Als Azubi zur Metzgerei fahren?

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
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Emtyra
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Als Azubi zur Metzgerei fahren?

Beitrag von Emtyra » 10. Sep 2018 20:20

Soooo, erst mal dem Forum beigetreten, direkt mal eine Frage los werden! :D
Nein im Ernst. Ich stecke momentan in einem kleinen Zwiespalt und brauche dafür einfach ein paar Meinungen, von Leuten die mich tatsaechlich verstehen können. Aka das was mich dazu angetrieben hat, mich hier anzumelden.

Und zwar geht es darum, dass ich dieses Jahr meine Ausbildung zur Bürokauffrau in einem technischen Betrieb angefangen habe. Also sprich nichts, was mir groß haette Probleme bereiten können, richtig?
Dachte ich auch. Bis mir meine Ausbilderin gesagt hat, dass der Betrieb eine "Tradition" hat, bei der sie jeden Donnerstag beim Metzger bestellen und der Azubi das ganze abholt und den Kollegen vorbereitet.
Da ich der einzige Azubi momentan bin, gilt die Aufgabe eigentlich mir. Nach ein paar längeren Gesprächen mit meiner Ausbilderin und meinem Chef (bei denen ich erläutert habe wie unangenehm wir das wäre) und einer langen Bedenkzeit von unserer beiden Seiten, haben wir uns dank meiner guten Arbeit glücklicherweise darauf geeinigt, dass ich dies nicht machen muss, also davon befreit bin. Das war ein riesiger Schritt meinem Betrieb mir entgegen.
Die Basis darauf war allerdings, das jemand anderes diese dann abholen würde. Eine Person (kein Kollege, aber jemand anderes der für die Firma arbeitet), die nun immer seltener kann. Und das heißt, dass meine Kollegen immer sehr kurzfristig planen müssen wer die abholt, was (genauso wie die Fahrzeit) von der Arbeitszeit eben abgeht. Und da ich als Azubi schon sehr viel zu tun habe, kann ich mir vorstellen, dass meine Kollegen noch gestresstes sind und mit Ihrer Arbeit dann noch weniger hinterherkommen.

Jetzt habe ich mir seit einigen Wochen überlegt, ob ich meinem Betrieb auch ein wenig entgegen kommen sollte und die Sachen zumindest immer abhole, wenn die andere Person nicht kann, um meine Kollegen auszulasten. Außerdem habe ich auch immer ein sehr ... unangenehmes Gefühl, wenn ich die Planung mitbekomme, da das ja eigentlich meine Aufgabe ist und ich habe auch Angst, dass ich in der Probezeit eventuell doch noch gekündigt werde, wenn es wirklich zu viel Aufwand ist.
Nur auf der anderen Seite ist es mir trotzdem sehr unangenehm, weil ich die Industrie dann ja zwar nicht mit meinem Geld, aber mit meinem Handeln unterstütze und ich weiß nicht, ob das sozusagen "ergeben" oder "besiegt" wirkt, wenn ich meine Meinung ändere und meine Kollegen uns in unserer Einstellung eventuell weniger Ernst nehmen bzw. das kein wirkliches Zeichen setzt. Außerdem gehört das ja auch eigentlich gar nicht in meinen Arbeitsbereich, weshalb ich schon glaube, dass ich ein Recht darauf habe das zu verweigern. Das bringt mir in der Probezeit nur nicht viel.
Dann denke ich aber wiederum auch daran, dass ein geregeltes Einkommen nicht gerade unguenstig ist um dieser Welt und den Tieren zu helfen und ich einen Teil des Geldes an eine Tierorganisation spenden und anders aktiv werden koennte (was ich sowieso wieder machen möchte).

Ich hoffe man versteht meine Problematik und sieht das hier nicht als Kindergarten an, weil ich mir darüber wirklich sehr starke Gedanken mache und ich einfach ein paar Meinungen von Gleichgesinnten brauche.

