zu viel Salz

Ernährung, Lebenswandel, Supplemente
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illith
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zu viel Salz

Beitrag von illith » 10. Jul 2019 00:30

ich hab mir über meinen hohen Salzkonsum nie einen Kopf gemacht, da mein Blutdruck schon immer im unteren Normbereich liegt.

in letzter Zeit mach ich mir aus 2 Gründen aber doch Gedanken.

zum einen ist es bei mir ja so, dass wenn ich besonders salzreich esse, ich am nächsten Morgen mit 1-2l Wassereinlagerungen aufwache, was sich auf der Waage und meinen geschwollenen Augenlidern zeigt.
mich würde mal interessieren, was da technisch gesehen passiert.
kürzlich hab ich gelesen, was im Körper passiert, wenn man extrem zu viel Wasser trinkt, die Salzkonzentration im Blut zu gering wird und das Wasser dann in die Zellen quetscht.
passiert denn das Gleiche im umgekehrten Fall, also wenn zu viel Salz im System ist? oder was geht da dann vor sich? :?:

zum anderen hat mir ein medizinisch interessierter Freund gesagt, dass Salzkonsum auch Blutdruck-unabhängig für die Gefäße problematisch sei.
ist da was dran?

und gibts irgendwas um die Wassereinalgerungen abzuschwächen, wenn ich salziger esse? ist extraviel Wasser trinken förderlich?
Wolf(Performance) empfahl mal in einem Video Kaliumsalz - da ist der Gegenspieler vom Natrium direkt schon mit drin. ich würde aber vermuten (ohne das getrackt zu haben), dass meine Kaliumversorgung auf normalem Weg schon in Ordnung sein dürfte. das hätte dann keinen Mehrwert für mich, oder doch?

ich bin übrigens nicht auf der Suche nach dem Tipp, weniger Salz zu essen. ;)
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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 10. Jul 2019 06:46

Erstmal der unvermeidliche Tipp: Iss weniger Salz! Deine Vorliebe für salzige Geschmäcker ist wohl weniger angeboren als erlernt, also wirst du nach einer kurzen Phase harten "Entzugs" deine Präferenzen umstellen und nix mehr vermissen. Zudem gibt es viele Substitute, die den Salzgeschmack zumindest ansatzweise ersetzen können, bzw. den leichten natürlichen Salzgeschmack von Speisen verstärken. Genannt werden da verschiedene Gewürzkombinationen, passierte Tomaten finde ich besonders gut (allerdings sollten die natürlich selbst salzfrei sein, was in D nicht einfach zu bekommen ist).

Zum Mechanismus: Das gegessene Salz geht gelöst ins Blut über, und um die Elektrolytkonzentration da konstant zu halten, "zieht" es Flüssigkeit aus dem intrazellulären Raum raus in den extrazelluären. Das heißt, das Blutvolumen steigt - was in einer Erhöhung des Blutdrucks resultiert. Wenn du keinen besorgniserregend hohen Blutdruck hast, muss das alein noch nicht schlecht sein. Es gibt aber zusätzlich noch eine Menge anderer Gesundheitsprobleme, die mit hohem Salzverzehr in Verbindung gebracht werden, von gesteigertem Demenzrisiko bis zu Schwächung des Immunsystems, siehe dazu z. B. hier:


Kalium gilt tatsächlich als "Gegenspieler" von Natrium, d. h. es zieht Wasser vom Blut in die Zellen. Überhöhte Kaliumzufuhr kann lebensbedrohlich sein, deswegen wird von isolierter Ergänzung stark abgeraten. Dennoch gibt es "light-Salz", das anteilig Kalium- und Magnesiumverbindungen enthält - keine Ahnung, ob dessen Verzehr unbedenklich ist. Besser wäre es da, das Kalium aus natürlichen Quellen zu beziehen: Bananen, Kartoffeln statt Getreide.

Was konkrete Empfehlungen angeht: Da sehe ich vor allem zwei ernstzunehmende "camps". Die einen sagen, die natürliche Salzaufnahme, auf die wir evolutionär eingestellt sind, liegt lediglich um 0,5g/Tag (ganz ohne zugesetztes Salz). Ein Mangel sei unter dieser Schwelle nicht zu befürchten, und zugesetztes Salz sei dauerhaft in jedem Falle unnötig, wenn nicht sogar schädlich.

