Gendern?

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Anders
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Re: Gendern?

Beitrag von Anders » 6. Jul 2013 18:19

Was ist denn das fürn Argument, zu sagen "Weil´s Fälle gibt, wo das schwer umzusetzen ist, ist´s Quatsch." oder "Das Rumdoktern an Symptomen soll die Ursache beheben."?
Ersteres kannste über Veganismus genauso sagen. Gibt Fälle, wo das sehr schwer wird, umzusetzen... also ist´s komplett Blödsinn?
Und letzteres kannste gerne auf nen reales Krankheits-Ursache-Symptom-Beispiel übertragen. Wenn ich mir den Arm breche oder anderswo operiert werden muss, bekämpfen Schmerzmittel nur die Symtome. Also weg mit dem Mist, behebt ja die Ursache nicht. Oder wie?
... Es gibt eben nicht nur "entweder oder", und "Symptombekämpfung" kann hier im zwischenmenschlichen sehr hilfreich sein.
"Meine Utopie ist gar nicht so weit weg, hab ich verstanden. Denn sie wohnt sehr wohl in meinem Kopf, somit in meinem Handeln." - Sookee

mimenda
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Beitrag von mimenda » 7. Jul 2013 09:13

Anders hat geschrieben:Was ist denn das fürn Argument, zu sagen "Weil´s Fälle gibt, wo das schwer umzusetzen ist, ist´s Quatsch." oder "Das Rumdoktern an Symptomen soll die Ursache beheben."?
Ersteres kannste über Veganismus genauso sagen. Gibt Fälle, wo das sehr schwer wird, umzusetzen... also ist´s komplett Blödsinn?
Das habe ich so nicht behauptet, aber: Sprache ist ein System. Dieses System muss mit dem Gegendere als solches geändert werden können, um sprachpragmatisch bei den Sprechern Sinn zu ergeben. System, Norm und Sprache sind die drei Pfeiler der Entwicklung. Das System gibt die morphologischen und sonstigen Vorgaben, nachdem sich Norm und gesprochene Sprache richten. Welchen Sinn soll es also haben, dass wir von Studierenden reden und dasselbe systemische Pattern nicht auf alle anderen Tätigkeiten anwenden können. Zu Studierende gibt es ein Verb, zu Professor nicht. Professierende geht also schlecht. Man kann natürlich auf Lehrende ausweichen, aber das ist eben auch derdiedas wissenschaftliche Mitarbeitende, derdiedas Honorardozierende oder auch derdiedas Studierende, wenn ersiees "Tutoriernde" ist.

Das Rumdoktern an Symptomen behebt keine Ursachen, es verschleiert sie höchstens. Wenn einer vegan lebt, doktert er nicht an Symptomen rum, sondern er wendet sich unmittelbar den Ursachen zu, indem er keine tierischen Produkte mehr isst. Analog müsste der gegenderte Mensch sich nicht nur aller unkorrekter Wörter enthalten, sondern er müsste zunächst das Empfinden mitbringen, dass es so, wie er denkt und fühlt, nicht richtig ist. Denn anders als beim Veganismus, gibt es keine gesundheitliche Vorteile beim Verwenden eine gegenderten Sprache. Umkehr fängt mit der Buße an, nicht indem man einen Groschen in den Opferstock wirft.
Anders hat geschrieben:Und letzteres kannste gerne auf nen reales Krankheits-Ursache-Symptom-Beispiel übertragen. Wenn ich mir den Arm breche oder anderswo operiert werden muss, bekämpfen Schmerzmittel nur die Symtome. Also weg mit dem Mist, behebt ja die Ursache nicht. Oder wie?
... Es gibt eben nicht nur "entweder oder", und "Symptombekämpfung" kann hier im zwischenmenschlichen sehr hilfreich sein.
Wenn du dir den Arm brichst, bekommst du einen Gips, um ihn nach der Heilungszeit wieder genauso bewegen zu können, wie zuvor. Wenn die Analogie hier also sein soll, dass wir die Zunge mit gegenderten Wortungetümen eingipsen sollen, bis wir sie wieder zur Denunziation bewegen können, wünsche ich allen Zungengebrochenen eine möglichst lange Rekonvaleszenz!
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Anders
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Re: Gendern?

Beitrag von Anders » 7. Jul 2013 12:21

Und produzierst unglaublich viele Worte, aber an Aussage kommt bei mir nur sehr wenig an.
Das Gerede von "Studierenden" ist sprachlich eher Blödsinn, das Gendern als solches kann bei Gesprächspartern das Gefühl erzeugen, dass du dich mit einer Thematik beschäftigst, dir Mühe gibst, Randgruppen nicht sprachlich auszuschließen oder herabzuwerten usw. Dass das keine Patentlösung ist und mit weiterer politischer Arbeit einhergehen muss wurde hier schon mehr erwähnt, meine ich.
Dein Beispiel vom Empfinden, dass man nicht "richtig" fühle und denke halte ich für abwegig, da die Einsicht in Ungerechtigkeiten die Ursache für deren Behebung sein sollte, nicht umgekehrt. Insofern steht zuerst die Erkenntnis sprachlicher wie gesellschaftlicher Priviligiertheit und Dominanz, woraus sich eine Handlung ergibt (Gernden, Hinterfragen, Aufklärung, was auch immer). Genauso beim Veganismus. Erst kommt die Einsicht in die moralische Verwerflichkeit der Ausbeutung, dann die Verweigerung der Partizipation an selbiger. (Nur dass es beim Veganismus eben auch gesundheitliche o.ä. Gründe geben kann.)
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kiara
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Re: Gendern?

