Bedingungsloses Grundeinkommen

Politische Diskussionen ohne Tierrechtsbezug
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untitled
The Good Doctor (summa cum laude)
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Beitrag von untitled » 22. Aug 2020 12:29

Sie hätten aber auch eine deutlich geringere soziale Teilhabe (die, ob man es nun mag oder nicht, vor allem durch Erwerbsarbeit stattfindet) und, anders als in gängigen Arbeitsverhältnissen, keine eigene Gestaltungsmöglichkeit ihrer Einkommenssituation. Ebenso ist das BGE nun wirklich keine Lösung für Probleme wie die zunehmende soziale Segregation, sondern dürfte dies eher verschärfen. Man muss das ja nicht als Gründe gegen das BGE sehen, aber unter den Tisch kehren, sollte man diese Kehrseite auch nicht.

Edit: Ein kurzer Nachtrag: Mir ist immer noch etwas unbehaglich dabei, wie viele sich als links bzw. progressiv verstehende Leute vergleichweise unkritisch Konzepte übernehmen, die von Neoliberalien wie Milton Friedman (bei ihm als negative Einkommenssteuer) erdacht wurden. Man muss dabei garnicht auf Chile nach 1973 hinweisen, wenn man sehen möchte, in welche Richtung diese Denkschule agierte, man kann dies auch an vielen anderen Orten ab dem 1980er Jahren sehen (ein abschreckenes Beispiel sollte es aber trotzdem sein).
Zuletzt geändert von untitled am 22. Aug 2020 18:15, insgesamt 4-mal geändert.
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- John Green

Mr. Kennedy
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Beitrag von Mr. Kennedy » 22. Aug 2020 13:31

somebody hat geschrieben:
22. Aug 2020 10:37
Zahlung eines Grundeinkommens an Menschen, die nicht darauf angewiesen sind, führt vermutlich zu keinen neuen Erkenntnissen. Das Geld würde IMO je nach individueller Lebenssituation entweder in unsinnigen bis sinnvollen Konsum fliessen oder gespart oder investiert werden. Und das dürfte IMO insbesondere nicht im Interesse eines Teils der das Projekt finanzierenden privaten Spender sein.

Hingegen erwarte ich von der Zahlung eines Grundeinkommens von 1.200 Euro monatlich während 3 Jahren an darauf angewiesene Menschen neue Erkenntnisse. Dabei denke ich zB an im Niedrigeinkommensektor mit zT nicht gesicherten Erwerbsmöglichkeiten tätige Menschen, die das Geld zur Schaffung verbesserter Erwerbsmöglichkeiten, zB durch Bildung, Anschaffungen, Umzug nutzen könnten. Auch für einem Teil der von Hartz IV Leistungen beziehenden Menschen, insbesondere Hartz IV Systemsprenger kann ich mir zB durch Bildung, Anschaffungen, Umzug positive Ergebnisse wie Schaffung von Voraussetzungen für langfristige Unabhängigkeit vom Hartz IV System oder zumindest deutlich verbesserte Lebensqualität vorstellen.
Das ist aber miserables Studiendesign. Der Sinn solcher Studien ist ja nicht, vorherzusagen ob ein BGE die Situation bedürftiger Menschen verbessert (lehne mich jetzt hier mal weit aus dem Fenster und sage: Ja, würde es), sondern vorherzusagen, wie ein BGE die Gesellschaft als Ganzes verändert. Und die allermeisten Menschen sind nun mal erwerbstätig. Es wäre durchaus interessant zu wissen, ob diese Menschen mit BGE das zusätzliche Geld sparen, oder ob sie beispielsweise stattdessen Arbeitsstunden reduzieren. Das gäbe uns eine grobe Vorstellung davon, wie bspw. das Arbeitsangebot in essentiellen Berufsbranchen nach der Einführung eines BGE aussehen könnte.

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illith
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Beitrag von illith » 22. Aug 2020 21:47

das fände ich für mich selber auch eine interessante Frage.
ich mag meinen Job und arbeite ja eh schon nur Teilzeit, sehr viel Reduzierungsspielraum gäbe es da gar nicht. aber was ein signifikanter Punkt wäre, wäre das Wegfallen der Panik, was passieren würde, wenn es die Einrichtung nicht mehr gäbe und ich arbeitslos wäre. (oder BF)
1.200€ wäre jetzt nicht wahnsinnig viel, aber ich könnte damit ohne allzu drastische Einschränkungen leben.

ich denke also, ich würde erstmal weiterarbeiten, für schlechtere Zeiten sparen und vermehrt spenden.
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solarpalmero
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Beitrag von solarpalmero » 10. Feb 2022 14:30

Aus meiner Sicht den besten Entwurf für ein BGE ist die gerechte Verteilung von Geld durch die Zentralbanken.