Ein anderes camp argumentiert, dass sich in vielen Studien eine niedrige Salzaufnahme als genauso schädlich wie eine hohe rausgestellt hätte, und setzt die Tagesempfehlung bei 3-6 g. Was im Vergleich mit dem Durchschnittsverzehr von Mitteleuropäern immer noch niedrig ist. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der in Studien beobachtete Effekt nicht ähnlich zu beurteilen ist wie das scheinbar gesteigerte Gesundheitsrisiko durch Alkoholabstinenz, Gebrauch von Süßstoffen statt Zucker oder niedriges Normalgewicht, d. h. in den "niedrig"-Gruppen finden sich überproportional viele Menschen, die vor Studienbeginn in der "hoch"-Gruppe waren, sich bereits die Gesundheit ruiniert haben, und jetzt bewusst Entzug praktizieren, nachdem das Kind schon im Brunnen ist.

Abschließend noch ein Video von Doug DeLisle zum Thema Ernährungsumstellung, in dem er den Prozess der mentalen Umstellung auf eine weniger schmackhafte Kost mit geringerem "reward value" thematisiert:


Besonders interessant dazu das Diagramm bei etwa 11:00. Er hat auch ein Buch darüber geschrieben - "The Pleasure Trap". Empfehlenswert!

Trotz deines Küchen-PTSD könntest du dir den Salzentzug vielleicht damit versüßen, mit verschiedenen Antisalz-Hacks rumzuexperimentieren. Denn allein dass du eine so deutliche Wassereinlagerung bemerkst, zeigt ja schon deutlich, dass du zur Risikogruppe gehörst, die sehr sensibel auf Salz reagiert, und deswegen von Reduktion/Entzug den größten potentiellen Nutzen zu erwarten hat.
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somebody
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Beitrag von somebody » 10. Jul 2019 08:48

illith, außer weniger Salz kenne ich leider keine unbedenkliche Maßnahme zur Verringerung von durch hohen Salzverzehr hervorgerufene Wassereinlagerungen.

Die durchschnittlich tgl max 5 - 6 g Empfehlungen der Institutionen machen IMO Sinn.

Ich stille meine Gelüste nach scharfem Essen via Tabasco, Ingwer, Knoblauch.

Wirkung hoher Salzverzehr:
Farquhar et al hat geschrieben: Recent pre-clinical and clinical data support that even in the absence of an increase in BP, excess dietary sodium can adversely affect target organs, including the blood vessels, heart, kidneys, and brain.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5098396/

Das zB in den Niederlanden im Einzelhandel & von nach D liefernden Supplemente Shops erhältliche Kaliumsalz ist eigentlich eine Mischung aus Natrium- und Kaliumsalz. Da es weniger salzig als Natriumsalz schmeckt, müsstest Du zur Befriedigung Deines Salzhungers viel mehr nehmen, was wiederum ebenfalls problematisch, unter Umständen lebensgefährlich sein kann.
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Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 10. Jul 2019 21:05

Aus großen epidemiologischen Untersuchungen ist bekannt, dass sowohl die kardiovaskuläre Sterblichkeit als auch die noch wichtigere Gesamtsterblichkeit bei einer Kochsalz-Zufuhr von ca. 5 Gramm pro Tag am niedrigsten ist. Eine Kochsalz-Zufuhr, die wesentlich darunter oder darüber liegt, führt gleichermaßen zu einem Anstieg der Sterblichkeit (Aldermann 2007, Stolarz-Skrzypek 2012, O’Donnell et al. 2011).

