NXL Training

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human vegetable
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NXL Training

Beitrag von human vegetable » 13. Sep 2020 09:00

Mich hat der Hafer mal wieder gestochen, und ich hatte Lust auf ein neues Trainingskonzept. Deswegen habe ich für knapp 90 Euro den online-Kurs "NXL Training" von Simon Shawcross erstanden. Dabei handelt es sich um ein System, das auf Antagonistenkontraktion basiert, d. h. der Trainingswiderstand wird ausschließlich durch Anspannung der beteiligten Muskulatur erzeugt und nicht von äußeren Lasten wie Schwerkraft (daher der Name: NXL = "no external load").

Diese Idee hört sich zu gut an, um wahr zu sein. Zwar gibt es historische Vorläufer (das Dynamic-Tension System von Charles Atlas, östliche Körperertüchtigung als Teil von Kampfkünsten wie die Sanchin-Kata im Karate), aber diese wurden bis vor kurzem nicht wissenschaftlich evaluiert.

Das hat sich vor einigen Jahren geändert: Mittlerweile gibt es eine handvoll vielversprechender Studien, denen sich Simon ausführlich widmet.

Erstmal zu meinem Eindruck vom Kurs und den Resultaten: Der Kurs ist sehr professionell aufgemacht. Man bekommt mehrere Stunden Videomaterial und Transkripte, deren Schreibstil angenehm und verständlich ist. Der Aufbau ist gut strukturiert - keine lästigen Wiederholungen und Aufblähungen. Simon "turnt" alle Übungen selbst vor, was leider etwas off-putting wirkt, da er spindeldürr ist. Nun ja, der Mann kann ja nix für seine Genetik. Zur Ansicht des Kurses muss man sich auf der HITuni-website einloggen, man kann nix downloaden. Dort kann man sich online mit anderen usern und Simon selbst austauschen - Nachfragen werden prompt beantwortet.

Resultate nach drei Wochen: Erstmal während der Trainingseinheiten leichte Frustration darüber, dass sich kein Muskelversagen einstellen will. Das ist bei dieser Trainingsmethode aber wohl normal, denn es gibt halt keinen fixen äußeren Widerstand - die Widerstandshöhe wird ständig vom Nervensystem autonom an die noch verfügbare Kraft angepasst. Dass es trotzdem fordernd genug ist, merke ich jeweils am Folgetag - meist habe ich stärkeren Muskelkater als mit konventionellen Trainingsmethoden (KG-Übungen, Gewichte). Als ich meine anfänglichen Zweifel dann auch mal überwunden hatte, habe ich die Trainingseinheiten als angenehm fokussiert und meditativ empfunden. Da ich erst wenige Wochen so trainiere, kann ich über langfristige Resultate bzgl. Muskelaufbau und Kraftentwicklung noch wenig sagen. Aber mein erster Eindruck ist, dass es zumindest zu einem deutlichen Pumpeffekt kommt, der über Tage anhält (und der damit stärker ist als bei meinen konventionellen Einheiten). Im Moment trainiere ich 75% NXL und 25% konventionell, d. h. jedes vierte workout läuft "normal" ab. Damit will ich sicherstellen, dass ich mich was die traditionellen Übungen angeht nicht verschlechtere, und auch mein passiver Bewegungsapparat (Gelenke, Bänder, Sehnen, Knochen) weiterhin gefordert bleibt. Bin gespannt, wie das langfristig einschlägt.

Sollte euch das neugierig gemacht haben, hier mehr Infos:

Kurzer Promoartikel zum Kurs, mit Rabattcoupon: https://www.hituni.com/exercise/no-exte ... 12-Gugza00

Drei YT-clips vom Autor daselbst:




Und hier nochmal die oben erwähnte Sanchin-Kata:


Vielleicht sollte Simon diesen knackigen Herrn als Modell für seinen nächsten Kurs engagieren. Nur die gurgelnde Atmung lässt er mal lieber bleiben...

