Fatshaming, Adipositas-Epidemie & Empowerment

Politische Diskussionen ohne Tierrechtsbezug
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Kim Sun Woo
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Beitrag von Kim Sun Woo » 24. Okt 2018 10:28

stimmt natürlich eigentlich.
illith hat geschrieben:[...] und der Nährwert-Mehrwert hält sich stark in Grenzen. [...]
huch?! ich wäre jetzt auch davon ausgegangen daß Fruchtsaft hinsichtlich sowas wie "Vitaminbilanz" schon noch in einer anderen Liga als Cola spielt.
Man hat jeden Tag die Chance die bestmögliche Version von sich selbst zu sein. ♥

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illith
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Beitrag von illith » 24. Okt 2018 10:40

ja klar - aber eben nicht so weit, dass es eine explizite Empfehlung rechtfertigen würde. (außer vlt man ist RaucherIn und kann immer extra Vitamin C gebrauchen...?)
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Xina
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Beitrag von Xina » 24. Okt 2018 10:55

schwarz hat geschrieben:
Xina hat geschrieben:

Allen "Mythen" wie Stoffwechsel, Hormone, ererbte Tendenzen zum Dick sein/werden und was auch immer werden aktuelle Studien entgegen gestellt. Die Formel ist also eigentlich ganz einfach: Mehr Kalorien rein als benötigt = Zunahme, weniger Kalorien rein als benötigt = Abnahme.
Dann liefer bitte mal ein paar dieser Studien, ja? Das würde ich mir gerne mal ansehen.
Denn überraschenderweise habe ich nämlich just heute mindestens drei Artikel inkl. Quellen gelesen, die genau das Gegenteil sagen.
Ich hab mir die Studien übrigens gar nicht angesehen, weil mir Studien prinzipiell eher wumpe sind. Es gibt einfach zu viele Optionen, die für sich passend zu machen, à la "traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast". Ich möchte mit meinem Beitrag nur darauf hinweisen, dass ich selbst in so vielen "Fettlogiken" steckte, die mir nicht bewusst waren, dass das Buch mir genau da geholfen hat. Beispiele dazu (also zu meinen Überzeugungen VOR dem Buch) kann ich problemlos aufführen:
- "alle gängigen Tipps helfen mir nicht" (Keine Süßigkeiten - ich hab eh keine da, keine Softdrindks - ich trinke seit Jahren nichts, was Kalorien hat...) - was soll ICH denn noch reduzieren?!
- ich nehme von einem Tag auf den anderen einfach zu, bis zu zwei Kilo, ich hab wirklich einen komischen Stoffwechsel...
- ich esse schon drei Tage total wenig und habe immer noch nicht abgenommen? Dann bringt es eh nix...
- weniger als 1.500 kcal pro Tag gehen gar nicht, dann geht der Körper in den "Hungermodus"
- täglich wiegen ist Böse und sinnlos...

NACH Lesen des Buches war es tatsächlich so "einfach" - weniger Kalorien rein als man verbraucht = Abnahme. Dass das einigen leichter und anderen schwerer fällt, bestreite ich nicht, das wird auch durch "Die Ernährungsdocs" (was ich oft gar nicht schlecht finde) oft gut erläutert.
Tatsächlich habe ich zwar sehr gesund gegessen, aber leider halt auch zu viel, dagegen konnte ich gar nicht "ansporteln" und ich habe oft versucht, mich damit abzufinden und "mit mir zufrieden zu sein", war ich aber nie länger als mal einen Tag. Im Nachhinein kann ich gar nicht mehr begreifen, dass ich da nicht von selbst drauf gekommen bin, aber so war es halt, war ehrlich gesagt oft auch bequem, die Überzeugung: Ich kann halt nicht abnehmen, weil ich nicht die Stellschrauben habe, die "alle" haben... :?

Ich finde diese Rezension (weil sie auch Comics von Nadja Hermann enthält) ganz gut:
http://schraeglage.blog/buchrezension-f ... berwinden/

Sorry, ich hab das Buch aktuell verliehen und ehrlich gesagt auch keine Lust, eine Studienschlacht zu beginnen, ich hätte den Satz einfach weglassen sollen... ansonsten: Das Buch gibt es neu für 10 Euro, wenn also jemand sich in meiner Beschreibung VOR dem Lesen wieder erkennt, mag er diese 10 Euro investieren, mir war es extrem hilfreich.
Vampy hat geschrieben:man sollte sich so akzeptieren wie man ist, aber immer an sich arbeiten. sowohol psychisch als auch physisch.
Unterschreibe ich so. Nicht mehr an sich arbeiten wäre Stillstand - es gibt auch in meinen Augen immer lohnenswerte Weiterentwicklungen und Ziele, sowohl psychisch als auch physisch. Das heißt NICHT, dass ich ständig getrieben bin und den Augenblick nicht genießen kann. Im Gegenteil - es gibt ja nur das "Jetzt". ;) (Gleichnamiges Buch von Eckhart Tolle kann ich nur empfehlen!) =)