https://www.ernaehrungsmedizin.blog/201 ... uffizienz/
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Beitrag von Vampy » 10. Jul 2019 21:28

ich hatte ne zeitlang mit richtig miesen wassereinlagerungen zu kämpfen - bedingt durch meine blutdrucksenker (ramipril+amlodipin). nach ein paar std sitzen hatte ich das gefühl meine beine würden platzen, gerade im sommer echt schlimm. das einzige was da geholfen hat war schwimmen. bewegung sorgt wohl dafür, dass das angestaute gewebewasser abtransportiert wird und durch das schwitzen wird noch wasser ausgeschwemmt. letztlich geholften hat ne medi-umstellung, jetzt hab ich sowas so gut wie gar nicht mehr.
wg salz ist mein stand so dass nur wenn man sensibel drauf reagiert, das ein prob sein kann - ich konsumier auch relativ viel salz, aber ich trink auch ordentlich, das gleicht sich dann wohl wieder aus.
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Beitrag von Lee » 10. Jul 2019 21:48

Ramipril ist n rem Hemmer, hatte ich auch mal, krass dass das bei dir solche Nebenwirkungen hatte.

Und was das Salz angeht: werde wohl sehr früh sterben, aber bei Salz will ich echt nicht sparen.
Muh!

Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 10. Jul 2019 22:01

Kleine Offtopic Frage:
Welchen Blutdruck hattest du denn?

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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 11. Jul 2019 06:40

Sphinkter, hätte ja nicht gedacht, dass du jemals mit Hormesis argumentierst. Das Diagramm zeigt eine typische J-Kurve, die einen hormetischen Prozess beschreibt. Ich dachte, dieses Konzept hast du gefressen...

Zur Sache: Meinst du nicht, dass das Ergebnis der von dir erwähnten Studien ein statistisches Artefakt sein könnte, ähnlich wie die "Erkenntnisse" dass Abstinenzler ein höheres Mortalitätsrisiko haben als moderate Trinker, und dass leichtes Übergewicht im Alter das Sterblichkeitsrisiko senkt? Beides wurde inzwischen ausführlich debunked. Wie oben schon gesagt, kamen diese falschen Schlussfolgerungen durch nicht repräsentative Zusammensetzung der untersuchten Stichproben zustande: Unter den Abstinenzlern/Leichtgewichten fanden sich überproportional viele Menschen, die bereits erkrankt waren, und nun versuchten, durch besseren Lebensstil wieder gesund zu werden. Ich denke, das ist auch der Grund für die Ergebnisse der Salz-Studie.

Wobei grundsätzlich die J-Kurve natürlich doch richtig ist - nimmt man gar kein Salz auf, fehlt was, und sehr viel Salz ist tödlich. Nur würde ich den Nadir weiter links setzen, so bei einem halben bis anderthalb Gramm.

Vampy, das hört sich ja schlimm an. Mit Wassereinlagerungen habe ich auch Probleme. Was mir seltsamerweise hilft, ist der Süßstoff Erythrit. Wenn ich über den Tag verteilt einige gehäufte Teelöffel zu mir nehme, dann bleiben sie weg. Für diese Wirkung habe ich keinerlei Erklärung, aber die Empirik zeigt ganz klar dass es bei mir durchschlagend hilft. Es gibt eine Studie, nach der gut 40 g Erythrit am Tag die Endothelfunktion verbessern - vielleicht ist es das.

Wäre ein großer Zufall, wenn du davon auch einen Vorteil hättest (denn Salz ist bei mir kein Auslöser), aber vielleicht hast du trotzdem Lust auf ein Experiment - gerade wenn du etwas mit weniger Nebenwirkungsrisiko suchst. Falls du es probierst, gib' bitte kurz Feedback. Bei mir war der Effekt innerhalb der ersten ein, zwei Tage spürbar, du müsstest also nicht lange rumtesten.
Zuletzt geändert von human vegetable am 11. Jul 2019 08:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Xanthippe
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Beitrag von Xanthippe » 11. Jul 2019 06:53

Gegen Wasser in den Beinen habe ich Kompressionsstrümpfe bzw Strumpfhosen. Schön geht anders aber es hilft. Gibt es auch für die Arme. Wie du das aber bei Augenringen anwenden kannst, da bin ich überfragt... evtl Massagen?

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Lee
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Beitrag von Lee » 11. Jul 2019 06:55

@ sphinkter: jahrelang wäre er ohne meds bis 200 auf 140 gewesen. Mittlerweile Nehm ich keine Blutdrucksenker und Blutdruck passt trotzdem.
Muh!

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