Darm Reset

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illith
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Beitrag von illith » 8. Jul 2020 02:18

sollten wir vlt einen Interessante-Links-Thread für den Bereich machen? jetzt haben wir Sphinkters Thread gekapert...^^°

ich bin gerade über ein Meme, das ich abklopfen wollte, auf diese Interventionsstudie gestoßen:
https://diabetes.diabetesjournals.org/c ... nt_1/756-P
da soll gezeigt werden, welche Darmbakterien bei der Gewichtsreduktion hilfreich sein sollen.
aber... die haben die eine Gruppe auf eine lowfat vegan diet gesetzt und die haben dann abgenommen, während die andere Gruppe normal weiteressen sollte.
Conclusions: A 16-week low-fat vegan dietary intervention induced changes in gut microbiota that were related to changes in weight, body composition and insulin sensitivity in overweight adults.
für mich sieht das eher so aus, dass die Gruppe einfach nur durch die geringere Kcal-Aufnahme abgenommen hat und sich parallel das Microbiom verändert hat?^^° lesen tut sich das für mich aber so, als ob die Darmbakterien einen Impact auf die Abnahme gehabt haben sollen?

auch interessant von teils den gleichen AkteurInnen:
The Effects of Vegetarian and Vegan Diets on Gut Microbiota
https://ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6478664
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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 8. Jul 2020 07:11

Illith, wirklich coole links, danke! Denke schon, dass die hier ganz gut passen - und zwar als Gegenthese zu Sphinkters ursprünglichem Vorhaben eines kompletten "Darm-Resets" durch vollständigen Ballaststoffentzug. Lassen wir doch Sphinkter selbst entscheiden - wenn ihm unsere Gegenrede zu doof wird und er sagt, er möchte sich lieber mit den technischen Details des "Resets" beschäftigen, dann werden die links ausgelagert.

Aber nun zurück zum Thema, bzw. Dilemma: Einerseits wird von verschiedensten Quellen (u. a. in Illiths links) immer wieder mantraartig die Empfehlung gegeben, eine möglichst vielseitige und unverarbeitete Pflanzenkost zu verzehren, um das Mikrobiom zu stärken. Andererseits macht diese Ernährung aber vielen Menschen Probleme. Was tun?

Die Lösung wird meiner Meinung nach von den FODMAP-Leuten propagiert: Zunächst eine sehr FODMAP- und ballaststoffarme Eliminationsdiät fahren, um zu sehen, ob sich der Zustand bessert, und um eine "Grundlinie" zu erreichen. Dann einzelne theoretisch problematische Lebensmittel testen, und individuelle Verträglichkeit austesten. Dann die Eliminationskost entsprechend dieser Erkenntnisse langsam lockern und FODMAPs/Ballaststoffanteil je nach individueller Verträglichkeit einpegeln. Angeblich lässt sich das individuelle Limit durch wiederholte Exposition und graduelle Steigerung der Verzehrsmenge oft trainieren; das habe ich bei mir aber noch nicht beobachtet. Entweder ich vertrage es, oder nicht.

Liest sich hier ganz schön, in der Realität treten aber Probleme auf:
- die Eliminationskost ist monoton und man fürchtet Mangelernährung (Lösung: Zähne zusammenbeißen und durch - es geht ja nur um höchstens 1-2 Wochen, da kriegt man keinen Mangel)
- während der Provokationsphase will man zu viel zu schnell > auftretende Probleme lassen sich nicht mehr eindeutig bestimmten Lebensmitteln zuordnen (Lösung: slow and steady wins the race. Für jedes neue Lebensmittel 1-2 Tage Zeit nehmen)
- später im Prozess treten plötzlich unerwartet Probleme auf, die man nicht zuordnen kann (Lösung: Oft liegt es nicht an einem einzelnen Lebensmittel, sondern an der Summe vieler verschiedener Lebensmittel. Deswegen während der Provokationsphase zumindest anfangs einzelne Lebensmittel nacheinander testen, und nach jedem Test wieder zur Eliminationskost zurück. Erst in der dritten Phase viele evt. problematische Lebensmittel parallel essen)
- man verliert die Übersicht (Lösung: alles genau dokumentieren - am besten in einer Tabellenkalkulation, da lässt sich alles schnell auf Stand bringen, bzw. man kann zurück zu vorigen Versionen gehen wenn sich "blinde Passagiere" einschleichen)

Realistisch muss man davon ausgehen, dass man das Schema mehrmals durchlaufen muss, um die meisten troublemakers sicher zu identifizieren. Also für das erste Mal nicht zu viel erhoffen - aber meiner Erfahrung nach wird man jedes Mal ein bisschen schlauer, und der merkliche Fortschritt motiviert dann weiterzumachen.

Das ist zwar oft ziemlich nervig, ich sehe aber nicht, welche besseren Alternativen es gäbe. Da ist die Idee eines "Darm resets" als shortcut natürlich mehr als verlockend - aber nochmal, die Verarmung des Mikrobioms sehe ich als reale Gefahr (siehe der oben von mir verlinkte Sonnenburg-Artikel). Auch bei low FODMAP Kost wird immer die Empfehlung gegeben, diese nur zeitweilig durchzuführen, und sich langfristig dann an die individuellen Verträglichkeitsgrenzen ranzutasten.

Sphinkter, wenn du es trotzdem durchziehst wäre ich sehr dankbar für regelmäßige updates - einmal darüber, wie du genau vorgehst (d. h. was du zu dir nimmst), und darüber, wie du dich dabei fühlst, bzw. ob du nach Abschluss der Intervention bleibende Verbesserungen bemerkst. Die Grundidee hört sich irgendwie schon aussichtsreich an - ich befürchte nur, dass die Ausführung noch viel härter und schwieriger als die oben erwähnte Eliminationsphase ist (noch weniger Lebensmittelauswahl; praktisch kompletter Wegfall allen kulinarischen Genusses; vermutlich kurzfristige Verschlechterung des Befindens aufgrund fehlender Sättigung). Das auch nur eine Woche komplett durchzuziehen erfordert derart viel Selbstdisziplin, dass ich es mir selbst im Moment nicht zutrauen würde.

Wenn ein positiver n=1 Bericht von dir vorläge, würde sich meine Motivation vielleicht verbessern.... du wärst dann mein menschliches Versuchskaninchen.
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