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slartibartfaß
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Beitrag von slartibartfaß » 10. Sep 2018 20:30

Du hast ein schlechtes Gewissen/Gefühl, wenn Du das Zeug abholst und vorbereitest - und ein schlechtes Gewissen/Gefühl, wenn Du es nicht tust. Was wiegt schwerer?

edit: übrigens - willkommen im Forum!
Wellen des Paradoxen rollten über das Meer der Kausalität (...) an dieser Stelle gibt die normale Sprache auf, besucht die nächste Kneipe und gießt sich einen hinter die Binde.

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Vampy
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Beitrag von Vampy » 10. Sep 2018 20:59

hallo,
ach solche fragen gibts hier öfter - soll ich das fleisch von meinem freund im kühlschrank tolerieren, soll ich es sogar einkaufen wenn er es sich sonst selbst kauft, soll ich das gekaufte fleisch zubereiten... und es zeigt reife, dass du dir über sowas gedanken machst.
ich glaub ich an deiner stelle würds machen, einfach weil ich es anstrengend finde, die supersonderbehandlung zu beanspruchen und das bisi so wirkt als ob ich mir zu fein dafür wäre. geht ja nicht drum dass ich das zeug essen muss. aber das heißt ja nicht, dass das richtig ist.
die frage ist: ändert es was daran, ob du es machst, oder würde es sonst einfach ein anderer machen? vlt würden sie wenn es niemand abholen kann, dann in zukunft keine metzgerbestellung mehr machen. fänd ich jetzt nicht so schlimmm.... vlt findet sich stattdessen ein lieferdienst. hoffentlich für was anderes - wobei die meisten dann wahrscheinlich irgendwas mit fleisch bestellen würden.
ich glaube nicht, dass die dich kündigen, nur weil du die metzgerbestellung nicht holst. aber in der summe wenn noch ein paar andere sachen wo du negativ auffällst dazukommen, kann es schon sein dass das dazu führt, dass sich deine chancen verschlechtern. allerdings deswegen kündigen wär schon krass. zumal die ja sonst jmd anders erst einarbeiten müssten, also sowas macht man eigentlich nur wenn jmd langfristig völlig ungeeignet ist.
letztlich musst du wissen was du machst, denn du musst mit der entscheidung leben.
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schwarz
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Beitrag von schwarz » 10. Sep 2018 21:19

Vampys Vorgehen finde ich jetzt ein wenig rückgratlos, sieht so ein bisschen aus, als würde man Diskriminierung (in dem Fall von persönlichen Werten) einfach hinnehmen.
Auch als Azubi bist Du nicht verpflichtet, solche Dienste zu übernehmen, das schonmal als Erstes, das hast Du ja auch bereits erkannt. Mir ist natürlich auch klar, dass es nicht leicht ist, sich mit der Belegschaft "anzulegen" bzw. bei derlei Traditionen nicht mit zu machen.
Du könntest aber zum Beispiel, um einer Ablehnung die Schärfe zu nehmen, vorschlagen, dass Du zum Ausgleich jeden Freitag vegane Süßigkeiten/Kuchen/Kekse mitbringst und damit eine zusätzliche "Tradition" einführen.
Deine Ablehnung ist ja gut begründbar und nicht aus Null Bock zu arbeiten-Laune heraus.

Wenn die Kollegen unbedingt ihren Metzgertag behalten wollen, dann wird sich auch immer jemand finden, der das Zeug abholt.
enter the void.

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somebody
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Beitrag von somebody » 10. Sep 2018 21:52

Emtyra, hallo & willkommen.

Deine Abneigung gegen Aufsuchen der Metzgerei & Vorbereiten der Mahlzeit im Betrieb kann ich ebenso nachvollziehen wie Deine Unsicherheit bezüglich der Auswirkungen des derzeitigen Handlings & der potenziellen Änderung Deiner Ansicht auf die Beziehung zu KollegInnen & Chef im Betrieb.

