Fühle mich verzweifelt

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
Benutzeravatar
human vegetable
Beiträge: 1863
Registriert: 25.05.2016
Wohnort: bei Trier

Beitrag von human vegetable » 3. Jun 2020 19:15

travolltar, zunächst wollte ich dir eigentlich nur mein Beileid bekunden. Aber zwei deiner Bemerkungen haben mich stutzig gemacht:

Dein aktueller Rückfall, schreibst du, ist durch Magnumeis und selbst zubereitete Chicken/Pommes verursacht worden. Nach deinen Vorbemerkungen hätte ich mir jetzt eher vorgestellt, ihr sitzt in großer Runde um den Tisch und esst gemeinsam nach traditionellen Rezepten zubereitete Speisen - dabei stelle ich es mir wirklich schwer vor, sich plötzlich auszuklinken. Aber Magnumeis, Chicken und Pommes hören sich weder besonders arabisch an, noch nach Familientradition. Diese Dinge nicht zu essen provoziert den Rest der Familie doch bestimmt nicht? Mir scheint also, deine familiäre Situation ist nur vorgeschoben, und die wahren Gründe für deinen Rückfall liegen in dir selbst.

Die zweite Bemerkung ist, dass vegane Kost macht, dass du dich moralisch gut fühlst. Vorsicht, hier geht es um Verringerung von Tierleid, nicht um Gutmenschentum/Überlegenheitsgefühle anderen gegenüber. Veganismus macht dich nicht zu einem besseren (im Sinne von höherwertigem) Menschen. Sonst wirst du ganz schnell zu dem scheinheiligen Klischeeveganer, der andere maßregelt und sich im stillen Kämmerlein dann an tierischem fast food ergötzt. Kein Wunder, dass der Rest der Familie dann angepinkelt ist.

Ich denke, du solltest noch mal ganz tief in dich gehen und dich fragen, warum du eigentlich vegan werden willst, welche Hindernisse auf deinem Weg liegen, und was es dich kosten würde, diese aus dem Weg zu räumen. Wenn du dich im Moment nicht in der Lage siehst, diesen Weg zu gehen, dann werd' halt erstmal Vegetarier/Flexitarier, und setze dich anderweitig für Umwelt- oder Tierschutz ein, spende was, wie auch immer. Beitragen kann jeder was.
"The greatest obstacle to discovery is not ignorance - it is the illusion of knowledge." - Daniel J. Boorstin

"If you want to be more successful, double your failure rate. Success lies on the far side of failure." - Thomas J. Watson

Benutzeravatar
Vampy
Vactologist
Beiträge: 36085
Registriert: 18.02.2008
Wohnort: Frankfurt an der Franke

Beitrag von Vampy » 3. Jun 2020 20:18

human vegetable hat geschrieben:
3. Jun 2020 19:15
Die zweite Bemerkung ist, dass vegane Kost macht, dass du dich moralisch gut fühlst. Vorsicht, hier geht es um Verringerung von Tierleid, nicht um Gutmenschentum/Überlegenheitsgefühle anderen gegenüber. Veganismus macht dich nicht zu einem besseren (im Sinne von höherwertigem) Menschen. Sonst wirst du ganz schnell zu dem scheinheiligen Klischeeveganer, der andere maßregelt und sich im stillen Kämmerlein dann an tierischem fast food ergötzt. Kein Wunder, dass der Rest der Familie dann angepinkelt ist.
wenn man so handelt, dass man tierleid vermindert, macht einen das doch zu einem besseren menschen? nicht unbedingt besser als andere menschen, aber man ist besser als man vorher war.
und bisher schien travo ja alles andere als missionarisch unterwegs zu sein.