Edit: Sorry, ich wollte hier nicht spammen, ich stehe auch in keinerlei Verhältnis zum Autor etc. Ich wurde nur von dem Buch überzeugt.

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 10. Feb 2022 17:53

Kannst Du kurz darlegen was in dem Modell geplant wäre?
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

solarpalmero
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Beitrag von solarpalmero » 10. Feb 2022 18:13

Die Zentralbanken sind quasi dauerhaft gezwungen Geld zu drucken, ob die es realisieren oder nicht.
Nachdem sie abgeschätzt haben, wie viel Geld geschaffen werden kann, sollten sie dieses neue Geld einfach direkt an die Menschen in Form einer einheitlichen, gerechten Zahlung auszahlen. Statt bisher nur indirekt an Aktionäre oder Immobilieneigentümer.
Dies ist der einfachste und fairste Weg für die Zentralbanken, langfristig ein breiteres, intelligenteres Sicherheitsnetz zu schaffen, und es ist der effektivste Weg, um technologische Deflation auszugleichen. Es ist besser und mit weniger Nebeneffekten verbunden und das "Zuckerbrot", wo negative Zinssätze die "Peitsche" sind.
Angesichts der Auswirkungen von Digitalisierung und KI werden deflationäre Kräfte zunehmen (auch Phasen ohne Arbeit). Das Geld würde pro Jahr ca. 20% erhöht, bei Preissteigerungen sehr deutlich darunter. Steuern könnten gesenkt werden.

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 10. Feb 2022 19:26

So ganz steige ich nicht durch aber würde das Geld pauschal an alle gehen wie in anderen BGE Modellen nur eben direkt von der Zentralbank statt von anderer Stelle?
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

solarpalmero
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Beitrag von solarpalmero » 11. Feb 2022 09:26

Richtig

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 11. Feb 2022 10:59

Und es würde nicht aus den öffentlichen Einnahmen bezahlt wie andere Transferleistung sondern einfach unabhängig davon gedruckt und verteilt wenn ich das richtig verstehe?
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

das Berteltier
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Beitrag von das Berteltier » 11. Feb 2022 12:49

So wie ich das verstehe, geht tier, wenn es Geld braucht, einfach zur Zentralbank und die drucken dann entsprechenden Betrag oder kopieren einfach einen Schein und fertig. Dann bräuchte tier keine Finanzämter und Steuererklärungen und das ganze Zeugs nicht.

Ich finde da das System, dass die Finanzämter das regeln iwie sinnvoller. Also jetier bekommt vom Finanzamt den Betrag X (das BGE) monatlich, von dem, was es verdient zahlt es Steuern in bestimmter Höhe. Dafür entfallen alle Freibeträge und Steuersparmodelle. Beispiel, BGE = 1.200,- und tier verdient brutto 1.000,-, Steuersatz = 40% Dann bekommt tier 2.200,- und zahlt 400,- Steuern, bleiben ihm 1.800,- und damit 800,- mehr als der Bruttolohn. D. h. in dem Fall zahlt das FA 800,- im Monat drauf.

Anderes Menschy verdient 3.000,- brutto, bekommt also mit BGE 4.200,- Die Steuerlast beträgt damit, auch wieder 40%, 1.200,- und ihm bleiben genau 3.000,- also das was es brutto verdient. FA bekommt nichts und zahlt nicht drauf.

Etwas bessergestelltes Menschy verdient brutto 10.000,- und dann incl. BGE 11.200,- muss davon 4.000,- Steuern zahlen. So bleiben ihm noch 7.200,- im Monat, es zahlt also 2.800,- im Monat Steuern.

So ein System, (es werden verschiedene Sätze, mit und ohne Progression diskuTiert) würde das ganze Steuersystem sehr vereinfachen, viel Bürokratie ersparen und durch den Wegfall von Schlupflöchern, welche den Reichen offenstehen, wäre es auch gerechter.

Nachdem eh fast jetier eine Steuernummer hat, wäre das sinnvoller als einfach nach Bedarf Geld zu drucken, das würde eher eine Hyperinflation erzeugen glaube ich. Kindergeld würde auch wegfallen, da auch jedes Kind einen bestimmten Satz BGE bekommt.
Ich betrachte die Schoah als das größte jemals begangene Verbrechen in der Menschheitsgeschichte.
Jegliche Leugnung, Verharmlosung oder Relativierung des Holocaust, auch bezogen auf andere Minderheiten wie z. B. die der Sinti und Roma, lehne ich ab.

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