Wie geht man mit solchen Kollegen um

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
Mythenmetz
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Wie geht man mit solchen Kollegen um

Beitrag von Mythenmetz » 10. Feb 2020 11:18

Erstmal "Hallo", liebes Veganforum,

habt Ihr Erfahrungen damit, dass ihr aufgrund eurer veganen Ernährung förmlich angefeindet werdet? Ich arbeite in einer kleinen Firma, so ca. 25 Mitarbeiter, und neulich hat ein Kollege, der es gut mit mir und meiner "Mitstreiterin" gemeint hat, neben normalen Muffins auch als solche gekennzeichnete, vegane Muffins mitgebracht. Daraufhin brach in einer Abteilung - ich nenne sie mal die Schloßallee - förmlich ein Shitstorm los, wie bescheuert der Kollege wäre, sowas mitzubringen; über mich und meine Mitveganerin wurde hergezogen (das ist mir von einer dritten Person erzählt worden, die sich daraufhin übelst mit denen gestritten hat) und auch der neue Mitarbeiter wurde gleich instruiert - der hat wohl gar keine Chance, nett zu bleiben...
Es ist jetzt nicht so, das wir hier ständig mit der Moralkeule und erhobenen Zeigefinger durch die Gegend laufen und versuchen, unsere Kollegen zu missionieren. Aber dieser Hass, der uns förmlich entgegenschlägt, ist mir einerseits unverständlich und ich weiß auch nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Hat hier schon jemand solche Erfahrungen machen müssen?
Liebe Grüße
Mythenmetz

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Eusebia
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Beitrag von Eusebia » 10. Feb 2020 11:35

Ja, das erlebe ich auch immer wieder. Ich kann es mir nur mit dem eigenen schlechten Gewissen erklären, denn 'eigentlich' weiß doch jeder halbwegs gebildete Mensch, dass die vegane Ernährung nicht nur besser für die eigene Gesundheit ist, sondern auch aus ethischen und umweltpolitischen Gründen angesagt wäre ... aber, aber ... der 'innere Schweinehund' ... die 'lieben' Gewohnheiten ...
Mit solchen Menschen diskutiere ich gar nicht mehr, das ist meines Erachtens Zeitverschwendung, nur dann, wenn mich einer wirklich ernsthaft danach fragt, dann spreche ich mit ihm darüber.
Mein Rat: Einfach ignorieren. Zeig, dass Du "trotzdem" ein netter Mensch und ein guter Kollege bist.
Viel Glück!

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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 10. Feb 2020 13:22

Mythenmetz, hallo und hang in there!

Mit solchen extrem unsachlichen und persönlich verletzenden Reaktionen haben wohl die meisten Veganer schon Bekanntschaft gemacht, ob privat oder beruflich.

Der psychologische Schlüsselbegriff ist "kognitive Dissonanz", d. h. Widerspruch zwischen den eigenen Werten und gelebtem Verhalten. Die reine Präsenz von Veganern bringt Omnivore in eine solche Dissonanz, weil sie sich nun "von außen" als Tierquäler und -mörder sehen müssen, sich innerlich aber als gute Menschen fühlen. Dies führt zu einer Art von Identitätskrise - das eigene Selbstbild ist bedroht.

Eigentlich sollte dies zu einer Korrektur des eigenen Verhaltens führen, aber einfacher ist es, den Widerspruch anderweitig aus der Welt zu schaffen: Zum Beispiel, indem man Veganer als "Gutmenschen", "Moralapostel", "essgestörte Besserwisser" etc. entwertet. Dann muss man sich mit ihren Meinungen und Einstellungen nicht näher befassen, da sie persönlich disqualifiziert sind, und kann gemütlich wie bisher die Wurststulle in der Pause mampfen. Oder besser noch, man kann mit gleichgesinnten Kollegen über die "Traumtänzer" lästern und solidarisch die eigenen Reihen schließen.