travo, man muss sich in veganismus erst einarbeiten, es dauert ne weile bis man rausfindet, wie groß die vegane vielfalt ist und was es für möglichkeiten gibt. vlt versuchst du ja erstmal das ganz offensichtlich unvegane (zb fleisch) wegzulassen und nach und nach mehr veganes zu etablieren? also mehr gemüse, reis, nudeln... kannst dir ja auch bestimmte speisen wünschen, ein "ich hätte mal wieder voll lust auf mujaddara" ist ziemlich unverfänglich und der koch freut sich, wenn er vorschläge kriegt... tipp generell: nicht sagen was du NICHT willst, sondern das was du willst! es ist viel leichter, etwas nachzukommen wenn man einen konkreten vorschlag hat anstatt bloß ne negativ-liste.

du könntest ne liste entwerfen, was alles an veganen gerichten in frage kommt, wenn du "arabische gerichte vegan" googelst oder bei chefkoch "vegan arabisch" eingibst, kriegst du etliches ausgespuckt. und bei fastfood gibts auch viel veganes... pommes sinds ja eh in den meisten fällen ;)
Think, before you speak - google, before you post!

Benutzeravatar
human vegetable
Beiträge: 1863
Registriert: 25.05.2016
Wohnort: bei Trier

Beitrag von human vegetable » 3. Jun 2020 21:33

sorry, wo ich meinen vorigen post jetzt nochmal lese, habe ich den zu scharf formuliert.

travollta, du sprichst den "inneren Schweinehund" ja schon selbst an und bist dir des Problems wohl bewusst. Wenn dann noch ein nicht-unterstützendes Umfeld dazukommt und ein Kühlschrank voller junk, macht das die Sache nicht leichter.

Dennoch, die Idee mit Veganismus moralische Fleißkärtchen sammeln zu können ist antiquiert; solange Menschen noch an Hölle und Fegefeuer geglaubt haben mag das noch irgendwie Sinn gmeacht haben, heute aber nicht mehr. Vampys Vorschläge zur "partiellen Veganisierung" finde ich da schon sehr viel konstruktiver.
"The greatest obstacle to discovery is not ignorance - it is the illusion of knowledge." - Daniel J. Boorstin

"If you want to be more successful, double your failure rate. Success lies on the far side of failure." - Thomas J. Watson

Sabotagehase
Beiträge: 2691
Registriert: 27.08.2017

Beitrag von Sabotagehase » 3. Jun 2020 21:56

@human vegetable

ich glaube nicht dass Inkonsequent sein nicht zwingend ein Beleg für moralisches Fleißkärtchensammeln
Ich weiß nicht ob man es jetzt versteht aber ist es nicht immer ein Prozess, in dem man sich von einer alten Gewohnheit entfernt? Nur weil man etwas moralisch schlecht findet heißt es ja nicht, dass man nicht trotzdem inkonsequent ist. Dazu kommt, dass man gerade am Anfang sich noch aus alten Abstraktionsschemata lösen muss. Denke da ist es "einfacher" widersprüchlich zu agieren. Wenn man es wirklich ernst mein wird sich das aber auch irgendwann legen.

Das zu bewerten, liegt aber immer am/an der angehenden veganer*in selber.

travolltar
Beiträge: 8
Registriert: 27.05.2018

Beitrag von travolltar » 3. Jun 2020 22:25

Schätze die vielen hilreichen Posts sehr =)
human vegetable hat geschrieben:
3. Jun 2020 21:33
sorry, wo ich meinen vorigen post jetzt nochmal lese, habe ich den zu scharf formuliert.

travollta, du sprichst den "inneren Schweinehund" ja schon selbst an und bist dir des Problems wohl bewusst. Wenn dann noch ein nicht-unterstützendes Umfeld dazukommt und ein Kühlschrank voller junk, macht das die Sache nicht leichter.