Beitrag von kiara » 7. Jul 2013 12:35

Und natürlich ist es hilfreich, dunkelhäutige Menschen nicht als "Neger" zu bezeichnen. Frag mal dunkelhäutige deutschsprachige, ob sie "Neger" als Beleidigung sehen...

"Ob ich statt "Neger" "Schwarzer" oder "maximal Pigmentierter" sage, hat nichts damit zu tun, ob ich Ressentiments gegenüber dieser Menschengruppe hege."
Doch, schon. Die meisten Leute, die irgendwie aufm neusten Stand sind, sagen dunkelhäutig oder Schwarzer, und wenn jemand "Neger" sagt dann kann man sich ziemlich sicher sein, dass es sich um einen Rassisten handelt.


Ich bin gegen das Gendern, weil es aus meiner Sicht überhaupt erst das Problem der sprachlichen Ungleichbehandlung erzeugt. Wenn auf ner Tür steht "Studenten", würd ich nicht auf die Idee kommen, ich sei nicht angesprochen. Wenn aber sonst ständig die Rede von Studentinnen und Studenten ist, dann würd ich mich verunsichert fühlen. Daher find ichs im Englischen auch optimal: man ist student, researcher, techer, und wenn das Geschlecht relevant ist, sagt man eben "male" oder "female" dazu. Besser gehts nicht imho.
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mimenda
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Beitrag von mimenda » 7. Jul 2013 14:59

Anders hat geschrieben:Und produzierst unglaublich viele Worte, aber an Aussage kommt bei mir nur sehr wenig an.
Könnte durchaus dein Problem sein!
Anders hat geschrieben:Dein Beispiel vom Empfinden, dass man nicht "richtig" fühle und denke halte ich für abwegig, da die Einsicht in Ungerechtigkeiten die Ursache für deren Behebung sein sollte, nicht umgekehrt.
Siehe unten.
Anders hat geschrieben:Insofern steht zuerst die Erkenntnis sprachlicher wie gesellschaftlicher Priviligiertheit und Dominanz, woraus sich eine Handlung ergibt (Gernden, Hinterfragen, Aufklärung, was auch immer).
Da habe ich überhaupt nichts dagegen, was ich auch schon dargelegt habe. Es ist für mich vielmehr die Frage, ob ich mit künstlicher Betroffenheitssprache mich anbiedere oder ob ich wirklich am Problem interessiert bin. Und, bitteschön: ich nehme niemanden ernst, der sich als Professor für Linguistik als Linguistin vorstellt. Das mag ja lustig sein, meinetwegen auch noch den ein oder anderen Studenten provozieren, aber was soll es bringen. Ich sag demnächst einer Frau, ich sei Frau Mimenda! Ob die das witzig findet... :?:
Anders hat geschrieben:Genauso beim Veganismus. Erst kommt die Einsicht in die moralische Verwerflichkeit der Ausbeutung, dann die Verweigerung der Partizipation an selbiger. (Nur dass es beim Veganismus eben auch gesundheitliche o.ä. Gründe geben kann.)
Woher kommt deine Einsicht? Dadurch, dass man dir das sagt oder dass du es aus der Anschauung der Verwerflichkeit extrapolierst. Wenn letzteres, dann hast du mit dem Gefühl begonnen, nicht mit der Einsicht.
Einsicht in diese Dinge ohne Emotion ist mir nicht vollziehbar. Es ist gerade das Verdrängen oder das Fehlen des Gefühls, das die Menschheit bisher zu ihrem blutigen Feldzug durch die Jahrtausende geschleust hat. Dem Hitler hätte man mit rationalen Gesichtspunkten gar nicht zu kommen brauchen. Allein das Gefühl, wenn ihm denn noch ein residuales geblieben wäre, hätte ihn darauf aufmerksam machen können, dass er Menschen abschlachtet. Die Erkenntnis folgt dem Gefühl nicht dieses jener.
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Beitrag von mimenda » 7. Jul 2013 15:10

