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von human vegetable » 10. Jul 2019 06:46
Erstmal der unvermeidliche Tipp: Iss weniger Salz! Deine Vorliebe für salzige Geschmäcker ist wohl weniger angeboren als erlernt, also wirst du nach einer kurzen Phase harten "Entzugs" deine Präferenzen umstellen und nix mehr vermissen. Zudem gibt es viele Substitute, die den Salzgeschmack zumindest ansatzweise ersetzen können, bzw. den leichten natürlichen Salzgeschmack von Speisen verstärken. Genannt werden da verschiedene Gewürzkombinationen, passierte Tomaten finde ich besonders gut (allerdings sollten die natürlich selbst salzfrei sein, was in D nicht einfach zu bekommen ist).
Zum Mechanismus: Das gegessene Salz geht gelöst ins Blut über, und um die Elektrolytkonzentration da konstant zu halten, "zieht" es Flüssigkeit aus dem intrazellulären Raum raus in den extrazelluären. Das heißt, das Blutvolumen steigt - was in einer Erhöhung des Blutdrucks resultiert. Wenn du keinen besorgniserregend hohen Blutdruck hast, muss das alein noch nicht schlecht sein. Es gibt aber zusätzlich noch eine Menge anderer Gesundheitsprobleme, die mit hohem Salzverzehr in Verbindung gebracht werden, von gesteigertem Demenzrisiko bis zu Schwächung des Immunsystems, siehe dazu z. B. hier:
Kalium gilt tatsächlich als "Gegenspieler" von Natrium, d. h. es zieht Wasser vom Blut in die Zellen. Überhöhte Kaliumzufuhr kann lebensbedrohlich sein, deswegen wird von isolierter Ergänzung stark abgeraten. Dennoch gibt es "light-Salz", das anteilig Kalium- und Magnesiumverbindungen enthält - keine Ahnung, ob dessen Verzehr unbedenklich ist. Besser wäre es da, das Kalium aus natürlichen Quellen zu beziehen: Bananen, Kartoffeln statt Getreide.
Was konkrete Empfehlungen angeht: Da sehe ich vor allem zwei ernstzunehmende "camps". Die einen sagen, die natürliche Salzaufnahme, auf die wir evolutionär eingestellt sind, liegt lediglich um 0,5g/Tag (ganz ohne zugesetztes Salz). Ein Mangel sei unter dieser Schwelle nicht zu befürchten, und zugesetztes Salz sei dauerhaft in jedem Falle unnötig, wenn nicht sogar schädlich.
Ein anderes camp argumentiert, dass sich in vielen Studien eine niedrige Salzaufnahme als genauso schädlich wie eine hohe rausgestellt hätte, und setzt die Tagesempfehlung bei 3-6 g. Was im Vergleich mit dem Durchschnittsverzehr von Mitteleuropäern immer noch niedrig ist. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der in Studien beobachtete Effekt nicht ähnlich zu beurteilen ist wie das scheinbar gesteigerte Gesundheitsrisiko durch Alkoholabstinenz, Gebrauch von Süßstoffen statt Zucker oder niedriges Normalgewicht, d. h. in den "niedrig"-Gruppen finden sich überproportional viele Menschen, die vor Studienbeginn in der "hoch"-Gruppe waren, sich bereits die Gesundheit ruiniert haben, und jetzt bewusst Entzug praktizieren, nachdem das Kind schon im Brunnen ist.
Abschließend noch ein Video von Doug DeLisle zum Thema Ernährungsumstellung, in dem er den Prozess der mentalen Umstellung auf eine weniger schmackhafte Kost mit geringerem "reward value" thematisiert:
Besonders interessant dazu das Diagramm bei etwa 11:00. Er hat auch ein Buch darüber geschrieben - "The Pleasure Trap". Empfehlenswert!
Trotz deines Küchen-PTSD könntest du dir den Salzentzug vielleicht damit versüßen, mit verschiedenen Antisalz-Hacks rumzuexperimentieren. Denn allein dass du eine so deutliche Wassereinlagerung bemerkst, zeigt ja schon deutlich, dass du zur Risikogruppe gehörst, die sehr sensibel auf Salz reagiert, und deswegen von Reduktion/Entzug den größten potentiellen Nutzen zu erwarten hat.
"The greatest obstacle to discovery is not ignorance - it is the illusion of knowledge." - Daniel J. Boorstin
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