Natürlich konnte ich nicht widerstehen und habe Simons empfohlenes Protokoll (das sich im Wesentlichen an traditionelles high intensity training anlehnt) an einigen Stellen modifiziert, insbesondere was Ausführung der Übungen, Satz- und Programmgestaltung angeht. Ich habe den Eindruck, damit sowohl Muskelaktivierung als auch metabolic demand steigern zu können - das sagt zumindest mein subjektives Muskelgefühl. Sollte jemand Details wünschen, fragt gerne noch.
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Beitrag von human vegetable » 4. Dez 2020 15:57

Zwar habe ich den Eindruck, dass meine Auslassungen zu exotischen Krafttrainingsmethoden hier auf eher wenig Interesse stoßen, aber allein zur Dokumentation für mich selbst mal ein update:

Meinen Vorsatz, die Mehrheit meiner Trainingseinheiten mit NXL zu bestreiten, habe ich nicht umgesetzt. Grund ist, dass ich in Zwischenzeit wieder andere Fürze im Kopf hatte, und neue Erkenntnisse gewonnen habe:

1) Mit isometrischen Übungen lassen sich ohne großes Verletzungsrisiko und großen Regenerationsbedarf superhohe Spannungen generieren. Da mein Training ansonsten altersgemäß eher mit niedrigen Widerständen läuft, wollte ich das einbeziehen.

2) Lt. neuer Studien ist dynamisches Training mit niedrigen Widerständen allerdings auch "vollwertig", zumindest was Muskelzugewinn angeht. Bisher war das nur für Anfänger belegt, jetzt aber auch für Fortgeschrittene. Und selbst was die Struktur der aufgebauten Muskulatur bzgl. Faseranteilen angeht, ist diese mit der durch schwereres Training aufgebauten identisch. Quelle:

Zusätzlich habe ich dann noch eine Neuanschaffung für mein Heimstudio getätigt, so dass NXL kaum noch zum Zuge kam.

Umso verblüffter bin ich, dass meine periodischen NXL-workouts dann oft die härtesten der Woche sind! Das mache ich sowohl am subjektiven Spannungsgefühl der Muskulatur, als auch an meiner Erschöpfung unmittelbar nach dem Training (verbunden mit mächtigem Pump), und schließlich an den Nachwirkungen (fetter Muskelkater) fest.

Mir kommt es so vor, dass ich die dazu nötige hochintensive Kontraktion nur dann hinbekomme, wenn ich nicht zu oft NXL trainiere. Evtl. braucht das ZNS ein paar Tage Pause von NXL (nicht jedoch von Trainingsformen mit "externem" Widerstand wie BWE/Gewichte), um wieder genügend "nerve force" generieren zu können.

So oder so: NXL wird ein kleiner aber vergnüglicher Teil meiner Routine bleiben. Sollte ich irgendwann mein home gym verkleinern und/oder meine Trainingshäufigkeit runterfahren (derzeit täglich), dann würde NXL definitiv eine aufgewertete Schlüsselposition zukommen.
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Beitrag von human vegetable » 25. Jan 2021 14:42

Gerade hat Thib einen Artikel über Posing/Flexing auf t-nation veröffentlicht: https://www.t-nation.com/training/flex- ... arder-body

Zwar steht im Artikel nicht viel Neues drin, aber ich nehme dennoch einige Dinge mit:
- ein gefragter Bodybuildingcoach arbeitet in der Praxis mit NXL-ähnlichen Methoden
- Posing/Flexing scheint eine Menge gesundheits- und sportlich relevanter Wirkungen zu haben (wenn auch die Fußnoten zu wünschen übrig lassen).
- Thib empfiehlt Posen vor allem als active recovery. Da sind meine Erfahrungen anders: Nach einer harten NXL Einheit habe ich tendenziell mehr Muskelkater als nach einer normalen, zur Verkürzung der Regenerationsdauer definitiv nicht geeignet!

Insgesamt bekräftigt das meinen Entschluss, hin und wieder mal eine TE mit NXL zu verbringen, aber den Schwerpunkt meines Trainings auf anderen Methoden zu belassen (Gewichte, Körpergewicht, überwindende und nachgebende isometrische Kontraktion).

Habe ich heute übrigens gemacht (bevor ich den Artikel gelesen habe - wow, synchronicity!), und die chest press/row combo musste ich etwas früher als geplant abbrechen, weil die beteiligten Muskeln zu krampfen anfingen! Je länger ich damit rumexperimentiere, umso höhere Muskelspannungen kann ich erzielen. Nur dürfen die workouts nicht zu dicht aufeinander folgen, das ZNS braucht scheinbar ein paar Tage Ruhe dazwischen.
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