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Beitrag von somebody » 24. Okt 2018 11:07

@Kim

Kim, potenzielles Problem bei Fruchtsaft stellt natürlicher & etwaig zugesetzter Zucker dar. Fruchtsaft & Obst in normaler Verzehrmenge sind OK, sofern sonst auch normaler Zuckergenuss erfolgt. Aber das, was manche AutorInnen & YouTuberInnen als Ernährung zu verkaufen versuchen, also zB 30 Bananen oder mehrere Liter Fruchtsaft täglich, das ist Mumpiz.
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Re.Flux85
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Beitrag von Re.Flux85 » 24. Okt 2018 11:13

fruchtsäfte werden oft nur noch verdünnt als getränk angepriesen.

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schwarz
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Beitrag von schwarz » 24. Okt 2018 11:30

Dieses ständige Gehetze nach Weiterentwicklung bzw. den ach so lohnenswerten Zielen ist meiner Ansicht nach Teil des Problems, bezogen auf den Titel des Threads.
Es gibt schlicht und einfach keinen Grund, sich zu verändern, wenn man selbst komplett zufrieden ist. Das man das aber trotzdem machen "muss", ist ein von außen kommender Druck.
Diesem Druck versucht sich die Bodypositive-Bewegung entgegen zu stellen, und zwar völlig zu Recht.
Dass das teilweise wohl in Betriebsblindheit umschlägt und stellenweise in Verherrlichung bzw. Negierung existenter Probleme ausartet, ist meiner Ansicht nach nur ein Zeichen dafür, wie sehr darum gekämpft werden muss, nicht als Mensch zweiter Klasse etc. abgestempelt zu werden.
enter the void.

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Ars
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Beitrag von Ars » 24. Okt 2018 11:59

@Illith

Eigene Wahrnehmung: natürlich wissen dicke Menschen, dass sie Übergewicht haben. Theoretisch... Nichts desto trotz scheint dabei die Wahrnehmung trotzdem verschoben zu sein und das habe ich auch schon von anderen Menschen gehört. Ich habe in zwei Stufen abgenommen, mit einer relativ langen Haltepause dazwischen. Während Stufe 1 habe ich mich wie Herkules gefühlt. Buah... du hast 15 kg abgenommen, super gemacht. Dass ich nach wie vor ungesund dick war, wusste ich zwar theoretisch vom Kopf her. Als mein Arzt mir dann Medikamente verschreiben wollte wegen Bluthochdruck, er mich auf meinen Prädiabetes aufmerksam gemacht hat und meinte, er bezweifelte eine nachhaltige Lebensänderung bei mir, war ich zuerst total beleidigt. Ich hatte 15 kg abgenommen. Was fiel meinem Körper und meinem Arzt ein, da irgendwie noch zickig zu sein und meine heroische Tat nicht zu würdigen. Genau so fühlte ich mich, auch wenn das lächerlich klingt jetzt. Ich musste mir dann eingestehen, dass ein gesundes Leben bedingt, dass ich mehr tun muss und habe in einem zweiten Schritt dann weitere 20 kg abgenommen. Während dieser Abnahme fühlte ich mich je länger sie dauerte, um so dicker. Oder anders ausgedrückt: nach etwas 25 kg Abnahme habe ich meinen Körper zum ersten Mal wieder gesehen, was ich vorher offensichtlich nicht tat oder irgendwie nur halb. Ich kann nicht genau sagen, was da passiert ist vorher, aber es war Tatsache, dass ich mir während der zweiten Phase plötzlich meines Übergewichts bewusst wurde, während ich in der ersten Phase mich nur gut fand, ob meiner "Leistung". Jetzt ist es so, dass ich mich anfange unwohl zu fühlen, sobald ich zwei oder drei Kilo zunehme. Wenn ich heute die wenigen Fotos aus der Zeit damals ansehe, sehe ich dass ich einfach nur total fett war. Damals habe ich mich nicht so wahrgenommen. Ich war zwar übergewichtig, aber immer noch "sportlich übergewichtig". Ich konnte schliesslich noch Gartenarbeit machen und nicht wie die Nachbarin kaum mehr die Abfalltüte runterbringen.

