat das große gehirn nicht zwei millionen jahre als balast mit sich rumgeschleppt.
Aber auf einer völlig anderen Ebene, nämlich im Bezug auf praktische Anwendungen wie Jagd usw. Heute geht das aber viel weiter und gilt sogar oftmals in Bereichen als wüschenswert, wo keine direkten materiellen Vorteile daraus entstehen. Wir langweilen uns doch in Gesellschaft von Menschen die überhaupt nicht kapieren was wir sagen.
es reicht ja, dass du versuchst, den status quo für "natürlich" zu erklären, selbst wenn du daraus keine normativen (=wertenden) folgerungen ziehst. und dass du dazu heutige rollenbilder in eine vergangenheit projizierst, über deren tatsächliche realität du gar nicht viel wissen kannst.
Klar ist es "natürlich", wenn sich die Menschen aufgrund ihrer Erbanlagen so entwickelt haben. Die Menschen, die anders sind sind aber nicht weniger "natürlich". Das einzige was ich wirklich bejahen kann ist, dass das Erbgut der Menschen auf "natürlichem" Wege entstanden ist. Das ist eine Binsenweisheit, die du kaum abstreiten kannst. Genauso wie, dass alles was nicht ansozialisiert ist "natürlich" sein muss, also von der Natur mit auf den Weg gegeben. Das ist, wie du schon richtig sagst, allerdings ist keinester Weise normativ.

Ich bin sogar der Meinung, dass es eindeutig "natürliche" Verhaltensweisen gibt, die der Mensch dringend ablegen sollte, da sie in einer zivilisierten und technologisch hochentwickelten Gesellschaft hinderlich bis fatal sind.

Ich weiß tatsächlich nichts über die Dinge, welche vor meiner Geburt geschehen sind. Die Wissenschaft kann da auch nicht alle Lücken schließen, aber alles was ich bisher gelesen oder in Filmen gesehen haben stützt meine Theorie eher. Und genau das ist es: eine Theorie.

Die Behauptung die Verhaltensweisen seien ansozialisiert ist auch nur eine, ganz nebenbei. Eine die mir weniger plausibel erscheint. Warum gibt es diese Rollenbilder denn in allen Zivilisationen der Erde? Soll das Zufall sein?
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Beitrag von illith » 6. Jun 2008 00:42

nelty hat geschrieben:Ich war diesbezüglich vorallem von einem Gespräch mit einem Menschen geprägt, der es für moralisch verwerflich hielt in diesem Kategorien zu denken oder zu sprechen und mir allein afgrundessen, dass ich mir selbst das Attribut "männlich" zuschrieb, Sexismus (ich glaube es war ein anderes, aber keineswegs netters Wort - ich erinnere mich leider nicht mehr genau) unterstellte.
hm... mM isses situationsabhängig, ob es sinnvoll oder kritisch ist, in diesen kategorien zu denken. solang die gesellschaft noch so strukturiert ist (mit diesen beiden 'klassen'), wäre es politisch gesehen doch sogar dumm, die kategorien komplett außer ahct zu lassen oder nicht?! :?:
ob sich jetzt jemand männlich oder sonstwie definiert - ist doch irgendwie auch jedem und jeder seine/ihre eigene sache. würd ich jetzt mal so sagen.^^ ich sehs aber als pflicht, die jeweilige rolle nicht einfach nur so zu übernehmen, sondenr kritisch darüber zu reflektieren (immer wieder).
Hier unterstellst du mir leider etwas, was ich nicht geschrieben habe. Fühle mich da in eine Ecke gedrängt, in die ich nicht will (und auch nicht gehöre).
das war nicht meine absicht ;)
ich wollten ur hinterfragen, wenn das alles genetisch in jedem menschen einprogrammiert ist, was ist dann mit den leuten, die sich da nicht rollenkonform verhalten.
Zu den anderen kann ich nichts sagen, weil sie nicht kenne. Ich vermute mal, dass das auch kein Verlust ist.
hast du bestimmt schonmal gesehen "warum frauen nicht einparken können und männer lügen" usw. ist von denen.
ich lieh mir so ein exemplar mal aus der uni-bibliothek aus und mir ist fast der KRRRRAGEN geplatz. meiner besten freundin, der ich danach die besten stellen rezitierte (aus den sex-bezogenen kapiteln besonders ;) ) hat auch direkt schaum vorm maul gekriegt (nachdem ich ihr versicherte, dass das buch nicht als scherz gedacht ist) :mrgreen:
Die meisten Mensch identifizieren sich mit dem Attribut "männlich" oder "weiblich", sind heterosexuell und wenn man sich anschaut nach denen Otto Normalvebraucher und Liesschen Müller sich ihre Partner aussuchen, so kann man eine gewisse Plausibilität dieser Aussagen kaum leugnen. Es sind abgedroschene Plattitüden, dass Männer sich Frauen nach dem Aussehen und Frauen sich Männer nach ihrer Macht (Muskeln, Geld, Ansehen) auswählen, aber das macht sie nicht weniger wahr. Was das "warum" angeht hast du natürlich recht, deswegen diskutieren wir hier wohl auch. ;)
also das "wahr" bezieht sich jetzt auf die gesellschaftliche realität? könnte schon sein. obwohl man sich allgemein immer davor hüten sollte, eigene (=subjektive) wahrnehmungen als empirischen beweis zu interpretieren. aber wie gesagt: könnte mir schon vorstellen, dass du in dem punkt recht haben könntest.
Die Entwicklung, dass Bildung und Intelligenz in breiten Bevölkerungssichten als nützlich empfunden werden ist ganz neu (ein paar hundert Jahre alt). Für Gene ist das verdammt wenig Zeit. Es gab zwar auch vorher ein paar Hochlkulturen in der Menschheitsgeschichte mit solchen Ansätzen, aber dennoch: Für die meiste Zeit waren die Menschen so sehr damit beschäftigt ihr Überleben zu sichern, dass für sowas gar keine Zeit war. Ich kann dir da also nicht folgen.
also vorneweg: ich kenn mich mit dem ganzen gen-kram leider auch nicht wirklich aus, daher gedankenspiele ich hier nur ;)
in diesem fall dahingehend, dass unsere (verhaltens-)gene ja vlt nicht darauf programmiert sind "such dir einen möglichst starken/fürsorglichen partner" sondern vielmehr auf "such dir einen partner, der sich besonders in seinem gesellschafltichen umfeld zurecht kommt". oder so.^^
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