Hollywood & Whitewashing

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illith
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Beitrag von illith » 12. Apr 2017 00:53

ein klitzekleiner hoffnungsschimmer ist für mich, dass nach dem racemäßigen oskar-fiasko letztes jahr ( #oscarssowhite ) wars dieses jahr ja echt das gegenteil.
plus das ganze whitewashing-ding bekommt immer mehr öffentlichkeit und gegenwind und etliche entsprechende filme sind gefloppt. vlt.....
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Akayi
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Beitrag von Akayi » 12. Apr 2017 09:18

Eine Veränderung kann ich mir nur als Teil einer größeren, allgemeinen antirassistischen Bewegung vorstellen. Rassismus in der Kulturindustrie ist ja ohne realen und durchgeherrschten Rassismus nicht erklärbar. Und es wäre auch mekrwürdig, wenn es jetzt paritätisch besetze Hollywood Filme gäbe aber nach wie vor Diskriminierung im Bereich Beruf, Bildung, etc.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

gemüse
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Beitrag von gemüse » 12. Apr 2017 13:29

Das sehe ich beides ähnlich. Ich vermute aber auch, da bestehe eine Wechselwirkung, wie illith sie weiter vorn beschrieb: Wenn der "default" zur Besetzung von Hauptrollen in Hollywood-Filmen "männlicher Amerikaner mit europäischer Abstammung" ist, dann bestätigt es dem Publikum den Standardwert und trägt zu dessen Aufrechterhaltung bei. Vielleicht wirkt ja auch das Umgekehrte, und die Stereotype in den Köpfen des Publikums ändern sich, wenn es in Filmen normal wird, dass die Protagonisten beliebige Vorfahren haben können?

Im Alltag ist eine Person in prestigeträchtiger Funktion ja auch erst mal Exot, wenn sie Zugehörigkeitsmerkmale der gesellschaftlich dominanten Gruppe nicht aufweist. Die Leute stutzen, wenn sie ihr begegnen. Sie belegt aber auch, dass die Zugehörigkeitsmerkmale keine zwingende Voraussetzung für diese Rolle sind. Das kann sich zum Einen sowohl auf die dominante Gruppe als auch auf die Mitglieder der nicht-dominanten Gruppe auswirken ("'Die' können das ja auch" und "'Ich will [Beruf/Position] werden"). Zum Anderen zieht die "vorreitende" Person oft Mitglieder ihres eigenen Netzwerks nach. Je nach dessen Zusammensetzung entsprechen auch sie nicht dem dominanten Bild. Beides macht die Abweichung von der noch vorherrschenden Erwartung häufiger und damit alltäglicher. Der Anwalt, Arzt, Direktor, Forscher, Lehrer, Minister, Präsident, Professor oder Richter kann dann auch aus einem anderen Land stammen als dem eigenen, einer anderen ethnischen Gruppe angehören, eine andere Muttersprache haben oder Vorfahren von einem anderen Kontinent, einen lokal seltenen Namen und/oder zwei X-Chromosomen, und löst damit immer seltener und schließlich gar kein Erstaunen mehr aus.

Soweit ich es mitbekomme, ist das ein sehr langsamer Prozess. Vielleicht ließe er sich ja auch (nicht: ausschließlich) über gezielte Förderung der Vielfalt im Altherrenclub der Filmszene und seinen Produkten beschleunigen?

Mr. Kennedy
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Beitrag von Mr. Kennedy » 12. Apr 2017 15:57

Kann mir mal jemand die Argumentation mit dem "default" genauer erklären? Ich verstehe nicht genau, was da das Problem ist, bzw. ob es eines ist und falls ja, ob es sich überhaupt lösen lässt. Mal angenommen alle Hauptrollen in Hollywood würden vollkommen unabhängig von Rasse und Herkunft besetzt, dann wären doch trotzdem der Demographie der USA logisch folgend circa 62% aller Hauptrollen weiß, während alle anderen Ethnien sich die übrigen 38% der Hauptrollen teilen. In dem Szenario hätten wir doch dann immer noch das Problem dass gemäß simpler Arithmetik der default immer noch "weiß" ist. In Deutschland wäre das mit über 90% noch drastischer.
Was wäre denn die Lösung? Dass jede Ethnie, unabhängig ihres Demographie-Anteils die gleiche Quote an Hauptdarsteller stellen sollte?
Und selbst wenn man das irgendwie erfolgreich durchsetzen könnte, ohne dabei Splitterethnien wie z.B. Hawaiianer unter den Tisch fallen zu lassen würde das wirklich was an dem "white-default" Bild in den Köpfen der Menschen ändern? Wenn ich rausgehe auf die Straße sehe ich doch dann immer noch zu 62% Weiße, jeden Tag. Würde das nicht trotzdem, ungeachtet der medialen Darstellung meinen Eindruck vom "white-default" festigen?