Dennoch, die Idee mit Veganismus moralische Fleißkärtchen sammeln zu können ist antiquiert; solange Menschen noch an Hölle und Fegefeuer geglaubt haben mag das noch irgendwie Sinn gmeacht haben, heute aber nicht mehr. Vampys Vorschläge zur "partiellen Veganisierung" finde ich da schon sehr viel konstruktiver.
Du hast recht, ich sollte lernen konsequenter zu sein und nicht so schnell aufzugeben. Und tatsächlcih habe ich während meiner kurzen Zeit als Veganer die ein oder anderen in Internet Diskussionen angeprangert, wie man denn Fleisch essen könnte und tatsächlich hatte ich dann selber kurze Zeit später einen Rückfall.

Ich meinte mit dem moralischem Gefühl aber auch, dass man ein reineres Gewissen hat, wenn man weiß, dass für das eigene Essen kein Lebewesen mehr sterben oder leiden muss.

Mein Plan ist jetzt, dass ich versuche, mich so viel pflanzlich wie möglich zu ernähren. Ob mir der totale Vezicht in dieser Zeit gelingen wird, weiß ich nicht. Ich versuche es, auch wenn ich wirklich Disziplin Probleme habe in letzter Zeit, aber das muss trainiert werden

Benutzeravatar
illith
Berufs-Veganer
Beiträge: 70173
Registriert: 09.01.2008
Wohnort: Niedersachsen

Beitrag von illith » 4. Jun 2020 00:06

berichte gerne zwischendurch, wie es so läuft! :)
☜★VeganTakeover.de★☞
BlogShirtsBuch

Benutzeravatar
human vegetable
Beiträge: 1863
Registriert: 25.05.2016
Wohnort: bei Trier

Beitrag von human vegetable » 4. Jun 2020 05:38

sabotagehase/travolltar, ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Ich wollte keine Verbindung zwischen Inkonsequenz und Hypermoralismus herstellen. Ich finde es generell daneben, sich als Veganer (auch als konsequenter) mit anderen Menschen zu vergleichen und sich dabei gönnerisch selbst auf die Schulter zu klopfen.

"Jeder kehr' vor seiner Tür, da hat er Dreck genug dafür." Natürlich kann man sich nach getaner Arbeit an seinem sauberen Bürgersteig erfreuen und auf sich selbst stolz sein wegen der verrichteten Arbeit, aber dann zum Nachbarn rüberzuschielen und sich ins Fäustchen zu lachen weil es dort nicht ganz so sauber ist, macht einen zum Spießer.

Mag ja sein, dass ohne ein bisschen Blockwart die Gesellschaft nicht funktionieren würde (sieht man auch gerade jetzt, in Corona-Zeiten), aber unappetitlich finde ich das trotzdem. So will ich nicht sein!
"The greatest obstacle to discovery is not ignorance - it is the illusion of knowledge." - Daniel J. Boorstin

"If you want to be more successful, double your failure rate. Success lies on the far side of failure." - Thomas J. Watson

Benutzeravatar
Libertad
Beiträge: 2
Registriert: 04.06.2020
Wohnort: 69469 Weinheim

Fleischessender Haushalt

Beitrag von Libertad » 4. Jun 2020 09:14

Also, bei mir ist es oft auch nicht einfach.
Ich bin übrigens neu hier und seit drei Monaten strikter Veganer.
In meinem Haushalt essen alle Tierische Produkte, außer ich.
Zugegebenermaßen, ist es nicht ganz einfach, aber kann an dieser Stelle nur bestätigen, dass das einer meiner besten Entscheidung nach Rauchfrei leben bislang war.

travolltar
Beiträge: 8
Registriert: 27.05.2018

Versuche mein Bestes

Beitrag von travolltar » 4. Jun 2020 11:23

Ich werde das jetzt versuchen so zu machen, dass ich Frühstück und Nachtisch, Abendessen immer versuche vegan zu machen. Wenn es mal zu Mittag Fleisch oder Fisch gibt, werde ich es in normalen Mengen essen. In der Zwischenzeit versuche ich, mich weiter über vegane Ernährung zu informieren und immer mal wieder was Veganes einzubauen.

Antworten