Wunderblümchen hat geschrieben: ↑10. Mär 2022 15:48
Das Wort "Barmherzigkeit" könnten wohl die wenigsten eindeutig erklären, würde man sie danach fragen. Meinst du damit Mildtätigkeit? Ist aber auch ein eher unüblicher (so gewordener) Begriff.
Und warum fand das Altertum den Begriff "Barmherzigkeit" verächtlich? (Hat dieser angebliche Sachverhalt Relevanz für die Gegenwart, wenngleich er rein theoretisch betrachtet nicht uninteressant ist?)
Die Menschheit kannte schon immer Mitleid als persönliches Gefühl (der Schwäche?), das uns beim Leiden einer Kreatur Tränen in die Augen treibt.
Darüber hinaus war es gerade im 1.Jhdt unter den staatstragenden Philosophen (meist Stoer) ungewöhnlich, wenn man die Welt nicht einfach so hinnahm, wie sie nun einmal war - und auch "stoisch" in den Tod ging. Hauptsache, man war mit sich im Reinen. (Seneca, Petronius). Die Zustände durch eine Art Caritas ändern zu wollen, drückte eher Schwäche aus: Barmherzigkeit = Misericordia = armes (ärmliches) Herz.
Dies lag den damaligen Griechen und Römern fern und es entsprach auch nicht ihren Religionen, systematisch Armen, Kranken und Verfolgten im Sinn einer Caritas Hilfe zu leisten. "Brot und Spiele" waren etwas anderes und wirklich "Opium fürs Volk", um dieses ruhig zu halten.
Der israelische Gott wurde auch als barmherzig beschrieben, was dann im Christentum gesteigert wurde: Der "barmherzige Samariter". Die Götter der Griechen und Römer waren nie barmherzig, konnten allenfalls Mitleid haben.
Abgeschrieben:
Mit Platon (428-348 v. Chr.), aber vor allem später mit der Stoa, welche die Barmherzigkeit als eine Krankheit der Seele betrachtete (aegritudo animi), hatte die Philosophie das Mitleid und die Barmherzigkeit wie irgendeine andere menschliche Schwäche betrachtet. Für den Philosophen waren Mitleid und Barmherzigkeit unvereinbar mit einem Verhalten, das von der Vernunft und der Suche nach Gerechtigkeit geleitet wurde; und für die Menschen der Antike war die Gerechtigkeit grundsätzlich eine vergeltende: "Jeder bekommt, was ihm zusteht"
Ich finde es schon interessant, dass mit dem Christentum die Barmherzigkeit nach Europa kam. Und besonders auch Barmherzigkeit an Feinden. Ob das nun immer eingehalten wurde, ist eine andere Sache.