Sehr schwer, mit so etwas umzugehen, da die zugrundeliegenden Prozesse zwar psychologisch nachvollziehbar, aber in keinster Weise rational sind. Man könnte das seinem Gegenüber natürlich so an die Birne hauen, aber dann ist eine weitere Eskalation nahezu unausweichlich.
"The greatest obstacle to discovery is not ignorance - it is the illusion of knowledge." - Daniel J. Boorstin

"If you want to be more successful, double your failure rate. Success lies on the far side of failure." - Thomas J. Watson

Mythenmetz
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Beitrag von Mythenmetz » 10. Feb 2020 13:53

Vielen Dank für Eure Kommentare... und sehr schön erklärt ;-))
Trotzdem fragt man sich bei vermeintlich einigermaßen intelligenten Menschen, wie so eine Reaktion möglich ist. Aber stimmt schon, ist ja auch ein laaaanger Weg, wenn man 30 Jahre oder länger eingetrichtert bekommen hat, dass Fleisch und Milch gesund und richtig und wichtig sind.
Ich werde mich da in Zukunft zu keiner Diskussion hinreißen lassen. Und wenn ich nochmal was zu Essen mitbringen sollte, lass ich das "Vegan"-Schildchen einfach weg - dann spar ich mir auch die "Hexenwerk"-Sprüche.

vegabunt
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Beitrag von vegabunt » 10. Feb 2020 13:58

Wenn ihr direkt angefeindet werdet, ist das Diskriminierung oder u.U. sogar Mobbing (von mehreren ausgeübt) und gehörte damit in die Zuständigkeit der Personalleitung. Wenn die verantwortliche Person trotz Kenntnis nichts dagegen unternimmt, müsste man weiter gehen, sei es die Direktion oder gleich zum Arbeiterschutz oder wie das bei euch heisst.

Wenn ihr keine direkten Anfeindungen erlebt, ist es zwar unangenehm, aber man kann nicht viel dagegen tun, das beste ist es zu ignorieren: es ist deren "bescheuerte" Energie, nicht deine!

Ich würde sie jedoch wie folgt feiern, in dem ich oberleckere, vegane Muffins oder andere unwiderstehliche Leckereien kredenzen würde, jedoch ohne zu sagen, dass es vegane sind und ohne dass sie wissen von wem sie wirklich sind. :twisted:
Danach kann man beiläufig mal fragen, wie sie geschmeckt haben.... :'d:
......und nach Wunsch mit dem Blöde-Grinsegesicht Nr. 17 aufwarten. :P :mg:


Ich kenne das gelegentlich aber auch, dass ich keine Lust auf lange Erklärungen habe und gebe nur zu verstehen, dass ich aus Allergiegründen keine tierischen Produkte zu mir nehmen darf, was in meinem Fall gar nicht mal gelogen ist. Finde es aber auch nicht falsch aus "Energiespargründen" das vorzuschützen und halt im Sonderfall etwas zu flunkern.


Glücklicherweise arbeite ich mit Leuten zusammen, die sich jedesmal riesig freuen, wenn ich was mitbringe. (obwohl 99% Omnis sind)
Das kann bei dir vielleicht auch passieren, sobald sie merken, dass es super schmeckt; und nichts ist einfacher als vegane Schmackofatz-Teile herzustellen. Manchmal sind es nur ein paar wenige Rädelsführer, die die Meinungshoheit in der Firma "gestalten".


Sehr empfehlen kann ich zB dieses Rezept hier:
https://www.isshappy.de/einfacher-roh-v ... beerkuchen
https://www.youtube.com/watch?v=kZYk1-To6wg

Da kommt niemand darauf, dass das vegan ist, jeder denkt, da müsse doch zwingend etwas "Milchproduktiges" drin sein. :D

Sabotagehase
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Beitrag von Sabotagehase » 10. Feb 2020 16:05