Vielleicht ist ein Kompromiss praktikabel. Du könntest zB die Bestellung in der Metzgerei abholen & im Betrieb im vorgesehenen Raum die Vorbereitungen für das Essen machen, nicht jedoch mit der Metzgereiware arbeiten. Deine KollegInnen belegen ihre Brötchen selbst oder wärmen ihre Würste selbst auf.

Ich denke, das ließe sich KollegInnen & Chef auch ohne Gesichtsverlust vermitteln & Du dokumentierst damit Teamfähigkeit.
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illith
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Beitrag von illith » 10. Sep 2018 23:33

das von schwarz finde ich eine gute Idee.
so hab ichs auch bei BF gehandhabt, als ich ihm gesagt hab, dass ich ihm keine unveganen Sachen mehr kaufen oder mitbringen werde. (ist schon länger her)
weil er dann teils vorgebracht hat, dass er mir doch auch immer Sachen mitbringt. ich kauf ihm dafür alles vegane was er haben will, bzw biete ihm das an.
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Lee
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Beitrag von Lee » 11. Sep 2018 06:19

Was Supermarkt angeht läufts bei mir, wie bei Illith.

Pizza wo alles mögliche drauf ist macht mir aber irgendwie nix aus... und nehm ich auch unvegane mit :shrrugs:

gefällt mir eigentlich nicht, dass ich mich da etwas unlogisch verhalte :drop:

Bin selbst immer sehr bedacht in Arbeitssituationen nicht unangenehm aufzufallen und würds wohl tun, im Falle der Threaderstellerin.
Muh!

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somebody
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Beitrag von somebody » 11. Sep 2018 10:39

Mal prinzipiell betrachtet:

Abholen eines Wurst-/Fleischpakets innerhalb der Arbeitszeit in der Metzgerei & dessen Transport in den Gemeinschaftsraum im Betrieb würde ich noch als mit veganer Lebensweise konform ansehen, sofern dies nur einen geringen Teil der Arbeitszeit ausmacht.

In der Arbeitswelt erscheinen mir wichtig:
Teamfähigkeit zu dokumentieren
&
Tolerieren etwaig von der eigenen Lebensweise/Kultur/Subkultur abweichender Lebensweisen/Kulturen/Subkulturen im Betrieb & bei Kunden, sofern diese nicht geltendes Recht verletzen &/oder verfassungsfeindlich sind.

Bei Förderung des Veganismus am Arbeitsplatz gilt es IMO missionarisches Verhalten zu vermeiden. Mitbringen veganer Nahrungsmittel an den Arbeitsplatz & KollegInnen anbieten = ja. KollegInnen bedrängen = nein.

Einkauf tierischer Produkte für Menschen im privaten Umfeld lehne ich ab.
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RoadOfBones
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Beitrag von RoadOfBones » 11. Sep 2018 16:35

Du solltest dabei bleiben, dass du dich da raus hältst.
Du bist ein Individuum mit all deinen Macken und Fähigkeiten.
Und da es dir ja auch um Ethik geht, finde ich toll, dass du das jetzt nicht machen musst. Diversity and inclusion.
Ich würde auch niemandem Zigaretten holen.

Ab Abschluss würde ich eine fette Vegan-Party machen, damit die mal sehen, was denen entgeht. :'d:
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We live in an age of insanity and confusion - Our existence is senseless without direction - Yet these times of many changes offer us also big chances - To face the future escape our self-destruction by returning to our true values.

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VegSun
möchte das nicht.
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Beitrag von VegSun » 11. Sep 2018 16:43

Zigaretten nicht wegen der nicht vorhandenen ethik von vielen Zigaretten/Tabak Firmen und Tierversuchen oder weil du verhindern willst das er/sie seiner/ihrer Gesundheit und evtl.der Mitmenschen schadet?
"Ein Mathebuch ist der einzige Ort , wo es normal ist 52 Wassermelonen zu kaufen."

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