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 12. Apr 2017 16:24

Dass du das Problem nicht siehst musst du gar nicht erst voran stellen. Es geht doch bei der Kritik am Whitewashing um Beispiele die oft noch nicht einmal in den USA spielen und trotzdem mit Weißen besetzt werden (siehe Ghost in A Shell).
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Mr. Kennedy
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Beitrag von Mr. Kennedy » 12. Apr 2017 16:43

Dass White-Washing ein Problem ist verstehe ich, aber das war ja auch garnicht meine Frage. Mich interessiert speziell die Auffassung, die oftmals in diesem oder ähnlichem Zusammenhang geäußert wird, dass es bereits problematisch ist, wenn man eine "default"-Vorstellung von Weißen hat. Ich würde nämlich behaupten, dass sich diese "default"-Vorstellung aus dem real existierenden Bevölkerungsanteil der USA bzw. Deutschlands speist und auch eine komplett rassen-unabhängige mediale Repräsentierung diesen Anteil widerspiegeln würde. Und dass selbst wenn die mediale Repräsentierung durch ethnische Quoten geregelt würde, ich mir unterbewusst die weiße "default"-Vorstellung aneignen würde, einfach indem ich mich durch meinen Alltag bewege.

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illith
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Beitrag von illith » 12. Apr 2017 17:38

da fällt mir ein: ich hab als Tween die Serie Winspector total verehrt. :heart: irgendwann ist mir mal aufgefallen, dass da irgendwie echt viele JapanerInnen unterwegs sind.
dann hab ich irgendwann gepeilt....... :drop1:
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gemüse
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Beitrag von gemüse » 13. Apr 2017 00:29

illith: :)

Mr. Kennedy, Default-Vorstellungen, Stereotype, Normallfall-Erwartungen, wie auch immer man es benennt, sind für sich genommen nicht das Problem. Wir haben sie vermutlich alle und zumindest in sehr vielen Bereichen – unsere Wahrnehmung funktioniert mit Vergleich zum angenommenen Normalfall und dem Feststellen von Abweichung.

Bei Gruppenbezug werden sie problematisch, wenn man sie zu Wert- und Vorurteilen werden lässt. Dann ist es nicht einfach ein "wir" und die "anderen", sondern das "wir" wird zu den "Guten", "die anderen" hingegen zu den "Bösen", den "Unheimlichen", den "Unfähigen", den "Subalternen", manchmal auch den "edlen Wilden" oder den "Hilfsbedürftigen". Sie werden als quasi homogene Abgrenzungsmasse wahrgenommen, vor der das "wir" gut aussieht.

Genau das ist beim whitewashing in meinen Augen der Fall. Es ist ja nicht nur der Grundwert für den Helden, also "männlicher Amerikaner mit europäischen Vorfahren", selbst dann, wenn das in der Geschichte keinen Sinn ergibt. Es sind auch die Rollen für Schauspieler, die von diesem Grundwert abweichen: sie dürfen der Bösewicht sein, gegen den der Held sich bewährt, der hilfreiche Freund, dem aber eben das Zeug zum echten Helden fehlt, der edle Wilde oder die damsel in distress, die der Held errettet, etc. Das sind ihre Default-Rollen. Sie dürfen sie spielen, aber bitte als generischer Anderer mit "asiatischem Akzent".

Der "Witz" dabei ist, dass das die Realität keineswegs widerspiegelt. "Helden" stammen auch in den USA nicht grundsätzlich von Europäern ab. Sie haben auch nicht zwingend ein Y-Chromosom. Ebensowenig haben "Bösewichte" grundsätzlich nicht-europäische Vorfahren. Die Vollpfostenquote ist meiner Erfahrung nach unter Europastämmigen nicht geringer als bei Menschen mit Vorfahren aus anderen Kontinenten und die Anteile anständiger, begabter, fähiger, fleißiger, kluger, mutiger und/oder tapferer Menschen auch nicht höher. Solche Vorstellungen vermitteln die Mainstream-Filme aus Hollywood aber: Hervorragendes leisten männliche Amerikaner mit europäischen Vorfahren, und zwar nahezu ausschließlich sie und gegen den Widerstand "der anderen". Das vermittelt und verfestigt Stereotype, die sich im Alltag negativ auswirken, und darin sehe ich ein Problem.

P.S. Bei Quoten dachte ich eher an solche für angehende Regisseure, Produzenten und Drehbuchschreiber, eben weil dann auch Leute mit anderen Umfeldern und Lebenserfahrungen über Geschichten, Rollen und Besetzung entscheiden und sich das vielleicht niederschlägt. In der Gruppe der Schauspieler ist Vielfalt ja offenbar bereits gegeben.

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Frau_XVX
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Beitrag von Frau_XVX » 9. Sep 2017 10:42

Ich lass das mal hier: https://www.pastemagazine.com/articles/ ... ewash.html

mit diesen beiden Zitaten:
“I had two Asians on a writing staff, and a network executive asked if I had an Asian fetish.” —Glen Mazzara, showrunner for The Walking Dead
und dieses "Schmankerl":
“I work with a lot of different people, and Asians are a challenge to cast because most casting directors feel as though they’re not very expressive,” one other casting director told Yuen. “They’re very shut down in their emotions … If it’s a look thing for business where they come in they’re at a computer or if they’re like a scientist or something like that, they’ll do that; but if it’s something were they really have to act and get some kind of performance out of, it’s a challenge.”
:skeptic:
What is a... black sabbath?

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