Mythenmetz,
das tut mir wirklich leid für dich. Leider schließt intelligenz ignoranz nicht aus...
Hatte bis jetzt zum Glück immer nur Chefs, die zu viel Wert auf ihre "Männlichkeit" gelegt haben, um nicht jedes mal einen Kommentar über mein Mittagessen abgeben zu können. Ignorieren hat geholfen, bzw. konnte man mit einigen Mitarbeitern das Thema gekonnt umgehen, indem man einfach über andere Sachen bez. Essen geredet hat. War aber in der Glücklichen Situation dass es in nem eher Bauernhofartigem Kontext war, da konnte man immerhin über Gemüseanbau quatschen.
Ist es nur reine Reaktion oder aktiv? Weil als Reaktion könnte man sich ja wenigstens Mühe geben, kritische Situationen zu umgehen. Wenn du aktiv angefeindet wirst, hab ich auch keine Idee...
Das was Vegabunt sagt trifft es eigentlich schon recht gut

Sphinkter
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Beitrag von Sphinkter » 10. Feb 2020 17:51

HV, extrem guter Beitrag.
Ja, ich denke auch, dass es eine typischer Abwehrmechanismus ist. Eigene psychische Inhalte und Konflikte werden anderen Personen zugeschrieben. Der Konflikt wird auf ein Objekt projiziert wie bei einer optischen Projektion. Innerer Konflikte werden in der Außenwelt inszeniert, um das innerpsychische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, was jedoch die Beziehungen zu anderen stark belasten kann.

Welche Möglichkeiten hast du? Bei einer Betriebsfeier sagte mal einer zu mir:"Mir haben nur Fleisch, kannst ja die Kohlen fressen".
Das war so ziemlich die grösste Unverschämtheit die ich erfahren habe. Ich wollte mir den Kollegen erst ziehen, dann dachte ich mir, es ist die Mühe nicht wert.
Du musst das mit dir ausmachen. Entweder kannst du es abschütteln oder du gehst gegen den Rädelsführer vor. Meist sind es 1-2 Personen, in einer kleinen Firma gibt es wahrscheinlich keinen Personalrat. Dann müsstest du schon zum Chef. Musst du abwegen.

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Vampy
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Beitrag von Vampy » 10. Feb 2020 18:15

hi metz
oh je, tut mir leid, dass du gleich mit solchem bullshit zu tun hast... wobei ich bei der story ein problem sehe: du hast das alles nur aus zweiter hand, warst ja nicht dabei, oder? da ist es immer schwer, sich wirklich ein bild zu machen, wenns quasi per stille post weitergegeben wird. wobei ich nicht unterstellen möchte, dass da jmd bewusst falschinfos verbreitet, aber beim weitergeben wird halt immer irgendwas verfälscht.

ich verstehs auch nicht, wieso leute bei vegan plötzlich so ausflippen. zumal es für sie ja absolut keine bedeutung hat, ob ein kollege 2 personen special-muffins mitbringt
ich würd versuchen, das ganze locker zu sehen, immerhin weißt du jetzt direkt wer die deppen sind und verschwendest keine zeit/mühe mit ihnen. ich würde trotzdem versuchen, ihnen normal zu begegnen.

meine art ist ja, mit sowas sarkastisch umzugehen und so lange draufrumzuhacken, bis auch der letzte vollidiot rafft, wie kindisch er sich benimmt. also zb indem du mal nen obstteller mitbringst, und ein vegan-schildchen dran machst. oder an die kaffeemaschine ein schild "frisch und vegan" machst. wenn dich jmd drauf anspricht, dass kaffee doch immer vegan ist, erklärst du, dass du den extra mit veganem wasser gemacht hast, normales wasser wird ja von wasserbüffeln gemolken...
auf der toilette kann man auch gut ne handlotion wo ein fettes vegan-label drauf ist, drapieren. wobei ich vermute, dass die stänkerer eher männer sind; hört sich nach typischem machogehabe an....

und vlt etwas nachsichtig sein, es bringt nichs, wenn du dich so ärgerst. die doofen sind doch die anderen, und vlt sind sie ja echt so dumm und kriegen es nicht hin, sowas "modernes" wie veganismus zu akzeptieren.
gibt es solche probleme denn auch mit anderen dingen, die "anders" sind? also zb mit schwulen, muslimen, alleinerziehenden und solchen randgruppen? würde ich ja vermuten...

