Zardoz und die Dekadenz der VeganerInnen

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
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calla
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Beitrag von calla » 13. Okt 2011 09:53

Au - Mensch! (Zardoz)
Machst Du Dir das Leben sonst auch so unnötig schwer?
*Beileid*
Es mag ja vielleicht Veganer geben, die lieber ein Kind totfahren, als einen Igel zu überfahren - ich kenne jedoch keinen.

Versuch doch einfach mal, Dir vorzustellen, dass es Veganer gibt, die nicht hinnehmen wollen, dass Tiere für den eigenen "Genuss" leiden müssen.
Und manche tun eben aktiv was gegen Tierquälerei (Peta z.B.) und manche mehr passiv, in dem sie einfach den Konsum verweigern.
Klar, das geht nicht immer und nicht überall - schon, weil man gar nicht weiß, wo Tier-Produkte überhaupt und überall beteiligt sind.

Warum bist Du so 'kontra' eingestellt?
Entscheide doch einfach für Dich, wie Du leben willst.

Jaswicis

Re: Zardoz und die Dekadenz der VeganerInnen

Beitrag von Jaswicis » 13. Okt 2011 09:56

Und wie Stehst du zu Autofahren? Atommüll? etc.etc. Hast du da auch alles bis zum ende durchgespielt und bist zum schluss gekommen dass alles nix nützt?

youraunt
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Thrasymachos lässt grüßen

Beitrag von youraunt » 13. Okt 2011 09:57

Ich geh' jetz' mal mit Pfeil und Bogen in den Supermarkt... das is' nämlich viel natürlicher!! höhö...
"vegan" leben oder sich das einbilden geht doch nur im Westen und im Überfluß
Kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass du nicht genau weißt, dass das nicht stimmt. Selbstverständlich gibt es Veganismus seit der Antike, und zwar nicht nur in der westlichen Welt. Selbst Wikipedia hilft dir da weiter. Beweggründe mal ganz beiseite, aber z.B. im Hinduismus, wie im Buddhismus (Chan, Zen, etc...) gilt vegetarische/vegane Ernährung als ethisch überlegen. Deren Geschichte und vor allem in welchen Ländern diese Religionen verbreitet sind darfst du selbst nachschlagen und vorausgesetzt, dass du wirklich so überzeugt von deinem Statement bist, wirst du wohl überrascht sein, dass sich sogar überspitzt ausgedrückt arme Bauern vegan ernähren können.
"Zurück zur Natur"

Wo hast du das denn gehört?? Wenn schon gegen Veganismus argumentieren, setz' dich auch differenziert damit auseinander.
Alles ist unentwickelbar miteinander verworben.

Richtige Erkenntnis. Wo hast du gelesen, dass der Veganismus das bestreitet? Wir leben noch immer von einer anderen Art und nicht nur von Luft und Liebe.
Im Übrigen glaubst du hoffentlich nicht, dass wenn der Mensch als Raubtier wegfällt, wir einer sich immer weiterproduzierenden Armee aus Kühen, Schweinen und Hühnern gegenüberstehen?
Ein schöner Film zur "Verwobenheit" in der Welt im Allgemeinen:
http://www.youtube.com/watch?v=IbDmOt-vIL8 (zu empfehlen ist die englische Fassung...)
Jetzt soll er freiwillig auf seine Evolutionsnische verzichten, weil Hasi so niedlich ist.
Meiner Meinung nach ist Jagd vertretbar, wenn sie für das Tier Mensch überlebenswichtig ist. In jedem Fall sind diese Formen der Jagd der Massentierhaltung vorzuziehen über die du anscheinend kaum etwas weißt, wenn du die "natürliche" Jagd schon als brutal bezeichnest.

Übrigens: Der Homo Sapiens war meines Wissens voll entwickelt, als er die Viehzucht "erlernte". Dass sie die Zivilisation mitgeprägt hat, werden wenige bestreiten.

Du vergisst allerdings die wichtigste Eigenschaft des Menschen, die etwas zur Evolution des Homo Sapiens beigetragen hat und die deine Argumente vorwegnimmt:
Anpassungsfähigkeit.
Wir sind nicht mehr vom Hungertod bedroht. Wir sind so intelligent zu sehen, dass industrielle Tierhaltung dem Planeten und den Tieren schadet.
Die Chemie und Medizin sind so weit, dass wir uns um unsere tierleidfreie und ökologisch vorteilhaftere gesundheitliche Vollversorgung keine Gedanken machen müssen.