Ich würde also sagen, meine ganze Wahrnehmung bezüglich meines Körpers und das Ausmasses meiner Probleme war mir je länger je weniger bewusst im Laufe meiner Zunahmekarriere. Ich habe in den Spiegel gesehen und nicht das wahrgenommen, was andere wohl gesehen haben. Ich habe nicht mehr gespürt, wo mein eigene Körperfülle mich einschränkt und was ich alles nicht mehr tun kann deswegen. Nichts, was passiert ist, hat mich dazu gebracht, mich zu ändern. Ja, ich konnte noch Gartenarbeit machen. Wenn ich heute das selbe Stück Gemüsegarten umgrabe, mache ich das in einem Mal, habe wohl nur etwa halb so lange und fühle mich nicht total kaputt danach. Wenn ich mit meinem Chef essen gehe, muss ich nicht pseudomässig noch etwas einkaufen gehen, damit ich nicht mit ihm die Treppe hochsteigen muss, sondern später den Lift nehmen kann, weil ich die Treppe gar nicht schaffe. Ich kann meinen Hintern ordentlich abwischen, meine Schuhe binden, erreiche den Bus, auch wenn ich spät bin. Ich habe damals nichts davon als Einschränkung gesehen und fühlte mich wohl, so wie ich war. Heute weiss ich, dass ich niemals, wirklich niemals mehr dorthin zurück will, weil ich jetzt im Nachhinein erst realisiere, was ich alles verloren hatte.

Die Änderungen treten so langsam auf beim Zunehmen, dass ich mich wohl einfach darin geschickt habe. Ich stelle mir das vor, wie bei jemandem der sein Augenlicht langsam verliert. Er verliert Stück für Stück an Mobilität. Er würde sich wünschen, dies wäre anders, aber er kann nichts dagegen tun, es zu ändern. Also bleibt Akzeptanz und der Versuch, mit dem wie es ist so glücklich wie möglich zu leben. Man lebt im Jetzt und da ist es, wie es ist und man kann in diesem Augenblick glücklich sein, zufrieden mit dem, was man hat. Man weiss vielleicht auch nicht mehr wirklich, wie es denn mal war, weil es so lange her ist. Im Gegensatz zu Menschen, die ihr Augenlicht verlieren, konnte ich die mir selber auferlegten Einschränkungen zum Teil abstreifen. Mein Körper dankt es mir und ist um Längen gesünder als damals.

So gesehen ging es mir persönlich niemals um eine Weiterentwicklung meines Körpers. Ich habe mich als Mensch weiterentwickelt, in dem ich für mich meine Probleme angegangen bin. Aber meinen Körper muss ich nicht optimieren, der Schönheit willen. Das geht schlicht niemanden etwas an. Ich musste ihm aber die Möglichkeit geben, seinen Job besser erfüllen zu können, mich gesund durchs Leben zu tragen. Das bedeutet auch, dass heute vieles nicht "schön" ist an meinem Körper. Man nimmt nicht 35 kg ab und sieht mit 50 danach knackig aus. Aber das ist halt nun mal so. Das ist der Preis, den ich bezahlen muss unter Anderem. Ich weiss nicht, ob ich irgendwie die Möglichkeit gehabt hätte, durch die Reaktion meines Umfeldes früher etwas zu ändern. Es ist müssig heute darüber nachzudenken, weil es einfach nicht passiert ist. Aber eines weiss ich: die Nichtreaktion hat sicher nicht unterstützt, dass ich früher erkannt hätte, dass mein Problem sehr wohl um Längen grösser ist, als ich es selber sah und spürte.

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Curumo
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Beitrag von Curumo » 24. Okt 2018 12:18

Ich bin ja selber Betroffener und ich krieg' jedes 'mal richtig Fremdscham, wenn ich Obesity in so Ami-Blogs großspurig im selben Atemzug genannt sehe wie "race", class, (dis)ability oder gender. Die sogenannte "Fattolerance" ist meiner Lebenserfahrung nach doch durchaus bereits gesellschaftliche Realität. Klar gibt es durchaus Diskriminierung, im Zusammenhang mit der Kategorie "fat", bzw. genauer ein "DoublingDown" - also z.b. hängt bei der Verortung "(cis)female" und "fat" oder "low-class" und "fat" noch ein Rattenschwanz an Genderdiskriminierung dran im Vergleich zu mir als cis-weißen, mann, aber der ist eben primär durch die Komponente Gender oder class bedingt, d.h. die Diskriminierung zielt z.B. auf die Weiblichkeit, die dann eben abgesprochen/angegriffen wird. Obesity ist meiner Meinung nach auch nicht zu vergleichen mit Suchterkrankung oder psychischer Erkrankung, wenn auch letzteres durchaus häufig ursächlich zu Grunde liegt/liegen kann.

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Re.Flux85
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Beitrag von Re.Flux85 » 25. Okt 2018 08:18

ich habe gestern bei netflix eine ganz interessante doku gesehen in der einer der ärzte sagte: "wenn ein schüler in einer klasse schlechte noten hat, dann wird man den fehler beim schüler suchen. wenn aber viele schüler in der klasse schlechte noten haben, dann wird man den fehler beim lehrer oder bei der schule suchen". das fand ich eine schlüssigen ansatz dass wenn wir schon von einer epidemie sprechen wir den fehler nicht beim einzelnen suchen sollten.

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Vampy
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Beitrag von Vampy » 25. Okt 2018 18:22

btw fat ist die übersetzung des deutschen dick, also das unbeleidigende adjektiv für die körperbeschaffung, das pendant zum abwertenden fett wäre thick #falsefriends
Think, before you speak - google, before you post!

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