ich weiß nicht ob du der typ für konfrontation bist. dann würde es sich anbieten, zb bei den entsprechenden leuten zu erwähnen, dass du es voll lieb findest, dass der eine kollege dir extra muffins gebacken hat und du dich total drüber gefreut hast. mal schauen was sie dazu sagen. wahrscheinlich geht das bullshit-bingo los und du darfst dir von vegan ist ungesund über die grünen wollen uns alles verbieten alles anhören.
aber dann ist es mal ausgesprochen, du hast gelegenheit, aufzuklären und vlt traut sich dann keiner mehr was zu sagen wenn du deine position gut vertreten kannst.
Think, before you speak - google, before you post!

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human vegetable
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Beitrag von human vegetable » 10. Feb 2020 19:34

Da mein voriger post keine Handlungsempfehlungen geliefert hat, wie wär's denn damit:

Allein zu wissen, warum deine Kollegen sich so benehmen (primär, um ihr Selbstbild zu schützen, und nicht weil sie was gegen dich persönlich, soll heißen außer gegen deinen Veganismus, hätten), macht es dir hoffentlich leichter, mit solchen Situationen umzugehen.

Wenn sich Lästerei u. ä. nur auf die Brotzeitpause bezieht und das eigentliche Arbeitsklima nicht beeinflusst (d. h sachliche professionelle Kommunikation ist weiterhin uneingeschränkt möglich), dann sehe ich nicht, dass du überhaupt irgendwas machen musst. Dass es weltanschauliche Differenzen zwischen Arbeitskollegen gibt, ist letztendlich normal, und diese müssen nicht unbedingt ausgeräumt werden, solange die berufliche Zusammenarbeit nicht leidet. Gerade wenn du souverän da drüberstehst, wird das mit der Zeit die Wogen glätten, das Zwischenmenschliche normalisieren und vielleicht als positiven Nebeneffekt die Einsicht bringen, dass Veganer auch nur ganz normale Menschen sind, und keine Heiligen.

Andernfalls, wenn die berufliche Zusammenarbeit tatsächlich beeinträchtigt ist und echtes Mobbing vorliegt (der Begriff wird heute inflationär benutzt um jedwede Art zwischenmenschlicher Konflikte zu kriminalisieren), dann kommst du natürlich nicht umhin, dich damit auseinanderzusetzen... aber den Teufel nicht an die Wand malen.
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Beitrag von Mythenmetz » 11. Feb 2020 07:12

human vegetable hat geschrieben:
10. Feb 2020 19:34
Allein zu wissen, warum deine Kollegen sich so benehmen (primär, um ihr Selbstbild zu schützen, und nicht weil sie was gegen dich persönlich, soll heißen außer gegen deinen Veganismus, hätten), macht es dir hoffentlich leichter, mit solchen Situationen umzugehen.
Ich glaube, die Grenzen sind da fließend... einerseits komme oder kam ich ganz gut mit Ihnen zurecht, allerdings merke ich immer wieder, dass sie mit meiner Tierschutzmentalität nicht besonders viel anfangen können. Bin schon mal mit einem von ihnen wegen eines völlig unkritischen und unreflektierten veröffentlichten Jagdberichts aneinandergeraten.
Ich denke also, dass Ihnen meine Einstellung generell ein Dorn im Auge ist. Nun habe ich zum Glück nicht ständig mit diesen Kollegen zu tun, ich hätte auch keine Angst vor einer Konfrontation, aber um "des lieben Friedens willen", werde ich glaub ich - wie wurde es hier geraten - sachlich darüber hinweg gehen.
Obwohl die Idee mit den gemolkenen Wasserbüffeln auch cool ist ;-))
Zuletzt geändert von somebody am 11. Feb 2020 08:40, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Zitat repariert

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