Bildung sorgt immerhin dafür, dass wir Worte wie Dekadenz benutzen können und gleichzeitig wissen, was sie bedeuten, oder? Erklär uns nochmal den Verfall, denn
Grundlagen der menschlichen Existenz
nehmen wir durchaus zur Kenntnis. :)

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Akayi
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Beitrag von Akayi » 13. Okt 2011 10:46

Zardoz hat geschrieben:Die unterschiedliche Behandlung nach dem Prinzip "ich schütze meine eigene Art", ist aber ebenfalls zum einen natürlich - macht jede Tierart - und zum anderen erst ethisch. Auf ihr basiert das Prinzip der menschlichen Nächstenliebe ud jede Hilfsverpflichtung.
Die behauptete (1) Natürlichkeit ist kein Argument. Behauptung (2) Tiere würden die eigene Art schützen ist falsch und die dritte Behauptung ist dann (3) das ganze wäre ethisch. Schlussendlich behauptest du noch (4) einen Zusammenhang mit dem sehr konkreten Prnzip der "Nächstenliebe" und dann ganz allgemein mit "jeder Hilfsverpflichtung. Das sind vier Behauptungen ohne ein einziges Argument.
recherchiert, was rechtlich so möglich ist

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Murphy
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Beitrag von Murphy » 13. Okt 2011 12:27

Die Auffassung, wie sie z. B. von Singer verteten wird, dass das Leben einer gesunden Kuh höher einzuschätzen wäre als das Leben eines behinderten Menschen, ist zutiefst unethisch ud verstößt gegen die Würde des Menschen.
Das ist keine Eigenschaft jeder Tierethik sondern die Folge von Singers Personenbegriff. Das eine hat mit dem anderen nur so viel gemein, als dass Singer zu beiden Themen etwas geschrieben hat.
Deshalb kommt der Veganismus auch in Konflikt mit der üblichen Ethik.
Die gibt es nicht.
Wenn ich das Leben von Mensch und Tier gleich stelle, dürfte ich zum Beispiel zum Retten des Igel ausweichen und das Kind am Straßenrand platt fahren (wenn es nicht anders geht).
Die Folge wäre "weder Igel noch Kind" statt "das Kind" plattzufahren.
Entweder sagt man dann, ok das Leben des Kindes ist doch mehr wert *g* und ist ein böses Spezieszistenschwein oder man nimmt die Folge als überzeugter Veganer in Kauf und hält die Würde Menschen doch für antastbar.
Diesen Widerspruch zwischen Menschenwürde und Tierrechten hast du dir zusammenkonstruiert.

Welche Schlüsse müsste man ziehen, wenn zwei Babys auf der Straße liegen würden?
Oder ein weißes, ein farbiges Baby? Ist man ein Rassist, wenn man den Babys nicht ausweichen kann und das schwarze überfährt?

Und kann eine Reflexhandlung wie "stark einlenken" oder notbremsen eine moralische Handlung sein?
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untitled
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Beitrag von untitled » 13. Okt 2011 13:12

Lantha hat geschrieben:
Die Auffassung, wie sie z. B. von Singer verteten wird, dass das Leben einer gesunden Kuh höher einzuschätzen wäre als das Leben eines behinderten Menschen, ist zutiefst unethisch ud verstößt gegen die Würde des Menschen.
Das ist keine Eigenschaft jeder Tierethik sondern die Folge von Singers Personenbegriff. Das eine hat mit dem anderen nur so viel gemein, als dass Singer zu beiden Themen etwas geschrieben hat.
Das ist so auch nicht richtig. Bei weitem nicht jede Tierrechtstheorie / Tierethik vertritt diese These (bspw. Regan oder Francione, um zwei halbwegs bekannte Beispiele zu nennen, die sich gegen Singers Utilitarismus stellen), aber bei Singer gehört dies eben zum Gesamtprogramm (siehe Praktische Ethik). Insofern ist der Einwand, dass dies von Singer so vertreten wird, richtig. Falsch wäre, dies auf den gesamten Diskurs zu übertragen.
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benutzer
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Beitrag von benutzer » 13. Okt 2011 13:15

@ zardoz: ich wusste gar nicht, dass die junge union die gesellschaft jetzt auch gegen veganer_innen verteidigt.