kiara hat geschrieben:Und natürlich ist es hilfreich, dunkelhäutige Menschen nicht als "Neger" zu bezeichnen. Frag mal dunkelhäutige deutschsprachige, ob sie "Neger" als Beleidigung sehen...
Ich habe nirgends gesagt, dass ich das tu. Es ist lediglich so, dass das in den 60ern das Wort war, das alle gebrauchten, selbst einer wie Adorno oder meine Großväter (die alles andere als Rassisten waren). Allein das lässt schon darauf schließen, dass der Wortgebrauch nichts mit den Ressentiments zu tun hat. Es sei denn, man ist der (irrigen) Meinung, am Rassismusproblem hätte sich seither wesentliches geändert.
kiara hat geschrieben:Ich bin gegen das Gendern, weil es aus meiner Sicht überhaupt erst das Problem der sprachlichen Ungleichbehandlung erzeugt. Wenn auf ner Tür steht "Studenten", würd ich nicht auf die Idee kommen, ich sei nicht angesprochen. Wenn aber sonst ständig die Rede von Studentinnen und Studenten ist, dann würd ich mich verunsichert fühlen. Daher find ichs im Englischen auch optimal: man ist student, researcher, techer, und wenn das Geschlecht relevant ist, sagt man eben "male" oder "female" dazu. Besser gehts nicht imho.
Eben! Es ist sinnlos, in diese Sprache das einschleusen zu wollen, was man bei uns mit Studierende usw. meint einschleusen zu können. Bei uns klappt das schon systemisch nicht, was ich oben darzulegen versucht habe, aber dennoch meinen gewisse Kräfte, sie müssten einige Wörter oder gar ein Prinzip zum Standard erheben und runzeln im besten Fall die Stirn oder weisen einen unmittelbar zurecht (was ich schon erlebt habe, als ich von Studenten sprach), wenn man dieser Vorgabe nicht entspricht. Für mich ist das Lingualfaschismus.

Mir ist es immer noch lieber, wenn jemand sich durch die Sprache verraten kann (also heute penetrant z.B. von Neger redet) als dass er durch das Gendergequatsche in die Lage versetzt wird, sich einen Schleier umzuhängen, durch den seine braune Gesinnung nicht sichtbar wird. Die vorauseilende Absolution, die sich gerade die Adepten der gegenderten Sprache gerne erteilen, ist in meinen Augen auch zugleich der Schatten, in den sie bei sich selbst nicht blicken wollen.
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Re: Gendern?

Beitrag von Anders » 7. Jul 2013 16:15

mimenda, ich würde dich gerne hiermit inoffiziell zum Godwin des Tages küren.
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Beitrag von mimenda » 7. Jul 2013 17:43

Anders hat geschrieben:mimenda, ich würde dich gerne hiermit inoffiziell zum Godwin des Tages küren.
Godiwn kenne ich nicht. Lehne insofern dankend ab! Könnte ja was Unveganes sein... :?:
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Beitrag von mimenda » 7. Jul 2013 17:59

mimenda hat geschrieben:
Anders hat geschrieben:mimenda, ich würde dich gerne hiermit inoffiziell zum Godwin des Tages küren.
Godiwn kenne ich nicht. Lehne insofern dankend ab! Könnte ja was Unveganes sein... :?:
So, habe gegoogelt: Das Gesetz kannste dir sonst wo hinschieben, da ist es bestens aufgehoben. Denn du bist es, der meine Anmerkung zu Hitler instrumentaliert, während ich selbige in einen Kontext gestellt habe, zu dem du offenbar nichts zu sagen hast. Warum hälst du dann nicht einfach den Rand, statt auf die hinterfotzige Tour zu kommen. Argumente würde ich allerdings dem Randhalten vorziehen.

Ich hatte den Vergleich angestrengt, um zu unterstreichen, dass es nicht darum geht, die Ratio anzusprechen. Rational ist der Judenmord ebenso wie der Tiermord nicht in Zweifel zu ziehen, denn es gibt nichts Irrationales daran, sich gehasster, ungeliebter oder gleichgültiger Subjekte zu entledigen. Wenn man die Macht hat, wird man es tun, es sei denn, man empfindet das Leid der Kreaturen selbst als schmerzlich. Und dieses Empfinden ist das Gefühl, mit dem Moral beginnt. Hitler und seine breitärschigen Vollstrecker bieten sich bestens an, wenn man wissen will, was Angst und Minderwertigkeitsgefühle aus einem Menschen machen können.

Wenn man natürlich meint, man hätte damit nichts mehr zu tun und die Vergangenheit sei ebensoweit entfernt wie der nächste Fixstern, lügt man sich in die Tasche. Denn Angst und Minderwertigkeitsgefühl haben sich nicht verringert. Wahrscheinlich ist deshalb auch die Einsicht in nur zu offensichtliche Umstände derart gering. Jedenfalls: wenn du mit mir diskutieren willst, dann tu es offen oder lass es!
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generisches Maskulinum

Beitrag von somebody » 11. Aug 2018 15:27

Bitte, kann/soll in an VeganerInnen & an Veganismus potenziell interessierte Menschen gerichteten Texten der flüssigen Lesbarkeit halber das generische Maskulinum eingesetzt werden?

Argumente dafür bzw dagegen?

Meinungen?

Vielen Dank.
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