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kiara
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Beitrag von kiara » 13. Okt 2011 17:20

Zardoz hat geschrieben:Dekadent, weil man die Grundlagen der menschlichen Existenz nicht zur Kenntnis nehmen will.
Du hast vielleicht mitbekommen, dass sich die Grundlagen der menschlichen Existenz drastisch verschoben haben seit der Steinzeit.
Zardoz hat geschrieben:Jetzt soll er freiwillig auf seine Evolutionsnische verzichten, weil Hasi so niedlich ist.
Es ist genau andersherum. Früher jagte Tier X Tier Y, daraufhin gab es mehr von Tier X und weniger von Y. Was an unserer tierproduktsfressenden Gesellschaft dekadent ist, ist dass wir, statt zu jagen, Tier Y züchten und bei höherer Nachfrage von Tier Y es mehr von Tier Y gibt. Das ist dekadent.
Zardoz hat geschrieben:Und auch der veganste Veganer kann nicht ohne "Tierleid" leben .... bildet sich aber ein , "besser" zu sein als die anderen.
Ja ist doch logisch, du fühlst dich doch auch besser als jemand der alten Omas die Handtasche klaut, oder? Wie soll man sich denn fühlen wenn man etwas tut was man für richtig hält, soll man sich dafür schlechter fühlen?
Zardoz hat geschrieben:Das nennt er dann "unvermeidlich" zur Abrgenzung von dem "Tierleid" , das er nicht mag.
Was schlägst du denn vor, ein neues Wort für unvermeidlich? Oder wo ist da argumentatorisch dein Problem?

Zardoz hat geschrieben:Die Auffassung, wie sie z. B. von Singer verteten wird, dass das Leben einer gesunden Kuh höher einzuschätzen wäre als das Leben eines behinderten Menschen, ist zutiefst unethisch ud verstößt gegen die Würde des Menschen.
Ich liebe es. Die Leute finden auf Teufel komm raus keine Argumente gegen Singer und kommen dann mit Argumenten à la "das ist einfach so" oder "das ist einfach unmoralisch/unethisch". Warum findest du, dass es gegen die Würde des Menschen verstößt, und wie definierst du diese Würde?
corn + floor = cloorn?

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apollon
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Re: Zardoz und die Dekadenz der VeganerInnen

Beitrag von apollon » 13. Okt 2011 21:30

Veganismus ist kompromissloser Pazifismus. Im Kern geht es darum, das Beste für alle fühlenden Wesen in der Gegenwart (Mensch und Tier) zu tun. Man haftet hier nicht an einschränkenden Hypothesen (Evolution, Anthropologie usw.) Ganz uneingeschränkt und frei lebt man den Respekt vor jeder Kreatur (dafür braucht es keinen Gott oder ähnliches). Ganz wichtig, Zardoz: Man sollte sich nicht in gedanklichen Konstrukten verirren, in denen man nachher droht zu versinken!

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Murphy
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Beitrag von Murphy » 13. Okt 2011 21:33

Zageism hat geschrieben:Das ist so auch nicht richtig. Bei weitem nicht jede Tierrechtstheorie / Tierethik vertritt diese These (bspw. Regan oder Francione, um zwei halbwegs bekannte Beispiele zu nennen, die sich gegen Singers Utilitarismus stellen), aber bei Singer gehört dies eben zum Gesamtprogramm (siehe Praktische Ethik). Insofern ist der Einwand, dass dies von Singer so vertreten wird, richtig. Falsch wäre, dies auf den gesamten Diskurs zu übertragen.
Natürlich bekommt man bei Singer ein Gesamtpaket. Aber es ist wirklich nur der Personenbegriff, der zu dem von Zardoz kritisierten Ergebnis führt: es ist entscheidend, dass Säuglinge nach Singer noch keine Personen sind, da sie nicht selbstbewusst sind und kein Interesse an einem Leben haben, dem man zuwiderhandeln könne. Somit sei schmerzfreie Tötung erlaubt. Im Gegensatz zur Kuh, die selbstbewusst ist und deren Präferenzen auch ein grundlegendes Interesse am Leben enthalten. Würde Singer darauf verzichten, diese Unterscheidung vorzunehmen, so wäre bereits die Tötung des Kindes nicht mehr legitim, somit, denke ich, ist es wirklich nur eine Konsequenz seines Person-Begriffes.
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